Lebensdaten
1725 – 1795
Geburtsort
Morges/Genfer See
Sterbeort
Potsdam
Beruf/Funktion
Vorleser Friedrich des Großen
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118667521 | OGND | VIAF: 8181340
Namensvarianten
  • Catt, Henri Alexandre de
  • Catt, Henri de
  • Catt, Henri Alexandre de
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Zitierweise

Catt, Henri de, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118667521.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Henry C., Zuckerwarenhändler;
    M Suzanne, T des Alex Bouvier u. der Eve Brez;
    St. Petersburg 10.11.1762 Ulrike, T des schweizerischen Kaufherrn|Ulrich Kühn, preußischer KR u. Konsul in St. Petersburg, u. der Charl. Jassoy.

  • Biographie

    Während C. an der Universität Utrecht humanistische Studien betrieb, lernte er im Juni 1755 auf einem Flußboote zwischen Utrecht und Amsterdam Friedrich den Großen kennen, der in der Verkleidung eines Kapellmeisters in schwarzer Perücke und zimtfarbenem Gewande von Wesel aus einen Abstecher nach Holland gemacht hatte. Friedrich war von der umfassenden Bildung, dem natürlichen und dabei formgewandten Betragen seines Gesprächspartners derartig beeindruckt, daß er ihn schon 6 Wochen später dringend aufforderte, in seinen Dienst zu treten. In Folge einer Krankheit war C. zunächst verhindert, der Aufforderung nachzukommen; er traf erst am 13.3.1758 in Breslau, dem damaligen Hauptquartier des Königs, ein. Über 20 Jahre hat sich C. in der Nähe des Königs befunden. Er erhielt den offiziellen Titel eines Vorlesers mit einem festen Gehalt, wurde auch 1762 in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen, in deren Mémoires er mehrere philosophische Arbeiten veröffentlichte. Während des Feldzuges ließ der König häufig C. zu sich rufen, weniger um sich vorlesen zu lassen, als selbst vorzulesen, aus Gedichten zu deklamieren und sich mit ihm über alle Angelegenheiten zu unterhalten, die ihn gerade beschäftigten. Er benützte ihn auch gelegentlich als Privatsekretär. Obwohl der König sich im Gespräch ganz zwanglos gab, wußte C. stets taktvoll die von Friedrich geforderte Distanz zu wahren. Sein glückliches Temperament hatte in dieser schweren Zeit einen wohltuenden Einfluß auf den König. Er hat dies in Episteln gerühmt und gab C. den Spitznamen „Gresset“, nach einem Dichter komischer Gattung, den sein Vorleser besonders schätzte.

    1780 fiel C. in Ungnade. Es wurde ihm - schwerlich ohne Grund - der Vorwurf gemacht, daß er für Gefälligkeiten, die er einigen Personen erwiesen hatte, Geldgeschenke angenommen habe. Obwohl C. bis zuletzt auf dem Standpunkt beharrte, daß ihm Unrecht geschehen sei, konnte er die frühere Vertrauensstellung nicht zurückgewinnen. Nach dem Tode Friedrichs des Großen blieb er in Potsdam. Friedrich Wilhelm II. gab ihm eine einträgliche Stiftsherrenpfründe in Magdeburg. Am Ende seines Lebens soll er erblindet sein.

    C.s „Unterhaltungen mit Friedrich dem Großen“ setzen sich aus gleichzeitigen Tagebuchaufzeichnungen und später verfaßten Memoiren zur Geschichte des Siebenjährigen Krieges 1758-60 zusammen. Die Tagebücher behandeln den Zeitabschnitt vom 13.3.1758 bis 14.8.1760. Im Sommer 1762 hat dann C. noch eine Skizze seiner Erlebnisse vom 27.8.1760 bis zum Juli 1762 entworfen. Die Memoiren sind wahrscheinlich 1786 entstanden. Weder Tagebücher noch Memoiren können als zuverlässige historische Quelle gelten. Die Tagebücher, ursprünglich teilweise in Geheimschrift abgefaßt, sind überarbeitet worden. Der Inhalt der Memoiren deckt sich nicht durchweg mit den Tagebüchern. C. hat auch andere Quellen benützt. Er hatte sich unter anderem eine Sammlung von Manuskripten, zum größten Teil aus der Feder des Königs, angelegt, die nach seinem Tode mit dem sonstigen literarischen Nachlaß, leider nicht vollständig, in den Besitz des Geheimen Staatsarchivs in Berlin überging. Die Tagebücher und vor allem die Memoiren halten die chronologische Folge nicht ein, Gespräche sind auf einen Tag verlegt worden, die an verschiedenen Tagen stattgefunden haben. Auch werden dem König Äußerungen zugeschrieben, die nicht von ihm herrühren können. In den Memoiren sind im Tagebuch nur angedeutete Themen frei nach dem Gedächtnis ausgeführt worden.

    Trotzdem haben die „Unterhaltungen“ einen unschätzbaren Wert. Es ist wohl eine gewisse Tendenz des Schreibers unverkennbar, sich selbst in ein günstiges Licht zu setzen; aber der Verfasser der Memoiren hält sich im allgemeinen durchaus frei von Ressentiment gegen den König. Die langjährige Bekanntschaft hat C. in die Lage versetzt, diesen genau zu studieren und menschlich zu verstehen. Die „Unterhaltungen“ haben daher eine innere Wahrheit, die über manche sonstige Mängel hinwegsehen läßt. C. hat den eigentümlichen Charme einer von Friedrich dem Großen geführten Unterhaltung festzuhalten vermocht. Das Bild, das er von diesem entwirft, ist weder romantisch gefärbt noch kleinlich verzerrt. Ohne C. wüßte die Nachwelt nur wenig von der unerhörten seelischen Anspannung, in der sich Friedrich in den kritischen Stunden des Siebenjährigen Krieges befunden haben muß. C. verfügt über eine unpathetische, dabei aber so lebendige Erzählungskunst, daß den Memoiren ein hoher literarischer Rang zuzusprechen ist.

  • Werke

    Unterhaltungen mit Frdr. d. Gr., Memoiren u. Tagebücher, hrsg. v. R. Koser, 1884, = Publ. aus d. k. preuß. Staatsarchiven XXII (mit Lb.), dt. Überss. v. F. Bischoff, 1885, G. Heyse, 1915, F. v. Oppeln-Bronikowski, 1933, W. Schüssler, 1940 (P), H. Greiner, 1954.

  • Literatur

    P. Wittichen, H. de C. u. seine Mss. Frdr.s d. Gr., in: Qu. u. F aus ital. Archiven u. Bibl. 6, 1904;
    Meusel II, S. 69 (W). HBLS II.

  • Autor/in

    Otto Graf zu Stolberg-Wernigerode
  • Zitierweise

    Stolberg-Wernigerode, Otto Graf zu, "Catt, Henri de" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 176-178 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118667521.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA