Hohlweg, Walter
- Lebensdaten
- 1902 – 1992
- Geburtsort
- Inzersdorf bei Wien
- Sterbeort
- Graz
- Beruf/Funktion
- Chemiker ; Hormonforscher ; Endokrinologe
- Konfession
- unbekannt
- Normdaten
- GND: 1309852944 | OGND | VIAF
- Namensvarianten
-
- Hohlweg, Walter Josef Max
- Hohlweg, Walter
- Hohlweg, Walter Josef Max
- Hohlweg, Walther
- Hohlweg, Walther Josef Max
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Hohlweg, Walter Josef Max
1902 – 1992
Chemiker, Hormonforscher, Endokrinologe
Walter Hohlweg forschte seit 1930 als Abteilungsleiter für Hormonforschung der Schering-Kahlbaum AG in Berlin mit führenden Steroidchemikern und unter Adolf Butenandts (1903–1995) Anleitung zur Reindarstellung, Synthese und Wirkungsweise von Sexualhormonen. Neben der Herstellung von Hormonderivaten, die teils noch heute Bestandteil oraler Kontrazeptiva sind, arbeitete Hohlweg an der Erforschung neuroendokriner Regulationsprozesse.
Lebensdaten
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Autor/in
→Manfred Kröger (Gießen)
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Zitierweise
Kröger, Manfred, „Hohlweg, Walter“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/1309852944.html#dbocontent
Hohlweg besuchte seit 1908 die Schule in Wien, wo er 1920 die Matura erhielt und anschließend Chemie an der TH Wien studierte. Nach seinem Abschluss als Dipl. Ing. techn. 1925 erlernte er als Mitarbeiter von Eugen Steinach (1861–1944) an der Biologischen Versuchsanstalt der Österreichischen Akademie der Wissenschaften die Methoden der Sexualendokrinologie, v. a. die Erforschung der Grundlagen der geschlechtsabhängigen Wirkung der Sexualhormone. Diese Ergebnisse nutzte er als Grundlage für seine Dissertation „Über die Isolierung eines Östrogens aus Butea superba und seine biologischen Wirkungen“ an der TH Wien, mit der er 1937 bei Steinach zum Dr. techn. promoviert wurde.
1928 hatte Steinach Hohlweg für das Hauptlabor der Firma Schering-Kahlbaum AG nach Berlin empfohlen, wo Hohlweg seit 1930 die Abteilung für Hormonforschung leitete. Hohlwegs Abteilung beschäftigte sich vornehmlich mit der Reindarstellung und Synthese von Sexualhormonen. Nachdem 1930 die Substanz Östrol aus dem Harn von Schwangeren isoliert worden war, gelang 1933 Hohlwegs Abteilung die Synthese von Östrogen, dessen orale Verwendung er in Kooperation mit der Frauenklinik der Charité unter Selmar Aschheim (1878–1965) erproben durfte. 1934 entdeckte Hohlweg, dass Östrogeninjektionen auf den Hypophysenvorderlappen wirken und zur Ausschüttung des Gelbkörperhormons führen, was heute als Hohlweg-Effekt bezeichnet wird
1938 gelang Hohlweg mit Adolf Butenandt (1903–1995) und Ulrich Westphal (1910–1993), mit denen die Schering AG zusammenarbeitete, die erstmalige Reindarstellung von Progesteron. Im selben Jahr stellte Hohlweg mit Hans H. Inhoffen (1906–1992) Estradiol, ein Östrogenderivat, her, das noch heute zu den Wirkstoffen von Kontrazeptiva gehört. 1939 erarbeiteten beide das als Pregneninolon bezeichnete Testosteronderivat, dessen Wirksamkeit an das des Progesterons heranreichte und das unter dem Produktnamen Proluton C als oral wirksames Corpus luteum-Hormon rasch klinische Anwendung fand. Hohlweg untersuchte auch die hormonellen Steuerungsmechanismen. In den 1930er Jahren wies er mit Karl Junkmann (1897–1976) experimentell nach, dass die Hormonproduktion durch Rückkopplung neuronal reguliert wird.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb Hohlweg als österreichischer Staatsbürger und Leiter des Laboratoriums der Frauenklinik der Charité im sowjetischen Teil Berlins. Seit 1951 Direktor und Professor des neuen Instituts für Experimentelle Endokrinologie an der Humboldt-Universität in Berlin-Ost arbeitete er unabhängig von den Patenten der Schering AG an einem Kontrazeptivum. Nachdem Schering 1961 eine empfängnisverhütende Pille auf den bundesdeutschen Markt gebracht hatte, bot der VEB Jenapharm 1965 mit Ovosiston in der DDR eine sog. Wunschkindpille an.
Nach dem Mauerbau 1961 verließ Hohlweg die DDR und arbeitete von 1962 bis 1973 an der Universitäts-Frauenklinik in Graz als Leiter eines für ihn eingerichteten Hormonlabors. Als ausgebildeter Chemiker arbeitete Hohlweg v. a. endokrinologisch und trug so zur Aufklärung der Funktion von weiblichen und männlichen Sexualhormonen bei. Er gilt neben Carl Djerassi (1923–2015) als Vater der Antibabypille.
1960 | Nationalpreis der DDR |
1985 | Ehrenzeichen in Gold der Landeshauptstadt Graz |
vor 1990 | Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie |
vor 1990 | Ehrenmitglied der Gesellschaft für Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten der DDR |
vor 1990 | Aschheim-Medaille der Gesellschaft für Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten der DDR |
1990 | Dr. med. h. c., Humboldt-Universität Berlin |
1992 | Ehrenmitglied der European Society for Human Reproduction and Embryology (postum) |
Walter-Hohlweg-Preis der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (zweijährlich) |
Nachlass:
nicht bekannt.
Walter Hohlweg/Max Dohrn, Über die Beziehungen zwischen Hypophysenvorderlappen und Keimdrüsen, in: Klinische Wochenschrift 11 (1932), S. 233–235.
Adolf Butenandt/Ulrich Westphal/Walter Hohlweg, Über das Hormon des Corpus luteum, in: Hoppe-Seyler’s Zeitschrift für physiologische Chemie 227 (1934), S. 84–98.
Walter Hohlweg/Josef Schmidt, Zur Chemie und Biologie des reinen Corpus luteum-Hormons „Progesteron“, in: Klinische Wochenschrift 15 (1936), S. 265–267.
Über die Isolierung eines Östrogens aus Butea superba und seine biologischen Wirkungen, 1937. (Diss. techn.)
Walter Hohlweg/Hans Herloff Inhoffen, Pregneninolon. Ein neues per os wirksames Corpus luteum-Hormonpräparat, in: Die Naturwissenschaften 18 (1939), S. 77–79.
Georg Silló-Seidel, Kleine Mengen mit großer Wirkung, in: Die Welt v. 9.10.1982.
Günter Dörner/G. Hinz, History of Medicine. Prof. Dr. Walter Hohlweg on his 85th Birthday, in: Zentralblatt für Gynäkologie 110 (1988), H. 10, S. 628–631.
Günter Dörner, Laudatio für Prof. Dr. Walter Hohlweg anläßlich seiner Ehrenpromotion zum Dr. h. c. med. am 13.7.1990, in: Experimental and Clinical Endocrinology 96 (1990), S. 353–355. (P)
Peter Karlson, Adolf Butenandt, Biochemiker. Hormonforscher. Wissenschaftspolitiker, 1990, S. 67 u. 74.
Gerhard Tscherne, In memoriam Prof. Dr. Walter Hohlweg, in: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 33 (1993), H. 3, S. 215. (Onlineressource) (P)
Gerhard Bettendorf (Hg.), Zur Geschichte der Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, 1995, S. 237-241. (P)
Jochen Süss/Hans H. Simmer, Zum Gestagentest am infantilen Kaninchen. Der Prioritätsanspruch von Walter Hohlweg, in: Würzburger Medizinhistorische Mitteilungen 14 (1996), S. 499–509.
Matthias David/Andreas D. Ebert (Hg.), Geschichte der Berliner Universitäts-Frauenkliniken, 2010, v. a. S. 145–151.
Heiko Stoff, Wirkstoffe. Eine Wissenschaftsgeschichte der Hormone, Vitamine und Enzyme. 1920–1970, 2012.