Dates of Life
1922 – 2021
Place of birth
Potsdam
Place of death
Bonn
Occupation
Politiker
Religious Denomination
evangelisch, später konfessionslos
Authority Data
GND: 118838784 | OGND | VIAF: 111965839
Alternate Names
  • Kurt Wolf
  • Schollwer, Wolfgang
  • Kurt Wolf
  • more

Objekt/Werk(nachweise)

Relations

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Citation

Schollwer, Wolfgang, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118838784.html [26.04.2024].

CC0

  • Der DDR-Flüchtling Schollwer vollzog als FDP-Politiker einen tiefgreifenden Wandlungsprozess vom Befürworter des Kalten Kriegs zum Entspannungspolitiker. Obwohl fast nie im Vordergrund stehend, hatte er in den 1960er Jahren entscheidenden Einfluss auf den Kurs und das Erscheinungsbild der FDP. Mit zwei öffentlich bekannt gewordenen Konzeptpapieren zur Deutschland- und Ostpolitik wurde er zum Vordenker der Entspannungspolitik, wie sie von der SPD-FDP-Koalition ab 1969 verfolgt wurde.

    Dates of Life

    Geboren am 13. Februar 1922 in Potsdam
    Gestorben am 22. Januar 2021 in Bonn
    Grabstätte keine
    Konfession evangelisch, später konfessionslos
    Wolfgang Schollwer, Verband liberaler Akademiker e.V. (InC)
    Wolfgang Schollwer, Verband liberaler Akademiker e.V. (InC)
  • Curriculum Vitae

    13. Februar 1922 - Potsdam

    1932 - 1940 - Potsdam

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Viktoria-Gymnasium

    1940 - 1941 - Trebbin (Brandenburg)

    Reichsarbeitsdienst

    RAD-Abteilung K 2/95

    1941 - 1945 - Eberswalde

    Kriegsdienst

    Artillerie-Regiment 75

    1945 - Groß-Born (Pommern, heute Borne Sulinowo, Polen)

    Leutnant d. R.

    Artillerie-Schule III

    1946 - 1946 - Potsdam

    Famulus

    St. Josefs Krankenhaus

    1947 - 1947 - Berlin

    Hilfsdesinfektor

    Landesgesundheitsamt

    1948 - 1948 - Potsdam

    Kreissekretär

    Liberal-Demokratische Partei (LDP), Kreisverband

    1948 - 1950 - Potsdam

    Landessekretär

    LDP, Landesverband Brandenburg

    1950 - 1950 - Potsdam

    Stadtverordneter

    1950 - Berlin-West; Bonn

    Flucht nach Westdeutschland

    1951 - 1957 - Bonn

    Mitarbeiter im FDP-Ostbüro

    FDP-Bundesgeschäftsstelle

    1957 - 1970 - Bonn

    Redakteur; Referent

    FDP-Bundesgeschäftsstelle

    1962 - Bonn

    erstes „Schollwer-Papier“

    FDP-Bundesgeschäftsstelle

    1967 - Bonn

    zweites „Schollwer-Papier“

    FDP-Bundesvorstand

    1967 - 1969 - Bonn

    Präses (Vorsitzender)

    Verband liberaler Akademiker

    1969 - Neuwied

    Bundestagskandidat

    FDP-Landesverband Rheinland-Pfalz

    1970 - 1972 - Bonn

    Leiter

    Auswärtiges Amt, Inlandsreferat

    1972 - 1974 - Bonn

    stellvertretender Leiter

    Auswärtiges Amt, Planungsstab

    1974 - 1987 - Bonn

    Mitarbeiter; Forschungskoordinator

    Auswärtiges Amt, Planungsstab

    1986 - 1990 - Königswinter-Margarethenhöhe; Potsdam-Babelsberg

    Mitglied

    Beirat der Friedrich-Naumann-Stiftung

    22. Januar 2021 - Bonn
  • Genealogy

    Vater Kurt Schollwer 1872–1949 Dr. med., praktischer Arzt
    Großvater väterlicherseits Gustav Schollwer 1830–1920 Kgl. Stallmeister
    Großmutter väterlicherseits Susanna Schollwer, geb. Schoenbeck 1849–1917
    Mutter Käthe Schollwer, geb. Ernst 1891–1979 Klavierlehrerin
    Schwester Ingeborg Schollwer 1920–2006 Angestellte im Bundesverteidigungsministerium
    Heirat 12.7.1950 in Potsdam
    Ehefrau Ingeburg Schollwer, geb. Nickel 1927–1991
    Schwiegervater Ernst Nickel geb. 1890 Betriebsleiter
    Schwiegermutter Susanne Nickel, geb. Reiland 1892–1939
    Kinder keine
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    Schollwer, Wolfgang (1922 – 2021)

    • Vater

      Kurt Schollwer

      1872–1949

      Dr. med., praktischer Arzt

      • Großvater väterlicherseits

        Gustav Schollwer

        1830–1920

        Kgl. Stallmeister

      • Großmutter väterlicherseits

        Susanna Schollwer,

        1849–1917

    • Mutter

      Käthe Schollwer

      1891–1979

      Klavierlehrerin

      • Großvater mütterlicherseits

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Schwester

      Ingeborg Schollwer

      1920–2006

      Angestellte im Bundesverteidigungsministerium

    • Heirat

      in

      Potsdam

      • Ehefrau

        Ingeburg Schollwer

        1927–1991

  • Biografie

    Schollwer wuchs in einem monarchistischen, konservativ-deutschnationalen Milieu auf. 1940 erhielt er das Abitur ohne formale Prüfung wegen seiner Einberufung zum Reichsarbeitsdienst. Nach Kriegseinsatz von 1941 bis 1945 und kurzer sowjetischer Gefangenschaft kehrte er nach Potsdam zurück, um Medizin zu studieren. Sein Status als Reserveoffizier verhinderte dies jedoch, obwohl sich Schollwer zum Nachweis seines gesellschaftspolitischen Engagements 1946 der Liberal-demokratischen Partei (LDP) angeschlossen hatte. Diese berief ihn 1948 zum Kreissekretär und im selben Jahr zum Geschäftsführer des Landesverbandes Brandenburg. Er betrieb v. a. Jugendpolitik, die ein hohes Konfliktpotential mit der SED und der sowjetischen Besatzungsmacht beinhaltete und häufig zu scharfer Repression gegen die jungen Liberaldemokraten führte. Dem wachsenden politischen Druck entzog er sich im Herbst 1950 durch Flucht in den Westen.

    1951 erhielt Schollwer eine Anstellung im Bonner Ostbüro der FDP, das Aufklärungs- und Infiltrationsarbeit in Richtung DDR mit den Liberaldemokraten als besonderer Zielgruppe leistete. In dieser Funktion gehörte er zu den überzeugten Anhängern der sog. Politik der Stärke gegenüber dem Warschauer Pakt und sah den Mitte der 1950er Jahre begonnenen deutschlandpolitischen Sonderweg seiner Partei mit Argwohn. 1957 wechselte Schollwer in die FDP-Pressestelle, wo er seit 1959 den parteieigenen Pressedienst „fdk“ leitete und in seinem Sinne prägte.

    Spätestens mit dem Bau der Berliner Mauer setzte bei Schollwer ein außenpolitisches Umdenken ein, das sich 1962 in einer ersten, ohne Auftrag verfassten internen Denkschrift zur Deutschlandpolitik niederschlug. Darin plädierte er unter der Überschrift „Verklammerung und Wiedervereinigung“ im Kern dafür, die Hallstein-Doktrin aufzugeben und faktisch die DDR und die Oder-Neiße-Grenze anzuerkennen, um zur inneren Entstalinisierung des SED-Staates beizutragen und so zumindest langfristig Perspektiven für eine Wiedervereinigung zu haben. Das erste „Schollwer-Papier“, das Parallelen mit der wenig später berühmt gewordenen Formel „Wandel durch Annäherung“ des SPD-Politikers Egon Bahr (1922–2015) aufwies, wurde in der FDP-Führung ambivalent aufgenommen; als das Papier zwei Jahre später von einer Illustrierten publik gemacht wurde, distanzierte sich der FDP-Vorsitzende Erich Mende (1916–1998) – zugleich Minister für Gesamtdeutsche Fragen – offiziell davon. Nach dem Ende der Regierung Ludwig Erhard (1897–1977), als die FDP im Herbst 1966 zur alleinigen Oppositionspartei geworden war, beauftragte Mende Schollwer damit, ein neues Konzeptpapier zur deutschlandpolitischen Profilierung auszuarbeiten, das wenig später unter dem Titel „Deutschland und Außenpolitik“ vorlag.

    In seinem zweiten Papier ging Schollwer über das erste insofern hinaus, als er die Schaffung einer neuen gesamteuropäischen Friedensordnung über die deutsche Wiedervereinigung stellte und innenpolitisch für ein Zusammengehen mit der Sozialdemokratie warb. Neuerlich durch Indiskretion öffentlich bekannt geworden, löste das Papier heftige innerparteiliche Diskussionen aus: Schollwer warb mit der Rückendeckung des FDP-Bundesgeschäftsführers Hans Friderichs (geb. 1931) für seine Position, die nach dem Übergang des Parteivorsitzes von Mende auf Walter Scheel (1919–2016) 1968 in der FDP mehrheitsfähig wurde und in das Programm für die Bundestagswahl 1969 einfloss. Bei dieser Wahl kandidierte Schollwer in seinem Wahlkreis erfolglos gegen den CDU-Politiker Walther Hallstein (1901–1982).

    Schollwer trat 1970 in das Auswärtige Amt ein und setzte seine öffentlichen Auftritte als ost- und deutschlandpolitischer Vordenkerbis zu seinem Wechsel in den Planungsstab 1972 fort. Nach seiner Pensionierung fand er noch einmal größere öffentliche Aufmerksamkeit, als ab Ende der 1980er Jahre seine tagebuchartigen Aufzeichnungen aus seiner parteipolitischen Tätigkeit als wichtige Quelle für die Geschichte des organisierten Liberalismus zwischen 1945 und 1970 herausgegeben wurden und Schollwer dadurch zu einem bis in sein hohes Alter nachgefragten Zeitzeugen wurde.

  • Awards

    1942 Ostmedaille
    1943 Eisernes Kreuz II. Klasse
  • Primary Sources

    Nachlass:

    Archiv des Liberalismus, Gummersbach, Bestand Wolfgang Schollwer. (weiterführende Informationen)

    Weitere Archivmaterialien:

    Archiv des Liberalismus, Gummersbach, Bestand FDP-Ostbüro, Bestand FDP-Bundesgeschäftsstelle.

    Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin, 310 Außenpolitische Planung und Forschung, 311 Öffentlichkeitsarbeit Inland.

    Gedruckte Quellen:

    Potsdamer Tagebuch 1948–1950. Liberale Politik unter sowjetischer Besatzung, hg. v. Monika Faßbender, 1988.

    Liberale Opposition gegen Adenauer. Aufzeichnungen 1957–1961, hg. v. Monika Faßbender, 1990.

    FDP im Wandel. Aufzeichnungen 1961–1966, hg. v. Monika Faßbender, 1994.

    „Gesamtdeutschland ist uns Verpflichtung“. Aufzeichnungen aus dem FDP-Ostbüro 1951–1957, hg. v. Jürgen Frölich, 2004. (P)

    Die neue Ost- und Entspannungspolitik im Auswärtigen Amt. Aufzeichnungen 1970–72, Privatdr., 2005.

    „Da gibt es in der FDP noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten …“. Aufzeichnungen aus der FDP-Bundesgeschäftsstelle 1966–1970, hg. v. Jürgen Frölich, 2007.

  • Works

    Der Weg zur Entspannung. Deutschlandpolitik der F.D.P. seit 1952, hg. v. d. Bundesgeschäftsstelle der F.D.P., 1972.

    Nation zwischen Ost und West. Probleme und Möglichkeiten einer Deutschlandpolitik, in: Das Wagnis der Mündigkeit. Festschrift für Paul Luchtenberg, hg. v. Lore Breuer-Reinmöller, 1970, S. 43–52.

    Auf der Suche nach neuen Wegen. Die Zeit der Kanzlerschaft Adenauers und Erhards (1949–1966), in: Hans Wolfgang Rubin (Hg.), Freiheit, Recht und Einigkeit. Zur Entspannungs- und Deutschlandpolitik der Liberalen, 1980, S. 111–127.

    Enttäuschte Hoffnungen auf Deutschlands Einheit. Die Brandenburgische LDPD und die deutsche Frage 1948/49, in: Mut zur Einheit. Festschrift für Johann Baptist Gradl, 1984, S. 165–180.

    Liberale Führungspersonen – die Parteivorsitzenden, in: Wolfgang Mischnick (Hg.), Verantwortung für die Freiheit. 40 Jahre F.D.P., 1989, S. 440–463.

    Die DDR-Staatssicherheit und das Ostbüro der FDP, in: Deutschland-Archiv 29 (1996), S. 100–106.

  • Literature

    Klaus Hildebrand, Von Erhard zur Großen Koalition 1963-1969, 1984, S. 340–352. (P)

    Clemens Heitmann, FDP und neue Ostpolitik. Zur Bedeutung der deutschlandpolitischen Vorstellungen der FDP von 1966 und 1972, 1989.

    Volker Erhard, Die Schollwer-Papiere von 1962 und 1967. Meilensteine auf dem Weg der FDP zur Neuen Deutschland- und Ostpolitik, in: Reinhard Hübsch/Jürgen Frölich (Hg.), Deutsch-deutscher Liberalismus im Kalten Krieg. Zur Deutschland-Politik der Liberalen 1945–1970, 1997, S. 237–251.

    Mathias Siekmeier, Restauration oder Reform? Die FDP in den sechziger Jahren. Deutschland- und Ostpolitik zwischen Wiedervereinigung und Entspannung, 1998.

    Wolfgang Buschfort, Parteien im Kalten Krieg. Die Ostbüros von SPD, CDU und FDP, 2000.

    Volker Erhard/Jürgen Frölich, Wolfgang Schollwer aus der Sicht von Historikern, in: Liberale Perspektiven 1 (2021), S. 40–43.

  • Onlineressourcen

    Die beiden „Schollwer-Papiere“ von 1962 und 1967 bei der Friedrich Naumann Stiftung.

    Interview mit Wolfgang Schollwer in der ARD, 13.3.1967.

    Zeitzeugen-Veranstaltung mit Wolfgang Schollwer 2013 in Potsdam.

    WDR-Zeitzeichen zum Ende der Regierung Erhard mit Wolfgang Schollwer als Zeitzeugen, 30.10.2016.

  • Author

    Jürgen Frölich (Bonn)

  • Citation

    Frölich, Jürgen, „Schollwer, Wolfgang“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118838784.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA