Lebensdaten
um 1420 – 1479
Sterbeort
Zürich
Beruf/Funktion
Apotheker ; Kräuterbuchautor
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 102563659 | OGND | VIAF: 47156186
Namensvarianten
  • Minner, Hans
  • Amator, Minner
  • Hannes, Minner
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Zitierweise

Minner, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd102563659.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Die Zürcher Fam. d. 15. Jh. leitet sich v. Wädenswiler Neubürgern her. – V Johannes ( 1443), Mitgl. d. Rats d. Stadt Zürich 1418–39, Spitalpfleger.

  • Biographie

    M. tritt 1440 erstmals als Apothekerknecht bzw. Verwalter der Apotheke „zum Kiel“ des Zürcher Bürgermeisters Schwarzmurer auf, als er in Händel mit Hans Ludwig, einem andern „appentegger“ geriet, den er wegen Mißhandlung verklagte. Im Gegensatz zum gewöhnlichen spätmittelalterlichen Apotheker, der handwerklich und nicht akademisch ausgebildet war, durchlief M. vermutlich eine Schreiberlehre. Jedenfalls kannte er die Schreibtradition Zürichs und besuchte sehr wahrscheinlich eine Lateinschule. 1442-80 ist M. als Schreiber und Verfasser in Autographen nachweisbar; zwischen 1440 und 1470 wird er mehrfach in Richtbüchern der Stadt genannt. Nach 40 Jahren Dienst als „procurator“ der Apotheke schied er aus deren Diensten aus.

    M.s umfangreiches schriftstellerisches Werk umfaßt Abschriften, Exzerpte und Kompilate, ferner Übersetzungen sowie Texte, denen ein gewisser originärer Charakter nicht abgesprochen werden kann. Sie alle liegen bisher nur handschriftlich vor und sind so umfangreich, daß sie nur schrittweise aufgearbeitet werden können. Erst 1937 wurde die Forschung auf M. aufmerksam, infolgodessen fehlt er bis 1955 im Verfasserlexikon des Mittelalters.

    Die Edition der „Chirurgia parva“ des Guy de Chauliac (Univ.bibl. Freiburg/Br., Cod. 188) erfolgte durch H. Broszinski. Der von M. in Anlehnung an Simon Januensis verfaßte Synonymenschlüssel, das sog. Minnerglossar, ist im Marburger Codex 81 als Autograph überliefert. Angeregt von Rudolf Schmitz, erhielt die Forschung mit der Sichtung einschlägiger Handschriftenbestände 1955-65 durch Irmgard Dübber entscheidenden Auftrieb. Es fanden sich insgesamt drei Codizes: außer Cod. 81 noch die Hss. 12 u. 13 der Universitätsbibliothek Marburg. Hs. 12 ist älter und beginnt mit dem „Grabadin“ des Pseudo-Mesue. Ab fol. 128 a folgt die „Chirurgia parva“ mit der anhängenden Schlußschrift: „et est scriptum per me Johannem minner appotekarium anno domini 1442“. Es schließen sich Rezepte, sodann ein Kräuterglossar, ein „Kurzer Harntraktat“, die „Avicennae principii“ und das „Antidotarium Nicolai“ an, das, auf die Apotheke zugeschnitten, nur die Komposita und am Schluß ein lat.-deutsches Pflanzen- und Krankheitsnamenglossar enthält. Jünger und einheitlicher ist Hs. 13, beginnend mit einer 1480 abgeschlossenen Harnlehre. Es handelt sich um einen zusammengeflickten Text aus verschiedenen Versatzstücken, den Harnfarben des Theophilus, dem Proömium zum „Kurzen Harntraktat“ und der Regionenlehre nach Maurus in Anlehnung an Isaak Israeli, Pseudo-Galen und andere Autoren. Es folgen ein Pulstraktat, Paragraphen der pseudogalenischen „Harnlehre“ und des „Harnregelkatalogs“. Schließlich ist ein Teil der Summa medicinalis von Walther von Agilon, ohne die therapeutischen Abschnitte, angefügt. Interessant sind ferner eine kurze Koproskopie und der Harntraktat des Gilles de Corbeil. Neben den kopierten Schriften sind M.s Übersetzungen, wie die Verdeutschung der „Chirurgia parva“ des Guy de Chauliac und des „Lilium medicinae“ Bernhards von Gordon (Freiburg/Br., Cod. 188), hervorzuheben. Bei letzterem wird M. zwar nicht ausdrücklich als Übersetzer genannt, doch ist er als Schreiber zu identifizieren.

    Die eigenständig verfaßten Werke zeigen ein ausgeprägtes Interesse an der pharmazeutischen Nomenklatur; daher entstand ein Kräuternamenglossar (s. Cod. 188), das Medikamentennamen sowie medizinische Fachausdrücke erklärt; sodann das große Glossar mit Kurzdefinitionen, 1479 zusammengestellt. Es berücksichtigt stark die Synonymik und lehnt sich an den „Clavis sanationis“ des Simon von Genua an. Umfangreichstes Werk ist der „Thesaurus medicaminum“, der ebenfalls 1479 am Ende langjähriger Apothekerpraxis entstand. Er greift Anregungen, die sich in den Glossaren und kopierten Schriften befinden, auf und baut sie aus. Die Hauptquelle dieses großangelegten, alphabetisch gereihten Kräuterbuchs dürfte der „Aggregator“ des Pseudo-Serapion sein. M. geht aber über diese Drogenkunde noch hinaus und benutzt auch eine Vielzahl weiterer Vorlagen: der Fächer seiner Zitate reicht von Hippokrates über Plinius bis Dioskurides, von Ali Abbas über Isaak ben Soleiman zu Rhazes und Avicenna, ferner von Nikolaus Salernitanus über Mesue bis Serapion. Der „Thesaurus medicaminum“ ist zwar kompiliert, gleichzeitig aber auch übersetzt worden. Damit schuf M. ein deutschsprachiges Kräuterbuch, das die Entwicklung der spätmittelalterlichen deutschen „Gart“-Literatur vorwegnimmt. Unmittelbar auf das Kräuterbuch folgt im Cod. 81 der Universitätsbibliothek Marburg ein Tierbuch, das als gesonderte Drogenkunde die „materia medica vegetabilis“ enthält. M. hat|das wertvollste Werk deutschsprachiger Kräuterbuchliteratur vor 1500 geschaffen. Durch seine Quellentreue nähert er sich deutlich dem Humanismus.

  • Literatur

    H. Broszinsky, Eine alemann. Bearb. der d. G. de Chauliac zugeschriebenen „Chirurgia parva“. Diss. Heidelberg 1968;
    I. Dübber, Zur Gesch. d. Medizinal- u. Apothekenwesens in Hessen-Kassel u. Hessen-Marburg, Diss. Marburg 1969;
    U. Schmitz, H. Ms „Thesaurus medicaminum“. Pharmaziehist. Unters. zu e. alemann. Drogenkde. d. SpätMA, 1974;
    R. Schmitz, Über dt. ma. Qu. z. Gesch. v. Pharmazie u. Med., in: Dt. Apotheker-Ztg. 100, 1960, S. 980-83;
    G. Keil, Die „Chirurgia parva“ Peters v. Ulm, Diss. Heidelberg 1960, 1961;
    Vf.-Lex. d. MA V (Nachtrag);
    Vf.-Lex. d. MA².

  • Autor/in

    Ursula Schmitz
  • Zitierweise

    Schmitz, Ursula, "Minner, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 541-542 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102563659.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA