Lebensdaten
1536 – 1565
Geburtsort
Ottenheim (auch Kottenem oder Cottenheim)
Sterbeort
Köln
Beruf/Funktion
niederrheinischer Wiedertäufer
Konfession
Täufer
Normdaten
GND: 104269065 | OGND | VIAF: 10279688
Namensvarianten
  • Cervaes, Matthias
  • Cervas, Matthias
  • Servaes, Matthijs
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Orte

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Zitierweise

Cervaes, Matthias, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd104269065.html [19.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Seine Lauterkeit und Redegabe veranlaßten den Täuferführer und Wanderprediger Zelis aus der Eifel, C., von Beruf Leinenweber, trotz seines Einspruchs zum Täuferlehrer zu berufen. Mit Heinrich Kruf unternahm er - nach biblischer Vorschrift selbzweit - unter starkem Zulauf Predigten und Taufen am Niederrhein. 1565 wurde C. bei einem nächtlichen Gottesdienst in Köln durch Verrat mit seiner Gemeinde von 23 Männern und 33 Frauen, meist Handwerker, Weingärtner, Wäscherinnen, Dienstmägde, aber auch eine Vogtin und ein Stiftsfräulein, gefangen. C. nahm die Verantwortung seines Lehr- und Taufamtes willig auf sich und weigerte sich auch unter der Folter standhaft, andere Prediger anzugeben. Durch den beschränkten schriftlichen Verkehr mit der Außenwelt entstand eine ganze Literatur ad hoc gedichteter, handschriftlich oder auch durch Einzeldrucke verbreiteter Lieder und handgeschriebene Trostbriefe, an der Sprache und Kraft der Bibel, vor allem der Psalmen, geschult. Von C. sind „11 auserlesene Sendbriefe“ bekannt, die er mit Ausnahme des ersten, 1565 im Gefängnis geschrieben hat. An den gefangenen Täuferlehrern machte die katholische Umgebung hartnäckige Bekehrungsversuche, vor allem der gelehrte Georg Cassander, der auch gegen C. schrieb. Cassander veröffentlichte zwei Gespräche, die er mit C. geführt hatte, unter anderem las er ihm seine Schrift über die Kindertaufe vor, ohne ihn jedoch überzeugen zu können.

  • Literatur

    ADB IV;
    M. Göbel, Gesch. d. christl. Lebens in d. niederrhein.-westfäl. Kirche I, 1849, S. 217;
    Ph. Wackernagel, Das dt. Kirchenlied, 5 Bde., 1864-77;
    K. Rembert, Die „Wiedertäufer“ im Hzgt. Jülich, 1899, S. 475 f., 490, 494, 542 f. (mit Inhaltsangabe d. Briefe, vollst. Text s. T. J. van Braght, Märtyrerspiegel, Amsterdam ²1865, S. 327 bis 344, Doopsgez. Bijdragen, ebenda 1868, S. 45 ff., 2 noch b. K. Rembert C. zugeschriebene Märtyrerlieder sind nach Wolkan a.a.O. erweisl. nicht non ihm, s. Wackernagel V, S. 1096);
    R. Wolkan, Die Lieder d. Wiedertäufer, 1903, S. 10, 27, 49, 100, 102;
    Briefe österr. Täufer, hrsg. v. R. Friedmann, = Archiv f. Ref.-Gesch. 103/04, Jg. 26.1929, H. 3/4;
    Mennonit.-Lex. I, 1913-24 (unter Cassander u. Cervaes).

  • Autor/in

    Eberhard Teufel
  • Zitierweise

    Teufel, Eberhard, "Cervaes, Matthias" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 184 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104269065.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Cervaes: Matthias C., Wiedertäufer, am 30. Juni 1565 in Köln mit dem Schwert hingerichtet. Er war ein Leineweber seines Zeichens, von Ottenheim gebürtig und zog mehrere Jahre in Gesellschaft des Täufers Heinrich Krufft predigend und taufend durch die niederrheinischen Gebiete umher. In der Nacht vom 22. auf den 23. Juni war er bei einer nächtlichen Versammlung in einem Weingarten bei St. Johann in Köln mit noch 56 anderen Wiedertäufern ergriffen worden. Er war „der Prinzipallehrer und Täufer“. Das hohe Gericht gab sich alle Mühe, ihn zum Widerruf zu bewegen und so vom Tode zu retten. Auf besonderes Ersuchen des Grafen begab sich der des höchsten Ansehens genießende Theologe Georg Cassander auf den Cunibertsthurm, um den Gefangenen zu einer andern Ueberzeugung zu bringen. Aus der Unterredung, welche Cassander mit ihm pflegte, ergab sich, daß man es mit einem bibelfesten und überzeugungstreuen Mann zu thun hatte, der kein Bedenken trug, sein Leben für das als wahr Erkannte hinzugeben. Nach der noch zu Recht bestehenden kaiserlichen Constitution, welche alle halsstarrigen Wiedertäufer dem Tode weihte, war für|C., der kaum 30 Jahre zählte, die Todesstrafe unvermeidlich. Der Rath beschloß am 29. Juni „den Prediger und Täufer Matthias C. nebst zwei gar halsstarrigen Wiedertäufern, die in St. Cunibert verhört waren und ganz pertinaces geblieben, dem Grafen zu liefern“. Weder die Schmerzen der Folter noch die Schrecken der ihm bevorstehenden Todesstrafe hatten den C. bewegen können, seiner Ueberzeugung untreu zu werden; nicht der schmerzliche Gedanke an Frau und Kinder hatte ihn wanken lassen. Vor seinem schweren Gange zur Richtstätte verfaßte er ein längeres Gedicht in 23 neunzeiligen Strophen, worin er Gott für die Gnade der Standhaftigkeit dankt und erklärt, daß er sich freue, für seinen Glauben den Tod erleiden zu können. Das Gedicht ist mitgetheilt in Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied, S. 514. Die Ueberschrift, welche lautet: „Ein ander Lied hat Mattheiß Cerfast im Gefängniß gemacht, welcher zu Cöllen mit dem Schwert gericht anno 1555“, gibt irrthümlich als Jahr der Hinrichtung 1555 an statt 1565.

    • Literatur

      Cassandri opera. Ennen, Geschichte der Stadt Köln, Bd. 4. v. Liliencron, Mittheil, a. d. Gebiete d. öffentl. Meinung etc. III. S. 19.

  • Autor/in

    Ennen.
  • Zitierweise

    Ennen, Leonhard, "Cervaes, Matthias" in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 91-92 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104269065.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA