Lebensdaten
1900–1971
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Bern
Beruf/Funktion
Konsularbeamter ; Widerstandskämpfer ; Beamter ; Diplomat ; Volkswirt ; Widerstandskämpfer
Konfession
evangelisch-lutherisch
Normdaten
GND: 121074374 | OGND | VIAF: 47608761
Namensvarianten
  • Kolbe, Fritz Albert Karl
  • George Wood
  • Kolbe, Fritz
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Kolbe, Fritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121074374.html [27.04.2024].

CC0

  • Als Beamter im deutschen Auswärtigen Dienst verriet Fritz Kolbe seit Juni 1943 aus Abneigung gegen den NS-Staat politische und militärische Geheimnisse an den US-Geheimdienst. Kolbe, dem nach 1945 die Rückkehr in den Auswärtigen Dienst verwehrt wurde, wird heute als einer der wenigen widerständigen Diplomaten geehrt.

    Lebensdaten

    Geboren am 25. September 1900 in Berlin
    Gestorben am 16. Februar 1971 in Bern
    Grabstätte Evangelischer Luisenkirchhof III in Berlin
    Konfession evangelisch-lutherisch
    Fritz Kolbe (InC)
    Fritz Kolbe (InC)
  • Lebenslauf

    25. September 1900 - Berlin

    1906 - 1917 - Berlin-Kreuzberg

    Schulbesuch (Abschluss: Einjährigen-Examen)

    152. Gemeindeschule; Borsig-Realschule

    1917 - 1918 - Berlin

    Mitarbeiter

    Wolffs Telegraphisches Bureau

    August 1918 - Dezember 1918 - Berlin

    Militärdienst

    1919 - 1922 - Berlin

    Ausbildung im mittleren Dienst (1.1.1922 Eisenbahnobersekretär)

    Reichsbahn

    1919 - 5.3.1920 - Berlin

    Abendkurse (Abschluss: Abitur)

    Kirschner Oberrealschule

    1921 - 1923 - Berlin

    Studium der Volkswirtschaftslehre (ohne Abschluss)

    Universität; Handelshochschule

    1922 - 14.3.1925 - Berlin

    Beamter

    Reichsbahn

    23.2.1925 - Berlin

    Einberufung in den Auswärtigen Dienst; sechsmonatige Ausbildung als Konsulatsdiätar

    Auswärtiges Amt

    19.11.1925 - 4.1.1936 - Madrid

    Beamter (8.10.1926 Konsulatssekretär)

    Deutsche Botschaft

    14.3.1936 - 14.5.1937 - Berlin

    Mitarbeiter der Personal- und Verwaltungsabteilung (9.3.1937 Oberinspektor)

    Auswärtiges Amt

    11.6.1937 - 7.2.1938 - Berlin

    Mitarbeiter des Amerikareferats der Politischen Abteilung und der Abteilung Deutschland

    Auswärtiges Amt

    25.2.1938 - 4.9.1939 - Kapstadt (Südafrika)

    Konsulatssekretär

    Deutsches Konsulat

    Sommer 1940 - April 1945 - Berlin

    Sekretär des Botschafters Karl Ritter (1883–1968) (3.7.1944 Kanzler)

    Auswärtiges Amt

    1945 - 1948 - Berlin

    Mitarbeiter

    Office of Military Government for Germany, United States (OMGUS)

    1948 - 1949 - Zürich

    Kaufmann

    Commercial Development Corporation

    1950 - 1960 - Frankfurt am Main

    Übersiedlung; selbstständiger Kaufmann

    16. Februar 1971 - Bern
  • Genealogie

    Vater Robert Friedrich Karl Kolbe 1863–1926 Sattler in Berlin
    Großvater väterlicherseits Otto Gustav Ferdinand Kolbe 1829–1883 Sattlermeister in Cammin (Pommern, heute Kamień Pomorski, Polen)
    Großmutter väterlicherseits Caroline Albertine Frederike Kolbe, geb. Fiebelkorn 1829–1868
    Mutter Martha Ernestine Wilhelmine Kolbe, geb. Stahl geb. 1869 Köchin in Berlin
    Großvater mütterlicherseits Joachim Friedrich Ferdinand Stahl 1829–1895 Schuhmachermeister in Gollnow (Pommern, heute Goleniów, Polen)
    Großmutter mütterlicherseits Dorothea Friederike Ernestine Stahl, geb. Iwen 1836–1880
    Bruder Hans Kolbe gest. 29.3.1966
    1. Heirat 21.6.1926 in Berlin-Buch
    Ehefrau Anita Kolbe, geb. Falkenhain 1902–1937
    Schwiegervater Carl Wilhelm Falkenhain geb. 1862 Feuerwehrmann in Berlin
    Schwiegermutter Amalie Falkenhain, geb. Gottwald geb. 1862
    Sohn Peter Kolbe 1932–2014
    2. Heirat 6.11.1937 in Zürich
    Ehefrau Lita Kolbe, geb. Schoop geb. 1900
    Schwiegervater Max Ulrich Schoop 10.4.1870–29.2.1956 aus Frauenfeld (Kanton Thurgau); Ingenieur und Erfinder; gest. in Zürich
    Schwiegermutter Martha Schoop, geb. Bächler
    Scheidung 24.7.1948
    3. Heirat 11.12.1948 in Cuxhaven
    Ehefrau Emma Maria Viktoria Kolbe, geb. Fritsch 1901–2000 aus Bütow (Pommern, heute Bytów, Polen); bis 1945 Sekretärin des Chirurgen Ferdinand Sauerbruch (1875–1951)
    Schwiegervater Gotthilf Karl Fritsch Landwirt
    Schwiegermutter Martha Marie Luise Fritsch, geb. Zimmer
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Kolbe, Fritz (1900–1971)

    • Vater

      Friedrich Kolbe

      1863–1926

      Sattler in Berlin

      • Großvater väterlicherseits

        Otto Kolbe

        1829–1883

        Sattlermeister in Cammin (Pommern, heute Kamień Pomorski, Polen)

      • Großmutter väterlicherseits

        Albertine Kolbe

        1829–1868

    • Mutter

      Martha Kolbe

      geb. 1869

      Köchin in Berlin

      • Großvater mütterlicherseits

        Joachim Friedrich Ferdinand Stahl

        1829–1895

        Schuhmachermeister in Gollnow (Pommern, heute Goleniów, Polen)

      • Großmutter mütterlicherseits

        Ernestine Stahl

        1836–1880

    • Bruder

      Hans Kolbe

      gest. 29.3.1966

    • 1.·Heirat

      in

      Berlin-Buch

      • Ehefrau

        Anita Kolbe

        1902–1937

    • 2.·Heirat

      in

      Zürich

      • Ehefrau

        Anita Kolbe

        1902–1937

    • 3.·Heirat

      in

      Cuxhaven

      • Ehefrau

        Anita Kolbe

        1902–1937

  • Biografie

    Kolbe besuchte die Borsig-Realschule in Berlin-Kreuzberg, wo er 1917 das Einjährigen-Examen bestand. Nach kurzer Tätigkeit in Wolffs Telegraphischem Bureau wurde er von August bis Dezember 1918 zum Militärdienst eingezogen und begann danach eine Ausbildung im mittleren Dienst der Reichsbahnverwaltung, die er im Januar 1922 mit der Prüfung zum Eisenbahnobersekretär abschloss. Anschließend übernahm er bis 1925 die Leitung der Güterabfertigung in Berlins Schlesischem Bahnhof. Parallel zu seiner Ausbildung bereitete sich Kolbe in Abendkursen auf das Abitur vor, das er im März 1920 ablegte. Sein 1921 begonnenes Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität und Handelshochschule in Berlin beendete er 1923 ohne Abschluss.

    Am 23. Februar 1925 wurde Kolbe in den Auswärtigen Dienst berufen und nach seiner Prüfung zum Konsulatsdiätar an die deutsche Botschaft in Madrid entsandt, wo er 1926 zum Konsulatssekretär befördert wurde. Unterbrochen von einer kurzen Tätigkeit beim deutschen Konsulat in Sevilla 1930/31 blieb er zehn Jahre in Spaniens Hauptstadt. Jeweils nur kurz waren seine anschließenden Verwendungen an der Botschaft Warschau (Januar–März 1936), in der Personal- und Verwaltungsabteilung des Auswärtigen Amts in Berlin (1936/37), an der Gesandtschaft in Lissabon (Mai/Juni 1937), im Amerikareferat und in der Inlandsabteilung des Auswärtigen Amts (Juni 1937–Februar 1938) sowie am Konsulat in Kapstadt (1938/39).

    Nach seiner Rückkehr nach Berlin übernahm Kolbe im Sommer 1940 das Sekretariat des Botschafters Karl Ritter (1883–1968), der alle mit dem Zweiten Weltkrieg zusammenhängenden Wirtschaftsfragen sowie die militärischen Fragen von außenpolitischer Bedeutung bearbeitete. Ritter war zudem der Verbindungsmann des Auswärtigen Amts zum Oberkommando der Wehrmacht. Fortan liefen viele Schriftstücke über Kolbes Schreibtisch, die ihm militärische und politische Geheimnisse offenbarten. Nach erfolglosen Kontaktversuchen zum britischen Geheimdienst übergab Kolbe seit Juni 1943 unter dem Decknamen George Wood während mehrerer Dienstreisen in die Schweiz dem Agenten des US-amerikanischen Nachrichtendienstes Office of Strategic Services (OSS) und späteren CIA-Chef Allen Dulles (1893–1969) zahlreiche geheime Unterlagen. Diese umfassten u. a. geheimdienstliches Wissen der Deutschen über die alliierte Kriegsführung, Informationen von der Ostfront und über den französischen Widerstand sowie Einzelheiten wie die Lage von Adolf Hitlers (1889–1945) Hauptquartier in Ostpreußen und Berichte über die Stimmung in der Bevölkerung. Da die US-amerikanische Regierung befürchtete, Falschinformationen aufzusitzen, blieben die Mitteilungen folgenlos. Kolbes Motive lagen in der tiefen Abneigung gegen den totalitären Nationalsozialismus; sein Handeln zielte darauf ab, das NS-Regime so zu schwächen, dass Deutschland von den westlichen, demokratischen Mächten befreit werden würde.

    Nach Kriegsende wurde Kolbe bis 1948 von der US-amerikanischen Militärregierung als Übersetzer und Fahrer beschäftigt, arbeitete anschließend u. a. als Kaufmann in Zürich und ließ sich 1949 in Frankfurt am Main nieder. Seit 1954 arbeitete er als Vertreter eines US-Werkzeugherstellers. Eine Bewerbung für den Auswärtigen Dienst wurde abgelehnt, Kolbe erhielt aber eine hohe Beamtenpension. 2004 wurde er im Auswärtigen Amt durch die Benennung eines Saales geehrt. Kolbe war der einzige Spion, den das OSS in einer deutschen Regierungsbehörde hatte. Ungeklärt ist, ob er über seine zweite Ehefrau und den Berliner Chirurgen Ferdinand Sauerbruch (1875–1951) Kontakte zu weiteren Widerstandskreisen hatte.

  • Auszeichnungen

    16.6.1935 Ehrenkreuz für Kriegsteilnehmer
    2004 Fritz-Kolbe-Saal, Auswärtiges Amt, Berlin
  • Quellen

    Nachlass:

    Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Berlin, NL 148.

    Weitere Archivmaterialien:

    Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Berlin, P1/7 680, 7 681 und P14/5 1723. (Personalakten)

  • Literatur

    Edward P. Morgan, The Spy the Nazis Missed, in: True. The Man’s Magazine 27 (1950), S. 21–23 u. 98–108, dt. u. d. T. Das Doppelspiel des Diplomaten, in: Weltwoche v. 19.1.–23.2.1951.

    Anthony Quibble, Alias George Wood, in: Studies in Intelligence 10 (1966), Nr. 1.

    Hansjakob Stehle, Fritz Kolbe, vergessen und verkannt. Ein Mensch, allein mit seinem Gewissen, in: Die Zeit, Nr. 19 v. 2.5.1986, S. 33–36.

    Barbara Ungeheuer, Amerikanische Erinnerungen an Fritz Kolbe. Ein urdeutscher Typ, in: ebd., S. 36.

    Axel Frohn, Hans Michael Kloth. Der Bote aus Berlin, in: Der Spiegel, Nr. 37 v. 10.9.2001, S. 220–222.

    Greg Bradsher, A Time to Act. The Beginning of the Fritz Kolbe Story. 1900–1943, in: Prologue Magazine 34 (2002), Nr. 1.

    Lucas Delattre, Fritz Kolbe. Un espion au cœur du IIIe Reich, 2003, dt. u. d. T. Fritz Kolbe. Der wichtigste Spion des Zweiten Weltkriegs, 2004.

    Nigel West, Fritz Kolbe and Allen Dulles. Masterspies?, in: International Journal of Intelligence and Counterintelligence 19 (2006), S. 756–761.

    Lucas Delattre, Einsamer Widerständler und Spion im Auswärtigen Amt, in: Jan Erik Schulte/Michael Wala (Hg.), Widerstand und Auswärtiges Amt. Diplomaten gegen Hitler, 2013, S. 70–80.

    Dokumentarfilm:

    Der ungeliebte Patriot. Fritz Kolbe. Spion gegen Hitler, Buch und Regie: Reinhard Joksch (geb. 1965), Rundfunk Berlin Brandenburg/arte, 2007.

    Roman:

    Andreas Kollender, Kolbe, 2015.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografien, 1924–1948, Bildersammlung des Politischen Archivs des Auswärtigen Amts, Berlin.

  • Autor/in

    Martin Kröger (Berlin)

  • Zitierweise

    Kröger, Martin, „Kolbe, Fritz“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/121074374.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA