Kirchschläger, Rudolf
Kirchschläger, Rudolf
1915 – 2000
Politiker, Jurist, österreichischer Bundespräsident
- Lebensdaten
- 1915 – 2000
- Geburtsort
- Niederkappel (Oberösterreich)
- Sterbeort
- Wien
- Beruf/Funktion
- Politiker ; Jurist ; österreichischer Bundespräsident
- Konfession
- römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 118723189 | OGND | VIAF: 12565103
- Namensvarianten
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- Kirchschläger, Rudolf
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- Kirchschläger, Rudolph
- Kirchschläger, Rudolph
- mehr
Biografische Lexika/Biogramme
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- Index Theologicus (IxTheo)
- Personen im Wien Geschichte Wiki [2012-]
Objekt/Werk(nachweise)
Porträt(nachweise)
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Rudolf Kirchschläger war von 1974 bis 1986 Bundespräsident der Republik Österreich. Über Parteigrenzen hinweg war der ausgebildete Jurist für seine besonnene Art und im katholischen Glauben verwurzelte humanitäre Grundhaltung anerkannt. Während des „Prager Frühlings“ 1968 war er österreichischer Gesandter in der Tschechoslowakei. Als Außenminister unter Bundeskanzler Bruno Kreisky (1911–1990) von 1970 bis 1974 betrieb er eine konsensorientierte und auf Konfliktvermeidung ausgerichtete Nachbarschafts- und Europapolitik.
Lebensdaten
Geboren am 20. März 1915 in Niederkappel (Oberösterreich) Gestorben am 30. März 2000 in Wien Grabstätte Zentralfriedhof, Bundespräsidentengruft in Wien Konfession römisch-katholisch -
Lebenslauf
20. März 1915 - Niederkappel (Oberösterreich) -
Genealogie
Vater Johann Kirchschläger 1866–1926 Waagmeister in den Papierfabriken Obermühl und Steyrermühl; Organist u. a. in Wilhering und Losenstein (beide Oberösterreich) Großvater väterlicherseits Lorenz Kirchschläger Maurer in St. Florian (Oberösterreich) Großmutter väterlicherseits Josefa Kirchschläger, geb. Blindzellner Mutter Anna Kirchschläger, geb. Wagner 1873–1918 Landarbeiterin aus St. Oswald bei Freistadt (Oberösterreich) Stiefmutter (seit 1919) Rosa Kirchschläger, geb. Hohensinn gest. 1952 Verkäuferin; Schreiberin; zuletzt in Kronstorf (Oberösterreich) Großvater mütterlicherseits Johann Wagner Tagelöhner in St. Oswald bei Freistadt Großmutter mütterlicherseits Aloisa Wagner, geb. Satzinger Halbschwester Käthe Gusenbauer Halbschwester Maria Hohensinn Heirat 17.8.1940 in Rosenburg am Kamp (Niederösterreich) Ehefrau Hermine (Herma) Katharina Anna Kirchschläger , geb. Sorger 1916–2009 Schwiegervater Karl Sorger geb. 1891 Gastwirt in Wien und Kamegg (Gars am Kamp, Niederösterreich) Schwiegermutter Anna Sorger, geb. Dvorský geb. 1895 Tochter eine Tochter Sohn Walter Kirchschläger geb. 1947 katholischer Theologe und Philosoph; 1982–2012 ordentlicher Professor für Exegese des Neuen Testaments an der Theologischen Fakultät Luzern, 1997–2000 Rektor der Hochschule Luzern, 2000/01 Gründungsrektor der Universität Luzern Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Kirchschläger, Rudolf (1915 – 2000)
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Vater
Johann Kirchschläger
1866–1926
Waagmeister in den Papierfabriken Obermühl und Steyrermühl; Organist u. a. in Wilhering und Losenstein (beide Oberösterreich)
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Großvater väterlicherseits
Lorenz Kirchschläger
Maurer in St. Florian (Oberösterreich)
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Großmutter väterlicherseits
Josefa Kirchschläger
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Mutter
Anna Kirchschläger
1873–1918
Landarbeiterin aus St. Oswald bei Freistadt (Oberösterreich)
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Großvater mütterlicherseits
Johann Wagner
Tagelöhner in St. Oswald bei Freistadt
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Großmutter mütterlicherseits
Aloisa Wagner
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Heirat
in
Rosenburg am Kamp (Niederösterreich)
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Biografie
Jugend und Ausbildung bis 1945
Kirchschlägers Kindheit und Jugend in der kleinen Gemeinde Niederkappel (Oberösterreich) waren von Armut geprägt. Nach dem Tod seiner Eltern lebte er seit 1926 bei seiner Stiefmutter in Kronstorf (Oberösterreich). Durch Gelegenheitsarbeiten finanzierte er seinen Schulbesuch in der Bürgerschule Steyr, die er erfolgreich abschloss. 1930 ging er an die Aufbauschule Horn in Niederösterreich, wo er 1935 die Matura ablegte. Anschließend war er kurzzeitig als Gemeindesekretär in Kronstorf tätig, bevor er ein mit Stipendien gefördertes Studium an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien aufnahm. Die Förderungen wurden nach dem „Anschluss“ am 13.3.1938 jedoch an den Beitritt zu einem der Verbände der NSDAP gebunden, was Kirchschläger ablehnte, worauf er sein Studium unterbrechen musste. Am 1.12.1938 wurde er zum Militärdienst in die Wehrmacht einberufen und leistete Kriegsdienst bis Mai 1945, in den letzten beiden Kriegsjahren als Oberleutnant an der Ostfront mehrmals schwer verwundet. Während eines Fronturlaubs um die Jahreswende 1939/40 schloss er sein Studium ab und wurde am 25.1.1940 in Wien zum Dr. iur. promoviert.
Berufslaufbahn als Jurist und Diplomat
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war Kirchschläger für wenige Monate in US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Kronstorf, bevor er seine Laufbahn als juristischer Beamter am Bezirksgericht Horn begann. 1947 wurde er zum Richter und Amtsleiter am Bezirksgericht Langenlois ernannt, 1954 auf eigenes Ersuchen zum Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien versetzt. Im selben Jahr holte ihn der Leiter der Völkerrechtsabteilung im Amt für Auswärtige Angelegenheiten des Bundeskanzleramts, Stephan Verosta (1909–1998), in seine Abteilung, wo Kirchschläger in die Vorbereitungen zur Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags 1955 involviert war. 1956 zum Leiter der Abteilung Völkerrecht im Bundeskanzleramt bestellt, spielte Kirchschläger unter den Außenministern Leopold Figl (1902–1965) und Bruno Kreisky (1911–1990) eine wesentliche Rolle bei der Auslegung des österreichischen Staatsvertrags und der Handhabung der „immerwährenden Neutralität“. Von 1956 bis 1965 nahm er als Mitglied der österreichischen Delegation an UN-Generalversammlungen teil, von 1970 bis 1973 leitete er die Delegation. Durch seine völkerrechtliche Expertise war Kirchschläger in den 1960er Jahren in die rechtlichen und politischen Verhandlungen um die durch die Vorlage vor der UNO-Vollversammlung 1960 zunehmend internationalisierte „Südtirolfrage“ involviert, die 1972 durch das Inkrafttreten des sog. zweiten Autonomiestatuts für die Provinzen Bozen und Trient zu einer Neuordnung der Autonomie für Südtirol führten.
1962 wurde Kirchschläger zum Kabinettschef im Außenministerium unter den Ministern Kreisky und Lujo Tončić-Sorinj (1915–2005), 1967 zum österreichischen Gesandten in Prag ernannt, wo er 1968 den „Prager Frühling“ und den Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts erlebte. Während dieser Zeit nahm er Schutzsuchende in der Botschaft auf und setzte sich über die Weisung des Außenministers Kurt Waldheim (1918–2007) hinweg, tschechoslowakischen Flüchtlingen keine österreichischen Ausreisevisa auszustellen.
Außenminister
1970 folgte Kirchschlägers Bestellung zum Außenminister in der Alleinregierung der Sozialistischen Partei Österreichs (heute Sozialdemokratische Partei Österreichs, SPÖ) unter Bundeskanzler Kreisky. In dieser Funktion bemühte sich Kirchschläger bis 1974 v. a. um nachbarschafts- und europapolitische Anliegen Als erster österreichischer Außenminister seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs besuchte er 1971 Italien. Besondere Aufmerksamkeit wandte er den Beziehungen zu von den Vereinten Nationen nicht anerkannten Staaten wie der Volksrepublik China, Nordkorea und der DDR zu. Durch seine konsens- und dialogorientierte Außenpolitik gewann er als Parteiloser in der SPÖ-Regierung unter Kreisky, dessen außenpolitische Vorstellungen oft Kontroversen erzeugten, auch bei der Opposition großes Vertrauen.
Bundespräsident
Nach dem Tod des Bundespräsidenten Franz Jonas (1899–1974) wurde Kirchschläger 1974 von Kreisky und der SPÖ als dessen Nachfolger vorgeschlagen. Er gewann die Wahl am 23.6.1974 im ersten Wahlgang gegen den Kandidaten der ÖVP, Alois Lugger (1912–2005) mit 51,7 % der Stimmen. Popularität und Vertrauen über Parteigrenzen hinweg erreichte er durch sein schon in seiner Antrittsrede formuliertes Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als Fundament der Republik sowie durch sein Plädoyer für Glaubwürdigkeit in der Politik. Seine erneute Nominierung zum Bundespräsidentschaftskandidaten durch die SPÖ 1979 wurde von der ÖVP mitgetragen. Bei der Wahl am 18.5.1980 wurde Kirchschläger mit 79,9 % der Stimmen, dem bis heute besten Ergebnis bei Präsidentschaftswahlen in der Geschichte der Zweiten Republik, neuerlich zum Bundespräsidenten gewählt.
In seiner zweiten Amtszeit mahnte Kirchschläger anlässlich der tief in die österreichische Politik hineinreichenden Schmiergeldaffäre rund um die Erbauung des neuen Wiener Allgemeinen Krankenhauses 1980 die „Trockenlegung der Sümpfe und sauren Wiesen“ an; der Ausdruck erregte Aufsehen und wurde zum geflügelten Wort. Seine zahlreichen Reden, die er selbst verfasste, waren von einer „pastoralen“ Rhetorik charakterisiert; in einer Fernsehansprache im April 1986 zur nationalsozialistischen Vergangenheit Waldheims, des Nachfolgekandidaten für das Bundespräsidentenamt, äußerte er sich vermittelnd. Auch nach seiner Zeit in der Politik war Kirchschläger wegen seiner moralischen Autorität über Parteigrenzen hinweg beliebt. Nach dem Ausscheiden aus dem Bundespräsidentschaftsamt zog er sich zunehmend aus der Politik zurück.
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Auszeichnungen
1967 Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich 1971 Großkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik 1974 Großstern des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich 1975 Ritter des Nassauischen Hausordens vom Goldenen Löwen 1977 Goldene Friedensmedaille der UNO 1980 4-Schilling-Sonderbriefmarke der Österreichischen Post 1986 Ehrenbürger der Stadt Wien 1990 Großkreuz des Päpstlichen Piusordens 1996 Tomáš-Garrigue-Masaryk-Orden 1. Klasse der Tschechischen Republik 2000 Collane des Päpstlichen Piusordens 2003 Gedenktafel am Wohnhaus, Rosenburg-Mold 2008 Rudolf-Kirchschläger-Platz, Wien-Hernals -
Quellen
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Österreichisches Staatsarchiv, Wien, AdR PK 2Rep Präsidentschaftskanzlei 2. Republik, Kirchschläger, Rudolf, Dr., 08.07.1974–08.07.1986, AVA AVS BPD (Bundespressedienst) 5, Kirchschläger Dr. Rudolf, 1970–1986.
Kreisky-Archiv, Prominenten Korrespondenz, Büro III, Box 34. Kirchschläger, Rudolf.
Gedruckte Quellen:
Oberösterreichisches Landesarchiv, Linz, Verzeichnis Kirchschläger-Reden (1974–1968).
Wienbibliothek, Tagblattarchiv, AC10953 293, Kirchschläger, Rudolf.
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Werke
Die österreichische Neutralität und die Sicherheitskonferenz, in: Österreichische Zeitung für Politikwissenschaft 3 (1972), S. 5–10.
Karl Heinz Ritschel (Hg.), Rudolf Kirchschläger. Reden 1974–1977, 1978.
Der Friede beginnt im eigenen Haus. Gedanken über Österreich, 1980.
Integration und Neutralität, in: Erich Bielka/Peter Jankowitsch/Hans Thalberg (Hg.), Die Ära Kreisky. Schwerpunkte der österreichischen Außenpolitik, 1983, S. 61–96.
Leben und Lesen. Gedanken eines österreichischen Pensionisten, 1986.
Josef Pühringer (Hg.), Immer den Menschen zugewandt. Reden von Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger aus den letzten 25 Jahren, 2000.
Walter Kirchschläger (Hg.), Rudolf Kirchschläger. Ins Heute gesprochen. Mit einem Geleitwort v. Heinz Fischer, 2015. (P)
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Literatur
Borys Jaminskyj, Der Weg in die Hofburg. Dr. Rudolf Kirchschläger, 1975.
Franz Loidl, Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger – ein Siebziger, 1985.
Marco Schenz, Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, 1984.
Manfried Welan, Rudolf Kirchschläger, in: Herbert Dachs/Peter Gerlich/Wolfgang C. Müller (Hg.), Die Politiker. Karrieren und Wirken bedeutender Repräsentanten der zweiten Republik, 1995, S. 289–298.
Stephan Verosta, Rudolf Kirchschläger, in: Friedrich Weissensteiner (Hg.), Die österreichischen Bundespräsidenten, 1982, S. 313–325.
Walter Kirchschläger, Vorwort, in: ders. (Hg.), Rudolf Kirchschläger. Ins Heute gesprochen, 2015, S. 8–13.
Festschrift:
Alois Mock/Herbert Schambeck (Hg.), Verantwortung in unserer Zeit. Festschrift für Rudolf Kirchschläger, 1990. (P)
Lexikonartikel:
N. N., Art. „Kirchschläger, Rudolf“, in Austria-Forum, 2009. (P) (Onlineressource)
N. N., Art. „Rudolf Kirchschläger“, in: Wien Geschichte Wiki. (Onlineressource)
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Onlineressourcen
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Autor/in
→Maximilian Brockhaus (Wien)
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Zitierweise
Brockhaus, Maximilian, „Kirchschläger, Rudolf“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118723189.html#dbocontent