Lebensdaten
1889 – 1968
Geburtsort
Frankfurt am Main
Sterbeort
Zürich
Beruf/Funktion
Privatbankier ; Nationalökonom ; Wirtschaftswissenschaftler ; Bankier
Konfession
jüdisch, seit 1933 evangelisch
Normdaten
GND: 118700588 | OGND | VIAF: 13101648
Namensvarianten
  • Hahn, Lucien Albert
  • Hahn, Albert L.
  • Hahn, Lucien Albert
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Biografische Lexika/Biogramme

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Zitierweise

Hahn, Albert L., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118700588.html [27.04.2024].

CC0

  • Albert Hahn ist heute v. a. durch seine geld- und währungstheoretischen Schriften bekannt. Er war ein scharfer und charismatischer Kritiker des Keynesianismus. Als Bankier und Investor stand er außerhalb der akademischen Wirtschaftswissenschaft, deren Entwicklung er kritisch begleitete und anregte.

    Lebensdaten

    Geboren am 12. Oktober 1889 in Frankfurt am Main
    Gestorben am 4. Oktober 1968 in Zürich
    Grabstätte Hauptfriedhof in Frankfurt am Main
    Konfession jüdisch, seit 1933 evangelisch
    Albert L. Hahn (InC)
    Albert L. Hahn (InC)
  • Lebenslauf

    12. Oktober 1889 - Frankfurt am Main

    - 1908 - Frankfurt am Main

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Goethe-Gymnasium

    1908 - 1912 - Freiburg im Breisgau; Heidelberg; Berlin; Marburg an der Lahn

    Studium der Rechtswissenschaften und Nationalökonomie

    Universität

    1911 - Kassel; Frankfurt am Main; Königsstein im Taunus

    Erstes Staatsexamen; Referendar

    Landgericht; Amtsgericht

    1912 - Marburg an der Lahn

    Promotion (Dr. iur.)

    Universität

    1919 - Berlin

    Assessorexamen

    Kammergericht

    1919 - Marburg an der Lahn

    Promotion (Dr. phil.)

    Universität

    1919 - 1933 - Frankfurt am Main

    Rechtsanwalt

    1919 - 1933 - Frankfurt am Main

    stellvertretendes, 1921 ordentliches Vorstandsmitglied

    Deutsche Effecten- und Wechselbank, vorm. L.A. Hahn

    1926 - Frankfurt am Main

    Initiator und Mitgründer

    Frankfurter Gesellschaft für Konjunkturforschung

    1928 - 1933 - Frankfurt am Main

    Honorarprofessor für Geld-, Bank- und Kreditwesen; Nov. 1933 Entzug der Lehrbefugnis

    Universität

    1933 - 1936 - Frankfurt am Main

    Aufsichtsratsvorsitzender

    Deutsche Effecten- und Wechselbank, vorm. L.A. Hahn

    1936 - Schweiz

    Emigration

    1939 - New York City

    Emigration; wissenschaftliche Tätigkeit

    New School für Economic Research

    1948 - Frankfurt am Main

    Honorarprofessor für Geld- und Währungstheorie

    Universität

    1950 - Paris; Grasse (Département Alpes-Maritimes, Frankreich); Zürich

    Übersiedlung

    1964 - 1968

    Aufsichtsratsmitglied

    Deutsche Effecten- und Wechselbank, vorm. L.A. Hahn

    4. Oktober 1968 - Zürich
  • Genealogie

    Vater Louis Alfred Hahn 16.2.1856–1921 jüdisch; Bankier, 1881–1912 Vorstandsmitglied, 1912 stellvertretender Vorsitzender, 1913 Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Effecten- und Wechsel-Bank A. G. vorm. L. A. Hahn
    Großvater väterlicherseits Anton Leopold Anselm Hahn 1825–Nov. 1907 Bankier; 1872 Mitbegründer und bis 1884 Vorstand, 1884–1904 Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Effecten- und Wechsel-Bank A. G. vorm. L. A. Hahn
    Großmutter väterlicherseits Ernestine Hahn, geb. Feist 1834–1911
    Urgroßvater väterlicherseits Loeb Amschel Hahn 10.7.1796–11.6.1856 Geldwechsler, Bankier; gründete 1821 das Bankhaus L. A. Hahn in Frankfurt am Main
    Mutter Rebecca (Regine) Hahn, geb. Goldschmidt
    Großvater mütterlicherseits Benedikt Goldschmidt Bankier
    Großmutter mütterlicherseits Marie Goldschmidt, geb. Woog
    Schwester Nellie Adrienne Kirchberg, geb. Hahn geb. 1893 verh. mit Paul Kirchberg
    Heirat 1933 in Vaduz (Liechtenstein)
    Ehefrau Nora Yvonne Hahn, geb. Freiin von Girsewald 15.6.1906–6.10.1992
    Schwiegervater Conway Freiherr von Girsewald 26.6.1876–25.3.1955 Dr. phil; Dr.-Ing.; Chemiker; Honorarprofessor an der Universität Frankfurt am Main; Vorstand des chemischen Forschungs-Laboratoriums der Metallgesellschaft A.G.; Rechtsritter des Johanniter-Ordens
    Schwiegermutter Nora Freiin von Girsewald, geb. Sommerhoff 1882–1929
    Sohn L. A. Nicolaus Hahn 1936–2018
    Onkel väterlicherseits Ludwig Arnold Hahn 1858–1946 Bankier in der Deutschen Effecten- und Wechsel-Bank A. G.
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Hahn, Albert L. (1889 – 1968)

    • Vater

      Louis Alfred Hahn

      16.2.1856–1921

      jüdisch; Bankier, 1881–1912 Vorstandsmitglied, 1912 stellvertretender Vorsitzender, 1913 Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Effecten- und Wechsel-Bank A. G. vorm. L. A. Hahn

      • Großvater väterlicherseits

        Anton Hahn

        1825–Nov. 1907

        Bankier; 1872 Mitbegründer und bis 1884 Vorstand, 1884–1904 Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Effecten- und Wechsel-Bank A. G. vorm. L. A. Hahn

      • Großmutter väterlicherseits

        Ernestine Hahn

        1834–1911

    • Mutter

      Rebecca (Regine) Hahn

      • Großvater mütterlicherseits

        Benedikt Goldschmidt

        Bankier

      • Großmutter mütterlicherseits

        Marie Goldschmidt

    • Schwester

      Nellie Kirchberg

      geb. 1893

      verh. mit Paul Kirchberg

    • Heirat

      in

      Vaduz (Liechtenstein)

      • Ehefrau

        Nora Hahn

        15.6.1906–6.10.1992

  • Biografie

    Hahn wuchs in Frankfurt am Main in einer Bankiersfamilie auf. Nach dem Abitur am Frankfurter Goethe-Gymnasium 1908 nahm er das Studium der Rechtswissenschaften v. a. an der Universität Marburg an der Lahn auf, das er 1912 mit einer juristischen Dissertation abschloss. Danach folgten die juristische Referendartätigkeit und das Assessorexamen 1916 sowie 1919 eine zweite Promotion zum Dr. phil. bei Hans Köppe (1861–1946) in Marburg an der Lahn, die sich mit einem geldtheoretischen Thema beschäftigte.

    Zur selben Zeit trat Hahn in die Bank der Familie ein und rückte nach dem Tod seines Vaters 1921 als ordentliches Mitglied in den Vorstand auf. Offenbar war es maßgeblich seiner Tätigkeit zu verdanken, dass die Privatbank die Hyperinflationszeit in Deutschland vergleichsweise unbeschadet überstand.

    Hahns Leidenschaft galt zugleich der wissenschaftlichen und publizistischen Tätigkeit: Er bezeichnete sich selbst als „theoretisierenden Praktiker“. Bereits 1920 war seine Monografie „Die volkswirtschaftliche Theorie des Bankkredits“ erschienen, die ihm unter Geldtheoretikern weltweit Bekanntheit verschaffte. Er setzte sich darin mit der Rolle der privaten Banken im Prozess der Kreditvergabe und der Ausweitung der Geldmenge auseinander. In einer modernen, vorwiegend auf Giralgeld basierenden Wirtschaft seien Banken keine reinen Mediatoren mehr, die Ersparnisse von Haushalten sammelten und diese für Investitionen an Unternehmen weiterreichten. Sie erhielten über die Praxis der Kreditvergabe eine eigenständige investive Bedeutung und trügen zum wirtschaftlichen Wachstum bei. Hiermit nahm Hahn ein späteres wichtiges Argument der Theorie von John Maynard Keynes (1883–1946) vorweg, dass über kreditfinanzierte Ausgabenprogramme Wirtschaftskrisen überwunden werden könnten.

    Zum Zeitpunkt der Publikation rief Hahns Buch den Widerspruch von liberalen Ökonomen hervor, die der quantitätstheoretischen Schule angehörten. Getrieben durch die Erfahrung der Hyperinflation, aber auch von der zeitgenössischen Kritik, unterzog er sein Buch mehreren Revisionen und legte 1930 eine vollständig überarbeitete dritte Auflage vor, worin er sich von der radikalen Auffassung distanzierte: Während er an seiner Darstellung der Funktionsweise des Geldkreislaufs festhielt, meinte er nun, es sei nur unter unwahrscheinlichen Rahmenbedingungen möglich, dass die inflationäre Kreditgewährung reales Wachstum hervorbringen könne. Seine 1920 publizierte Auffassung bezeichnete er als „Jugendsünde“.

    Hahn entwickelte sich damit von einem Vorreiter des Keynesianismus zu einem Kritiker, wobei ihm seine scharfzüngige Sprache ebenso eine gewisse Prominenz unter den Keynes-Kritikern sicherte wie seine praktische Erfahrung im Bankgeschäft.

    Als Mitgründer und Unterstützer des Frankfurter Instituts für Konjunkturforschung und Mitglied des Vereins für Socialpolitik bewegte sich Hahn schon in der Weimarer Republik in der Schnittmenge zwischen akademischer Nationalökonomie und Geschäftsleuten, darunter auch viele Privatbankiers. Er gehörte der liberalen Opposition im Verein für Socialpolitik um Ludwig von Mises (1881–1973) und Felix Somary (1881–1956) an. 1928 wurde er zum Honorarprofessor für Geld-, Bank- und Kreditwesen an der Universität Frankfurt am Main ernannt, die Lehrbefugnis wurde ihm jedoch 1933 nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wieder entzogen.

    Hahn war gezwungen, 1933 aus dem Vorstand des Familienunternehmens auszutreten. Er übernahm den Aufsichtsratsvorsitz, den er 1936 niederlegen und seine Aktienbeteiligung mit Verlust veräußern musste. Noch im selben Jahr übersiedelte er mit seiner Familie in die Schweiz, 1939 weiter nach New York City. An beiden Orten stand Hahn in Kontakt mit Ökonomen, insbesondere aus dem Umfeld der liberalen österreichischen Schule der Nationalökonomie. Seine wissenschaftliche Tätigkeit setzte er in der Emigration fort, er gehörte zu den frühen Mitgliedern der von Friedrich August von Hayek (1899–1992) 1950 in der Schweiz gegründeten Mont Pèlerin Society. Zugleich war er als Aktieninvestor erfolgreich tätig.

    1950 kehrte die Familie nach Europa zurück und ließ sich in Paris nieder, Hahn blieb seiner Heimatstadt Frankfurt am Main jedoch eng verbunden. 1948 erhielt er seine Honorarprofessur zurück, lehrte an der Frankfurter Universität und hielt zahlreiche Vorträge über die geld- und währungspolitische Lage der Bundesrepublik. Immer wieder trat er dabei als Kritiker der Geldpolitik der Bundesbank und des Systems fester Wechselkurse (Bretton-Woods-System) auf, an dessen Reform er am Ende seines Lebens in der von Fritz Machlup (1902–1983) organisierten „Bellagio Group“ mitwirkte. Er war sowohl in der deutschen Öffentlichkeit als auch international während der 1950er und 1960er Jahre ein häufig genannter und hoch angesehener Experte in geld- und währungspolitischen Fragen.

  • Auszeichnungen

    1959 Ehrenplakette der Stadt Frankfurt am Main
    1962 Dr. rer. pol. h. c., Universität Marburg an der Lahn
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Korrespondenzen. (weiterführende Informationen)

    Sach- und Personalakten im Universitätsarchiv Frankfurt am Main, Laufzeit 1928–2004. (weiterführende Informationen)

  • Werke

    Monografien:

    Der Einfluß von Willensmängeln auf Gründungs- und Beitrittserklärungen zu juristischen Personen, 1912. (Diss. iur.)

    Der Gegenstand des Geld- und Kapitalmarktes in der modernen Wirtschaft. Ein Beitrag zur Theorie des Bankgeschäfts, 1919. (Diss. phil.)

    Volkswirtschaftliche Theorie des Bankkredits, 1920, 31930.

    Wirtschaftswissenschaft des gesunden Menschenverstandes, 1954.

    The Economics of Illusion. A Critical Analysis of Contemporary Economic Theory and Policy, 1949.

    Geld und Kredit. Währungspolitische und konjunkturtheoretische Betrachtungen, 1960.

    Fünfzig Jahre zwischen Inflation und Deflation, 1963. (Autobiografie, Bibliografie)

    Aufsätze und Handbuchbeiträge:

    Kredit, in: Ludwig Elster (Hg.), Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 3, 41922.

    Kredit und Krise. Ein Vortrag über Aufgaben und Grenzen der monetären Konjunkturpolitik, 1931.

    Die neue Konjunkturtheorie von Keynes, in: Neue Zürcher Zeitung v. 19. u. 20.11.1936.

    Compensating Reactions to Compensatory Spending, in: American Economic Review 35 (1945), S. 28–39.

    Die Grundirrtümer in Lord Keynes’ General Theory of Employment, Interest and Money, in: Ordo. Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft 2 (1949), S. 170–192.

    Rückblick und Ausblick, Vortrag gehalten anlässlich seines 75. Geburtstags am 12. Oktober 1964 in Frankfurt am Main, 1965. (Privatdruck der Deutschen Effecten- und Wechsel-Bank)

    Geld und Gold. Vorträge und Aufsätze, 1962–1968. Mit einem Geleitwort von Edgar Salin, 1969.

  • Literatur

    Michael Hauck, Albert Hahn. Ein verstoßener Sohn Frankfurts, Bankier und Wissenschaftler, 2009. (Qu, L, P)

    Jan-Otmar Hesse, Some Relationships between a Scholar’s and an Entrepreneur’s Life. The Biography of L. Albert Hahn, in: E. Roy Weintraub/Evelyn L. Forgett (Hg.), Life Writings in the History of Economics, 2007, S. 309–335.

    Harald Hagemann, L. Albert Hahn’s Economic Theory of Bank Credit, in: Journal of Post Keynesian Economics 37 (2014), Nr. 2, S. 309–335.

    Festschrift:

    Volkmar Muthesius (Hg.), Eine Freundesgabe für Albert Hahn zum 12. Oktober 1959, 1959. (P)

    Lexikonartikel:

    Sabine Hock, Art. „Hahn, L. Albert“, in: Frankfurter Biographie, Bd. I, 1994, S. 295 f. (Onlineressource)

    Bernd Kulla, Art. „Hahn, Ludwig Albert“, in: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Emigration nach 1933, hg. v. Harald Hagemann/Claus-Dieter Crohn, Bd. 1, 1999, S. 225–227. (W, Qu, L)

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografien, 1933 u. 1947, Abbildung in: Michael Hauck, Albert Hahn. Ein verstoßener Sohn Frankfurts, Bankier und Wissenschaftler, 2009, S. 56 u. 119.

  • Autor/in

    Jan-Otmar Hesse (Bayreuth)

  • Zitierweise

    Hesse, Jan-Otmar, „Hahn, Albert L.“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118700588.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA