Lebensdaten
1716 – 1786
Geburtsort
Wissenbach (Nassau)
Sterbeort
Riga (?)
Beruf/Funktion
Musiker ; radikalpietistischer Schwärmer
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 123393647 | OGND | VIAF: 182149196473174791511
Namensvarianten
  • Daniel (Pseudonym)
  • Elias (Pseudonym)
  • Elias Artista (Pseudonym)
  • mehr

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Zitierweise

Müller, Daniel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd123393647.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johannes Möller (Müller) (1678–1756), Bauer u. Schneider in W., S d. Daniel Möller (1638–1711), Kirchenältester in W., u. d. Anna Nickel (1644–1701) aus Nanzenbach b. Dillenburg;
    M Anna Gertraud (1693–1757) aus W., Wwe d. Hans Georg Schnautz (1690–1714) aus W., T d. Hans Jörg Lickauff (Lückoff) (1653–1710), Heimberger (Bgm.) in W., u. d. Anna Juliana Hain (1657–1717) aus W.;
    B Johann Jost (1730–1805), Heimberger in W.;
    Darmstadt 1744 Maria Ursula ( 1759?), Wwe d. Johann Lorenz Schott (1683-um 1735) aus Neukirchen/Haune, Gastwirt in Darmstadt, T d. Johann Christoph Windecker ( 1707), Bierbrauer in Frankfurt/Main, u. d. Susanne Elisabeth Jung (1687–1739, 2> Gerhard Kalckbrenner, 1679–1750, Notar in Frankfurt/Main);
    2 Stief-S, 4 Stief-T;
    N Daniel Feller ( 1832), Lehrer u. Kantor in Nassau/Lahn (s. NND).

  • Biographie

    Am nassau. Hof in Dillenburg (seit 1726) erlernte M. das Geigenspiel, am Wittgenstein. Hof in Berleburg (seit 1733) begegnete er dem radikalpietistischen Schrifttum. Auf Empfehlung J. S. Bachs kam er 1735 an den Merseburger Hof; 1737-39 war er als Violinist und Bratschist Hofmusikus in Darmstadt; danach widmete er sich der Lektüre theosophischer Bücher, u. a. der Werke Jakob Böhmes. Nach seiner Ernennung zum Hofmusikus, Kantor und Schuldiener in Hachenburg heiratete er 1744 eine entfernte Verwandte der Familie Goethe und übersiedelte 1746 nach Frankfurt. Als Konzertdirektor (seit 1747) veröffentlichte er dort das „Vollständige Hessen-Hanauische Choral-Buch“ (2 T., 1754). Sehr wahrscheinlich hat der junge Goethe den Ersten Violinisten M. kennengelernt, der in der Frankfurter Kapelle (erw. seit 1755) musizierte, später auch dessen islamfreundliches Buch „Elias mit dem Alcoran Mahomeds in der Offenbarung Jesu Christi“ (1772), das sich in der Bibliothek von Goethes Vater befand. Nach dem Tode seiner Gattin verließ der visionär erleuchtete M., der sich zum wiederkommenden Propheten Elias (Elias Artista) berufen fühlte, Frankfurt und zog durch Nord- und Ostdeutschland, Skandinavien, das Baltikum und Rußland. Als „Elie Artiste“, der Alchemie, Kabbala und z. T. auch Swedenborgs Visionen popularisierte, wurde M. von den Illuminaten in Avignon, einer freimaurerähnlichen Geheimgesellschaft um die Swedenborg-Übersetzer Abbé de Bramore (Philibert Guyton de Morveau) und Dom Antoine-Joseph Pernety, sehr verehrt. Erst seit 1982 ist bewiesen, daß sich hinter diesem Pseudonym M. verbirgt, der Autor des Buches „Elias Artista Mit dem Stein der Weisen“ (1770). Nach einem für 1786 bezeugten Besuch in Dillenburg verliert sich seine Spur. Vielleicht ist er im Umkreis russ. Spätrosenkreuzer in Riga gestorben.

    Dogmenkritischer Universalismus führte den Begründer der Vereinigungskirche „Offenbarung Christi“ zur Offenheit gegenüber Heidentum, Judentum und Islam: Bibel, Talmud und Koran sind Offenbarungsgrundlage, deren Verbindlichkeit er ebenso gegen die „Freygeister“ verteidigt wie deren allegorische Deutung (nach dem „wahren inneren Sinn“) gegen die luth. Buchstäbler. So wirft die Schrift „Der gekrönte Philosoph in Occident, oder Anmerkungen eines Anonimi über den Phädon des Mosis Mendelson“ (1771) dem liberalen Mendelssohn vor, er sei „ein Entlaufener aus der Synagoge seiner Väter“. „Elias mit der Lehre des Talmuds und der Rabbinen in ihrem wahren Sinn und Verstand“ (1772) wendet sich gegen den luth. „Satans-Pfaffen“ Friedrich Christoph Oetinger. So sehr M. an den von Lessing herausgegebenen Fragmenten des Hermann Samuel Reimarus lobt, daß sie sich von einer sterilen buchstäblichen Bibelexegese lösen, so scharf kritisiert er andererseits, daß sie die Schriftbasis ganz verwerfen: „Der Sieg der Wahrheit des Worts Gottes über die Lügen der Wolfenbüttelschen Bibliothecarii, Ephraim Lessing, und seines Fragmenten-Schreibers in ihren Lästerungen gegen Jesum Christum, seine Jünger, Apostel, und die ganze Bibel“ (1780) ist ein Aufschrei des selbsternannten Messias M. gegen die Freigeister Reimarus und Lessing – für M. ist der mit Reimarus unbekümmert gleichgesetzte Herausgeber Lessing selbst „der Verräther Christi, der Antichrist“.

  • Werke

    Weitere W u. a. Abraham d. Segen aller Völker, 1769; \t
    Das Testament u. d. Segen Jacobs, 1769;
    Elias mit d. Buch d. ganzen Welt, 1771 u. o. J.;
    Das einige wahre Heil u. Erlösung durch Jesum Christum, 1781.

  • Literatur

    ADB 33, S. 576 (Art. W. H. Seel);
    E. F. Keller, D. M., e. merkwürdiger rel. Schwärmer d. 18. Jh., in: Zs. f. d. hist. Theol. 4/2, 1834, S. 219-303 (P);
    R. Breymayer, Ein unbekannter Gegner G. E. Lessings, in: Dietrich Meyer (Hrsg.), Pietismus – Herrnhutertum – Erweckungsbewegung, 1982, S. 109-45 (P);
    ders., Ein radikaler Pietist im Umkreis d. jungen Goethe, in: Pietismus u. Neuzeit 9, 1983, S. 180-237;
    ders., „Elias Artista“: J. D. M. aus Wissenbach/Nassau, e. krit. Freund Swedenborgs, u. seine Wirkung auf d. schwäb. Pietisten F. C. Oetinger u. P. M. Hahn, in: W. Kühlmann (Hrsg.), Lit. u. Kultur im dt. Südwesten zw. Humanismus u. Aufklärung, W. E. Schäfer z. 65. Geb.tag, 1995, S. 329-72;
    F. Niewöhner, Veritas sive Varietas, Lessings Toleranzparabel, 1988;
    Nassau. Biogr.;
    MGG IX u. 16;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Killy;
    The New Grove;
    BBKL.

  • Porträts

    Schattenriß, Abb. b. Keller u. Breymayer (s. L).

  • Autor/in

    Reinhard Breymayer
  • Zitierweise

    Breymayer, Reinhard, "Müller, Daniel" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 351-352 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123393647.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA