Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Parfümerie-Industrielle
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 139789367 | OGND | VIAF: 102636202
Namensvarianten
  • Mouson

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Zitierweise

Mouson, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd139789367.html [19.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Der Ahn der deutschen Hugenottenfamilie, Abraham (1641–1709), kam nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) mit seiner Familie aus Metz nach Berlin und übte dort den Beruf eines Gärtners aus, dem auch sein Sohn nachging. Der Enkel Daniel (1709–55) war Beuteltuchmacher, der Urenkel Paul (1734–1808) Ofenmeister in der Berliner Kgl. Porzellanmanufaktur.

    Pauls Sohn August Friedrich (1768–1837), ein gelernter Seifensieder und Lichterzieher, kam 1791 als Wandergeselle nach Frankfurt/Main und fand dort im Betrieb einer Witwe Arbeit. Im Laufe der Jahre stieg er zum Betriebsleiter auf und konnte schließlich 1798 nach Erlangung der Feuergerechtigkeit – der Erlaubnis zum Betrieb einer mit Feuer arbeitenden Werkstatt – und auf Grund seiner Verlobung mit der Bürgerstochter Anna Maria Elisabeth Margarethe Neeff (1774–1838) das Geschäft auf eigene Rechnung übernehmen und nach der Eheschließung das Bürgerrecht der Reichsstadt erwerben. In fast vier Jahrzehnten baute er den Betrieb zu einem angesehenen Unternehmen aus. Dabei trat die Produktion von Talgkerzen immer mehr zurück, während die Seifensiederei durch die Herstellung von Feinseifen ausgebaut wurde. August Friedrichs Sohn Johann Georg (1812–94) agitierte im Zeitalter der Reaktion für die demokratische Bewegung und kam mit Heidelberger Burschenschaftern in Verbindung, die 1833 einen Anschlag auf den in Frankfurt tagenden Deutschen Bundestag planten. Das dilettantisch vorbereitete Unternehmen scheiterte nach der Besetzung eines Wachlokals, als alarmierte Bundestruppen die Tore der Stadt besetzten und herbeieilende Helfer aus den Landgemeinden abfingen. Johann Georg wurde gefangen und auf der Konstabler Wache festgesetzt. Dort verstand er es, das Wachpersonal abzulenken und dadurch seinen Mithäftlingen Gelegenheit zur Flucht zu verschaffen. Dies brachte ihm sieben Jahre Festungshaft ein, die er auf dem Mainzer Fort Hardenberg in der Gesellschaft mitverurteilter Akademiker verbrachte, ein Umstand, dem der angehende Seifenfabrikant eine umfassende Bildung verdankte. Als er endlich frei kam, war sein Vater schon über zwei Jahre tot und der Betrieb von einem Teilhaber weitergeführt worden.

    In den folgenden fünf Jahrzehnten hat Johann Georg, der sich politisch nicht mehr betätigte, die Firma J. G. Mouson & Cie zu einem Großunternehmen der Branche entwickelt und ihr durch die Aufnahme der Parfümherstellung die entscheidende Ausrichtung auf einen gehobenen Verbraucherkreis gegeben. 1878 nahm er zwei Söhne seines nach Amerika ausgewanderten Bruders Johann Caspar (1804–52) in die Firma auf. Von diesen trat Johann Daniel (1839–1909) auch politisch in die Fußstapfen seines Onkels. Als Vertreter der Demokratischen Partei wurde er 1882 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung, die ihn 1891 zum ehrenamtlichen Magistratsmitglied wählte. Im Magistrat des Oberbürgermeisters Franz Adickes war er ein geschätzter Fachmann in Wirtschaftsfragen. Insbesondere hat er den Bau des Frankfurter Osthafens nachdrücklich gefördert. Sein Bruder Johann Jacques (1837–1915) widmete sich ganz der Leitung des Familienunternehmens, das bei der Weltausstellung in Paris 1900 für seine Parfümerieerzeugnisse mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Er erwarb sich auch besondere Verdienste um das Frankfurter Versicherungsgewerbe und schuf für die Mitarbeiter der Firma ein Erholungsheim in Dornholzhausen (Taunus).

    Johann Daniels Tochter Helene heiratete den Automobilindustriellen Carl v. Opel (1869–1927). Ihr Bruder August Friedrich (1874–1958) erhielt eine gründliche Ausbildung als Seifensieder und Parfümeur und arbeitete dann einige Jahre im angesehenen Laboratorium Fresenius in Wiesbaden. 1904 wurde er Teilhaber des Unternehmens und leitete vier Jahrzehnte lang als Chefparfümeur die Produktion. Gleichzeitig mit ihm trat Johann Georg (1872–1911), der ältere Sohn von Johann Jacques, ein promovierter Chemiker, in die Firma ein. Die beiden Vettern spezialisierten die Produktion auf ausgesprochene Qualitätserzeugnisse und stellten die Werbung auf den Geschmack einer anspruchsvollen Kundschaft um. In der Folgezeit erwarb sich das über 100jährige Unternehmen unter Betonung seiner Tradition als „Haus der Postkutsche“, ein um die Jahrhundertwende von den damaligen Geschäftsinhabern eingeführter Werbetitel, eine führende Stellung innerhalb der Branche. Nach Johann Georgs frühem Tod trat sein jüngerer Bruder Fritz (1884–1926) an seine Stelle, der an der TH Darmstadt Bauwesen studiert und als junger Diplomingenieur bei Opel in Rüsselsheim praktische Erfahrungen erworben hatte. 1912 wurde er Teilhaber des Familienunternehmens und übernahm den technischen Ausbau des Betriebes. Er schuf einen modernen Maschinenpark und rationalisierte die Produktion. Nach dem 1. Weltkrieg gelang es|ihm rasch, die Firma zur früheren Geltung zurückzuführen. In den Jahren 1923-25 errichtete er eine neue Fabrikanlage mit dem ersten Hochhaus in Frankfurt, dem achtstöckigen „Mousonturm“.

    Edgar Bieber (1893–1939), ein Enkel von Johann Jacques, verband mit gründlicher Auslandserfahrung, die ihm wertvolle Geschäftsverbindungen eingebracht hatte, einen besonderen Sinn für psychologisch abgestimmte Werbung. Er verstand es, breite Verbraucherschichten für die Erzeugnisse seines Unternehmens zu gewinnen. Als Konsul seines Geburtslandes Haiti genoß er großes gesellschaftliches Ansehen, besaß eine Hochseeyacht und nahm als begeisterter Automobilsportler an Langstreckenfahrten und Bergrennen teil. Nach seinem Tode rückte die 5. Generation in die Leitung des Familienunternehmens ein. Johann Daniel (Hans) (1904-43), ein Sohn von August Friedrich, hatte in San Sebastian (Spanien) die Seifensiederei erlernt und sich in Grasse die Grundlagen der Parfümerie angeeignet. In Paris und New York lernte er dann in führenden Kosmetikhäusern die Praxis des internationalen Geschäfts kennen. 1939 trat er als Teilhaber an die Seite seines Vaters. Seine Hauptaufgabe sah er in der Entwicklung und Einführung neuer Produkte, die er in systematischen Versuchsreihen erprobte, mußte aber unter den wirtschaftlichen Restriktionen des 2. Weltkrieges schließlich seine ganze Energie der Erhaltung des Unternehmens widmen. Nach seinem frühen Tod wurde sein Schwager, der Jurist Dr. Max Wellenstein (1905–50) Teilhaber. Wenig später vernichteten Fliegerbomben die Produktionsstätten der Firma fast völlig. Unmittelbar nach Kriegsende konnte aber mit der Stammbelegschaft der Wiederaufbau eingeleitet werden. Als Wellenstein ebenfalls früh starb, übernahm ein nicht mehr der Familie angehörendes Management die Leitung. Die 6. Generation der Nachkommen des Gründers veräußerte 1972 angesichts der notwendig gewordenen Verlagerung der Produktion aus dem Wohngebiet Frankfurts und des damit verbundenen hohen Investitionsbedarfs die längst wieder florierende Firma an einen Konkurrenten. Den „Mousonturm“ erwarb die Stadt Frankfurt und schuf darin ein Zentrum für junge Künstler.

  • Literatur

    J. G. Mouson & Cie, 1798–1898, 1898;
    F. Lerner, Diener d. Schönheit, 1948 (zahlr. P);
    M. Heil de Brentani, Alte Frankfurter Familien, 1950, S. 33 ff.;
    FAZ v. 4.11.1972, S. 20;
    Frankfurter Biogr. II.

  • Autor/in

    Franz Lerner
  • Zitierweise

    Lerner, Franz, "Mouson" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 236-237 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139789367.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA