Lebensdaten
1879 – 1941
Geburtsort
Heidelberg
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Gewerkschaftsfunktionär ; Politiker ; Sozialdemokrat ; Arbeiterführer
Konfession
zuletzt konfessionslos
Normdaten
GND: 11612315X | OGND | VIAF: 100387681
Namensvarianten
  • Barth, Emil

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Barth, Emil, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11612315X.html [29.03.2024].

CC0

  • Emil Barth war ein zentraler Akteur der Novemberrevolution von 1918/19. Als profilierter Kriegsgegner und Führer der Revolutionären Obleute beteiligte er sich an der Vorbereitung der Revolution. Nach dem 9. November 1918 stieg er kurzzeitig in die neue Regierung, den Rat der Volksbeauftragten, auf, wo er eine radikale politische Linie vertrat.

    Lebensdaten

    Geboren am 23. April 1879 in Heidelberg
    Gestorben am 15. Juli 1941 in Berlin
    Grabstätte Friedhof Baumschulenweg in Berlin
    Konfession zuletzt konfessionslos
    Emil Barth, BArch / Bildarchiv  (InC)
    Emil Barth, BArch / Bildarchiv (InC)
  • Lebenslauf

    23. April 1879 - Heidelberg

    1904 - 1914 - Berlin

    Klempner

    1908 - Berlin

    Eintritt

    SPD

    1914 - 1918 - Berlin

    Hauptberuflicher Gewerkschaftsfunktionär

    Deutscher Metallarbeiter-Verband (DMV)

    1917 - Berlin

    Übertritt in die USPD

    Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands

    1918 - 1918 - Berlin

    Vorsitzender

    Revolutionäre Obleute

    1918 - 1918 - Berlin

    Mitglied im Vollzugsrat und im Rat der Volksbeauftragten

    1921 - Berlin

    Wiedereintritt

    SPD

    1921 - 1924 - Berlin

    Vorsitzender und Sekretär

    Betriebsrätezentrale des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB)

    - 1933 - Berlin

    Archivleiter

    Parteizentrale der SPD

    1933 - 1941 - Berlin

    Klempner; zeitweise Inhaftierung

    15. Juli 1941 - Berlin
  • Genealogie

    Vater unbekannt Arbeiter
    Mutter Theresia (Theresa, Therese) Barth gest. vor 15.7.1941 zuletzt in Berlin-Neukölln
    Heirat 7.10.1899 in Heidelberg
    Ehefrau Eva Katharina Barth, geb. Hartschuh geb. 25.1.1881 aus Heidelberg
    Schwiegervater Wilhelm Hartschuh geb. 29.6.1848
    Schwiegermutter Amalia Hartschuh, geb. Weisbrod geb. 27.5.1849
    Sohn Helmuth Barth
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Barth, Emil (1879 – 1941)

    • Vater

      Arbeiter

      • Großvater väterlicherseits

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Theresia Barth

      gest. vor 15.7.1941

      zuletzt in Berlin-Neukölln

      • Großvater mütterlicherseits

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Heirat

      in

      Heidelberg

      • Ehefrau

        Eva Barth

        geb. 25.1.1881

        aus Heidelberg

  • Biografie

    alternativer text
    Emil Barth (links), BArch / Bildarchiv (InC)

    Aus dem Heidelberger Arbeitermilieu stammend, absolvierte Barth bis 1898 eine Lehre zum Klempner. Er lebte nach kurzer Zwischenstation in Erfurt seit 1904 dauerhaft in Berlin und war zeitweise arbeitslos. Nach anfänglichen Sympathien für den Anarchismus wurde er 1908 Mitglied der SPD und des Deutschen Metallarbeiter-Verbands (DMV). Der nach 1918 von politischen Gegnern oft erhobene Vorwurf, Barth sei von 1902 bis 1909 fünf Mal wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verurteilt worden, ist nicht geklärt, prägte aber das zeitgenössische Bild des Politikers. Seit 1914 hauptamtlicher DMV-Funktionär, wurde Barth 1916 in seinem Verband Branchenleiter der Klempner.

    Im Ersten Weltkrieg engagierte sich Barth in der SPD und den Freien Gewerkschaften als Kriegsgegner gegen die Burgfriedenspolitik, entzog sich 1915 durch eine vorgetäuschte Krankheit dem Kriegsdienst und trat 1917 zur USPD über. Trotz längerer Lazarettaufenthalte stand er im Austausch mit führenden Köpfen der Antikriegsopposition, u. a. Karl Liebknecht (1871–1919) und Richard Müller (1880–1943). Barth engagierte sich im Kreis der Revolutionären Obleute, die maßgeblich die Massenstreiks vom April 1917 und Januar 1918 organisierten. Als Müller, der Leiter der Obleute, zum Kriegsdienst eingezogen wurde, wählte dessen klandestines Führungsgremium, der Aktionsausschuss, Barth am 9. Februar 1918 fast einstimmig zum neuen Leiter.

    Barths Rolle im Vorfeld der Novemberrevolution 1918/19 ist umstritten. Gesichert ist, dass er das Netzwerk der Revolutionären Obleute reaktivierte, Verbindungen über Berlin hinaus aufbaute und in die Beschaffung von Waffen eingebunden war. Die von ihm in der Schrift "Aus der Werkstatt der deutschen Revolution" (1919) insinuierte Führungsrolle bei der Vorbereitung des Umsturzes wurde von Müller bestritten. Trotzdem beriefen sich Verfechter der Dolchstoßlegende in den 1920er Jahren wiederholt auf Barths Darstellung.

    Am 10. November 1918 wurde Barth in einer von ihm geleiteten Versammlung der Berliner Arbeiter- und Soldatenräte auf Vorschlag des USPD-Vorsitzenden Hugo Haase (1863–1919) als einzige Person in beide neu konstituierten Regierungsgremien gewählt: den Rat der Volksbeauftragten (RdV) und den Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates Groß-Berlin. Das war insofern ungewöhnlich, als der Vollzugsrat den RdV kontrollieren sollte. Nach zunächst unklarer Kompetenzverteilung, setzte sich der RdV bald als eigentliches Machtzentrum durch, während der Vollzugsrat als Spitze der lokalen Berliner Räte nur provisorisch bis zum ersten Reichsrätekongress im Dezember 1918 sein Kontrollrecht ausübte. Das Spannungsverhältnis zwischen beiden Ämtern ließ sich für Barth nicht auflösen, sodass er den Vollzugsrat bereits am 20. November wieder verließ, aber weiter fast täglich mit ihm in Kontakt stand.

    Im RdV übernahm Barth das Ressort Sozial- und Gesundheitspolitik. Während die SPD-Politiker Friedrich Ebert (1871–1925), Otto Landsberg (1869–1957) und Philipp Scheidemann (1865–1939) im RdV eine rasche Konsolidierung auf parlamentarischer Grundlage anstrebten, sprachen sich die USPD-Vertreter Haase und Wilhelm Dittmann (1874–1954) für soziale und wirtschaftliche Reformen aus, ehe die Wahl zur Nationalversammlung durchgeführt werden sollte. Im Gegensatz zu Haase und anderen gemäßigten USPD-Politikern plädierte Barth für eine diktatorische Übergangsphase und den Aufbau völlig neuer staatlicher und wirtschaftlicher Strukturen sowie für die Aufhebung des Föderalismus. Langfristig sollte eine demokratische Ordnung auf der Basis von Räten eingeführt werden. Zudem trat er mit Überlegungen zur Sozialisierung der Privatwirtschaft und anschließenden Selbstverwaltung durch Räte hervor und forderte im Hinblick auf die Personalpolitik der neuen Regierung, möglichst viele staatliche Posten an Sozialisten zu vergeben, konnte sich mit seinen Positionen im RdV aber meist nicht durchsetzen.

    Hinzu kamen Meinungsverschiedenheiten mit der SPD über die Militärpolitik, bei der Barth für eine umfassende Neuordnung plädierte: Das Offizierskorps sollte entmachtet und auf technische Funktionen beschränkt werden, die Führung der Armee dagegen den Soldatenräten obliegen. Der Streit kulminierte infolge der Weihnachtskämpfe 1918. Aus Protest gegen den von Ebert angeordneten Angriff auf die revolutionäre Volksmarinedivision verließen Barth, Dittmann und Haase am 29. Dezember 1918 den RdV. Unter dem zunehmenden Druck der radikalen Linken stehend, wurde Barth am 21. Dezember 1918 aufgrund seiner Tätigkeit im RdV aus dem Kreis der Revolutionären Obleute ausgeschlossen.

    Seit 1921 wieder Mitglied der SPD, engagierte sich Barth bis 1924 als Vorsitzender bzw. Sekretär der gewerkschaftlichen Betriebsrätezentrale in Berlin und war dort anschließend Archivleiter der SPD-Parteizentrale. 1923 sagte er in einem Beleidigungsprozess um Ebert in Magdeburg zugunsten des Reichspräsidenten aus. Nach der NS-Machtübernahme zeitweise inhaftiert, arbeitete Barth im "Dritten Reich" erneut als Klempner. Über eine Aktivität im Widerstand gegen den Nationalsozialismus gibt es keine gesicherten Informationen.

  • Auszeichnungen

  • Quellen

    Nachlass:

    Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung e.V., Bonn.

    Gedruckte Quellen:

    Hermann Müller-Franken, Die Novemberrevolution. Erinnerungen, 1928.

    Die Regierung der Volksbeauftragten 1918/19, eingel. v. Erich Matthias, bearb. v. Susanne Miller, Bd. 1, 1969.

    Gerhard Engel/Bärbel Holtz/Ingo Materna (Hg.), Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenräte in der Revolution 1918/19. Dokumente der Vollversammlungen und des Vollzugsrates, 3 Bde., 1993–2002.

  • Werke

    Aus der Werkstatt der deutschen Revolution, 1919, Neuausg. 2018. (Onlineressource)

    Sozialisierung. Ihre Notwendigkeit, ihre Möglichkeit, 1920. (Onlineressource)

    Geldwert, Geldentwertung und Proletariat. Valutafragen, 1920.

  • Literatur

    Eberhard Kolb, Die Arbeiterräte in der deutschen Innenpolitik 1918-1919, 21978, S. 42-211.

    Heinrich August Winkler, Von der Revolution zur Stabilisierung. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1918 bis 1924, 21985, S. 43-159.

    Boris Barth, Dolchstoßlegenden und politische Desintegration. Das Trauma der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg 1914-1933, 2003, S. 221-223.

    Wolfgang Niess, Die Revolution von 1918/19 in der deutschen Geschichtsschreibung. Deutungen von der Weimarer Republik bis ins 21. Jahrhundert, 2013, S. 419 f.

    Axel Weipert, Das Rote Berlin. Eine Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung 1830-1934, 22019, S. 77-100.

    Dirk H. Müller, Die revolutionären Obleute und der November 1918. Zur Verschränkung von institutioneller Revolution und Rätebewegung, 2019.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie, 1918, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs.

  • Autor/in

    Axel Weipert (Berlin)

  • Zitierweise

    Weipert, Axel, „Barth, Emil“ in: NDB-online, veröffentlicht am 23.03.2022, zuletzt geändert am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11612315X.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA