Baader, Andreas
- Lebensdaten
- 1943 – 1977
- Geburtsort
- München
- Sterbeort
- Stuttgart-Stammheim
- Beruf/Funktion
- Mitgründer der Roten Armee Fraktion (RAF) ; Terrorist
- Konfession
- unbekannt
- Normdaten
- GND: 11850536X | OGND | VIAF
- Namensvarianten
-
- Baader, Berndt Andreas
- Baader, Andreas
- Baader, Berndt Andreas
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Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel
- Claus Croissant (1931–2002)
- Gudrun Ensslin (1940–1977)
- Hanns Martin Schleyer (1915–1977)
- Hans Christian Ströbele (1939–2022)
- Holger Meins (1941–1974)
- Horst Mahler (1936–2025)
- Horst Söhnlein (1942–2023)
- Jan-Carl Raspe (1944–1977)
- Jean-Paul Sartre (1905–1980)
- Kurt Groenewold (geb. 1937)
- Manfred Henkel (1936–1988)
- Thorwald Proll (geb. 1941)
- Ulrike Meinhofs (1934–1976)
Orte
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Baader, Berndt Andreas
1943 – 1977
Mitgründer der Roten Armee Fraktion (RAF), Terrorist
Andreas Baader, nach dem die erste Generation der Roten Armee Fraktion (RAF) mitbenannt wurde, war von allen RAF-Terroristen am wenigsten ideologisch orientiert. Erst mit der Studentenbewegung der 1960er Jahre setzte seine Politisierung ein. Mit seiner Partnerin Gudrun Ensslin (1940–1977) verübte er bis zu seiner Inhaftierung 1972 mehrere Terroranschläge in der Bundesrepublik. Aus dem Gefängnis heraus beeinflusste er die Sympathisantenszene und die zweite Generation der RAF. Nach den fehlgeschlagenen Befreiungsversuchen im „Deutschen Herbst“ 1977 verübte er am 18. Oktober 1977, Fremdeinwirkung vortäuschend, Suizid.
Lebensdaten
Andreas Baader, BArch / Bildarchiv (InC) -
Autor/in
→Eckhard Jesse (Chemnitz)
-
Zitierweise
Jesse, Eckhard, „Baader, Andreas“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11850536X.html#dbocontent

Baader wuchs von 1943 an bei seiner Großmutter in Saalfeld an der Saale auf, ab 1949 bei seiner Mutter und deren Schwiegermutter in München. Nach mehreren Schulwechseln, auch wegen disziplinarischer Probleme, verließ er 1961 mit der Mittleren Reife das Gymnasium. Er beendete keine Ausbildung und ging wechselnden Tätigkeiten nach, u. a. als Bauarbeiter. Im Juni 1962 nahm er an den sog. Schwabinger Krawallen teil, 1963 übersiedelte er nach Berlin-West, wohl um sich dem Wehrdienst zu entziehen. Auch hier führte er ein Leben mit zahlreichen kleineren Straftaten sowie in einer Dreiecksbeziehung mit dem Malerehepaar Manfred Henkel (1936–1988) und Ellinor Michel (1939–2007).
Baader, der in Bohème-Kreisen verkehrte, interessierte sich bis zur Studentenbewegung nicht für Politik. Durch Gudrun Ensslin (1940–1977), mit der er seit Februar 1968 zusammenlebte, schloss Baader sich gewaltbereiter revolutionärer Ideologie an. Mit Thorwald Proll (geb. 1941) und Horst Söhnlein (1942–2023) plante und organisierte das Paar zwei Brandanschläge auf Kaufhäuser in Frankfurt am Main, die sie am 2. April 1968 ausführten. Die schnell gefassten und im Oktober 1968 zu drei Jahren Haft verurteilten Täter kamen im Juni 1969 aufgrund der Revision auf freien Fuß und engagierten sich in einem sozialen Projekt, der sog. Heimkampagne, um Fürsorgezöglinge für den revolutionären Kampf zu gewinnen. Nach der im November 1969 verworfenen Revision tauchten Baader und Ensslin im Ausland, im Februar 1970 in Berlin-West in der Wohnung Ulrike Meinhofs (1934–1976) unter. Auf Hinweis eines V-Mannes nahm die Polizei Baader im April 1970 fest.
Am 14. Mai 1970 wurde Baader bei einem Ausgang in einem Universitätsgebäude befreit, wobei ein dortiger Angestellter eine schwere Verletzung erlitt. Er ging mit Ensslin, Horst Mahler (1936–2025), seinem Verteidiger im Frankfurter Prozess 1968, sowie Meinhof, die an seiner Befreiung beteiligt war, in den Untergrund. Dies gilt als Gründungsdatum der Roten Armee Fraktion (RAF).
Im August 1970 kehrte die Gruppe aus einem jordanischen Palästinenserlager zurück, in dem sie eine Kampfausbildung absolviert hatte, überfiel Banken und verübte in der sog. Mai-Offensive 1972 Sprengstoffanschläge in Frankfurt am Main, wobei vier Menschen ums Leben kamen. Am 1. Juni 1972 nahm die Polizei den angeschossenen Baader mit Holger Meins (1941–1974) und Jan-Carl Raspe (1944–1977) in Frankfurt am Main fest. Der Terrorismus der RAF setzte sich dennoch fort, da Baader mit Ensslin aus dem Gefängnis Stuttgart-Stammheim heraus eine Sympathisantenszene zu gewaltsamen Aktionen bewegen konnte, u. a. durch mehrfache Hungerstreiks. Auch das Schlagwort der „Isolationsfolter“, das auf eine Aussage des Philosophen Jean-Paul Sartre (1905–1980) nach seinem Besuch bei Baader in einem Besucherraum des Gefängnisses Stuttgart-Stammheim am 4. Dezember 1974 zurückging, aber den tatsächlichen Haftbedingungen nicht entsprach, führte neben anderen Faktoren zur Formierung der zweiten Generation der RAF. Um Baader entwickelte sich, maßgeblich durch Ensslin provoziert, ein zunehmender Personenkult.
Der Prozess gegen Baader und die anderen Inhaftierten begann am 21. Mai 1975, die Wahlverteidiger Baaders, Claus Croissant (1931–2002), Kurt Groenewold (geb. 1937) und Hans Christian Ströbele (1939–2022), wurden wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung vor Prozessbeginn vom Verfahren ausgeschlossen und später angeklagt. Der Prozess wurde verzögert durch von den Verteidigern aufgebrachte Verfahrensfragen; das Gericht hörte widerrechtlich Anwälte ab. Das Urteil vom 28. April 1977 verhängte lebenslange Haft wegen vierfachen Mordes und vielfachen Mordversuchs, des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Nach einem ersten vergeblichen Versuch mit einer Geiselnahme ins Stockholm 1975 unternahmen RAF-Mitglieder am 5. September 1977 erneut eine Aktion zur Freipressung Baaders und seiner Mithäftlinge durch die Entführung des Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Hanns Martin Schleyer (1915–1977). Am 13. Oktober 1977 entführten palästinensische Terroristen in einer koordinierten Aktion die Lufthansa-Maschine Landshut nach Mogadischu, sie forderten ebenfalls die Freilassung der RAF-Gefangenen. Unmittelbar nach der Befreiung dieser Geiseln durch eine Spezialeinheit der Bundespolizei (GSG 9) am 18. Oktober 1977 begingen Baader, Ensslin und Raspe Suizid, Baader und Raspe mit Pistolen, die durch Anwälte in das Gefängnis gelangt waren. Schleyer wurde am folgenden Tag ermordet aufgefunden. Eine Beteiligung Dritter am Tod der drei RAF-Terroristen ist widerlegt.
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Innenministerium, Abteilung II: Landespolizeipräsidium, Anarchistische Gewalttäter, besonders Baader-Meinhof-Gruppe, Vorbereitung und Durchführung von Strafprozessen, bis 1977 und ab 1977. (weiterführende Informationen)
Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg EL 300 II, Oberlandesgericht Stuttgart: Tonbandmitschnitte aus dem „Baader-Meinhof-Prozess“, 1975–1977. (weiterführende Informationen)
Gedruckte Quellen:
Pieter Bakker Schut (Hg.), Das Info. Briefe der Gefangenen aus der RAF 1973–77, 1987.
Stefan Aust, Der Baader-Meinhof Komplex, 1985, 42020. (P)
Dorothea Hauser, Baader und Herold. Beschreibung eines Kampfes, 1997.
Gerd Koenen, Vesper, Ensslin, Baader. Urszenen des deutschen Terrorismus, 2003. (P)
Thorwald Proll/Daniel Dubbe, Wir kamen vom anderen Stern. Über 1968, Andreas Baader und ein Kaufhaus, 2003.
Kurt Oesterle, Stammheim. Die Geschichte des Vollzugsbeamten, 2003.
André Gottschling, Biographisches Porträt. Andreas Baader, in: Uwe Backes/Eckhard Jesse (Hg.), Jahrbuch Extremismus & Demokratie, Bd. 16, 2004, S. 187–203. (Onlineressource)
Wolfgang Kraushaar/Karin Wieland/Jan Philipp Reemtsma, Rudi Dutschke Andreas Baader und die RAF, 2005.
Karin Wieland, Andreas Baader, in: Wolfgang Kraushaar (Hg.), Die RAF und der linke Terrorismus. Bd. 1, 2006, S. 332–349. (P)
Klaus Stern/Jörg Herrmann, Andreas Baader. Das Leben eines Staatfeindes, 2007. (P)
Alex Assmann, Im Gefängnis frei. Andreas Baader, der Brandstifterprozess und die politische Gewalt, 2025. (P)
Dokumentarfilm:
Andreas Baader – der Staatsfeind, 2002, Regie: Klaus Stern.
Spielfilme:
Stammheim, 1986, Regie: Reinhard Hauff.
Todesspiel, WDR/NDR, 1997, Regie: Heinrich Breloer.
Baader, 2002, Regie: Christopher Roth.
Der Baader-Meinhof-Komplex, 2008, Regie: Uli Edel.
Wer wenn nicht wir, 2011, Regie: Andres Veiel.
Stammheim – Zeit des Terrors, 2025, Regie: Niki Stein/Muriel Amstalden.