Lebensdaten
1913 – 1999
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Wirtschaftswissenschaftler
Normdaten
GND: 570794145 | OGND | VIAF
Namensvarianten
  • Dr. Peter Hall
  • Kohlmey, Gunther
  • Dr. Peter Hall
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Zitierweise

Kohlmey, Gunther, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd570794145.html [28.04.2024].

CC0

  • Gunther Kohlmey war als Gründungsdirektor des Zentralinstituts für Wirtschaftswissenschaften eine Leitfigur der Ökonomie der frühen DDR, v. a. des Geld- und Finanzsystems. Nach seinen Vorschlägen für die Errichtung einer unabhängige Notenbank zur Zeit der Tauwetter-Periode nach 1953 wurde Kohlmey des „Revisionismus“ beschuldigt und verlor seine Stellung am Institut. Dennoch prägte er auch danach als Professor an der Hochschule für Ökonomie die Wirtschaftswissenschaften der DDR.

    Lebensdaten

    Geboren am 27. Juli 1913 in Berlin
    Gestorben am 25. Dezember 1999 in Berlin
    Grabstätte Friedhof der Evangelischen Segensgemeinde in Berlin-Weißensee
  • Lebenslauf

    27. Juli 1913 - Berlin

    1919 - 1932 - Berlin

    Schulbesuch (Abschluss Abitur)

    Gymnasium

    1932 - 1936 - Freiburg im Breisgau; Berlin

    Studium der Nationalökonomie

    Universität

    1937 - 1943

    Mitglied

    NSDAP

    1940 - Berlin

    Promotion (Dr. rer. pol.)

    Universität

    1939 - 1943

    Kriegsdienst (zuletzt Leutnant)

    Wehrmacht

    1943 - 1947 - Kuban; Moskau

    Übertritt zur Sowjetarmee; Gefangenschaft

    1943 - 1947 - Krasnogorsk (Sowjetunion)

    Assistent

    Zentrale Antifa-Schule

    1947 - Berlin-Ost

    Rückkehr

    1948 - 1990

    Mitglied

    SED

    1948 - 1953 - Forst-Zinna bei Jüterbog (Brandenburg)

    Gründungsdekan; Direktor

    Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Institut für Politische Ökonomie des Sozialismus der Deutschen Verwaltungsakademie (DVA)

    1949 - 1953 - Forst-Zinna

    Professor für Politische Ökonomie des Sozialismus

    DVA

    1953 - 1954 - Potsdam

    Professor für Politische Ökonomie des Sozialismus

    Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft (DASR) „Walter Ulbricht“

    1953 - 1957 (Ablösung)

    Gründer; Chefredakteur

    Zeitschrift „Wirtschaftswissenschaft“

    1954 - Berlin-Ost

    Gründungsdirektor des Zentralinstituts für Wirtschaftswissenschaften

    Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW)

    1956 - 1958 - Berlin-Ost

    Professor für Politische Ökonomie des Sozialismus

    Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Humboldt-Universität

    1958 - Berlin-Ost

    Abberufung als Professor; Rücktritt als Direktor; wissenschaftlicher Mitarbeiter und Bereichsleiter

    Zentralinstitut für Wirtschaftswissenschaften der Humboldt Universität; DAW

    1960 - 1961 - Schkopau bei Merseburg

    Forschungsaufenthalt

    BUNA-Werke

    1961 - 1978 - Berlin-Karlshorst

    Professor für internationale Handels- und Valutabeziehungen

    Hochschule für Ökonomie

    1961 - 1983 - Berlin-Karlshorst

    Mitglied

    Wissenschaftlicher Rat der Hochschule für Ökonomie

    1967 - 1968 - Berlin-Ost

    Vorsitzender

    Wissenschaftlicher Rat beim Ministerium für Außenwirtschaft

    1974 - 1983

    Mitarbeit

    International Economic Association, Steering Committee für Ost-West-Beziehungen in Europa

    1978 - 1983 - Berlin-Ost

    Vorsitzender

    Nationalkomitee für Wirtschaftswissenschaften der DDR

    1990

    Mitglied

    PDS

    1991 - 1994 - Berlin

    Mitglied

    Rat der Alten der PDS

    25. Dezember 1999 - Berlin
  • Genealogie

    Vater Richard Kohlmey 1886-1645 Lehrer
    Mutter Charlotte Kohlmey, geb. Stern 1889-1964 Lehrerin
    Bruder Hans Kohlmey geb. 1920
    Heirat
    Ehefrau Gerda Kohlmey, geb. Sojcher geb. 1.9.1912 Rentnerin; SED-Mitglied; Verfolgte des Naziregimes (VdN)
    Kinder eine Stieftochter
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Kohlmey, Gunther (1913 – 1999)

    • Vater

      Richard Kohlmey

      1886-1645

      Lehrer

      • Großvater väterlicherseits

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Charlotte Kohlmey

      1889-1964

      Lehrerin

      • Großvater mütterlicherseits

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Bruder

      Hans Kohlmey

      geb. 1920

    • Heirat

      • Ehefrau

        Gerda Kohlmey

        geb. 1.9.1912

        Rentnerin; SED-Mitglied; Verfolgte des Naziregimes (VdN)

  • Biografie

    Kohlmey studierte nach dem Abitur 1932 in Berlin bis 1936 Nationalökonomie an den Universitäten Freiburg im Breisgau und Berlin, wo er 1940 mit einer Arbeit zur „Industrialisierung Britisch-Indiens und Argentiniens“ (1941) zum Dr. rer. pol. promoviert wurde. Seit 1937 Mitglied der NSDAP, wurde er 1939 zum Kriegsdienst einberufen (zuletzt Leutnant). Am Kuban-Brückenkopf in der Sowjetunion lief Kohlmey 1943 zur Armee der Sowjetunion über und kam kurzzeitig in Moskau in Kriegsgefangenschaft. Seine wirtschaftswissenschaftliche und offenbar sozialistische Kompetenz brachte ihm jedoch noch 1943 die Position eines Assistenten an der zentralen Antifa-Schule in Krasnogorsk bei Moskau ein. 1947 kehrte er nach Berlin-Ost zurück und wurde 1948 Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

    1948 wurde Kohlmey Gründungsdekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sowie Direktor des Instituts für Politische Ökonomie des Sozialismus an der Deutschen Verwaltungsakademie Forst-Zinna, die 1953 in die Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft (DASR) „Walter Ulbricht“ in Potsdam überging. Seine wichtige Stellung als Ökonom der frühen DDR wurde deutlich, als er 1954 als Gründungsdirektor des Zentralinstituts für Wirtschaftswissenschaften an die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW) berufen wurde. Dieses Institut sollte die marxistisch-leninistische Orientierung der Akademie repräsentieren und der maßgebende Ort wirtschaftswissenschaftlicher Forschung in der DDR werden, verlor jedoch in der Folge der Revisionismuskampagne des Politbürosder späten 1950er Jahre, die die Reformdiskussionen in der DDR nach dem Tod Stalins beendete, seine Bedeutung. Während der Parteikampagne gegen den stellvertretenden Direktor Fritz Behrens (1909–1980) nahm Kohlmey eine vermittelnde Rolle ein, seine Reformideen wie die einer unabhängigen Zentralbank wurden aber als „revisionistisch“ bezeichnet. 1958 musste er als Direktor des Instituts zurücktreten und verlor seine Position als Chefredakteur der Zeitschrift „Wirtschaftswissenschaften“ sowie den Lehrstuhl an der Humboldt-Universität.

    1961 konnte Kohlmey akademisch wieder Fuß fassen, als er zum Professor für internationale Handels- und Valutabeziehungen an die Hochschule für Ökonomie in Berlin-Karlshorst berufen wurde. Auch die Wahl zum ordentlichen Mitglied der DAW 1964 zeugten von seiner Anerkennung trotz der Revisionismuskampagne der 1950er Jahre. Nach vielen Veröffentlichungen zu internationalen Wirtschaftsbeziehungen im Sozialismus wurde Kohlmey 1967 zum Vorsitzenden des wissenschaftlichen Rats beim Ministerium für Außenwirtschaft ernannt. Im Zusammenhang der weiteren Reformen an Walter Ulbrichts (1893–1973) Neuem Ökonomischen System und vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik veröffentlichte Kohlmey 1968 einen Aufsatz zur Dezentralisierung der Wirtschaftsplanung unter Beachtung der marktgesetzlichen Selbstregulierung mit dem Titel „Planen als Regeln und Steuern“, den Kurt Hager (1912–1998) auf dem 9. Plenum des ZK der SED als verstecktes Konzept einer Sozialen Marktwirtschaft angriff. Hierauf wurde Kohlmey als Vorsitzender des wissenschaftlichen Rats beim Ministerium für Außenwirtschaft wieder abberufen.

    Kohlmey setzte sich in den 1970er Jahren neben seiner Professur an der Hochschule für Ökonomie in Berlin-Karlshorst auch für die Kooperation mit den westlichen Wirtschaftswissenschaften innerhalb der International Economic Associationein, in der er dem Komitee für Ost-West-Beziehungen in Europa angehörte; seine Arbeiten wurden jedoch außerhalb der DDR wissenschaftlich nicht wirksam. Bis 1983 war Kohlmey Vorsitzender des Nationalkomitees für Wirtschaftswissenschaften an der Akademie der Wissenschaften der DDR. Nach der Wiedervereinigung war er bis 1994 im Rat der Alten der PDS politisch tätig.

  • Auszeichnungen

    1955 Nationalpreis der DDR
    1964–1992 ordentliches Mitglied der DAW
    1978 Vorsitzender des Nationalkomitees für Wirtschaftswissenschaften der Akademie der Wissenschaften der DDR
    1978 Dr. h. c., Hochschule für Ökonomie, Berlin-Karlshorst
    1978 Vaterländischer Verdienstorden
    1979 Ehrenmitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest
    1983 Stern der Völkerfreundschaft
  • Quellen

    Nachlass:

    Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn. (weiterführende Informationen)

    weitere Archivmaterialien:

    Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Personalbogen v. 15.3.1990, VA-PA: Prof. Gunther Kohlmey, Personal-Karte A, AKL (1945-1968) Pers., Nr. A 612.

  • Werke

    Die Industrialisierung Britisch-Indiens und Argentiniens. Ein Beitrag zum Problem der Neuindustrialisierung, 1941. (Diss. rer. pol.)

    Der demokratische Weltmarkt. Merkmale und Bedeutung für den sozialistischen Aufbau, 1955.

    Das Geldsystem der Deutschen Demokratischen Republik, 1956.

    Zur Systematisierung der heutigen bürgerlichen Geld- und Kredittheorien. Betrachtungen an Hand des Buches von W. Zaga, Die heutigen bürgerlichen Geld- und Kredittheorien (russisch), 1955, in: Geld und Kredit 11(956), H. 4, S. 321–325.

    Entwicklungsprobleme des sozialistischen Weltwirtschaftssystems, 1958.

    Karl Marx‘ Theorie von den internationalen Werten mit einigen Schlußfolgerungen für die Preisbildung im Außenhandel zwischen den sozialistischen Staaten, 1962.

    Planen als Regeln und Steuern, Probleme der politischen Ökonomie, in: Jahrbuch des Zentralinstituts für Wirtschaftswissenschaften 11 (1968), S. 89–121.

    Vergesellschaftung und Integration im Sozialismus, 1973.

    Moderne Produktion und Arbeitswerttheorie, 1987.

    Ethnische Selbstbestimmung und Globalität, in: UTOPIE kreativ 37/38 (1993), S. 9–16.

    Bibliografie:

    Sozialismus als Alternative. Texte von 1947 bis 1993. Gunther Kohlmey, hg. v. Jörn Schütrumpf/Wolfram Adolphi, 2001, S. 142–175. (vollständiges Werkverzeichnis) (Onlineressource)

  • Literatur

    Jürgen Kuczynski/Heinrich Scheel (Hg.), Zum wissenschaftlichen Werk von Gunther Kohlmey, 1984.

    Helmut Steiner, Gunther Kohlmey im Fadenkreuz der Revisionismus-Kampagne, in: UTOPIE kreativ 33/34 (1993), S. 82–105.

    Helmut Steiner/Hans-Joachim Braun, Zum „Fall“ Gunther Kohlmey. Briefwechsel, in: UTOPIE kreativ 37/38 (1993), S. 81–86.

    Günter Krause, Wirtschaftstheorie in der DDR, 1998.

    Peter Caldwell, Dictatorship, State Planning, and Social Theory in the German Democratic Republic, 2003.

    Nachruf:

    Wolfram Adolphi, In memoriam Gunther Kohlmey, in: UTOPIE kreativ 112 (2000), S. 109 f. (Onlineressource)

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie v. Karin Peters, Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Fotosammlung. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Till Düppe (Montréal, Québec, Kanada)

  • Zitierweise

    Düppe, Till, „Kohlmey, Gunther“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/570794145.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA