Lebensdaten
1871 – 1935
Geburtsort
Kaunas/Memel (Kowno, Litauen)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Bakteriologin ; Frauenrechtlerin
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 11768418X | OGND | VIAF: 77099692
Namensvarianten
  • Kempner, Lydia
  • Rabinowitsch, Lydia (geborene)
  • Rabinowitsch-Kempner, Lydia
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Zitierweise

Rabinowitsch-Kempner, Lydia, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11768418X.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Leo R., Kaufm., Brauereibes. in K.;
    M Minna Werblunsky; 8 ältere Geschw;
    Madrid 1898 Walter (1864–1920), Dr. med., Arzt, Sanitätsrat (s. NDB 20*), S d. Ignatz (?) Kempner ( um 1896), Mitinh. e. Bankhauses in Glogau (Schlesien) (s. F. D. Lucas, M. Heitmann, Stadt d. Glaubens, Gesch. u. Kultur d. Juden in Glogau, 1991, bes. S. 297-310), u. d. Angelika N. N. ( 1915);
    2 S Robert M. W. Kempner (Ps. Eike v. Repkow, 1899–1993, Berlin-Lichterfelde), Dr. iur., vor 1933 Oberreg.rat, Justitiar d. Polizeiabt. d. preuß. Innenmin., stellv. amerik. Hauptankläger in d. Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, RA in Frankfurt/M., Prof. h. c. (s. W, L), Walter Kempner (* 1903), emigrierte 1934 in d. USA, 1952-72 Prof. f. Cellularphysiol. an d. Duke Univ. (s. BHdE II; Kürschner, Gel.-Kal. 1992), 1 T Nadeschda Kempner (1901–32), Dr. phil., Philol.

  • Biographie

    Nach dem Schulbesuch in ihrer Heimatstadt ging R. 1889 zum Studium der Naturwissenschaften in die Schweiz, da im Zarenreich ein Frauenstudium nicht möglich war. Zunächst in Bern immatrikuliert, wechselte sie 1891 für drei Semester nach Zürich. 1894 wurde sie – zurück in Bern – bei Ludwig Fischer (1828–1907) mit einer Arbeit über die „Entwickelungsgeschichte der Fruchtkörper einiger Gastromyceten“ summa cum laude promoviert. Im selben Jahr erhielt sie als erste und einzige Frau eine Anstellung bei Robert Koch (1843–1910) am „Institut für Infektionskrankheiten“ in Berlin. 1896 übernahm sie eine Dozentur für Bakteriologie am „Women's Medical College of Pennsylvania“ in Philadelphia (1898 Prof.) und gründete ein bakteriologisches Institut. Bei einem Besuch von Kochs Institut lernte sie ihren späteren Mann Walter Kempner kennen und kehrte nach ihrer Heirat 1898 nach Berlin zurück.

    Schon 1895 hatte R. in den Produkten der Großmolkerei Bolle in Berlin Erreger der Rindertuberkulose nachweisen können („Berliner Milchskandal“), deren Gefährlichkeit für Menschen sie stets betonte. Koch, der die Untersuchungen leitete, teilte zunächst diese Ansicht, änderte seine Haltung allerdings 1901. R. erreichte jedoch, daß ein Verfahren zur Pasteurisierung entwickelt wurde, das die Rohmilch keimfrei machte. In zahlreichen Publikationen, teils zusammen mit ihrem Mann, untersuchte sie die Tuberkulose und andere Bakterieninfektionen und nahm an internat. Fachtagungen teil (Tuberkulosekongresse London 1901, Paris 1905, Rom 1912 u. 1928, London 1913). 1899 unternahm das Ehepaar Malariastudien am Skutarisee (Montenegro). 1902 untersuchte R. in Odessa die Pest, im Jahr darauf im heutigen Albanien die Malaria. 1903 trat sie in das Pathologische Institut von Johannes Orth (1847–1923), dem Schüler und Nachfolger Rudolf Virchows auf dem Lehrstuhl für Pathologie, an der Charité ein, wo sie bis 1919 als Assistentin blieb. 1912 wurde ihr als zweiter Frau in Preußen (nach der Zoologin Maria v. Linden, 1869–1936) der Professorentitel verliehen, jedoch ohne Befugnis zur Abhaltung von Vorlesungen. Seit 1914 gab R. die „Zeitschrift für Tuberkulose“ heraus. Während des 1. Weltkriegs auch als Beraterin bei der Seuchenvorbeugung eingesetzt, wurde sie 1920 mit der Leitung des Bakteriologischen Instituts der Klinik Moabit betraut.

    In der Frauenbewegung engagiert (Mitgl. d. Ver. „Frauenwohl“, Berlin), gründete R. 1900 mit der Physikerin Elsa Neumann (1872–1902) einen „Verein zur Gewährung zinsloser Darlehen an studierende Frauen“ und war im „Dt. Lyceumclub“ und im „Bund für Mutterschutz und Sexualreform“ tätig. 1924 nahm R. als Ehrengast der „Medical Women's International Association“ am Internationalen Ärztinnenkongreß in London teil. Zu ihrem 60. Geburtstag 1931 wurden ihre herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Tuberkuloseforschung und ihre Verdienste für die Frauenbewegung vielfach gewürdigt. Nach der „Machtergreifung“ wurde R. aufgrund ihrer jüd. Abstammung zum Jahresende 1933 zwangspensioniert, die Schriftleitung der „Zeitschrift für Tuberkulose“ hatte sie bereits im Herbst niederlegen müssen. Schon seit längerem schwer erkrankt, zog sie im Unterschied zu ihren beiden Söhnen eine Emigration nicht mehr in Betracht.|

  • Auszeichnungen

    korr. Mitgl. d. 5. Internat. Tuberkulosekonferenz, Haag (1906) u. d. Soc. centrale de médecin véterinaire (1906);
    Mitgl. d. Berliner Med. Ges.|(1913);
    Ehrenmitgl. d. Bundes dt. Ärztinnen (1924) u. d. Schott. Tuberkulose-Ges. (1933);
    Gedenktafel in Berlin-Tiergarten.

  • Werke

    u. a. Die amerik. Frauen u. ihre Leistungen, in: Die Frauenbewegung 3, 1897, S. 154 ff.;
    Zur Milchfrage, in: Berliner Ärzte-Korr., 1905, S. 137-39;
    Neue experimentelle Unterss. über Tuberkulose, in: Dt. Med. Wschr. 45, 1906, S. 1809-11;
    Die Beteiligung d. Frau an d. Tuberkulosebekämpfung, in: Wiener Med. Wschr. 25,1912, S. 12-17;
    Über d. Bedeutung d. Rinderbazillen f. d. Menschen, in: Berliner klin. Wschr. 4, 1917, S. 77-79;
    Tuberkulose-Bibl., 1926. – Zu Robert M. W. Kempner: Ankläger e. Epoche, 1983 (Autobiogr.).

  • Literatur

    K. Gerber, Bibliogr. d. Arbb. a. d. Robert-Koch-Inst. b. Bundesgesundheitsamt Berlin 1891-1965, 1966 (W-Verz.);
    Ch. Pross u. R. Winau, „Nicht misshandeln“, Das Krankenhaus Moabit, 1920-33 e. Zentrum jüd. Ärzte in Berlin, 1933-45 Verfolgung, Widerstand, Zerstörung, 1984, S. 109-79 (P);
    D. Neumann, Studentinnen aus d. Russ. Reich in d. Schweiz 1867-1914, 1987;
    L. R. Walsh u. James A. Poupard, L. R. and the Emergence of Clinical Pathology in Late 19th Century America, in: Arch. Pathol. Lab. Med. 113, 1989, S. 1303-08;
    Th. Schimpke, L. R., 1996 (W-Verz.; P) ;
    A. Burchardt, Blaustrumpf – Modestudentin – Anarchistin?, Dt. u. russ. Med.studentinnen in Berlin 1896-1918, 1997;
    K. Graffmann-Weschke, L. R., Leben u. Werk e. d. führenden Persönlichkeiten d. Tuberkuloseforsch. am Anfang d. 20. Jh., Diss. FU Berlin 1999 (Qu, W, L, P);
    J. Bleker u. S. Schleiermacher, Ärztinnen aus d. Kaiserreich, 2000;
    Fischer;
    Rhdb., S. 908;
    Wi. 1914-1935. – Zu Robert M. W. Kempner:
    Enc. Jud. 1971;
    BHdE I;
    Heinrichs;
    Kürschner, Gel-Kal. 1992;
    NDB 20*.

  • Autor/in

    Sabine Hering
  • Zitierweise

    Hering, Sabine, "Rabinowitsch-Kempner, Lydia" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 72-73 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11768418X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA