Müller-Wipperfürth, Alfons
- Lebensdaten
- 1911 – 1986
- Geburtsort
- Mönchengladbach
- Sterbeort
- Pongau bei Salzburg
- Beruf/Funktion
- Textilfabrikant ; Unternehmer
- Konfession
- keine Angabe
- Normdaten
- GND: 137861192 | OGND | VIAF: 86034480
- Namensvarianten
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- Müller, Alfons (bis 1965)
- Müller-Wipperfürth, Alfons
- Müller, Alfons (bis 1965)
- müller, alfons
- Müller-Wipperfürth, Alfons
- Müller, Alfons
- Wipperfürth, Alfons Müller-
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Biografische Lexika/Biogramme
Quellen(nachweise)
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Orte
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Genealogie
V Friedrich Müller, Textilfabr., 1905-28 Inh. e. Fabr. f. Herrenoberbekleidung in M.;
M Hennriethe Umbach;
⚭ 3) Ursula Engel geb. Schmidt;
S Dieter, Vorstandsmitgl. d. Alfons Müller-Wipperfürth AG (s. Wi. 1970–85). -
Biographie
M. machte sich 1931 20jährig mit 900 Mark Startkapital selbständig. Er hatte neben einer kaufmännischen Ausbildung u. a. die Textilfachschule in Mönchengladbach und betriebswirtschaftliche Studien absolviert. Bis zur kriegsbedingten Verlagerung seines Mönchengladbacher Betriebes ins ländliche Wipperfürth, die 1944 wegen Totalverlustes der Betriebsräume erfolgte, hielt sich M. mit öffentlichen Aufträgen über Wasser (Spezialität: schwarze Uniformhosen für Bahn und Post). Bereits am 10.12.1945 erhielt er ein Permit von der brit. Militärregierung. Mit sieben Mitarbeitern begann er in einem angemieteten ehemaligen Rüstungsbetrieb unter Verwendung weniger verbliebener Vorräte und Maschinen mit der Herstellung von Herren- und Knaben- sowie Berufs- und Sportbekleidung. In nur zwei Jahren wuchs die Zahl der Beschäftigten auf über 160, und im Juli 1953, als der Gesamtbetrieb in ein neuerbautes Firmengebäude (Wipperhof) verlagert wurde, zählte man bereits 1000 überwiegend weibliche Arbeitskräfte. Zwischenzeitlich waren in Frammersbach (Spessart) (1951) und Mönchengladbach (1952) weitere Fertigungsbetriebe entstanden. Ende der 50er Jahre war M.s Unternehmen das größte der Herrenoberbekleidungs-Branche in Deutschland mit mehr als 6000 Beschäftigten und 80 werkseigenen Verkaufsläden. Neben der Weberei Simons & Frowein in Leichlingen zählten zu diesem Zeitpunkt weitere Betriebe in Willich, Münnerstadt und Kappeln zum Konzern, in dem täglich 5000 Hosen, 3600 Sakkos und 1200 Mäntel die Produktionsbänder verließen. Für diesen raschen wirtschaftlichen Aufschwung war ein anfänglicher Mißerfolg mitverantwortlich. Im sog. „Jedermann-Programm“ der Jahre 1948/49, das Ludwig Erhard zur Beseitigung des Mangels an Zivilkleidung gemeinsam mit der deutschen Textilwirtschaft aufgelegt hatte, sollte M. zunächst ein großes Kontingent an Anzügen zugestanden werden. Obwohl er der billigste Anbieter war, wurde er aber nachträglich wieder ausgeschlossen, was erwiesenermaßen auf eine kartellähnliche Absprache der etablierten Textilerzeuger im zuständigen Fachausschuß zurückzuführen war. M. setzte sich in den folgenden Jahren erfolgreich gegen alle Versuche zu Wehr, ihn als Billiganbieter vom Markt zu verdrängen. Auch der 1950 gegen ihn verhängte Boykott und Ausschluß vom Textilfachhandel spornte ihn nur weiter an; kurzerhand baute er eine eigene Verkaufsorganisation auf. Zeitweise über 100 Verkaufsbusse fuhren über Land. Diese ambulanten Verkaufsstellen wurden durch Filialen abgelöst. Schon im Mai 1949 hatte M. in Köln sein erstes Verkaufsgeschäft eröffnet, das sich wie alle nachfolgenden in schlichter Zweckmäßigkeit präsentierte. Schließlich betrieb M. über 180 solcher Geschäfte.
Der Erfolg M.s erklärt sich aber nicht nur durch die straff geführte Verkaufsorganisation, sondern auch durch rigoros billigen Einkauf, was ihm den Ruf eines „Pfennigfuchsers“ und „Meterschinders“ einbrachte. Zudem waren seine Herstellungskosten deshalb konkurrenzlos günstig, weil er konsequent Fertigungsmethoden und modernste Maschinen an seinen Fließbändern einsetzte, alle Produktionsstufen (Spinnerei, Weberei, Konfektion) in eigener Hand behielt, die Verwaltungskosten minimierte und sich auf ein schmales, auf die Wünsche der männlichen Kundschaft ausgelegtes Sortiment beschränkte. Konfektion für Damen lehnte M. mit dem Hinweis auf deren ungezählte Wünsche nach Farbe und Schnitt grundsätzlich ab. Bemerkenswert ist, daß M. nicht etwa bei den Löhnen sparte. Lange Zeit lag das Lohnniveau seiner Beschäftigten 10-15% Prozent über dem der Konkurrenz, außerdem führte er als erster Textilindustrieller 1955 die 40-Stunden-Woche ein.
1959 entzog sich M. durch Flucht ins schweizer. Lugano einer Verhaftung wegen des Verdachtes der Steuerhinterziehung. Unter den Augen der Kölner Steuerbehörden, die gegen den mehrfach wegen ähnlicher Delikte vorbestraften M. unter Mithilfe ehemaliger Angestellter ermittelten, wandelte dieser seine in Düsseldorf als Holding fungierende Personengesellschaft und seine in der Rechtsform der GmbH firmierenden Unternehmen in die Alfons-Müller-Wipperfürth AG um. Da er vorgab, selbst keinen Aktienbesitz zu haben, waren Pfändungsversuche aussichtslos. Als Steuerflüchtling leitete M. fortan sein Unternehmen von seiner Tessiner Villa aus. Bereits seit 1957, als die Lockerung der Einfuhrbeschränkungen eine große Krise der deutschen Textilindustrie auslöste, hatte M. begonnen, einen Teil der Produktion ins Ausland zu verlagern. Zunächst in Neufelden (Österreich), später in Pepinster (Belgien) wurden|modernste Betriebe errichtet. M. kontrollierte schließlich 14 Werke mit über 10 000 Mitarbeitern, die er wie ein Patriarch allein steuerte. Mißtrauen und Sparsamkeit waren äußere Zeichen dieses Führungsstils.
Im März 1964 stürzte M. über der Eifel mit seiner Privatmaschine ab und überlebte schwerverletzt, während drei Mitreisende ums Leben kamen. Gegen Kaution von einer Million DM erhielt er Haftverschonung, einigte sich allerdings auch mit den Steuerbehörden über eine Nachzahlung von 10,5 Mio. DM. Der Firmensitz wurde danach endgültig nach Belgien verlegt, weitere Fabriken errichtete M. in Italien, Kuba und Tunesien. Anfang der 70er Jahre begann jedoch ein stetiger Abstieg des Unternehmens. Schuld daran trug zum einen die nachlassende Textilkonjunktur, zum anderen aber auch M.s Festhalten an Billigprodukten. Wegen der zunehmenden Verluste veräußerte M. seit 1974 seine Anteile an die Frankfurter Industrie- und Handelsbank, die das Unternehmen liquidierte. 1978 wurden die letzten Geschäfte geschlossen. Bis auf ein kleines Werk im österr. Neufelden wurden auch alle Auslandsfirmen aufgegeben oder mußten Konkurs anmelden. M., der einen Teil seines Vermögens retten konnte, lebte zuletzt in Österreich.
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Literatur
Der Steuer-Schneider, in: Der Spiegel v. 11.1.1961, S. 20-29;
B. Engelmann, Meine Freunde, d. Millionäre, 1963;
Der Aufschneider v. Wipperfürth, in: Capital, Juni 1965, S. 49-54;
B. Foltin, Mit d. Finanzbehörden ist M.-W. im reinen, in: Handelsbl. v. 14.4.1966, S. 24;
H. O. Eglau, Der ambulante Schneider, in: Die Zeit v. 16.10.1970;
W. Jaspert, Aufstieg u. Niedergang e. Textil-Konzerns, in: Die Welt v. 29.11.1978;
Stern v. 21.5.1981, S. 88-94;
Gorzny. | -
Quellen
Qu. Firmenakte d. A. M.-W. GmbH d. IHK zu Köln, 1945-86.
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Autor/in
Jürgen Weise -
Zitierweise
Weise, Jürgen, "Müller-Wipperfürth, Alfons" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 513-514 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137861192.html#ndbcontent