Lebensdaten
1828 – 1888
Geburtsort
Blankenberg bei Köln
Sterbeort
Chicago. (Dissident)
Beruf/Funktion
Philosoph
Konfession
andere
Normdaten
GND: 118525646 | OGND | VIAF: 19785946
Namensvarianten
  • Dietzgen, Peter Joseph
  • Dietzgen, Joseph
  • Dietzgen, Peter Joseph
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Dietzgen, Joseph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118525646.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Gerber- u. Bauernfamilie des Siegtals;
    V Gottfr. (1794–1887, kath.), Rotgerber, S des Anno Bernh. ( 1811), Rotgerber in Siegburg, u. der Cath. Dewalts aus Königswinter;
    M Marg. (1808–81, kath.), T des Peter Jos. Lückeroth (1780–1831), Gutsbesitzer u. Beigeordneter in Winterscheid b. Siegburg, u. der Maria Gertrud Molitor aus Winterscheid;
    Uckerath/Sieg 1853 Maria Cath. Cordula (* 1833), T des Casimir Finke ( 1838), Gerberei- u. Gutsbesitzer in Drolshagen b. Olpe, u. der Maria Elis. Kleine;
    2 S, 3 T.

  • Biographie

    Nach kurzem Besuch der Kölner Bürgerschule bildete sich der zum Lohgerber bestimmte D. durch unermüdliche und vielseitige Lektüre weiter. Stark von Feuerbach, Hegel und dem kommunistischen Manifest beeinflußt, entwickelte er relativ selbständig einen dialektisch-materialistischen Monismus. Ein äußerst bewegtes Leben weckte immer wieder das Bedürfnis, Muße fürs Studium zu gewinnen. Drei Aufenthalte in den USA (1849–1851, 1859-61 und 1884-88) sowie eine längere Tätigkeit in Sankt Petersburg als Meister der staatlich Wladimirschen Lederfabrik erweiterten seinen Horizont. Während des russischen Aufenthaltes entstand sein Hauptwerk „Das Wesen der menschlichen Kopfarbeit von einem Handarbeiter, eine abermalige Kritik der reinen praktischen Vernunft“ (1869, Neuauflage 1955 mit Einleitung von G. Mende). Er entwirft darin vor allem seine Erkenntnistheorie, die, an Kant anknüpfend, dessen Kritizismus zu einem dialektischen Materialismus umbildet. Ohne Hegel aus eigenem Studium zu kennen, entwickelt D. stellenweise Gedankengänge, die an den großen Dialektiker anklingen, zum Beispiel wenn er meint „Die Natur des Bewußtseins ist der Widerspruch, und so widerspruchsvoll ist diese Natur, daß sie zugleich Natur der Vermittlung, der Erklärung, des Verständnisses ist“ (S. 96). Im letzten Teil gibt D. eine Widerlegung des absoluten Standpunkts in der Moral im Sinne eines historisch-sozialen Relativismus und Utilitarismus. Von Marx im Nachwort zur 2. Auflage des „Kapital“ sowie in seinen Briefen an Kugelmann und von Engels in seinem „Feuerbach“ lobend genannt, machten ihm die russischen Marxisten G. Plechanow und Lenin eine gewisse Unklarheit zum Vorwurf, die dazu geführt habe, daß sich Eugen Dietzgen, E. Untermann und andere als „Dietzgenianer“ dem Machismus näher fühlten, als dem Marx-Engelsschen dialektischen Materialismus. Dennoch ist ein starker Einfluß von D. auf Lenin nachzuweisen (vergleiche besonders dessen „Materialismus und Empiriokritizismus“).

    D. nahm zwar 1872 am internationalen Arbeiterkongreß im Haag teil und kandidierte als Sozialdemokrat 1881 erfolglos im Landkreis Leipzig für den Reichstag, im ganzen war seine politische Betätigung jedoch fast ausschließlich literarisch. In seinen letzten Lebensjahren redigierte er vorübergehend die Chicagoer Arbeiterzeitung und erregte wegen seines Eintretens für die Anarchisten bei orthodoxen Sozialisten Anstoß.

  • Werke

    Weitere W Das Unbegreifliche, in: Vorwärts, 1877;
    Streifzüge e. Sozialisten in d. Gebiet d. Erkenntnistheorie, Hottingen-Zürich 1887;
    Das Akquisit d. Philos., 1895 (russ. St. Petersburg 1906, P);
    Sämtl. Schrr., hrsg. v. E. Dietzgen, 1911, ²1920 (mit Lebensbild); Artikelserien:
    Die Rel. d. Sozialdemokratie, in: Volksstaat, 1870-75;
    Sozialdemokrat. Philos., ebd. 1876;
    Die Grenzen d. Erkenntnis, in: Vorwärts, 1877;
    Unsere Professoren auf d. Grenzen d. Erkenntnis, ebd. 1878;
    Briefe üb. Logik, in: Sozialdemokrat, Zürich 1883/84.

  • Literatur

    H. Roland-Holst, J. D.s Philos., gemeinverständl. erl., 1910;
    E. Untermann, Die log. Mängel d. engeren Marxismus, G. Plechanow et alii gegen J. D., auch ein Btr. z. Gesch. d. Materialismus, 1910 (darin: G. Plechanow, J. D., F. Mehring, Kant, D., Mach u. d. hist. Materialismus);
    E. Dietzgen, D.-Brevier, 1915;
    ders., Materialismus od. Idealismus, ein Lösungversuch gemäß J. D.s Erkenntnislehre, 1921;
    A. Hepner, J. D.s philos. Lehren, 1916, ²1922 (P);
    M. Apel, Einführung in d. Gedankenwelt J. D.s, 1931.

  • Autor/in

    Iring Fetscher
  • Zitierweise

    Fetscher, Iring, "Dietzgen, Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 709 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118525646.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA