Lebensdaten
um 1538 – 1603
Geburtsort
Halle/Saale
Sterbeort
Celle
Beruf/Funktion
Kartograph ; Arzt
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 121783758 | OGND | VIAF: 18088035
Namensvarianten
  • Mellinger, Johannes
  • Mellinger, Johann
  • Mellinger, Ioannes
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Zitierweise

Mellinger, Johannes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121783758.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hans ( v. 1557);
    M Elisabeth ( n. 1572);
    1564 Catharina (um 1545–1604), T d. Weimarer Bgm. Johann Schneller ( v. 1549);
    3 S, 1 T, u. a. Nicolaus (um 1566–1629), Pastor in Beedenbostel, Johannes (um 1569–1633), Arzt in Hildesheim, Friedrich (um 1580–1626), Pastor in Didderse, Wittingen u. Sülfeld.

  • Biographie

    M. ist erstmals 1555 als Student an der Univ. Wittenberg nachweisbar. Nachdem er dort 1562 den Magistertitel erlangt hatte, kehrte er an seinen Geburtsort Halle zurück. 1567 erwarb er in Weimar das Bürgerrecht und erhielt an der Weimarer Stadtschule eine Anstellung als Kantor, 1568 war er bereits Konrektor. M. blieb bis Anfang 1569 in Weimar und schuf hier seine erste große kartographische Arbeit, eine Karte von Thüringen (1568). Den Anstoß, auf kartographischem Gebiet zu arbeiten, könnte M. von seinem Schwager Johannes Wolf bekommen haben, der auf der Thüringen-Karte sowie mehreren späteren Werken mit kurzen Texten vertreten ist und zudem selbst den ersten Stadtplan von Weimar (1569) schuf. 1569 trat M. die Stelle des Rektors an der Stadtschule in Jena an. Ein Bericht über die damals dort herrschenden Verhältnisse von M.s Hand läßt den äußerst bescheidenen Rahmen deutlich werden, der Lehrern und Schülern gesetzt war. Vielleicht mitbedingt durch die sehr schlechte Besoldung fertigte M. in den folgenden Jahren Ansichten der Städte Jena (1571) und Halle (um 1572) an, war Herausgeber einer Karte der Grafschaft Mansfeld (1571), die anscheinend im Zusammenhang mit der Mansfelder Chronik von Cyriacus Spangenberg (1572) steht, und schuf ein Porträt für die Leichenpredigt Hzg. Johann Wilhelms von Sachsen (1573). Bereits 1569 hatte sich M. zudem an der Universität in Jena eingeschrieben; dort begann er 1572 mit einem Medizinstudium. Seine Anstellung als Rektor gab er 1573 auf, eventuell mitbeeinflußt durch die im selben Jahr im Hzgt. Sachsen-Weimar abgehaltene Kirchen- und Schulvisitation, in deren Folge viele Pfarrer sowie Lehrer aus Glaubensgründen aus ihren Amtern ausscheiden mußten.

    In Niedersachsen ist M. erstmals 1577 nachweisbar, als er eine kartographische Tätigkeit im Gebiet des Stifts Hildesheim ausübte; auch die Ansicht der Stadt Hildesheim dürfte in diese Zeit zu datieren sein. Vermutlich bereits in demselben Jahr kam er ins Fürstentum Lüneburg an den herzoglichen Hof nach Celle, wo Gervasius Marstaller, ehemals Professor für Medizin an der Univ. Jena, seit 1574 Hofarzt war. Nach Marstallers baldigem Tod 1578 wurde M. dessen Nachfolger als Leibarzt Hzg. Wilhelms d. J., der seit 1577 an einer schweren Geisteskrankheit litt. Bereits als Hofarzt promovierte M. 1579 an der Univ. Rostock zum Dr. med. Zeugnisse seiner ärztlichen Tätigkeit haben sich in Form von Berichten über den Zustand des Herzogs aus den Jahren 1588/89 erhalten, zu dessen Behandlung zeitweise noch weitere Ärzte hinzugezogen wurden. Anläßlich des Auftretens von Pest und Ruhr in Celle (1583 bzw. 1599) verfaßte M. Anweisungen für die Pflege der Erkrankten, die als Druckschriften Verbreitung fanden. M. war bis zu seinem Tode als Hofarzt bei Hzg. Wilhelm d. J. ( 1592) und seinem Nachfolger Ernst II. tätig. Seine Wertschätzung während dieser Zeit zeigt sich an seinem hohen Jahresgehalt (205 Taler) und|der Überlassung eines steuerfreien Wohnhauses in der Stadt Celle. In Celle entstanden eine Karte des Hzgt. Lüneburg (1592/93) sowie sein Hauptwerk, der Ämteratlas des Hzgt. Lüneburg (1. Exemplar ca. 1590, 2. Exemplar 1600); zudem war er an einer Karte des Okerund Schuntertales (um 1595) beteiligt. Der Ämteratlas erlaubte der landesherrlichen Verwaltung erstmals einen genauen Überblick über die Einteilung des Herzogtums in Ämter, Vogteien und Kirchspiele, deren ungefähre Größe sowie Lage, Namen und Anzahl der dazugehörenden Städte, Flecken und Dörfer. So gesehen waren die beiden angefertigten Exemplare damals von erheblichem Wert; allein für die Anfertigung des Zweitexemplars erhielt M. 1599 einen Vorschuß von 100 Talern. Überblickt man sein gesamtes kartographisches Werk, ist festzustellen, daß sich M. bei der Anfertigung seiner Karten sowohl im wissenschaftlichen Aufbau wie in der künstlerischen Ausgestaltung an den seinerzeit führenden deutschen Kartographen orientierte; die Verwendung von Astrolabien ist durch zwei von ihm selbst gefertigte Stücke belegt. Gemessen an den damaligen Möglichkeiten erstellte er sehr zuverlässige und brauchbare Landkarten; auch die Städteansichten haben sich in hohem Maße als realistisch erwiesen und zeugen von einer guten Beobachtungsgabe. Insbesondere den von M. angefertigten Ämteratlanten kommt überregionale Bedeutung zu, da zur Zeit ihrer Entstehung für die meisten Territorien Deutschlands vergleichbare Arbeiten noch nicht existierten. Die Anfertigung zahlreicher Kopien kennzeichnet eindrucksvoll ihren hohen Wert.

  • Werke

    Landkarten (Kupferstiche): Thüringen, 1568, Maßstab ca. 1:450000 (Univ.bibl. Rostock;
    Brit. Mus. London), Abb. b. V. Hantzsch, Die ältesten gedr. Karten d. sächs.-thür. Länder (1550–93), 1905, Nr. III;
    Gfsch. Mansfeld (Hrsg.), 1571, Maßstab ca. 1:180000 (Landesbibl. Hannover;
    Mus. Eisleben), Abb. ebd., Nr. VII, vgl. H. Arnhold, Die Karten d. Gfsch. Mansfeld, in: Petermanns Geogr. Mitt. 120, 1976, S. 242-55;
    Hzgt. Lüneburg, 1592 u. 1593, Maßstab ca. 1:720000 (Hauptstaatsarchiv Hannover [1592], Staats- u. Univ.bibl. Göttingen;
    Mus. f. d. Fürstentum Lüneburg);
    Ausschnittsabb. b. O. v. Boehn, Dr. J. M., s. L, S. 317. – Handgezeichnete Karten: Karte(n) d. Stifts Hildesheim, um 1577 (verschollen). – Eine mögl. Urheberschaft od. Beteiligung an den im 2. Weltkrieg verschollenen Ämterkarten d. Stifts Hildesheim (vgl. C. L. Grotefend, Verz. d. Hss. u. Incunabeln d. Stadt.-Bibl. zu Hannover, 1844, S. 16, Nr. 85) ist nicht mehr nachweisbar;
    Karte v. Oker- u. Schuntertal b. Braunschweig (mit M. Bökel), um 1595 (Staatsarchiv Wolfenbüttel), vgl. J. König, Dörfer im Schunter- u. Okertal auf e. Karte v. Ende d. 16. Jh., in: Heimatbote d. Landkr. Braunschweig, 1973, S. 57-63 (mit Ausschnittsabb.);
    Landestafel d. Hzgt. Lüneburg (sog. „Ämteratlas“), Erstausfertigung vermutl. um 1590 (verschollen);
    Zweitausfertigung 1600 (verschollen im 2. Weltkrieg), 42 Kartenbll., Maßstab ca. 1:80000-1:120000;
    erhalten sind Kopien um 1678/79 (Hauptstaatsarchiv Hannover), um 1690 (Landesbibl. Hannover), um 1695 (Staats- u. Univ.bibl. Göttingen, Bibl. d. Oberlandesger. Celle), o. J. (Hist. Mus. Hannover, unvollst.). – Stadtansichten (Kupferstiche): Jena, 1571 (Mus. Jena), Gr. 9, 4 x 22 cm, Abb. b. G. Braun u. F. Hogenberg, Civitates orbis terrarum I, 1574, S. 26;
    Halle, o. J. [um 1572], Gr. 17 x 51, 5 cm, Abb. ebd. V, 1598, S. 48;
    Hildesheim, o. J. [um 1577], Gr. 16, 5 x 51, 5 cm, Abb. ebd. V, 1598, S. 48. – Porträts (Kupferstiche): Hzg. Joh. Wilhelm v. Sachsen ( 1573), in: Lpr., 1573. – Schrr.: Kurtzer Ber., wie man sich, vermittelst Goettlicher huelffe, für der Pestilenz verwaren, u. sie curiren sol, 1583;
    Kurtzer Ber., wie diejenigen, so mit d. rothen Hoffgang od. Dysenteria behafftet, mit Artzneyen zu curieren, mit essen u. trincken zu halten sind, 1599;
    Ber. üb. d. Verhältnisse an d. Stadtschule Jena, 1569 (ungedr., Staatsarchiv Weimar);
    Berr. üb. d. Gesundheitszustand Hzg. Wilhelms d. J. v. Braunschweig-Lüneburg, 1588-89 (ungedr., Hauptstaatsarchiv Hannover). – Astronom. Instrumente: Astrolabium v. 1584 (Mus. f. d. Fürstentum Lüneburg);
    Astrolabium v. 1589 (Braunschweig. Landesmus.).

  • Literatur

    O. v. Boehn, Die Landestafel d. Hzgt. Lüneburg, in: Der Sachsenspiegel (Beil. z. Celleschen Ztg.), 1929, Nr. 9, S. 65-67, Nr. 10, S. 73-75;
    ders., Dr. J. M., e. Kartograph d. 16. Jh. u. seine Landestafel d. Fürstentums Lüneburg, in: Hannov. Gesch.bll. NF 2, 1932/33, S. 308-17;
    H. Koch, Der Weimar. Konrektor J. M., in: Thüringer Heimatkdl. Bll. (Beil. z. Thüring. Landesztg.), 1932. Nr. 2, S. 4;
    ders., Schulmann, Arzt u. Kartograph, in: Das Thüringer Fähnlein 8, 1939, S. 227-30;
    H. Leerhoff, Niedersachsen in alten Karten (Ausst.kat), 1976, S. 13 f., 18 f.;
    ders., Niedersachsen in alten Karten, 1985, S. 24;
    H. J. v. d. Ohe, Die Zentral- u. Hofverwaltung d. Fürstentums Lüneburg (Celle) u. ihre Beamten 1520-1648, 1955, S. 184 f.;
    A. v. Rohr, Das Fürstentum Lüneburg u. seine Ämter in Karten v. J. M., in: Heimatland, 1980, H. 2, S. 44-46.

  • Autor/in

    Norbert Steinau
  • Zitierweise

    Steinau, Norbert, "Mellinger, Johannes" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 26-27 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121783758.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA