Lebensdaten
geboren 12. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Epiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118565095 | OGND | VIAF: 90727167
Namensvarianten
  • Konrad
  • Fußesbrunnen, Konrad von
  • Chunrad de Phusprugnen
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Konrad von Fußesbrunnen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565095.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    K. ist allein bekannt als Verfasser eines 3 027 Verse umfassenden Epos in mittelhochdeutscher Sprache, dessen Entstehungszeit um 1200 anzusetzen ist. Seine Dichtung, in der er sich selbst nennt (Vers 3 019 „von Fuozesbrunnen Chuonrat“), ist die einzige erhaltene deutschsprachige Dichtung mit geistlichem Stoff aus der Generation der klassischen höfischen Epiker, Walthers von der Vogelweide und des Nibelungenliedes. Sie erzählt das Leben der Jungfrau Maria von ihrer Vermählung mit Joseph bis zum Aufbruch nach Ägypten, die Flucht der heiligen Familie mit einer zweimaligen Einkehr im Hause des guten Schächers und eine Reihe von Wundertaten des Jesuskindes in Nazareth. Ihre Quellen sind frühchristliche apokryphe Kindheitsevangelien, das Evangelium des Pseudo-Matthaeus, des Protevangelium Jacobi und der arabischen „Liber de infantia Salvatoris“.

    K. wird mit dem gleichnamigen Angehörigen eines niederösterr. edelfreien Geschlechtes identifiziert, der in zwei Urkunden des Codex traditionum von Klosterneuburg bei Wien in den 80er Jahren des 12. Jahrhundert bezeugt ist. Fußesbrunnen ist das heutige Feuersbrunn, das südlich der Straße Krems-Stockerau zwischen Wagram und der Donau liegt. Wenn man K.s Selbstanklage (Verse 65-90) ernst nimmt, ist sein Werk eine Tat der Buße für vorausgegangene weltliche Schreibübung („daz ich von siner chintheit also gesprechen müeze, swa mich der werlte süeze uf ander rede geschundet hat, daz der mit dirre werde rat“). Der am Frühwerk Hartmanns von Aue sprachlich und metrisch Geschulte hat dennoch versucht, über seinen erbaulich-einfachen Erzählstoff den Glanz „modernen“ gesellschaftlichen Formverhaltens zu breiten: In den Kernszenen des Epos wird die heilige Familie im Hause des Straßenräubers mit allem höfischen Zeremoniell willkommen geheißen und bewirtet.

    K. hat offenbar mit dieser eigentümlichen Verbindung Erfolg gehabt. Er hat sich, wie eine Zitierung im „Willehalm“ Rudolfs von Ems (mit dem zusammen die „Kindheit“ einmal überliefert ist) erweist, ein höfisches Publikum erobert. Sein Werk ist später sprachlich modernisiert worden, wurde in mariologischen Sammelhandschriften überliefert und hat auch das Interesse des Deutschen Ordens auf sich gezogen; Teile wurden in größere geistliche Dichtungen inkorporiert, die mit dem Orden in Verbindung stehen (Einarbeitung ins Passional und in das Marienleben des Bruders Philipp [Handschrift von 1338]). Die „Kindheit Jesu“ wurde in Prosa aufgelöst und in die prachtvoll illuminierte Schaffhauser Historienbibel von 1330 (Handschrift Gen. 8 der Stadtbibliothek) aufgenommen, wo sie, mit typologischen Erklärungen verbunden, in einen heilsgeschichtlichen Zusammenhang gestellt ist, den K. ihr nicht zugedacht hatte; sie wurde schließlich (in einer Klosterneuburger Handschrift 2. Hälfte 13./Anf. 14. Jahrhundert) ins Lateinische übertragen und hat damit noch den Zugang zu einem schulgebildeten, wenn auch theologisch anspruchslosen Publikum gefunden. Über das 14. Jahrhundert geht die bisher bekannte Überlieferung (mit 3 vollständigen Handschriften, 7 Fragmenten und den genannten Adaptationen) nicht hinaus.

  • Werke

    Die Kindheit Jesu, hrsg. v. H. Fromm u. K. Grubmüller, 1973 (L), dazu K. Gärtner, in: Zs. f.|dt. Altertum 105, 1976, S. 11-53;
    Die Kindheit Jesu, Ausgew. Abb. z. gesamten hs. Überlieferung, hrsg. v. H. Fromm, K. Gärtner, K. Grubmüller, K. Kunze, 1977.

  • Literatur

    ADB VIII (unter Fußesbrunnen);
    E. Schröder, Die Heimat d. K. v. F., in: Zs. f. dt. Altertum 67, 1930, S. 174 ff.;
    A. Masser, Bibel, Apokryphen u. Legenden, Geburt u. Kindheit Jesu in d. rel. Epik d. dt. MA, 1969.

  • Autor/in

    Hans Fromm
  • Zitierweise

    Fromm, Hans, "Konrad von Fußesbrunnen" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 538-539 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565095.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Fußesbrunnen: Konrad von F., jetzt Feuersbrunn bei Krems in Niederösterreich, wurde in den 60er Jahren des 12. Jahrhunderts geboren, wenn er nämlich jener Chunrad de Phusprugnen ist, der zusammen mit seinem Vater Gerung in einer zwischen 1182 und 1186 ausgestellten Klosterneuburger Urkunde vorkommt. Dann kann er sich erst in reiferem Alter der Poesie zugewandt haben, denn das einzige Gedicht, das wir von ihm besitzen und an dessen Schlusse er seinen Namen angiebt, die „Kindheit Jesu", setzt bereits Einwirkung Hartmannischen und Wolframischen Stils voraus und wird um 1206 entstanden sein. Allerdings gesteht Konrad in der Einleitung, daß er sein Gedicht als eine Buße für sein früheres weltliches Leben, während dessen er nur Lüge und Scherz geliebt habe, betrachtet wissen wolle: man könnte daraus versucht sein zu entnehmen, daß er, ehe er die „Kindheit“ verfaßte, bereits poetisch thätig gewesen sei, und diese Hypothese würde in der unleugbar bedeutenden formellen Gewandtheit des Dichters eine unverächtliche Stütze finden: oder daß er, der ritterliche Dienstmann, nach einer in Fehden und weltlicher Lustbarkeit verbrachten Jugend aus Reue über seine Sünden in ein Kloster als Laienbruder eingetreten sei, eine Annahme, für die wieder die Kenntniß des lateinischen spräche. Aber alle solche Schlüsse sind sehr unsicher, wenn man erwägt, wie häufig diese und ähnliche Wendungen in Gedichten der Zeit begegnen. Auch über die Quelle der „Kindheit Jesu“ ist nicht jeder Zweifel beseitigt. Im Allgemeinen zwar schloß der Dichter sich an das apokryphe Evangelium De infantia Mariae et Christi salvatoris an, doch hat er nicht nur die ganze Geburtsund Jugendgeschichte der Maria bis zu ihrer Vermählung mit Joseph fortgelassen, weil dieser Stoff bereits vor ihm in dem (uns verlorenen) Anegenge des Meisters Heinrich behandelt sei, sondern er hat sich auch eine Reihe von Zusätzen auf Grund theils der Bibel theils anderer Apokryphen gestattet: und aus dem Schlußabschnitt bei Konrad geht es nicht mit voller Evidenz hervor, ob er seinen Stoff (was allerdings wahrscheinlicher) aus verschiedenen Schriften|zusammengetragen, oder ob seine Quelle ein durch viele Zusätze bereits vermehrtes Evangelium de infantia war.

    Welche Gestalt aber auch Konrads Vorlage gehabt haben mag, genug, er hat es verstanden, den Gegenstand trefflich zu behandeln und ihm ein ganz nationales Gepräge aufzudrücken. Er erzählt gewandt und anmuthig, er weiß geschickt kleine Züge einzuflechten, die uns den Gegenstand menschlich nahe bringen. Die Episode von dem Räuber, der das Kind Jesu auf der Fahrt nach Egypten überfällt, aber bald bekehrt wird und es nun aufs freundlichste aufnimmt, ist ein Kabinetsstück. Wie stark der Dichter auch von der geistlichen Poesie des 12. Jahrhunderts sich beeinflußt zeigt, wie sehr der Stoff zu einer mehr ascetischen Behandlung verführen konnte, Konrad steht durchaus wie unter der formellen Einwirkung des Erec, Gregor und Parcival, so unter der Potenz der ritterlichen Denkweise: Joseph ist ihm ein edel man, die Juden baneckent zur Erholung, französische Worte und Zeilen fügt er gern ein, und an die damals in der Luft liegende Stimmung des modischen trûrens gemahnt die schöne Reflexion über Herzeleid 93, 47.

    So kann es nicht Wunder nehmen, wenn das Werk sowohl in ritterlichen wie in geistlichen Kreisen Anklang fand und auf beiden Seiten Nachahmung erweckte. Konrad hatte sein Gedicht mit sechs gleichen stumpfen Reimen geschlossen: Rudolf von Ems in seinem Barlaam und dem Guten Gerhard, Konrad von Heimesfurt in der Urstende und der Marien Himmelfahrt folgten ihm in dieser Reimhäufung nach, und der erstere gedenkt in seinem Willehalm mit Recht Konrads unter den hervorragendsten deutschen Dichtern der Blüthezeit.

    • Literatur

      Gedichte des 12. und 13. Jahrhunderts, herausgegeben von K. A. Hahn (Quedlinburg und Leipzig 1840), S. 67—102. — Liber de infantia Mariae et Christi salvatoris ex codice Stuttgartensi descripsit et enarravit Oscar Schade, Halis 1869, wo S. 8a. die übrige Litteratur verzeichnet ist.

  • Autor/in

    Steinmeyer.
  • Zitierweise

    Steinmeyer, Elias von, "Konrad von Fußesbrunnen" in: Allgemeine Deutsche Biographie 8 (1878), S. 255-256 unter Fußesbrunnen [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565095.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA