Lebensdaten
um 1579 – 1606
Geburtsort
Wasselnheim (Elsaß)
Sterbeort
Stuttgart
Beruf/Funktion
Goldmacher
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 137825544 | OGND | VIAF: 86003475
Namensvarianten
  • Müller von Mühlenfels, Johann Heinrich von
  • Müller von Müllenfels, Johann Heinrich von
  • Müller von Müllenfels, Hans Heinrich von
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Zitierweise

Müller, Johann Heinrich von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137825544.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    M. ging bei einem Vetter, „Barbierer und Bruchschneider“ in Esslingen, in die Lehre und schloß eine Wanderung nach Schlesien, Ungarn und Italien an. Er hielt sich in Florenz auf, wo er durch Daniel Ra(d)polt, später Laborant in Diensten Hzg. Friedrichs I. von Württemberg, dann bei Landgf. Moritz von Hessen-Kassel, mit der Destillationskunst vertraut gemacht wurde. 1603 wanderte M. über Nürnberg nach Prag, wo er betrügerische Verfahren zur Herstellung einer Goldtinktur und zum Erreichen von Kugelfestigkeit demonstrierte und durch Kaiser Rudolf II. in den Adelsstand erhoben wurde. Er erhielt für die Weitergabe seiner Verfahren größere Geldsummen u. a. von Rudolf II. und Mgf. Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach und unterbreitete offenbar auch Angebote an den König von Polen, die Kurfürsten von Sachsen und der Pfalz, sowie an Christian I. von Anhalt-Bernburg.

    Am 4.1.1604 trat M. als Hofalchemist und Hofdiener, später als Diener von Haus aus, in die Dienste Hzg. Friedrichs I. von Württemberg. Er gab vor, mit einem (fingierten) span. Alchemisten namens „Petrus Paulus“ in Korrespondenz zu stehen, und bekam ein Laboratorium im Freihof zu Kirchheim/Teck zugewiesen; zudem erhielt M. später Schloß und Gut Neidlingen, wo er gleichfalls ein Laboratorium betrieb, und besaß daneben noch eine Wohnung in Stuttgart. Sein zeitweiliger Wohlstand wird durch ein Darlehen M.s von 3000 Gulden an die Stadt Esslingen (1604) dokumentiert sowie durch die Demonstration seiner vorgeblichen Kunst, Schätze aufzufinden, wofür er auf seine von Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach erhaltenen Geldmittel zurückgriff. 1605 reiste er nach Spanien (u. a. León) und Italien (u. a. Mailand), wobei er größere Summen zu Lasten Friedrichs auf Wechsel des Hauses Fugger aufnahm. 1605/06 wurde er schließlich zum Mittelpunkt einer nicht zuletzt politischen Affäre, da er den damals renommierten poln. Alchemisten Michael Sendivogius (Sedziwoj) in Neidlingen gefangensetzte. Dieser war auf Einladung Friedrichs vom Prager Hof nach Stuttgart unterwegs, wurde jedoch von M. unter dem Vorwand, Friedrich selbst wolle ihn festsetzen lassen, zur Flucht aus Württemberg überredet. M. wurde daraufhin mit Befehl vom 15.6.1606 verhaftet und nach Verhör wegen Majestätsverbrechens vom Stadtgericht in Stuttgart zum Tode verurteilt, seine gesamten Besitztümer wurden konfisziert. Wenige Tage später wurde M. 28jährig, nachdem ihm auf dem Schloßplatz drei Finger der rechten Hand abgeschlagen worden waren, am Galgen hingerichtet.

    M. wurde offiziell nicht wegen erfolgloser Goldmachertätigkeit vor Gericht gestellt, sondern wegen Betrugs, Verrats und Meineids. Wesentlicher Auslöser war wohl die Affäre um die Gefangensetzung des auch in poln. Diensten stehenden Sendivogius, die insofern weitere Kreise zog, als sich u. a. auch der poln., der brandenburg. und der Prager Hof in die Bemühungen um Wiedergutmachung bzw. Entschädigung für Sendivogius einschalteten. Die entsprechende Korrespondenz erstreckt sich noch bis in die Regierungszeit Hzg. Johann Friedrichs, des Nachfolgers von Friedrich I. Inwieweit allerdings Friedrich selbst die Festsetzung des Sendivogius betrieben haben könnte, wie gemutmaßt wurde, läßt sich aus den erhaltenen Akten nicht erhellen. M. war der letzte aus einer Reihe von Goldmachern und Alchemisten, die am Stuttgarter Hof per Gerichtsurteil zu|Tode kamen; das erste aufsehenerregende Verfahren dieser Art war das gegen Georg Honauer und Konsorten 1596.

  • Quellen

    Qu. HStA Stuttgart, Bestand A 47 u. J 1 (Ms. v. Ch. H. Günzler, 1825-33).

  • Literatur

    Ch. G. v. Murr, Litterar. Nachrr. zu d. Gesch. d. sog. Goldmachens, 1805, S. 54-79 (Abdr. d. Urgicht d. Prozesses v. 1606 mit Angaben z. Biogr. M.s);
    Ch. H. Günzler, Hzg. Friedrich u. seine Hof-Alchymisten, in: Württ. Jbb. f. vaterländ. Gesch., Geogr., Statistik u. Topographie 1829, H. I/II, 1831, S. 216-33, 292-310;
    ders., Hzg. Friedrichs Alchymisten, in: Staats-Anz. f. Württemberg, besondere Beil., Jg. 1879, Nr. 22, 25/26, 1880, Nr. 5/6;
    A. Bauer, Die Adelsdocumente österr. Alchemisten, 1893, 47-51 (Abdr. d. Adelsprivilegs);
    E. Blaich, Finanzgesch. d. freien Reichsstadt Esslingen im 30j. Krieg, 1934;
    Neues Württ. Dienerbuch, bearb. v. W. Pfeilsticker, 1957–74, Bd. I, §§ 53, 1554, 1839;
    H. Hild u. P. Rückert, Goldsucher u. Goldmacher, Alchemisten am württ. Hof, in: Das Goldene Zeitalter – Die Gesch. d. Goldes v. MA z. Gegenwart, Ausst.kat., hrsg. v. T. Osterwold, 1991, S. 372-81, 533-36;
    Pogg. II.

  • Autor/in

    Ulrich Petzold
  • Zitierweise

    Petzold, Ulrich, "Müller, Johann Heinrich von" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 424-425 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137825544.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA