Lebensdaten
1896 – 1977
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
London
Beruf/Funktion
Politiker
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 10835086X | OGND | VIAF: 54687561
Namensvarianten
  • Lowe, Walter (in England)
  • Miles (Pseudonym)
  • Menz, Kurt (Pseudonym)
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Zitierweise

Löwenheim, Walter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd10835086X.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V N. N., Kaufmann in B.;
    M N. N.;
    B Ernst (* 1898), Kaufmann, enger polit. u. berufl. Mitarbeiter L.s, seit 1935 in d. Tschechoslowakei, seit 1936 in England;
    N. N.

  • Biographie

    L. besuchte das Kaiser-Wilhelm-Realgymnasium in Berlin und absolvierte eine kaufmännische Lehre. Nach dem 1. Weltkrieg, den er als Frontsoldat erlebt hatte, schloß er sich dem Spartakusbund und der Freien Sozialistischen Jugend an, 1919 der KPD und deren Jugendverband. 1920 wurde er als Jugenddelegierter zum 2. Kongreß der Komintern entsandt; er lernte damals Lenin kennen. Unter dem Einfluß seines Freundes Paul Levi, der 1921 aus der Partei ausgeschlossen wurde, bezog L. zunehmend eine kritische Haltung gegenüber der KPD, da sie die Hauptschuld an der Spaltung der Arbeiterbewegung treffe. Nachdem er anfangs leitend im Kommunistischen Jugendverband tätig gewesen war, strebte er nach finanzieller Unabhängigkeit, indem er als Gutachter über die Entwicklungstendenzen in der deutschen Wirtschaft für die sowjetische Handelsvertretung in Berlin arbeitete. 1927 trat L. aus der KPD aus und schloß sich zwei Jahre später der SPD an. Gleichzeitig wurde er zum Gründer und Führer einer Leninistischen Organisation, die bewußt namenlos blieb. Er befürchtete infolge des Niedergangs der kapitalistischen Gesellschaft und der damaligen Weltwirtschaftskrise den Ausbruch von faschistischen Revolutionen und neuen Kriegen und glaubte, eine solche Entwicklung nur durch eine Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung verhindern zu können. Diesem Ziel sowie der Errichtung einer „Demokratie des werktätigen Volkes“ sollte die „Org.“ dienen, die durch eine konspirative Durchdringungspolitik Anhänger in der KPD und der SPD zu gewinnen suchte.

    Nach der Machtübernahme Hitlers stellte sich die Organisation dank ihrer strengen Geheimhaltung erfolgreich auf den illegalen Kampf um. Im April 1933 schickte L. Fritz Erler nach Zürich, um über Frdr. Adler und Rob. Grimm die Verbindung zur Exil-SPD in Prag herzustellen. Im folgenden Monat errichtete die Organisation in Prag ein Auslandssekretariat, dessen Leitung Karl Frank übernahm. Im Aug. 1933 hatte L. die Programmschrift „Neu beginnen! Faschismus oder Sozialismus“ fertiggestellt, die unter dem Pseudonym „Miles“ in der Schriftenreihe der Exil-SPD in Karlsbad erschien (wieder 1974, hrsg. v. K. Klotzbach; engl., franz., tschech., jap. u. jidd. Überss.); die für Deutschland vorgesehenen Exemplare trugen den Tarntitel „Arthur Schopenhauer, Über die Religion“. Die Schrift fand innerhalb der Arbeiterbewegung beträchtliche Resonanz. „Neu Beginnen“ war fortan der Name der Geheimorganisation. „Neu Beginnen“ fühlten sich aber auch Widerstandsgruppen zugehörig, die nie Verbindung zur eigentlichen Organisation L.s besessen haben. In der Programmschrift wurde nämlich ausgesprochen, was viele Kräfte der Arbeiterbewegung in ihrer Unzufriedenheit mit den bisherigen Parteileitungen ebenfalls empfanden. L. führte das Versagen der linken Parteien nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten auf die Zerrissenheit der Arbeiterbewegung zurück. Die Faschisten hätten die Massen weniger durch Propaganda als durch richtiges Einschätzen des sozialen Wandels gewonnen. Die proletarische Revolution komme nicht zwangsläufig, sondern müsse erkämpft werden. L. wollte mit seiner Schrift die „deutschen kämpferischen Sozialisten neu orientieren“, „Neu Beginnen“ sollte zum Sammelbecken der „besten, mutigsten, kritischsten und ergebensten Menschen“ aller Richtungen der Arbeiterbewegung in einer einheitlichen Internationale aller Sozialisten werden. Da der Kampf gegen den Nationalsozialismus nicht im Ausland, sondern in Deutschland selbst entschieden werde, sollten sich die Emigranten der Autorität der Illegalen unterordnen. Diese Forderungen fanden bei den etablierten Parteifunktionären von SPD und KPD keine Zustimmung, wenn sie auch nicht auf die Arbeit von „Neu Beginnen“ verzichten mochten. Schwerpunkte dieser Arbeit waren die Schulung – auch um im Krisenfall sofort politisch in Aktion treten zu können – und das Sammeln von Nachrichten aus Betrieben sowie aus der NSDAP und deren Organisationen. Diese Nachrichten wurden monatlich zu einem Gesamtüberblick der inneren Situation Deutschlands zusammengestellt und von Kurieren, teilweise über die franz. Botschaft, verschlüsselt ins Ausland gebracht.

    Nachdem die Programmschrift L.s eine optimistische Stimmung unter den Mitgliedern der Organisation begünstigt hatte, machte sich durch das Ausbleiben von sichtbaren Erfolgen eine gewisse Resignation breit. Der konspirative Charakter hemmte die Dynamik, zumal die Nationalsozialisten das Meinungsbildungsmonopol besaßen und sehr bald innen- wie außenpolitische Erfolge aufweisen konnten. Die Versuche von „Neu Beginnen“, mit bürgerlichen Oppositionskreisen in „Gesellschaftlichen Aktionsgruppen“ ein begrenztes Bündnis zu schließen, mißlangen. Ende 1934 stellte die Exil-SPD die Zahlungen ein. Inzwischen hatte sich eine Opposition um Rich. Löwenthal und Werner Peuke innerhalb von „Neu Beginnen“ gebildet, die von Karl Frank unterstützt wurde und L. Ende Juni 1935 absetzte. Dieser erklärte seinerseits die Organisation für aufgelöst und emigrierte im Sept. 1935 in die Tschechoslowakei. Er entging damit dem Zugriff der Gestapo, die nach Erscheinen von L.s Programmschrift ein Sonderdezernat „Neu Beginnen“ eingerichtet hatte und zwischen Herbst 1935 und Frühjahr 1936 viele Verhaftungen von Mitgliedern der Geheimorganisation vornehmen konnte. Eine erneute Verhaftungswelle im Herbst 1938 bedeutete für „Neu Beginnen“, das unter Löwenthals und Peukes Leitung mit der Volksfrontgruppe weitergearbeitet hatte, die endgültige Zerschlagung in Deutschland. Im März 1941 trat „Neu Beginnen“ in die „Union sozialistischer Organisationen in Großbritannien“ ein. Nach 1945 waren es ehemalige „Neu Beginner“ – wie Waldemar v. Knoeringen, Erwin Schöttle, Fritz Erler und Rich. Löwenthal –, die in vorderster Linie am Neuaufbau der SPD mitarbeiteten. L., der sich 1936 in England niedergelassen hatte und zusammen mit seinem Bruder eine Ingenieurfirma leitete, trat politisch nicht mehr hervor.

  • Werke

    Weitere W. u. a. Die proletar. Revolution, Die Grundzüge ihrer Theorie u. ihre Besonderheiten in Dtld., 1931 (wieder in: Internat. Bibl. 76, 1974);
    Eine Welt im Umbruch, Zur Auseinandersetzung um d. Krise unserer Zeit, 1961.

  • Literatur

    K. Kliem, Der Sozialist. Widerstand gegen d. Dritte Reich, dargest. an d. Gruppe „Neu Beginnen“, Diss. Marburg 1957 (ungedr.);
    H. J. Reichardt, Neu Beginnen, Ein Btr. z. Gesch. d. Widerstandes d. Arbeiterbewegung gegen d. Nationalsozialismus, in: Jb. f. d. Gesch. Mittel- u. Ostdtld., 1963, S. 150-88 (wieder in: W. Schmitthenner u. H. Buchheim (Hrsg.), Der dt. Widerstand gegen Hitler, 1966, S. 200-14);
    H. Hellmann, in: Internat. wiss. Korr. z. Gesch. d. dt. Arbeiterbewegung 13, 1977, S. 155-59;
    BHdE I.

  • Autor/in

    Franz Menges
  • Zitierweise

    Menges, Franz, "Löwenheim, Walter" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 93-94 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd10835086X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA