Lebensdaten
1501 oder 1502 – 1565
Beruf/Funktion
religiöser Schwärmer ; Sektierer
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118786105 | OGND | VIAF: 59880223
Namensvarianten
  • Niclaes, Heinrich
  • H.N.
  • Niclaes, Hendrik

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Niclaes, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118786105.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Niclaes: Heinrich N., religiöser Schwärmer im 16. Jahrhunderte, dem früherer Verkennung entgegen sein Recht erst geworden ist durch Nippold's Abhandlung „Heinrich Niclaes und das Haus der Liebe“ (Zeitschr. f. histor. Theol. 1862. Heft III). 1501 oder 1502 zu Münster in niedrigem Stande geboren, erhielt er von einem Pater Cornelius den ersten Unterricht. Schon als Kind offenbarte er eine besondere Hinneigung zum Mysticismus, hatte Visionen und war außerordentlich exaltirt. Wiewol ihm Luther's Schriften wenig gefielen, pflegte er doch Umgang mit mehreren Lutheranern, und lernte auch die Bibel kennen. Daher der Ketzerei verdächtig, wurde er verhaftet, aber wieder entlassen. Um 1530 wanderte er mit Frau und Kind aus seinem damaligen (nicht bekannten) Wohnort nach Amsterdam, wo er auch mit den Anhängern der Reformation in Berührung kam und daher verhaftet aber nach einem Verhör vor dem hohen Rathe von Holland wieder freigelassen wurde. Bis etwa 1540 lebte er nun dort ruhig, ohne sich um die Religionestreitigkeiten zu kümmern. Um so mehr vertiefte er sich in schwärmerische Phantasien und kam durch allerlei Visionen zur Ueberzeugung von einer gewissen geistlichen Incarnation. Er glaubte nämlich. Gott habe sich mit ihm vereinigt und der hl. Geist in ihm Wohnung gemacht; der Geist befahl ihm zur Verkündigung seiner Ansichten nach Emden zu gehen. Dort hielt er sich zwanzig Jahre auf, betrieb fteißig seine Kaufmannsgeschäfte und entwickelte in mehreren Schriften seine schwärmerischen Ansichten, für welche er auch auf jährlichen Reisen nach Holland Propaganda zu machen suchte. Manchmal verweilte er auch bei dem bekannten Coornhert zu Harlem, ohne ihn doch für sich gewinnen zu können, wie ihm dies zu Emden mit Dietrich von Borne de Bohmberger, Christophel Plantyn und Augustin von Hasselt, Hubert zu Rotterdam und Heinrich Jansen aus Barneveld gelungen war. Die drei erstgenannten druckten seine Schriften, der letztere verbreitete seine Ansichten in Friesland. Overyssel, Brabant und Holland. Wie N. völlig fest glaubte, war ihm selbst von Gott offenbart, er solle eine neue Secte stiften, deren oberster Grundzng das feine Gefühl für die göttliche Liebe sein müsse. In der|Religion habe nur diese Liebe Bedeutung, indem Glaubensartikel, wie auch die verschiedenen Cultusformen gleichgültig seien. Nicht Kenntniß sondern das heilige Feuer der Gottesliebe im inneren Herzen sei das eigentliche Wesen der wahren Religion. Daher sollten die Glieder des „Hauses der Liebe“, wie er seine Secte nannte, vollkommene und von der göttlichen Liebe ganz erfüllte Menschen sein, welche erst im dreißigsten Jahre die Taute empfangen dürften, wie einst Jesus von Nazareth. Einigkeit und Liebe sollten Alle verbinden und Streitigkeiten über Religionsfragen waren ihnen ausdrücklich untersagt. Unter diesen Familiaristen, wie sie genannt wurden, vertrat N. selbst als Prophet oder als eine Art von Paraklet die erste Stelle; ihm zur Seite standen 24 Aelteste, die Nazarener und vier Seraphine. Wiewol es ihm mit seinem Glauben und dem Verlangen nach innerer Gottesgemeinschaft unzweifelhaft Ernst war, rief doch der Wahn, Gott habe sich mit ihm vereinigt, allmählich einen schwärmenschen Hochmuth bei ihm hervor, welcher sich auch bei mehreren seiner Anhänger offenbarte. Seine Ansichten und sein Treiben fand heftigen Widerspruch bei Coornhert (Wederlegging van den Spiegel der gerechtigheid) und Grevinckhoven (Outdekking van Hendrik Niclaes). Auch der Anabaptist Heinrich Antonides van der Goes und selbst David Jorisz, obwol dieser vielfach mit N. verwandt war, hielten ihren Widerspruch nicht zurück und der Magistrat zu Emden beschloß endlich 1560 seine Verhaftung. Deshalb entfloh er nach Kampen und nachmals nach Köln und wanderte um 1565 nach England aus, wo er sich nur einen beschränkten Anhang erwarb, welcher bis ins 17. Jahrhundert, aber nicht unangefochten, fortdauerte. Die Königin Elisabeth befahl die Verbrennung der englischen Uebersetzung seiner Schriften und Henricus Morus trat wider ihn auf in der Abhandlung: Grand explanation of the Mystery of godliness. Auch die ersten Anhänger seiner Ansichten, Plantyn, Heinrich Jansen und Hubert von Rotterdam kehrten sich von ihm ab und während er sich bemühte, sie wieder zu gewinnen, starb er, man weiß nicht genau wo und wann. Die bedeutendsten seiner Schriften sind: „De spiegel der gerechtigheid", „Revelatio Dei of God in zyn groote Voorzeyging", „Een blyde boedschap van het ryk van God en Christus", „Een afbeelding van den Naam-en geestelyken taberuakel“, „Eerste van de ware en Christelyke religie“, zuerst 1575 erschienen und 1604 dem Könige Jacob I. gewidmet. Noch mehrere Schriften sind in van der Aa's Biogr. Woordenb. erwähnt, welcher auch die Litteratur über ihn anführt. Besonders aber ist die obengenannte Abhandlung von Dr. Nippold zu vergleichen, wie auch J. H. Hessels, Henrick Niclaes, tke family of love, 1869; P. A. Tiele, Christophe Plantin et le sectaire mystique Henrik Niclaes, 1868. Mehrere seiner finden sich in der Bibliothek der Taufgesinnten zu Amsterdam. Vgl. den Katalog S. 195/196.

  • Autor/in

    van , Slee.
  • Zitierweise

    Slee, Jacob Cornelis van, "Niclaes, Heinrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 23 (1886), S. 573-574 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118786105.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA