Lebensdaten
1781 – 1847
Geburtsort
Neubrandenburg
Sterbeort
Geltow bei Potsdam
Beruf/Funktion
Literaturhistoriker ; Sammler ; Jurist ; Philologe
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 118733230 | OGND | VIAF: 18017442
Namensvarianten
  • Alban (Pseudonym)
  • Hüpfinsholz, Markus (Pseudonym)
  • Meusebach, Karl Hartwig Gregor Freiherr von
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Zitierweise

Meusebach, Karl Hartwig Gregor Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118733230.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Christian Karl (1734–1802), auf Vockstedt (Voigtstedt), anhalt-zerbst. Kammurrat, S d. Carl Ludwig (1706–74), auf Vockstedt, u. d. Marie Sabina v. Geusau (1699–1750);
    M Benigna Friederika (1746–85), T d. Anders v. Nordenflycht (1710–62), schwed. Kammerherr u. Bergwerksdir. in Kurland, u. d. Friederika Juliana v. Aurbach;
    Stief-M Christine Tugondreich Vilmar ( n. 1822), Kammerfrau d Mutter; Groß-Tante-m Hedvig Charlotta v. Nordenflycht (1718–63), schwed. Dichterin;
    Ov Gottlob Georg Justus (1733–1804), oranien-nassau. Geh. Reg.rat in Dillenburg;
    Kassel 1804 Ernestine (1784–1863), T d. Friedrich Ludwig v. Witzleben (1755–1830), Dr. iur., kurhess. Oberjägermeister, Geh. Staatsmin. (s. ADB 43), u. d. Sophie Margarete Luise Freiin v. Preuschen (1761–1823);
    6 K, u. a. Otfried Hans (s. 2), Karl Bernhard Max (1814–62), preuß. Ministerresident in Rio de Janeiro.

  • Biographie

    M. wuchs als jüngstes von drei Kindern auf dem väterlichen Gut Vockstedt bei Artern (Sachsen-Anhalt) auf. Nach dem Besuch der Klosterschule in Roßleben (1793–97) und der Domschule Merseburg (1797–1800) studierte M. wie sein Vater die Rechte: 1800-02 in Göttingen, 1802/03 in Leipzig. Durch Vermittlung seines Onkels trat er 1803 in Dillenburg in den oranien-nassau. Staatsdienst ein. Nach der Gründung des Ghzgt. Berg unter Napoleon wurde M. 1809 Procurateur des Tribunals Dillenburg. Nach Wiederherstellung der deutschen Herrschaft zum Präsidenten des rhein. Revisionshofs nach Koblenz berufen, trat M. 1815 in preuß. Dienste, die ihn 1819 nach Berlin führten, wo er als Mitglied des dort neuerrichteten rhein. Revisionshofs (im Rang eines Geh. Oberrevisionsrats) seine Kenntnis des franz. Rechts verwerten konnte. Enttäuschte Hoffnungen auf eine höhere Position und frühe Schwerhörigkeit entfremdeten M. dem Amt, aus dem er 1843 durch Frühpensionierung ausschied.

    Schon in seiner Schulzeit faßte M. eine leidenschaftliche Neigung zum Werk Jean Pauls, dessen moralischen Idealen er sich unmittelbar verpflichtet fühlte und dessen humoristische Manier er als Verfasser von Gedankenprosa nachzuahmen versuchte (vgl. das handschriftliche „Weiße Buch“, Bd. 1-4, im Nachlaß; Auszüge daraus in Zeitschriften und M.s Büchern). Daneben schrieb er Gelegenheitsgedichte im Stile Gleims und J. G. Jacobis. Seine eigentliche Bedeutung erwarb sich M. als Sammler und Kenner der deutschen Literaturgeschichte, vor allem auf den Gebieten des Volkslieds und des Barocks, hier insbesondere von Fischarts Werken, deren Edition er vorbereitete. Kenntnisse, Handschriften- und Bücherschätze brachten ihn in enge Verbindung mit Romantikern und frühen Vertretern der Germanistik wie den Gebrüdern Grimm und Moriz Haupt, aber auch mit Hoffmann von Fallersleben, der fast sein Schwiegersohn geworden wäre und dem geselligen Familienleben und der eigenwilligen Persönlichkeit des väterlichen Freundes in seiner Autobiographie (Mein Leben. 1868) ein Denkmal gesetzt hat. M.s skurriler Humor und sein barock-moderner Sinn für Sprachspiele dokumentieren sich in den von ihm so genannten „Klebebriefen“: Briefen, in die er Zeitungsartikel und anderes gedrucktes, aber auch nichtsprachliches Material hineinmontierte. – Der Großteil der herausragenden Bibliothek M.s wurde 1850 von der Kgl. Bibliothek zu Berlin aufgekauft, die 1880 auch den persönlichen Nachlaß erwarb. Die hinterlassenen Studien zeigen in ihrem subjektiv-unsystematischen Charakter auch die Grenzen von M.s Annäherung an die neue Wissenschaft der Literaturgeschichte.

  • Werke

    Kornblumen, 1804;
    Geist aus meinen Schriften, 1809;
    Fischartstudien, hrsg. v. C. Wendeler, 1879.

  • Literatur

    ADB 21;
    Verz. v. Büchern vorzügl. aus d. Frhr. v. M.schen Bibl., Abt. ½, 1855/56 (Neudr. 1977);
    Briefwechsel mit J. u. W. Grimm, hrsg. v. C. Wendeler, 1880 (P);
    Briefwechsel mit J. v. Laßberg, in: M. Harris, J. Frhr. v. Laßberg (1770–1855), Stud. zu seinem Wirken u. Werk, Lizentiats-Arbeit, Fribourg 1984, S. 127-88 (vorhanden in: Bad. Landesbibl. Karlsruhe): K. Schwartz, K. H. G. v. M., Lebensnachrr., bearb. v. F. Otto, in: Ann. d. Ver. f. Nassau.|Altertumskde. u. Gesch.forschung 21, 1889, S. 43-76, 22, 1890, S. 1-64 (mit Stammbaum);
    P. Sprengel, Dokumente sanfter Rührung, K. H. G. v. M. als Leser u. Verehrer Jean Pauls, in: Jb. d. Dt. Schiller-Ges. 22, 1978, S. 110-53;
    O. Renkhoff, Nassau. Biogr., 1985. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Berlin, Staatsbibl. (P).

  • Autor/in

    Peter Sprengel
  • Zitierweise

    Sprengel, Peter, "Meusebach, Karl Hartwig Gregor Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 271-272 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118733230.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Meusebach: Karl Hartwig Gregor v. M., deutscher Philolog, Sammler und Kenner der älteren neuhochdeutschen Litteratur. Er war am 6. Juni 1781 zu Neu-Brandenburg geboren, verlebte seine Jugend auf dem Familiengut Vockstädt in der goldenen Aue, besuchte die Gymnasien zu Roßleben und Magdeburg, studierte zu Göttingen und Leipzig Jurisprudenz und erhielt 1803 zu Dillenburg eine Anstellung als Canzleiassessor. Am 9. März 1804 vermählte er sich mit Ernestine v. Witzleben. Nach Errichtung des Großherzogthums Berg ward er Procureur am Tribunal erster Instanz zu Dillenburg. Im J. 1814, nach der Besetzung des Landes durch die Verbündeten, betraute ihn Justus von Gruner mit der Leitung des Tribunals zu Trier und übertrug ihm nach einem|Jahre den Vorsitz bei dem provisorischen Cassationshof zu Coblenz. Bei der definitiven Regelung des rheinischen Gerichtswesens kam er 1819 als Geh. Oberrevisionsrath nach Berlin zugleich mit dem rheinischen Cassations- und Revisionshof, dessen Präsident er später wurde. Nachdem er sich 1842 aus dem Staatsdienste zurückgezogen hatte, lebte er auf seinem Gute Baumgartenbrück bei Potsdam, wo er am 22. August 1847 starb. — Um der Gedichte seiner „Kornblumen von Alban“ (Marburg 1804) willen würde ihn die deutsche Litteraturgeschichte nicht zu nennen haben. Auch der „Geist aus meinen Schriften, durch mich selbst herausgezogen und an das Licht gestellt von Markus Hupfinsholz“ (Frankfurt 1809) würde nur als ein Ableger Jean-Paulschen Humors vielleicht eine vorübergehende Erwähnung verdienen. Aber M. gehörte zu den vornehmen Dilettanten, welche den wissenschaftlichen Begründern der altdeutschen Philologie begünstigend, theilnehmend, helfend zur Seite standen; und er beherrschte sein eigenes Gebiet unumschränkt als ein großer Kenner und wahrer Gelehrter: die deutsche Litteratur des 16. und 17. Jahrhunderts und der benachbarten Zeiten. Die Liebe, die er zu Jean Paul gefaßt hatte, übertrug er auf Johann Fischart; dieser stand im Mittelpunkt aller seiner Studien und litterarischen Pläne, die freilich Pläne blieben und über das Stadium höchst gründlicher umfassender Vorarbeiten nie hinauskamen. Er wollte die Werke Fischarts, die ältesten deutschen Volkslieder, ein Wörterbuch zu Luther, eine vollständige Sammlung der Dichter des 17. Jahrhunderts herausgeben. Von alledem erschien dann nichts als Beobachtungen über ein paar Specialitäten der neuhochdeutschen Wortbildung, die Jacob Grimm drucken ließ ("Zur Recension der deutschen Grammatik, unwiderlegt herausgegeben von Jacob Grimm“, Kassel 1826); ein Verzeichniß Fischartscher Schriften in der Recension von Hallings Ausgabe des Glückhaften Schiffs (H. A. L. Z. 1829 Nr. 55. 56) und — aus einem viel moderneren Gebiete — eine Recension von Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde (H. A. L. Z. 1835 Nr. 115—120). Meusebachs Hauptwerk ist seine Bibliothek, welche, der Kgl. Bibliothek zu Berlin einverleibt, tausenden zu gute kommt und für jede Forschung über die deutsche Litteratur des 16. und 17. Jahrhunderts die unentbehrliche Grundlage darbietet. Und sie enthält nicht blos das todte Material. Man begegnet, wie oft, in den zierlichen Bänden auch Meusebach's handschriftlichen Bemerkungen, einem Hinweis, einer Vergleichung, einer bibliographischen Notiz, welche die Forschung anregt und erleichtert. Dazu kommt, was aus seinem Nachlaß allmählich ans Licht tritt, namentlich: „Die Fischartstudien des Freiherrn v. M.“ (Halle 1879) und der „Briefwechsel des Freiherrn v. M. mit Jacob und Wilhelm Grimm“ (Heilbronn 1880), beide herausgegeben durch Dr. Camillus Wendeler. In beiden eine erstaunliche Fülle der Gelehrsamkeit, ausgebreitet freilich mit der zwecklosen Willkür, dem absichtlichen Haften am Kleinen, dem Schwelgen in der unendlichen Häufung des Analogen, welche den Verehrer Fischarts charakterisirt und ihn zu Fischarts Nachahmer macht. Er unterscheidet sich aber von Fischart dadurch, daß er in der That sehr komisch wirkt, während ein heutiger Leser über Fischart selten lachen kann und in der Regel nur ermüdet wird. Er war außerdem ein Erfinder auf dem Gebiete der komischen Litteratur. Er hat die epistolarische Dichtungsart', wie er sagt, durch den Begriff des 'Klebebriefs' erweitert; und dies ist etwas so verrücktes, daß keine gedruckte Publication davon auch nur ein annäherndes Bild gewähren kann. M. besaß eine reiche Sammlung von komischen und seltsamen Ausschnitten aus Zeitungen und untergeordneten Druckwerken. Er hatte sie theils selbst gesammelt, theils von andern sammeln lassen; alle jungen Herren seiner Bekanntschaft achteten für ihn auf seltsame Worte, wunderliche Wendungen, ungeschickt ausgedrückte Gedanken, sonderbare Annoncen, und|trugen ihm dieselben zu, sei es daß sie an sich lächerlich waren oder durch Verstümmelung lächerlich gemacht werden konnten. Und diese schätzbaren Materialien verwendete er für seine Briefe, indem er jene Ausschnitte entweder seinen eigenen Sätzen einfügte oder ganze Seiten lediglich daraus componirte. Der Eindruck der verschiedenen Zettel mit ihrem bunten Druck und Papier und der Gedankenzerrbilder, welche mit solchen Mitteln hergestellt werden, die Anschauung eines so gänzlich unzweckmäßigen, mühsamen, zeitverschwendenden, aber durch und durch lustigen Treibens, verbunden mit dem scurrilen, anspielungsreichen, auf unaufhörliche Ueberraschung berechneten Stil ist über alle Beschreibung spaßhaft. Voll wunderlicher und origineller Späße war M. auch im Leben. Es circuliren darüber in Berlin noch viele Geschichten; aber sie haben zum Theil schon nachweislich ihre Träger gewechselt, so daß die authentischen schwer auszusondern sein möchten. Eine Schilderung von Meusebachs häuslichem Leben findet man bei Hoffmann von Fallersleben, „Mein Leben“ Bd. 1 S. 299—335.

    • Literatur

      Vgl. Wendeler a. a. O. und im Centralblatt für Bibliothekswesen von Hartwig und Schulz Bd. 1 S. 213—231; Steinmeyer in der Beilage zur Wiener Abendpost 1880 Nr. 92. 93; Belger, Moriz Haupt S. 14 ff. 339 f.

  • Autor/in

    — r.
  • Zitierweise

    -r., "Meusebach, Karl Hartwig Gregor Freiherr von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 21 (1885), S. 539-541 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118733230.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA