Lebensdaten
1843 – 1926
Geburtsort
Baiersdorf bei Forchheim
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Alpinist ; Forschungsreisender
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 116913258 | OGND | VIAF: 4271147270694335700008
Namensvarianten
  • Merzbacher, Gottfried

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Zitierweise

Merzbacher, Gottfried, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116913258.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Max (* 1807), Pelzhändler aus B., S d. Isaac u. d. Reiz N. N.;
    M Jette, T d. Feifel Rauh; ledig.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Realschule in Erlangen mußte M. auf ein wissenschaftliches Studium verzichten und den Berufeines Kürschners ergreifen. In Paris, London und St. Petersburg zum Kaufmann ausgebildet, gründete er 1868 in München ein Pelzwarengeschäft, das er bis 1888 leitete und das ihm materielle Unabhängigkeit gewährte. In der Freizeit bildete sich der Autodidakt naturwissenschaftlich fort, gleichzeitig trainierte er beim Bergsteigen seine körperliche Leistungsfähigkeit.

    Als Alpinist war M. 1877-87 an der Erschließung der Marmolatagruppe, des Rosengartens, der Agordiner Dolomiten und des Kaisergebirges beteiligt. Ihm gelangen über zwei Dutzend Erstbesteigungen, als berühmteste die des Totenkirchls im Wilden Kaiser. In weiteren Berggruppen der Ostalpen fand der ausschließlich mit Bergführern gehende M. neue Anstiege. Seine Berichte über diese Bergfahrten zeichnen sich durch Gründlichkeit und präzisen Stil aus. Durch (damals) schwere Eis- und Felsfahrten in den Westalpen bereitete sich M. auf Expeditionen in außeralpinen Hochgebirgen vor. 1891 unternahm er mit zwei Tiroler Führern eine erste, vornehmlich hochtouristische Kaukasus-Expedition, bei der zwar die Besteigung des Uschba mißlang, jedoch sechs andere Hochgipfel erreicht werden konnten. Eine zweite Kaukasusfahrt führte ihn 1892 auf fast alle beherrschenden Spitzen des östlichen Kaukasus. Der 1901 erschienene Expeditionsbericht „Aus den Hochregionen des Kaukasus“ enthält auf fast 1900 Druckseiten neben Besteigungserlebnissen und Reiseschilderungen auch geographische Beobachtungen und Überlegungen. Mit diesem Werk leitete M. die Tradition der deutschen außeralpinen Hochgebirgsforschung ein. Beide Kaukasusunternehmen zeigten M., daß es einem einzelnen Bergsteiger kaum möglich ist, wissenschaftliche Beobachtungen mit bergsteigerischen Erfolgen zu verbinden. Nach einem Erkundungsversuch 1891/92 im Tien Schan widmete er sich künftig ausschließlich wissenschaftlichen Forschungsreisen. Auf eine Fahrt zum Karakorum 1893/94 folgten 1902/03 und 1907/08 die beiden grundlegenden Hochgebirgsexpeditionen in den bis dahin noch fast unerforschten zentralen und östlichen Tien Schan. Die Resultate dieser gemeinsam mit Geologen und Topographen durchgeführten Unternehmen wurden in umfangreichen Veröffentlichungen publiziert, ein groß angelegtes Kartenwerk postum herausgegeben. Diese „von glühender alpiner Begeisterung getragenen Expeditionen haben M.s Ruf als hervorragenden Forschungsreisenden und als besten deutschen Kenners Zentralasiens hauptsächlich begründet.“ (Distel).

    M. hat als Privatgelehrter seine ganze Persönlichkeit und sein Vermögen in den Dienst der geographischen Wissenschaft gestellt. 1912 berief ihn die Geographische Gesellschaft München zum 2. Vorsitzenden. Seine reichhaltigen Sammlungen vermachte er Münchener Instituten, seine Asien-Bibliothek der Bayer. Staatsbibliothek. Nach dem 1. Weltkrieg trat er für die Wiederaufnahme außeralpiner Expeditionen durch den Deutschen und Österr. Alpenverein ein, dessen Mitglied er seit 1876 war. Kurz vor seinem Tode mußte sich M., ungeachtet seiner Verdienste, gegen ungerechtfertigte Vorwürfe wehren, er habe sich bei der Erstbesteigung des Totenkirchls unkameradschaftlich verhalten. Das Andenken an ihn fiel dem aufflammenden Antisemitismus zum Opfer. M.s Bedeutung für den deutschen Expeditionsalpinismus wird noch heute verkannt.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c. (München 1901), Prof.titel (1907).

  • Literatur

    Distel, G. M., in: Mitt. d. Geogr. Ges. München 1926, S. 85-91 (L, P);
    ders., in: Petermanns Geogr. Mitt. 1926;
    Fickeler, in: Geogr. Zs. 1926, S. 225-29;
    J. Braunstein, in: Mitt. d. Dt. u. Österr. Alpenver. 1926, S. 71 f.;
    C. Diener, in: Österr. Alpen-Ztg. 1926, S. 159-60;
    Lex. d. Geogr. II, 1933 (W);
    K. Schottenloher, Die Bayern in d. Fremde, 1950, S. 166;
    J. Bischoff, Baiersdorf – Entwicklungsgesch. e. fränk.|Kleinstadt, 1953;
    G. F. J. Bergmann, Münchens jüd. Bergsteiger, in: Vergangene Tage, hrsg. v. H. Lamm, 1982, S. 282 ff.;
    Aus d. jüd. Gesch. Baiersdorfs, 1992 (P);
    Enc. Jud. 1971.

  • Autor/in

    Peter Grimm
  • Zitierweise

    Grimm, Peter, "Merzbacher, Gottfried" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 205-206 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116913258.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA