Dates of Life
1824 – 1867
Place of birth
Altötting, Schloß Neukolberg (nicht Vilshofen)
Place of death
München
Occupation
katholischer Priester ; Philosoph ; Kunsthistoriker
Religious Denomination
katholisch
Authority Data
GND: 11737704X | OGND | VIAF: 37692233
Alternate Names
  • Sighart, Joachim
  • Sighart, J.
  • Sighart, Joachim Maria
  • more

Objekt/Werk(nachweise)

Relations

Outbound Links from this Person

Genealogical Section (NDB)

The links to other persons were taken from the printed Index of NDB and ADB and additionally extracted by computational analysis and identification. The articles are linked in full-text version where possible. Otherwise the digital image is linked instead.

Places

Map Icons
Marker Geburtsort Place of birth
Marker Wirkungsort Place of activity
Marker Sterbeort Place of death
Marker Begräbnisort Place of interment

Localized places could be overlay each other depending on the zoo m level. In this case the shadow of the symbol is darker and the individual place symbols will fold up by clicking upon. A click on an individual place symbol opens a popup providing a link to search for other references to this place in the database.

Citation

Sighart, Joachim, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11737704X.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Joseph ( 1825), aus Vilsbiburg, kgl. bayer. Aufschläger in Hengersberg, dann Privatier;
    M Maria Anna Eckert ( 1863), seit 1825 in M., zuletzt in Freising; 6 ältere Geschw u. a. Ernest (1817–56), Priester im Bm. Passau.

  • Biographical Presentation

    S. wuchs in München auf, wohin die Mutter nach dem frühen Tod des Vaters gezogen war. Trotz ärmlicher Verhältnisse konnte er die Lateinschule besuchen und erhielt wegen hervorragender Begabung einen Freiplatz im Studienseminar Neuburg/Donau. 1841 begann er mit dem Ziel, Priester zu werden, das sog. biennium philosophicum an der Univ. München, wo er Joseph Görres, Friedrich Wilhelm Thiersch, Gotthilf Heinrich v. Schubert und Constantin v. Höfler|hörte. Die Lösung einer Preisarbeit aus der Chemie („Über den Humus“) ermöglichte die Promotion zum Dr. phil. (Diss. „De duodecim primis sculpturae christianae saeculis“). Nachdem S. das Theologiestudium beendet hatte, wurde er 1846 in Freising zum Priester geweiht und bald zum Dozenten im Freisinger Seminar und Vertreter der Philosophieprofessur am kgl. Lyceum berufen. 1850 zum Professor ernannt, genoß er den Ruf eines begeisternden Lehrers. Schwerpunkte seiner phil. Vorlesungen waren Metaphysik und Ästhetik; Vorlesungen zur Kunstgeschichte kamen hinzu.

    1852 edierte S. die „Theologia naturalis“ des Raimundus de Sabunde, 1857 erschien sein phil. Werk „Albertus Magnus“ (franz. 1862, engl. 1876). Darüber hinaus entstanden erste kunstwiss. Publikationen: „Der Dom zu Freising“ (1851, erw. 1852) und „Die Frauenkirche zu München“ (1853). Beide sind sorgfältige, auf Quellen gestützte Darstellungen, die aber in der Begeisterung für das Mittelalter ein strenges Verdikt über alle barocken Zutaten fällen und deswegen deren Beseitigung empfehlen. Bei der Frauenkirche führte dies später zu schweren Verlusten. Breite Feldforschung über „Die mittelalterliche Kunst in der Erzdiöcese München-Freising“ (1855) erschloß die bisher weitgehend unbekannten Überreste fast vollständig und zutreffend; eingehend stellte er mit „Von München nach Landshut, Ein Eisenbahnbüchlein“ die Kunst eines kleineren Bereichs vor (1859). Für das von Kg. Maximilian II. angeregte Sammelwerk „Bavaria“ arbeitete S. an Übersichten über die Kunst der einzelnen bayer. Kreise (gedr. 1860–67). Deshalb wurde er 1859 vom König mit der Abfassung einer „Geschichte der bildenden Künste im Königreich Bayern“ beauftragt und erhielt entsprechende Reisemittel. 1862 erschien der mächtige Band mit 810 Seiten. Darin verurteilte S. den bayer. Kirchenbarock als „französische Verirrung“, überging Schöpfungen wie etwa jene von Weltenburg, Rohr und sogar der Wies, ebenso wie die Namen von Johann Michael Fischer und der Brüder Zimmermann. Erst die „Zopfzeit“ nach 1770 wird wieder gelobt und die Kunst des Klassizismus und der Romantik gefeiert.

    S. gehörte einer Generation von Theologen an, die sich – nach Säkularisation und Neubeginn im ersten Jahrhundertviertel – um die Mitte des 19. Jh. dem Geist der kath. Romantik verpflichtet fühlte. Sein bewunderndes Interesse galt dem hohen Mittelalter, die Sakralkunst des Barock und des Rokoko blieb ihm unverständlich. Dies schmälert jedoch nicht S.s Verdienste; seine auf Autopsie gegründete Darstellung der bayer. Kunstgeschichte wurde zum Ausgangspunkt aller späteren Arbeiten.

    Am 23.6.1866 wurde S., ohne sich beworben zu haben, einstimmig in das Münchner Domkapitel gewählt. Aus seiner umfangreichen Sammlung mittelalterlicher Kunst (222 Objekte, u. a. 131 Plastiken), die er bei seinem Abschied von Freising 1857 dem ebfl. Klerikalseminar stiftete, ging das heutige Diözesanmuseum hervor. In diesem bildet S.s Schenkung einen bedeutenden Kernbestand.

  • Awards

    korr. Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1863, ao. 1865).

  • Works

    Weitere W Dr. Friedrich Windischmann, Ein Lb., 1861;
    Album gothischer Altäre d. MA in Altbayern, 1862;
    Reliquien aus Rom, Zur Kunstgesch. u. Volkskde., 1865;
    Über armen. Miniaturgem. in München, in: SB d. bayer. Ak. d. Wiss., 1866, II, S. 555–62;
    Peter Cornelius, Ein Künstlerlb., 1867;
    Bibliogrr.:
    Mayer u. Noppenberger (beide s. L);
    Aufss. in d. Mitth. d. k. k. Central-Commission ( . . . ), 1860–66;
    Nachlaß:
    etwa 20 Briefe in d. Bayer. Staatsbibl. München;
    verstreute Reste v. Unterlagen zu d. Vorlesungen in d. Dombibl. Freising.

  • Literature

    ADB 34;
    Anton Mayer, Die Errichtung d. Lyzeums in Freising im J. 1834, 1934, S. 94;
    F. X. Noppenberger, J. S., in: 100 J. Ver. f. christl. Kunst in München, 1960, S. 27–44;
    Bibliogr. d. Kunst in Bayern, Bd. 1, 1961, S. 337;
    N. Knopp, Die Restaurierung d. Münchner Frauenkirche im 19. Jh., in: FS Luitpold Dussler, 1972, S. 393–432;
    F. Demmel, Der Vater d. bayer. Kunstgesch.schreibung, in: Oettinger Land 19, 1999, S. 102–08;
    Eigene Archivstudien:
    Archive d. Ebm. München u. Freising u. d. Bm. Passau.

  • Portraits

    Photogr. v. A. Löcherer, München, ganze Figur (Archiv d. Ebm. München u. Freising), Abb. in: Geist u. Gestalt III, Tafel Nr. 134;
    Holzstich in: Kal. f. kath. Christen (Sulzbach), 1869, S. 40;
    Photogr., in: Festgabe d. Ver. f. christl. Kunst in München, 1910, S. 17.

  • Author

    Sigmund Benker
  • Citation

    Benker, Sigmund, "Sighart, Joachim" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 400-401 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11737704X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Sighart: Dr. Joachim S., Kunsthistoriker, geb. am 16. Januar 1824 in dem seinem Vater gehörigen alten Schlosse Neukolberg bei Altötting, wo derselbe die Stelle eines Aufschlägers bekleidete, aber schon 1825 starb und seine zahlreiche Familie in sehr beschränkten Verhältnissen zurückließ. Der schwächliche Knabe, der jüngste unter seinen Geschwistern, studirte mit großer Auszeichnung zu Neuburg und bezog 1841 die Universität München, wo der eifrige Jüngling, obwohl er immer das Fachstudium der Theologie im Auge hatte, doch eine von der philosophischen Facultät gegebene Preisfrage „Ueber den Humus“ löste und, nachdem er die rigorosen Prüfungen aus sämmtlichen philosophischen Fächern bestanden hatte, 1845 als Doctor der Philosophie promovirte. Bei diesem Anlasse verfaßte S. auch die Abhandlungen „über das Aufblühen der Wissenschaften in Baiern im 16. Jahrhundert“ und eine „Geschichte der christlichen Plastik bis ins 12. Jahrhundert“. Indessen hatte S. mit gleichem Eifer das Studium der Theologie begonnen, wurde 1846 zum Priester geweiht und trat in die Seelsorge zu Trostberg, erhielt aber schon nach kurzer Zeit die Stelle eines Repetitors am Clericalseminar zu Freising (1847) und bald darauf die Befugniß, Vorträge über die Philosophie zu halten. Im J. 1850 erfolgte seine Anstellung als|Professor der Philosophie. Als solcher las er alljährlich über Logik, Metaphysik, Psychologie und Geschichte der Philosophie, dazu kamen regelmäßige Vorträge über Aesthetik und allgemeine Kunstgeschichte, eine Disciplin, welche in der Folge Sighart's besonderes Lieblingsfach wurde. Als Erstlingsfrucht seiner Bestrebungen erschien 1851 ein Programm über den „Dom zu Freising“, welches sich alsbald zu einem eigenen Buch (Landshut 1852) erweiterte. Darauf folgte die „Geschichte der Frauenkirche zu München“ (Landshut 1853) und das anregende Büchlein über „Die mittelalterliche Kunst in der Erzdiöcese München-Freising“ (Freising 1855). Das Beispiel Lübke's schwebte ihm vor und der sehnliche Wunsch, dasselbe für sein geliebtes Baierland zu leisten, was dieser damals schon gefeierte Kunsthistoriker für Westfalen gethan hatte. Leider verfügte S. über keine Mittel, und selbst die dazu erforderliche Zeit war knapp gemessen. Zusammenhängend mit seiner Vorliebe für altdeutsche Kunst und Litteratur skizzirte S. in verhältnißmäßig kurzer Zeit ein Buch über „Albertus Magnus, sein Leben und seine Wissenschaft“ (Regensburg 1857, auch ins Französische übersetzt, Paris 1862); er schälte mit kundiger Hand sorgfältig den Epheu der Mythe und Märe von dem mächtigen Bilde und brachte dessen Porträtkopf in der ruhigen Mittagbeleuchtung besonnener Kritik zur weiteren Betrachtung, ohne gerade alle Probleme zu lösen. Um diese Zeit aber wurde S. überrascht durch einen Auftrag König Maximilian II., eine ausführliche „Geschichte der bildenden Künste in Baiern“ auszuarbeiten. Ergiebige Mittel für den Zeitraum von vier Jahren unterstützten das schöne Unternehmen. Sighart's Thätigkeit steigerte sich ins Unglaubliche; der höchste Wunsch seines Herzens war erfüllt. Ohne seiner Lehrthätigkeit wesentlich Abbruch zu thun, durchzog S. das angewiesene Terrain, pilgerte durch alle Städte, Märkte und Dörfer, suchte vom höchsten Bergkirchlein bis zur letzten Klosterruine alle noch irgend interessanten Ueberreste der Kunst auf, begleitet von einem Zeichner, dem originellen Spänglermeister Paul Weiß von Landshut, welcher alle noch unbekannten Werke in stilgerechten Skizzen copirte. Dazu suchte er in den Bibliotheken, durchmusterte die Schätze der Miniaturen und Handzeichnungen und stöberte in Archiven nach Rechnungen, Aufschreibungen und gleichzeitigen Documenten. Die so gewonnene Ausbeute ordnete er dann mit musterhafter Ruhe und Schönheit des Vortrags und übersichtlicher Klarheit. So entstand das obengenannte zweibändige Werk, welches 1863 (im Verlag der Litterarisch-artistischen Anstalt der Cotta’schen Buchhandlung in München, 798 Seiten gr. 8°) erschien, ausgestattet mit vielen trefflichen Holzschnittillustrationen und einer Menge von vordem unbekannten Künstlernamen, welche mit und neben ihren meist glänzend geschilderten Werken der Vergessenheit entstiegen. Damit zusammenhängend bearbeitete er auch für die „Bavaria“ die betreffenden Abschnitte über Kunst. Schon früher hatte S. durch Reisen sein feinfühliges Auge gebildet und seinen Gesichtskreis erweitert, 1847 besuchte er Wien, Prag und Dresden, 1850 Mailand und Venedig, 1852 die Rheinlande und Belgien, 1858 und 1864 Paris, 1862 Berlin und Norddeutschland, 1864 Rom und Neapel. Die besondere Ausbeute der letzteren Reise legte er in dem „Reliquien aus Rom“ (Augsburg 1865) betitelten Buche nieder, worin ebenso schöne Beiträge zur Volkskunde wie zur Kunstgeschichte gesammelt sind, z. B. die Erhebungen über das Grab des Kaisers Otto II. in der ehemaligen Peterskirche. Im J. 1865 wurde S. außerordentliches Mitglied der Akademie und beinahe gleichzeitig in das Domcapitel in München berufen. Als er seine Lehrthätigkeit zu Freising verließ, wo er hunderte von Jünglingen für die Kunst begeistert hatte, schenkte er dem von ihm begründeten „Museum“ alle seine reichen Sammlungen von Handzeichnungen, Rissen, Skizzen, Kupferstichen, kurz den ganzen Apparat, welchen er in einem Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren|mühselig und kostspielig erworben hatte. Die Reihe seiner kleineren Abhandlungen und Aufsätze aufzuzählen geht hier über unsere Ausgabe. Zu seinen letzten Arbeiten gehörte ein sein empfundenes Lebensbild von „Peter Cornelius“ (München 1867); während er noch zum Behuf einer zweiten Auflage die bessernde Hand anlegte, erreichte ihn nach einem schweren, lange vorbereiteten Herzleiden am 20. December 1867 der Tod. S. war im eigentlichen Sinne eine schöne Seele, ein Priester ohne Arg und Falsch, ein Gelehrter ohne Neid und Dünkel, ein liebenswürdiger, edler Mensch, der wohl keinen Feind und Gegner kannte und in echt evangelischer Milde Wohlthaten spendete, ohne daß die Linke wußte, was die Rechte that.

    • Literature

      Vgl. Nek. in Beilage 360 Allgem. Zeitung vom 26. Dcbr. 1867, im Pastoralblatt für München-Freising vom 9. Januar 1868.

  • Author

    Hyac. Holland.
  • Citation

    Holland, Hyacinth, "Sighart, Joachim" in: Allgemeine Deutsche Biographie 34 (1892), S. 263-265 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11737704X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA