Lebensdaten
1889 – 1971
Geburtsort
Moskau
Sterbeort
Zürich
Beruf/Funktion
Chemiker ; Nobelpreisträger für Chemie (1937)
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116060786 | OGND | VIAF: 111540517
Namensvarianten
  • Karrer, Paul
  • Karrer, P.
  • Karrer, Pablo
  • mehr

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Zitierweise

Karrer, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116060786.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Paul, Dr. med. dent. Zahnarzt;
    M Julia Lerch: B Walter (1891–1961), Dr. phil., Chemiker, Vf. d. Standardwerkes „Konstitution u. Vorkommen organ. Pflanzenstoffe (exclusive Alkaloide) “ (1958);
    - ⚭ Helene ( 1972), T d. Dr. med. Leopold Froelich (1860–1933), Leiter d. psychiatr. Heilanstalt Königsfelden b. Brugg (s. Biogr. Lex. d. Aargaus, 1958, W, L);
    3 S (1 früh †), 1 T.

  • Biographie

    K.s Eltern kehrten 1892 aus Moskau in die Schweiz zurück. K. studierte nach Besuch des Gymnasiums in Aarau an der Universität Zürich Chemie (1908–11) und war im letzten Jahr zugleich bei A. Werner, dem führenden Vertreter der modernen Komplexchemie, als Vorlesungsassistent tätig. Bei ihm wurde er 1911 mit einer Arbeit über die Valenzisomerie bei Kobalt zum Dr. phil. promoviert. Durch seine ersten, mit metallorganischen Komplexverbindungen befaßten Arbeiten, vor allem solchen des Arsens, kam K. in Kontakt mit P. Ehrlich, der die therapeutischen Eigenschaften dieser Stoffgruppe auf ihre arzneiliche Brauchbarkeit hin untersuchte und ihn 1912 als Mitarbeiter für das Georg-Speyer-Haus in Frankfurt/Main gewann. Als Ehrlich 1915 starb, übertrug man K. die Leitung der biochemischen Abteilung. Von Ehrlichs Forschungsbreite inspiriert, bildete sich in diesen Jahren K.s eigenes Arbeitsgebiet, die biologisch fundierte Naturstoffchemie, heraus. Die schlechten Verhältnisse nach Kriegsende veranlaßten K., 1918 einen Ruf als außerordentlicher Professor für Organische Chemie in Zürich anzunehmen, wo er 1919 – nach Ernennung zum ordentlichen Professor der Chemie und Direktor des Chemischen Institutes – Nachfolger seines Lehrers Werner wurde. Diesem „seinem“ Institut, das er 40 Jahre lang leitete und weiter ausbaute, so unter anderem durch Einrichtung einer eigenen physikalischen Abteilung mit V. Henri, blieb K. trotz vieler Rufe treu. 1959 wurde er emeritiert.

    K.s in mehr als 1 000 Veröffentlichungen niedergelegte wissenschaftliche Arbeit galt zunächst überwiegend den einfachen Zuckern und ihren Polymeren wie zum Beispiel Stärke, Cellulose und Chitin. Dieses Gebiet hat er 1925 in einer Monographie zusammengefaßt („Einführung in die Chemie der polymeren Kohlenhydrate“). Sein Nachweis der enzymatischen Spaltung von Cellulose in Glucose durch Extrakte aus der Weinbergschnecke (Helix pomatia) war eine der ersten Aufklärungen solcher Reaktionsmechanismen; er regte zudem an, diese Extrakte als schleimlösendes Husten- und Keuchhustenmittel therapeutisch anzuwenden. Ein weiteres großes Arbeitsgebiet K.s betraf die Vitamine als chemische Individuen und lebensnotwendige biologische Wirkstoffe. Es eröffnete sich ihm bei der Untersuchung gelber und roter Pflanzenfarbstoffe, wie zum Beispiel des Möhrenfarbstoffes Carotin, das nach intermediärer Spaltung in das für den Sehvorgang unentbehrliche Vitamin A übergeht. K. isolierte dieses heute auch zur Klasse der Carotinoide zählende, synthetisch zugängliche Vitamin aus Dorschleberöl und klärte seine Struktur auf. Auch dieses Arbeitsgebiet hat er (mit E. Jucker) in einer Monographie zusammengefaßt (Carotinoide, 1948; englisch 1950; als Band 3 der Chemischen Reihe in: Lehrbücher und Monographien auf dem Gebiet der experimentellen Wissenschaften 17; ferner Carotinoide in: C. Oppenheimer, Handbuch der Biochemie. Erg.bei ²1930; O. Isler widmete sein Werk Carotenoids, 1971, dem Andenken K.s). K.s Arbeiten über Flavine wurden durch einen gelben Pflanzenfarbstoff, das Riboflavin oder Vitamin B2 aus der Klasse der Flavine, eingeleitet. Diese Verbindung wurde als weitverbreiteter natürlicher Baustein und funktioneller Bestandteil zahlreicher Enzyme („Flavinenzyme“) erkannt, strukturell aufgeklärt und synthetisch erschlossen, ebenso auch die von K. später untersuchten anderen Substanzklassen und Funktionen zugeordneten Vitamine B1, B6 „E, K1 und K2. Die Erforschung dieser lebensnotwendigen und – weil vom menschlichen Körper selbst nicht gebildet – zur Vermeidung von Mangelkrankheiten ständig mit der Nahrung zuzuführenden Wirkstoffe stellt eine der Hauptleistungen K.s dar. K. kann als einer der Begründer der heutigen, interdisziplinär arbeitenden Molekularbiologie gelten. Er erhielt 1937 für seine Untersuchungen über Carotinoide, Flavine und die Vitamine A und B2 den Nobelpreis für Chemie, zusammen mit dem Engländer W. N. Haworth (für Untersuchungen über Kohlenhydrate und Vitamin C). Aus der Fülle von K.s weiteren Forschungsarbeiten ragen unter anderem seine Untersuchungen über Alkaloide hervor, besonders über die Giftstoffe in Calebassen-Curare, einem Eingeborenenpfeilgift im tropischen Amerika. Als experimenteller Chemiker erkannte er den Wert der neu aufgekommenen Chromatographie, Molekülspektrographie und weiterer physikalischchemischer Arbeitsmethoden und zog sie schon sehr früh bei seinen Arbeiten heran. – Sein „Lehrbuch der Organischen Chemie“ (1928, 141963; englisch ⁴1950, französisch 1949, italienisch ²1953, polnisch 1953, spanisch 1937, japanisch) wurde für viele Jahrzehnte zum internationalen Standardwerk. K. veröffentlichte die meisten seiner Arbeiten in der von ihm mitherausgegebenen Zeitschrift „Helvetica Chimica Acta|.

  • Auszeichnungen

    Marcel-Benoist-Preis (1922), Cannizzaro-Preis (1935), 20 Ehrenpromotionen, viele Ehrenmitgliedschaften;
    seit 1959 alljährliche Paul-Karrer-Vorlesung in Zürich über Fortschritte in der Chemie organischer Naturstoffe auf den von K. eröffneten Forschungsgebieten, gelesen von namhaften Vertretern der „jungen Generation“.

  • Werke

    u. a. Zürich als Stätte d. chem. Forschung in d. letzten 100 J., in: Festschr. z. 200 J.-Feier d. Naturforschenden Ges. Zürich, 1946 (P);
    Festrede d. Rektors (P. K.), gehalten an d. Stiftungsfeier d. Univ. Zürich, 1950 (darin: Univ. u. Staat, Btr. d. Wiss. z. geist. Leben Zürichs in vergangenen Jhh.).

  • Literatur

    F. Lieben, Gesch. d. Physiolog. Chemie, 1935;
    Les Prix Nobel en 1937 (Autobiogr., P, Faks;
    Nobelvortrag „Carotinoide, Flavine u. Vitamine A u. B2“), 1938, S. 1-16, 99-101;
    Festschr. zu Ehren P. K.s, 1949 (P, Faks);
    R. E. Oesper, in: Journal of Chemical Education 23, 1949, S. 46 f.;
    E. Farber, Nobel prize winners in chemistry 1901-50, 1953, S. 156-59 (P);
    Chemical and Engineering News 1955, S. 2820 f. (W-Verz.);
    H. Haas, Spiegel d. Arznei, 1956, S. 178 f.;
    Neue Zürcher Ztg. v. 21.4.1959;
    E. Jucker, in: Angew. Chemie 71, 1959, S. 253-88 (P);
    A. Stoll, in: Experientia 16, 1960, S. 85-128;
    Nachrr. aus Chemie u. Technik 12, 1964, S. 174;
    A. Wettstein, in: Helvetica Chimica Acta 55, 1972, S. 313-28 (P);
    G. Hesse, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1972, S. 282-86 (P);
    Eugster, in: Chemie in unserer Zeit 6, 1973, S. 146-53;
    M. Florkin, A Hist. of Biochemistry III, 1975 (= Bd. 31 v. Comprehensive Biochemistry, hrsg. v. M. Florkin u. E. H. Stotz);
    Pogg V, VI, VII a.

  • Porträts

    Büste v. K. Geisen;
    Phot. in: W. v. Bonin, Die Nobelpreisträger d. Chemie, 1963, S. 71, u. in: A. Dées de Sterio, Nobel führte sie zusammen, 1975, S. 212.

  • Autor/in

    Gerhard Hesse
  • Zitierweise

    Hesse, Gerhard, "Karrer, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 297-299 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116060786.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA