Lebensdaten
1687 – 1747
Geburtsort
Bochum
Sterbeort
Berezov (Sibirien)
Beruf/Funktion
russischer Staatsmann
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118590472 | OGND | VIAF: 15561920
Namensvarianten
  • Ostermann, Andrej Ivanovič Graf von
  • Ostermann, Heinrich Johann Friedrich
  • Ostermann, Heinrich
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Ostermann, Andrej Ivanovic Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118590472.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus seit 1486 in Wiemelshausen b. Bochum nachweisbarer Fam.;
    V Johann Conradt (1647–1712), luth. Pfarrer in Bochum seit 1675, S d. Johann (um 1610–75), luth. Pfarrer ebd. seit 1637, u. d. Klara Brauer gen. Zythopaeus (1617–80) aus Dortmund;
    M Ursula Magdalena ( 1696), T d. Anwalts u. brandenburg. Geh. Rats Adolf Wittgenstein u. d. Adelheid Hugenpoth, Wwe d. Dr. iur. Johann Soelling ( 1668/80) in Bochum;
    Ur-Gvm Matthäus, 1598 u. 1618 Bgm. in Bochum;
    B Johann Adolf (1681–1711), stud. iur., Johann Christoph Dietrich (1683–1743, russ. Baron 1721), Prinzessinnenerzieher in Rußland, 1716 meckl. Gesandter in Rußland, Geh. Rat., bis 1741 in Rußland;
    St. Petersburg 1721 Marfa Strešneva (1698–1781), T d. Ivan Radionovič Strešnev, russ. Hofbeamter, u. d. Natalia Levnievna Weljaminov-Sernov;
    3 S (1 früh †) Fedor (1723–1804), russ. Gen.lt., WGR, Zivilgouverneur d. Gouvernements Moskau, Ivan (1725–1811), 1760-72 russ. Gesandter in Stockholm, Hauptdirigent d. Kollegiums d. Auswärtigen Angelegenheiten, WGR, russ. Reichskanzler u. Kab.minister (s. L), 1 T Anna (1724–69, Matvej Andreevič Gf. Tolstoj, 1701–63, russ. Gen. en chef);
    E Alexander Tolstoj (1770–1857, seit 1796 Gf. O.-Tolstoj), russ. Gen. d. Inf.

  • Biographie

    O. besuchte 1699-1702 das Archigymnasium in Dortmund und Soest und immatrikulierte sich am 9.9.1702 an der Univ. Jena. Am 4.5.1703 erschlug er hier in betrunkenem Zustand einen Kommilitonen, floh in die Niederlande und trat 1704 als Untersteuermann in die russ. Flotte ein. 1705 war er Sekretär des russ. Vizeadmirals Kornelius Cruyz, 1708 Übersetzer in der russ. Gesandtenkanzlei. Im Dienst Peters d. Gr. erfolgte nun seine weitere Karriere als Sekretär der Gesandtenkanzlei 1710, Geheimkämmerer und Geheimsekretär 1711 und Geh. Kanzleirat 1720. Gemeinsam mit Jacob Daniel Bruce vertrat er 1718 Rußland bei den Friedensverhandlungen mit Schweden auf Åland und unterzeichnete 1721 den Frieden von Nystad, mit dem Rußlands Aufstieg zur Großmacht begann. 1723 wurde O. Vizepräsident des Kollegiums der Auswärtigen Angelegenheiten und damit stellvertretender Außenminister. Der ihm in dieser Stellung zustehende Titel eines Vizekanzlers, den er bis 1740 führte, wurde ihm erst 1725 von Katharina I. verliehen. Nach|dem Tod Peters d. Gr. wurde O. 1726 als einziger Ausländer Mitglied des neugeschaffenen Obersten Geh. Rates und nach der Thronbesteigung Peters II. (1727) und der Entmachtung von Katharinas Günstling Menšikov zur beherrschenden Gestalt dieses bis 1730 bestehenden Gremiums. Als Oberhofmeister Peters II. verfaßte er in Form eines Fürstenspiegels eine Erziehungsinstruktion. Unter Anna Ivanovna trat O. als Vizekanzler und zweiter Kabinettsminister in das 1730/31 geschaffene Ministerkabinett ein; 1734 wurde er Premierminister und zugleich Chef des Auswärtigen Amtes. Damit war der Höhepunkt seiner Stellung erreicht. Nur der Titel eines Reichskanzlers blieb ihm als Ausländer vorenthalten. Gegner erwuchsen ihm in Ernst Johann v. Biron, Burchard Christoph v. Münnich und Artemij Petrovič Volinskij, der 1740 entmachtet wurde. Nach dem Tod Annas (1740) war O. durch den Aufstieg Münnichs unter Ivan VI. zunächst nur noch für die Außenpolitik zuständig. Nach zeitweiliger Abschiebung auf das einflußlose Amt eines Generaladmirals konnte er jedoch im März 1741 fast alle Macht in seiner Hand vereinen, bis der Staatsstreich Elisabeth Petrovnas vom 24./25.11.1741 seinem Ministeramt ebenso wie dem nominellen Kaisertum Ivans VI. ein Ende setzte. O. starb an seinem sibir. Verbannungsort.

    Das von ihm entwickelte und als „System Ostermann“ bezeichnete Konzept der russ. Außenpolitik beruhte auf dem Bündnis mit Österreich zur Absicherung der expansiven Politik gegen das Osman. Reich, ergänzt um das Bündnis mit Preußen, das den Einfluß Frankreichs auf Ostmitteleuropa begrenzen sollte. Ferner sollte die sog. „Ruhe des Nordens“ dazu dienen, die Spannungen mit Dänemark und Großbritannien abzubauen. O.s Politik der „Anti-Barrière“ gegen die franz. „Barrière de l'Est“ bestand ihre Probe im Poln. Thronfolgekrieg (1733–35), führte Rußland aber 1737 in den Türkenkrieg, der mit einer diplomatischen Niederlage endete. Zum „System Ostermann“ gehörte außerdem dessen dynastische Absicherung durch die von O. seit 1730 vorbereitete Ehe Anna Leopoldovnas (1718–46) mit Prinz Anton Ulrich v. Braunschweig-Bevern (1714–74).

  • Werke

    Einrichtung d. Studien Ihro Kayserl. Majestat Petri d. Anderen, 1727 (gedr. in: Ostermanniana aus Hannover u. Wolfenbüttel, hg. v. H. u. E. Klueting, 1974, S. 153-95).

  • Literatur

    Ch. H. Hempel, Merkwürd. Leben u. trauriger Fall d. … Gf. v. O., 1742;
    W. Mediger, Moskaus Weg n. Europa, 1952;
    W. Stählin, in: Westfäl. Lb. VI, 1957, S. 37-59 (P);
    K. Bittner, Btrr. z. Gesch. d. Lebens u. Wirkens H. J. F. (A. I.) Ostermanns, in: Jbb. f. Gesch. Osteuropas, NF 5, 1957, S. 106-26;
    E. Amburger, Der russ. Staatsmann H. O., Seine westfäl. Ahnen u. russ. Nachkommen, 1961;
    GHdA Gräfl. Häuser B III, 1965, S. 202-04;
    H. Klueting, Gf. O., Ein Westfale als verantwortl. Leiter d. russ. Außenpolitik, in: Westfäl. Zs. 126/127, 1976/77, S. 61-90;
    ders. u. E. Klueting, (Hg.), Ostermanniana d. Allgemeen Rijksarchief Den Haag, 1972;
    dies. (Hg.), Ostermanniana aus Hannover u. Wolfenbüttel, 1974;
    dies., H. Gf. O. – Von Bochum n. St. Petersburg 1687-1747, 1976 (P);
    A. Mertes u. a., Drei Deutsche in Rußland, O., Cancrin, Haass, 1983;
    H. Gf. O. 1687-1747, Zur 300. Wiederkehr seines Geb.tages, hg. v. G. Wilbertz, 1987;
    M. G. Müller, Das „Petrinische Erbe“, Russ. Großmachtpol. bis 1762, in: Hdb. d. Gesch. Rußlands, hg. v. K. Zernack, II/1, 1986, bes. S. 414-33;
    G. Vollmer, in: Ostdt. Gedenktage 1997, S. 127-32 (P);
    W. Eggeling, H. Gf. O., Ein Märker im russ. Staatsdienst, in: Märker 46, 1997, S. 79-87 u. 130-39 (P);
    Ein Deutscher am Zarenhof, H. Gf. O. u. seine Zeit, Rußland, die Deutschen u. Europa im 18. Jh., hg. v. J. V. Wagner, B. Bonwetsch u. W. Eggeling, 1999 (in Vorbereitung, darin u. a. H. Klueting, Ausländer in Rußland im 17. u. 18. Jh., Der Fall O.);
    zu Ivan:
    E. Amburger, Rußland u. Schweden 1762 bis 1772, 1934.

  • Porträts

    Ölgem., anon., um 1727 (Zarskoje Selo, Rußland);
    Ölgem., um 1728, anon. (Gutsmus. Kusova, Rußland);
    zeitgenöss. Kupf. (Mus. Bochum, Abb. b. H. u. E. Klueting, 1976, s. L, S. 49);
    zeitgenöss. Medaille v. J. K. Hedlinger (ebd., Abb. b. Stählin).

  • Autor/in

    Harm Klueting
  • Zitierweise

    Klueting, Harm, "Ostermann, Andrej Ivanovic Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 619-620 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118590472.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA