Lebensdaten
1604 – 1675
Geburtsort
Nancy
Sterbeort
Allenbach bei Idar
Beruf/Funktion
Herzog von Lothringen ; kaiserlicher Generalleutnant
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118857673 | OGND | VIAF: 88862756
Namensvarianten
  • Karl III.
  • Karl IV. von Lothringen
  • Karl
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Zitierweise

Karl IV., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118857673.html [04.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gf. Franz II. v. Vaudémont (1572–1632), S d. Hzg. Karl III. v. L. ( 1608) u. d. Claudia (1547–75, T d. Kg. Heinrich II. v. Frankreich, 1559);
    M Christine (um 1575–1627), T d. Gf. Paul v. Salm ( 1595) u. d. Marie Le Veneur;
    Ov Karl ( 1607), Kardinal, Bischof v. Metz u. Straßburg (s. NDB XI), Hzg. Heinrich II. v. L. ( 1624);
    B Nikolaus Franz (1609–70), Kardinal, Bischof v. Toul, Hzg. v. L.;
    Schw Marguerite (1615–72, Hzg. Gaston v. Orléans, 1608–60, B d. Kg. Ludwig XIII. v. Frankreich, 1643);
    - 1) 1621 Nicole (1608–57), T d. Hzg. Heinrich II. v. L. ( 1624, Ov), 2) illeg. 1637, rechtmäßig 1663 Beatrix, T d. Franz v. Cusance, 3) 1665 Marie Louise (1652–92), T d. Gf. Karl v. Aspremont;
    K (aus d. illeg. Verbindung mit Beatrix) Gf. Karl Heinrich v. Vaudémont (1642–1723, 1669 Anna Elisabeth, T d. Hzg. Karl III. v. L.-Elboeuf), als Hzg. v. L. nicht anerkannt, verzichtet 1675, Anna (1639–1720, Hzg. Franz v. L.-Lillebonne, 1624–94);
    N Hzg. Karl V. v. L. ( 1690, s. NDB XI).

  • Biographie

    K. ist eine der fesselndsten und farbigsten Gestalten im Zeitalter des 30jährigen Krieges und Ludwigs XIV. Als Neffe des regierenden Herzogs Heinrich II. von Lothringen wuchs K. am Hofe Ludwig XIII. von Frankreich auf. Frühzeitig schon und gegen seinen Willen mußte er im Mai 1621 seine Cousine Nicole, die Erbtochter des söhnelosen Herzogs Heinrich II., heiraten. Eine politische Verbindung, um die strittige Frage nach der Gültigkeit des Erbrechts – weibliche Erbfolge, derzufolge Nicole die künftige Herrin des Herzogtums gewesen wäre, wie man französischerseits behauptete, oder salisches Recht, nach dem K. der Herzogshut einmal zufallen würde – auszuschalten, war diese Ehe, die von K. Vater erzwungen worden ist, von vorneherein zum Scheitern bestimmt. Übrigens hat auch der Vater der Braut die Verbindung abgelehnt, nicht zuletzt aus Bedenken gegen die politischen Fähigkeiten K.

    Tatsächlich hat K. Lothringen an Frankreich verspielt. Erst im Frieden von Rijswijk 1697 ist das Herzogtum noch einmal kurzfristig an sein angestammtes Fürstenhaus restituiert worden, aber es ist fraglich, ob sich das Herzogtum in der schwierigen politischen Situation des 30jährigen Krieges gegenüber dem Expansionswillen Frankreichs hätte behaupten lassen. K. hat durch seine ungeschickte und herausfordernde Politik Richelieu die Probe auf die Ehrlichkeit seiner Bündnisangebote erspart. Hatte sein Vorgänger vorsichtig zwischen den Fronten des habsburgischen und französischen Interesses laviert und einerseits 1613 auf dem Reichstag persönlich sich mit den Fürstentümern belehnen lassen, andrerseits dagegen enge persönliche Verbindungen zum französischen Königshaus bewußt gepflegt und das Herzogtum sorgfältig aus den politischen Gegensätzen herausgehalten, so hat K., obwohl durch Herkunft, Erziehung und Neigung der französischen Kultur zugehörig, durch eindeutige Parteinahme sich in Gegensatz zu Frankreich gestellt.

    Bereits mit 16 Jahren nahm er als Freiwilliger im kleinen Heer seines Vaters, der Mitglied der Liga war, an der Schlacht am Weißen Berg teil. Schon dabei bewies er militärische Urteilskraft und entschlossenen Mut. Aber bereits diese Handlung war eine Herausforderung Frankreichs.

    K. war kein Politiker. Beherrscht von seinen Leidenschaften, unter denen galante Neigung nicht die letzte war, ließ er sich zu unvorsichtigen Schritten nur zu gerne fortreißen. Es fehlte ihm die Ausgeglichenheit des Temperaments, die kühle und nüchterne Einsicht in die tatsächlichen Gegebenheiten der Politik sowie die Konsequenz in der Durchführung seiner Pläne. Dabei war er von seinen diplomatischen Fähigkeiten überzeugt und glaubte nicht zuletzt, die Kunst der Überredung in hohem Maße zu beherrschen. Doch bestand seine Verhandlungstaktik in erster Linie darin, seinen Gesprächspartnern nach dem Munde zu reden und die mit diesen abgeschlossenen Verträge, sobald es ihm zusagte, zu brechen. Er war mit diesem naiven Machiavellismus, der ihm lediglich den Ruf politischer Unzuverlässigkeit einbrachte, kein Gegenspieler für Richelieu. Auf militärischem Gebiet bewies K. Mut, Umsicht, Feldherrnblick und organisatorische Fähigkeit. Sein bedeutender Anteil am Sieg über die Schweden bei Nördlingen 1634 ist unbestritten. Der wesentlich durch ihn erfochtene Erfolg an der Konzer Brücke bei Trier über Marschall Créqui 1675 war der erste Sieg einer deutschen Armee in offener Feldschlacht über ein Heer Ludwigs XIV. K. ist, vor allem in seinen späteren Jahren, als der vielleicht letzte der großen klassischen Condottieri zu bezeichnen, der es übrigens auch verstanden hat, sich durch seine Armee ein beträchtliches Vermögen zu erwerben. Allerdings wurde K. durch die Vertreibung aus seinen Landen auch in diese Rolle getrieben. – Ehezwistigkeiten haben diese Entwicklung eingeleitet. Denn 1625 bereits hat er das Testament seines Onkels und Schwiegervaters Heinrich II. für ungültig erklären lassen, das seine Frau als Erbin Lothringens bezeichnete. Unter Berufung auf das vielleicht gefälschte Testament Herzog Renés II. ( 1508) ließ er von den Landständen bestätigen, daß Frauen erst dann erbberechtigt seien, wenn der gesamte Mannesstamm des Hauses Lothringen ausgestorben wäre. Infolgedessen wurde sein Vater von den Ständen zum rechtmäßigen Herzog erklärt, der dann den Titel sofort an K. abtrat. Nicole war entmachtet und wurde von K. verstoßen. Trotz der Bestätigung der alten Freiheiten der Stände beim feierlichen Einzug in Nancy 1626 betrieb K. als Landesherr eine ausgesprochen absolutistische Politik. 1627 hob er die Assisengerichte in der Landvogtei Vogesen auf und 1629 berief er zum letzten Mal die Stände ein.

    Außenpolitisch schlug er sich ganz auf die Seite der Gegner Frankreichs mit dem Ergebnis, daß Lothringen 1638–41, 1641-59 und schließlich 1670-97 von den Franzosen völlig besetzt wurde. Seine Unterstützung der Verschwörungspläne der Herzogin von Chevreuse und Gastons von Orléans, des Bruders Ludwigs XIII., sowie die Übernahme des Amtes des Feldobristen der Liga und Spaniens auf dem linken Rheinufer führten 1631 zum ersten Angriff der Franzosen auf|Lothringen. Die Festungen Vic und Moyenvic wurden von ihnen erobert. Im Vertrag von Vic (6.1.1632) mußte K. auf 3 Jahre die Festung Marsal an Frankreich ausliefern und die Verbindung zum Kaiser und zu Spanien abbrechen, sowie den französischen Heeren jederzeit freien Durchzug durch Lothringen gestatten. Da K. trotzdem seine Politik nicht änderte, ja noch während der Verhandlungen von Vic durch die heimliche Verheiratung seiner Schwester mit dem präsumptiven Thronerben Gaston von Orléans Frankreich erneut herausforderte, führte Richelieu, begünstigt durch den Siegeszug Gustav Adolfs nach München, der die kaiserlichen, ligistischen und spanischen Streitkräfte band, schon kurz darauf einen 2. Präventivschlag gegen Lothringen. Der Vertrag von Liverdun (26.6.1632) bestätigte das Ergebnis von Vic und zwang K. zur Abtretung von Clermont en Argonne, Dun, Stenay und Jametz an Frankreich. Er schloß sich daher gegen Ende dieses Jahres erneut an den Kaiser an, dem er ein kleines Heer gegen die Schweden zuführte, die ebenfalls in Lothringen eingefallen waren. Frankreich benutzte dies zur Wegnahme des westlichen Bar. Im August 1633 schritt es zum Großangriff. In raschem Siegeszug überwältigten die Franzosen das wehrlose Land. Zuletzt fiel auch Nancy (24.9.1633), die stärkste Festung des damaligen Europa, nach der Gefangenselzung K., die während seines Aufenthaltes im Lager der Franzosen zu Verhandlungen erfolgt war. Er wurde zum Vertrag von Chaumes (20.9.) gezwungen, in dem er Frankreich das Besatzungsrecht in Nancy für 30 Jahre zusichern mußte. Am 19.1.1634 dankte K. daraufhin zugunsten seines Bruders Nikolaus Franz ab und ging nach Deutschland, um sich als Heerführer der Liga eine Basis zur Rückgewinnung seiner Lande zu schaffen. Nicole, die kinderlos war, und ihre Schwester Claudia blieben zurück. Nach französischer Ansicht waren sie nach wie vor die eigentlichen Erbinnen Lothringens. Da Richelieu durch die Verbindung der jüngeren Schwester mit einem französischen Prinzen das Herzogtum an Frankreich zu bringen suchte, heiratete Nikolaus Franz, der seine geistlichen Würden resigniert hatte, heimlich seine Cousine und floh mit dieser auf abenteuerliche Weise aus der französischen Gefangenschaft nach Toscana und dann nach Wien. K. hatte während dieser Ereignisse in Besançon seine Abdankung widerrufen und sich nunmehr ganz der kaiserlich-ligistischen Partei verschrieben. 1634 erklärte das Parlament von Paris Lothringen und Bar für an Frankreich heimgefallene Lehen.

    Mehrere Vorstöße in den folgenden Jahren weit nach Frankreich hinein, zum Teil in Verbindung mit Johann von Werth, brachten dennoch keinen endgültigen Erfolg, der eine Rückkehr K. nach Lothringen ermöglicht hätte. Nach dem Fall von Breisach (7.12.1638) war Frankreich eindeutig im militärischen Vorteil. K., der sich durch seine skandalöse Verbindung mit Beatrix de Cusance – die er in Männerkleidern ins Feldlager mitführte und die er 1637, also noch bei Lebzeiten Nicoles, heiratete – viele Sympathien verscherzte, versuchte erneut eine Aussöhnung mit Frankreich im Frieden von Saint-Germain (21.3.1641). Er konnte in seinen Staat zurückkehren, mußte aber fast alle Festungen den Franzosen einräumen, der französischen Armee freien Durchzug gewähren, das Land für seine Gemahlin Nicole von Frankreich in Besitz nehmen und in Lunéville residieren. Nancy blieb französisch besetzt, Marsal wurde geschleift. Keine Verbindung, die für Frankreich nachteilig war, durfte er eingehen. Bei Verletzung auch nur einer der Bestimmungen dieses Vertrags sollten die Herzogtümer an Frankreich fallen. Einzige Gegenleistung Frankreichs war die Zusicherung der Nichteinmischung in seine Ehekonflikte. Kaum war K. wieder in Lothringen, widerrief er das Abkommen und führte seine Truppen den Spaniern zu. Daraufhin nahm Frankreich die Herzogtümer erneut in Besitz, und Papst Urban VIII. exkomunizierte K. auf Wunsch Richelieus wegen seiner Verbindung mit Beatrix. Erst 1663, auf ihrem Totenbett, konnte K. sie rechtmäßig ehelichen.

    In den letzten Jahren des 30jährigen Krieges erwarb K. sich erneut militärischen Ruhm, so vor allem beim gemeinsam mit Johann von Werth erfochtenen Sieg von Tuttlingen über die Franzosen unter Josias von Rantzau (24.11.1643). Mazarin verhinderte, daß im Westfälischen Frieden das Problem Lothringen erwähnt wurde. K. blieb daher, als Verbündeter Spaniens, weiterhin im Krieg mit Frankreich. Seine kleine, aber gut geführte und schlagkräftige Armee, die in übelster Weise in ihren Quartieren zu hausen pflegte und ihren Unterhalt nur aus Erpressungen bezog, wurde zum Schrecken der westlichen Grenzgebiete des Reiches, da sie regelmäßig in diesen zu überwintern pflegte, was ihr die Wehrlosigkeit der dortigen Reichsfürsten ermöglichte. K. entwickelte sich nunmehr zum reinen Condottiere, der seine Dienste dem Meistbietenden offerierte. So bot er beispielsweise im sogenannten Kuhkrieg von Düsseldorf (1651) seine Truppen|gleichzeitig Brandenburg und Pfalz-Neuburg an, ehe er sich für das Letztere entschied.

    Zur Zeit der Fronde nahm K. auch wieder Verhandlungen mit Frankreich auf, so daß die mißtrauisch gewordenen Spanier ihn in Brüssel verhaften ließen (26.2.1654) und ihn nach Toledo brachten, wo er bis zum Abschluß des Pyrenäenfriedens 1659 gefangengehalten wurde. Sein Heer hatte inzwischen sein Bruder Nikolaus Franz übernommen und 1655 den Franzosen zugeführt. Im Pyrenäenfrieden (7.11.1659) und dann im Frieden von Vincennes (28.2.1661) erhielt K. seine Herzogtümer zurück. Nancys Befestigung allerdings wurde geschleift. Auch mußte er Bar von Frankreich zu Lehen nehmen und Teile Lothringens im Bereich von Metz an dieses abtreten. Moyenvic, Jametz, Clermont und Stenay blieben ebenfalls französisch.

    1662 schloß K. aus Abneigung gegen seinen Neffen und rechtmäßigen Nachfolger Karl V. den Vertrag von Montmartre, in dem er den König von Frankreich zum Erben seiner Herzogtümer erklärte. Dafür wurden die Herzöge von Lothringen zum Range von Prinzen von Geblüt erhoben und damit theoretisch zur Thronfolge in Frankreich berechtigt. Karl V. und sein Vater Nikolaus Franz protestierten sofort gegen diesen Vertrag. In den folgenden Jahren konnte K. ein absolutistisches Regiment in Lothringen errichten. Immer noch unruhig und unstet, verwickelte er sich 1666 mit Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz in den Wildfangstreit, der durch französische Schlichtung beigelegt wurde. Die immer offensichtlicher werdende Bedrohung durch Frankreich, seitdem Ludwig XIV. im Devolutionskrieg sein unbegrenztes Hegemoniestreben zu erkennen gegeben hatte, veranlaßte K. zu Rüstungen. Dies nahm der König zum Vorwand und besetzte 1670, mitten im Frieden, die Herzogtümer erneut. Wiederum wurde K. zum landlosen Flüchtling. Im Holländischen Krieg kämpfte er mit seinen Truppen erneut auf Seiten des Kaisers und hatte mit diesem einen bedeutenden Anteil am Sieg an der Konzer Brücke (11.8.1675). Wenige Wochen danach, beim Marsch an den Oberrhein, ist er gestorben.

  • Literatur

    ADB 15;
    J. Favier, Notes et Documents sur la vie de Charles IV, 1895;
    F. des Robert, Campagnes de Charles IV, duc de Lorraine et de Bar en Franche Comté, en Alsace, en Lorraine et en Flandre (1638–43), 1888;
    A. Prost, Charles IV, Duc de Lorraine, in: Revue de Questions Historiques 46, 1889;
    P. Rodier, Charles IV, Duc de Lorraine et de Bar, 1904;
    R. Parisot, Cours professé à l'Univ. de Nancy sur Charles IV, Duc de Lorraine, 3 Bde., o. J.;
    F. Redlich, The German Military Enterpriser and his Work Force, 1964. Bibliogr. lorraine III, 1972.

  • Porträts

    Stich v. P. de Jode n. Gem. v. G. de Crayer (Wien, Heeresgeschichtl. Mus.);
    Nürnberger Flugbl. (ebd.).

  • Autor/in

    Hans Schmidt
  • Zitierweise

    Schmidt, Hans, "Karl IV." in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 231-234 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118857673.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA