Lebensdaten
1667 – 1749
Geburtsort
Ohrdruf (Thüringen)
Sterbeort
Gera
Beruf/Funktion
Jurist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 104319224 | OGND | VIAF: 2902598
Namensvarianten
  • Döhler, Johann Georg
  • Döhler, Johann Georg
  • Doehler, Ioh. Georg
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Zitierweise

Döhler, Johann Georg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd104319224.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Georg ( 1704), Bgm. in Ohrdruf, später Rat u. Amtmann in Eisenach;
    M Sophia ( 1712), T des Universitätssekretärs Joh. Graius in Jena;
    1) 1693 Cath. Elis. ( 1713), T des Gg. Siegmund Plessen, sachsen-eisenachischer Stallmeister, 2) 1714 Anne Marie, T des Joh. Adam Maus, Schatzungsschreiber in Frankfurt/Main;
    8 K aus 1), u. a. Valentin Sigismund, Gräflich Solmsischer Rat u. Erbherr zu Altenhof, 2 S, 2 T aus 2), u. a. Anne Eleonore Lucie ( Joh. Gottfried Hauptmann, 1712–82, Historiker, s. ADB XI), Johanne Maria ( Christian Gottfr. Weidlich, Hof- u. Konsistorialadvokat in Gera);
    N Jakob Frdr. (1710 - n. 87), Jurist u. Agronom (s. ADB V).

  • Biographie

    Von 1686 an studierte D. in Jena, Altdorf und Leipzig die Rechte, 1692 wurde er Hofadvokat in Eisenach, 1702 Licentiatus jur. und 1703 Dr. jur. in Jena; seit 1705 war er auch Kommissar des Vormundschafts- und Kammergerichts in Eisenach. Seit 1711 Rat des Landgrafen von Hessen-Rotenburg, seit 1716 Hof- und Justizrat in Sachsen-Meiningen, wurde er 1719 Hofrat in Hildburghausen und Rechtslehrer am akademischen Gymnasium, 1722 erster Hof- und Justizrat, Assessor des Konsistoriums in Gera, 1725 Gemeinschaftsrat der Grafen von Reuß, Kanzler und Konsistorialpräsident.

    D.s allgemeine Bedeutung beruht auf seinen juristisch-reformerischen Schriften. In seinen „Vorschlägen“ zur Justizerneuerung werden die vorhandenen Mißstände der Zeit nicht als Ausdruck der allgemeinen menschlichen Unvollkommenheit angesehen, die mit Geduld ertragen werden muß; vielmehr wird den vorhandenen Gebrechen dort mit sehr energischen Ratschlägen und Hinweisen zu Leibe gegangen. Diese erstrecken sich keineswegs nur auf einzelne Prozeßübel, sondern zielen auf eine Hebung der allgemeinen Standes- und Berufsethik für Anwälte und Richter hin und wollen dadurch zu einer Reform auf breiterer Basis gelangen. – D.s Erneuerungsideen sind nicht wie die Samuel Coccejis im brandenburgischen Raum, sondern in den kleinen sächsischen Fürstentümern entstanden und demgemäß vorwiegend auf die dortigen Verhältnisse zugeschnitten. Aber sie haben D. doch weit über seinen engeren Wirkungsbereich hinaus bekannt gemacht und auch nach Brandenburg-Preußen hineingewirkt, nicht zuletzt durch Chr. Thomasius, der D.s Bücher für seine Vorlesungen benutzte. – D. schrieb in deutscher Sprache, um so auch auf die halbgebildeten Juristen Einfluß nehmen zu können. Wenn seine Arbeiten vielleicht nicht ganz die Verbreitung gefunden haben wie die berühmten Reformschriften von Nicolaus Vigelius, Caspar Ziegler und Samuel Stryk, so erhoben sie sich doch weit über das übliche Belehrungsschrifttum der Zeit, das schnell zusammengeschrieben sich mit oberflächlicher Anweisung begnügte. Der heutige Forscher findet in ihnen eine Fülle trefflicher Bemerkungen über die damalige Gerichtspraxis und vor allem über die tatsächliche Handhabung der Verfahrensbestimmungen, die weder aus den Prozeßordnungen noch aus den Prozeßrechtslehrbüchern jener Zeit zu ersehen ist.

  • Werke

    Unters, d. heutzutage überhandnehmenden Geld- u. Nahrungsmangels, nach s. Ursprung u. Ursachen, Leipzig 1712; Ohnmaßgebliche Vorschläge, wie d. Justizwesen, vornehml. nach sächs. Art, verbessert werden könnte, ebd. 1712;
    Der Schein u. d. Seyn der Advokaten, Coburg 1716, 1728;
    Processual. Mausefalle od. kürzl. Vorstellung, wie es insgemein bey Processen herzugehen pflegt, ebd. 1724, 1745; Der Schein u. d. Seyn d. richterl. Amts, ebd. 1728, 1745.

  • Literatur

    ADB V;
    Btrr. z. Historie d. Gelehrtheit, T. 1. Hamburg 1748, S. 137 ff.;
    J. G. W. Dunkel, Hist.-krit. Nachrr. v. verst. Gelehrten I, Köthen 1753, S. 190;
    Strieder III;
    E. Döhring, Gesch. d. Dt. Rechtspflege seit 1500, 1953, S. 144, 388 u. passim.

  • Porträts

    Kupf. (Hauptbibl. d. Franckeschen Stiftung, Halle/S.).

  • Autor/in

    Erich Döhring
  • Zitierweise

    Döhring, Erich, "Döhler, Johann Georg" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 18 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104319224.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Döhler: Johann Georg D., ein populär-juridischer Schriftsteller zu Anfang des 18. Jahrhunderts, wurde am 28. Juli 1667 zu Ohrdruf in Thüringen geboren, wo sein Vater Bürgermeister war. Seine erste Erziehung erhielt er in Jena bei seinem mütterlichen Großvater, Universitätssecretär J. Graius, nachdem dieser jedoch gestorben war, zu Ohrdruf selbst, wo er die dortigen Schulen besuchte und zugleich, so bald dies thunlich war, von seinem Vater in dessen eigene Amtsgeschäfte eingeführt wurde. Eine Folge dieser praktischen Erziehung war, daß er mit um so größerem Nutzen 1686 zum Studium der Rechtswissenschaft die Universität Jena bezog, wo er die philosophischen Collegia bei Joh. Andr. Schmidt, Paul Hebenstreit, Joh. Christoph Weigel und Joh. Christoph Hartung, die Rechtsgelahrtheit aber bei Port hörte. Hier verweilte er bis 1690, nachdem er inzwischen auf kurze Zeit auch die Universitäten Altorf und Leipzig besucht hatte. Im J. 1692 wurde er unter die Zahl der Hofadvocaten in Eisenach aufgenommen, erhielt 1702 die juristische Licentiaten- und 1703 die Doctorwürde zu Jena und nahm 1705 ein Vormundschaftscommissariat in Eisenach an. Im Jahre vorher war ihm eine Amtmannsstelle und 1708 die Stelle eines Polizeirathes angeboten worden, die er aber beide verbat. Denn so sehr man seine Gewissenhaftigkeit bei der Advocatur anerkannte, so setzte er sich doch eben deshalb vielen Verfolgungen aus, besonders da ihn die Regierung in einer gewissen gefährlichen Injuriensache ex officio zum Advocaten ernannt hatte. Seine Lage änderte sich indessen, als ihn Landgraf Christian von Hessen-Rotenburg im J. 1711 zu seinem Rathe ernannte. In dieser Stellung verblieb er bis 1716, wo er als Hof- und Justizrath nach Meiningen und 1719 nach Hildburghausen als Hof- und Consistorialrath, sowie als Professor der Rechte am akademischen Gymnasium berufen wurde. Alle diese Aemter legte er jedoch 1722 freiwillig nieder, weil er das Recht höher hielt als die Gunst großer Herren und begab sich nach Frankfurt a/M. Noch in demselben Jahre folgte er aber einer Vocation nach Gera als erster Hof- und Consistorialrath und hier starb er, seit 1724 Gemeinschaftsrath der Grafen von Reuß, Kanzler, Consistorialpräsident, auch Inspector des Gymnasiums, am 17. Novbr. 1749.

    Unter seinen Schriften sind (Fr. Wilh. Strieder, Hessische Gelehrtengesch. III. 141—142) die zwei bedeutendsten: „Processualische Mausefalle oder kürzliche Vorstellung, wie es insgemein bei Processen herzugehen pfleget und was man dabey gutes zu hoffen habe; nebst den Mitteln, wie diesen Mausfallen zu enigehen“, Coburg 1723. 1724. 1745. 1750, mit 1 Kupfer; Frankfurt a/M. 1750. „Der Schein und das Seyn des Richterlichen Amtes; d. i. kurze doch gründliche Unterweisung, wie ein junger Mensch und Studiosus, welcher dereinst ein richterliches Amt antreten und in Kanzeleyen und Gerichtsstuben sich gebrauchen lassen will, oder darin gezogen wird, sich dazu anschicken, was er vorher, oder bey seinem Amt noch lernen und wissen, auch was vor Qualitäten er haben müsse. Ingleichen, was er bey seinem richterlichen Amte zu suchen und zu erwarten habe“, 1728. 1745. — In diesen beiden zu ihrer Zeit sehr hochgeschätzten und noch jetzt lesenswerthen Schriften zeigt sich der Verfasser als ein Eiferer für die Wahrheit und sucht in Folge seiner großen Erfahrung die geheimen Kunstgriffe und Ränke, besonders der Advocaten, zu enthüllen und unschädlich zu machen. Und in so hoher Achtung standen Döhler's Schriften bei seinen Zeitgenossen, daß sogar der große, eine freie Bewegung in Wissenschaft,|Kirche und Staat anstrebende und daher in fortwährendem Kampfe mit der Barbarei der Schulen, Gesetze und Gerichte (Hexenprocesse) lebende hallische Professor Christian Thomasius diese Schriften nicht nur bei seinen öffentlichen Vorlesungen zu Grunde legte, sondern sie auch seinen Zuhörern aufs dringendste zum Selbststudium empfahl. Ein gleiche oder ähnliche Tendenz verfolgten die theilweise mit Satire oder Humor geschriebenen Schriften anderer Verfasser jener und der späteren Zeit, wie: „Von der juristischen Windmacherei“, Jena 1686. „Veriphantor, Wie auffrichtige und gewissenhafte Advokaten gute, hingegen Rabulisten böse Christen seyn“, o. O. 1715 (Em. Weller, Index Pseudonym., S. 254). „Die Religion eines Juristen“, Frankf. 1720. „Alb. Spinetto, Politische Schnupftabacksdose vor die wächserne Nase der Justiz“, Frankf. 1739, Jena 1766. „Ueber die Chikanen der Rechtsgelehrten“, o. O. 1806. — Als juridische Dissertationen behandelten dieses Thema u. a. Ar. Mor. Holtermann, De nequitia Advocatorum, von Tücken und Bubenstücken der Advokaten, Marburg 1679. M. Chr. Donndorf, Risus juridicus, Lipsiae 1699. Joh. Ad. Stein, Juristen böse Christen, Gissae 1719. (Entgegen: J. P. Schmidt, Juristen gute Christen, Rostock 1730. — Bei den alten Deutschen vertheidigte ein jeder sich selbst oder seine Freunde sprachen für ihn. In den späteren Zeiten des Anwuchses der päpstlichen Herrschaft wurden die Advocaten für verdächtig gehalten, weil sie die weltliche Herrschaft des Papstes nicht für göttlichen Ursprungs halten wollten; daher das Sprichwort „Juristen, böse Christen“.) Fr. Amand. Trautmann, Von Advokaten-Streichen, Jena 1720. Joh. Georg Fichtneri De cereo iuris naso, Nurnb. 1724. Joh. Fr. Püchelberger, Das Recht habe eine wächserne Nase, Altd. 1724. J. D. Geibel, Kleine Diebe hängt man, die großen strafft man im Beutel, Altd. 1726. C. W. Kreuter, De odio veterum Germanorum erga advocatos ..., Corbach 1786. Es werden ferner erwähnt: Fr. Gerdesii Disput. von juristischen Fündgen, Leipz. 1717; Joh. Munsteri De stratagematibus, Aboae 1707; B. Strykii Diss. de Conscientia Advocatorum und dessen „beschämter Geschenk-Fresser"; Zaunschfferi Miles togatus etc. Uebrigens nennt schon Apulejus im 10. Buche seiner Metamorph. die Advocaten „vilissima capita. forensia pecora ac togatos vultures“. Ueber anderweitige proverbiale Anzüglichkeiten auf die Juristen, Richter und Advocaten vgl. u. a. Hugo v. Trimberg im Renner (Bamberg 1833—34. V. 8467); Seb. Brant (Narrenschiff ed. Zarncke, 1854. S. 70 Nr. 71); Geiler v. Kaisersberg (Mariä salbung, Straßb. 1520. Fol. Bl. II. 1 b. und Narrenschiff 1498. Fol. Bl. XXXIX. 2 a); Luther Werke. Jena 1555 ff Fol. Tom. I. Bl. 269 b.); Seb. Franck (Von d. bawm des wissens guts vnd böses, Vlm [1528]. Bl. 158 b.); Reineke de Vos (Frankf. 1575. Bl. 37 a); K. Fr. W. Wander, Sprüchwörter-Lexikon (Leipzig 1870. II. S. 1082). Geiler v. Kaisersberg (Irrig Schaf, Straßb. 1505. Fol. Bl. A ij b) sagt: „Es ist ein gemaynes sprichwort. Roller. Zoller. Schörgen. Vörgen. Ertzet Poeten vn Juristen. sind siben bößer cristen“ und Thomas Murner endlich in seiner Schelmenzunft, Augsb. 1513 (Bl. a v, a/b) läßt sich hierüber also aus:

    Es haißt ain volck zu teütsch Juristen wie seind mir das so seltzam christen Das recht thůn sy so spitzig biegen vnd kündens wa man will hin siegen Codex 1 Lodex 1 Decretal Hurenkinder 1 guldin zal Bartolus 1 Baldus 1 das Decret das fürtuch das metz vnmůß het Jüdscher gsůch 1 juristen buch als es yetz stat vmb Mechelsch tůch So hilft kain bleyen sigel dran man bescheißt schier damit yederman Vor Juristen solt du dich hietten vnd vor niederländischem bieten…

    Die Titel anderer minder wichtiger Schriften Döhler's (worunter auch eine „Dissertatio de jure florum“, 1691) sind bei Strieder a. a. O. nachzulesen.

    • Literatur

      Vgl. außerdem Beyträge zur Historie der Gelahrtheit I, Hamburg 1748. S. 137 ff. Dunkel's Historisch-kritische Nachrichten von verstorbenen Gelehrten I. S. 190. (Nach Abfassung dieses Artikels erschien: Stintzing, Das Sprüchwort „Juristen, böse Christen“ etc., Bonn 1875.)

  • Autor/in

    J. Franck.
  • Zitierweise

    Franck, Jakob, "Döhler, Johann Georg" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 295-297 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104319224.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA