Lebensdaten
1811 – 1867
Beruf/Funktion
Jurist ; Professor der Rechte in München
Konfession
lutherisch?
Normdaten
GND: 116172843 | OGND | VIAF: 66813122
Namensvarianten
  • Dollmann, Karl Friedrich (bis 1859)
  • Dollmann, Conrad Christian Friedrich Carl Gustav
  • Dollmann, Karl Friedrich von
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Dollmann, Karl Friedrich von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116172843.html [19.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Dollmann: Karl Friedrich D., einer der bedeutendsten Rechtslehrer, Schriftsteller und Gesetzesredactoren unserer Zeit, war geboren in Ansbach den|20. Oct. 1811 als ältester Sohn eines königl. Regierungscancellisten, welcher bei einem jährlichen Gehalte von 600 Gulden eine Familie von allmählich acht Kindern zu ernähren hatte. Gleichwol erhielt der ungemein begabte und ganz außerordentlich fleißige Knabe nicht blos den sorgfältigsten Elementarunterricht, sondern seine wackeren Eltern boten auch alles auf, dem hoffnungsvollen Jünglinge eine höhere wissenschaftliche Ausbildung zu ermöglichen. Nachdem D. auf dem vaterstädtischen Gymnasium und Lyceum sich glänzende classische, historische und philosophische Kenntnisse erworben, bezog er nach einander die Universitäten Berlin (1830 u. 1831), Heidelberg (1832) und München (1833) und bildete sich unter den berühmtesten Rechtslehrern jener Zeit (Savigny, Gans, Klenze, Philips, Thibaut, Zachariä, Mittermaier, Bayer, Puchta etc.) zum Juristen aus, indem er sich seinen Lebensunterhalt theils als Hauslehrer, theils aus Stipendien verschaffte. Wie er schon das Gymnasium als der Erste unter Allen mit der silbernen Medaille geschmückt verlassen hatte (Ende 1828), so schritt er auch an der Universität an der Spitze seiner Commilitonen. Seine Bearbeitung der von der Münchener Juristenfacultät gestellten Preisfrage: „1) Welches sind die Grundsätze des Römisch-Justinianischen Rechts über das Verbrechen der Entwendung? 2) Wie haben sich diese Grundsätze im Römischen Recht historisch entwickelt? 3) Welche Aenderungen haben dieselben bei dem Uebergang des Römischen Rechts nach Deutschland erfahren? 4) Welches ist der gegenwärtige Zustand dieser Lehre im gemeinen Recht?“ — gedruckt unter dem Titel: „Die Entwendung nach den Quellen des gemeinen Rechts“, 1834 — wurde am 26. Juni 1833 unter den rühmendsten Ausdrücken mit dem Preise gekrönt. Am 23. Oct. 1833 bestand D. das theoretische Schlußexamen mit solchem Erfolge, daß er von der Prüfungscommission vor allen anderen Candidaten der königl. Staatsregierung mit Auszeichnung genannt wurde, und am 21. Dec. desselben Jahres wurde er auf Puchta's Antrag sogar unter Erlaß des Rigorosums zum Doctor der Rechte promovirt.

    Nach diesen abgelegten Proben von Gelehrsamkeit verstand sich die Einschlagung der akademischen Laufbahn für den in jeder Beziehung zu den schönsten Hoffnungen berechtigenden jungen Gelehrten sozusagen von selbst. Da man indeß damals in den höchsten Kreisen dem Institute des Privatdocententhums nicht hold war, so wurde selbst D. mit seinem Gesuche um Zulassung zur Docentur in München unter dem Vorwande mangelnder praktischer Thätigkeit abgewiesen (11. Juni 1834), um gleichwol schon nach zwei Monaten zum Docenten der Rechte an der Universität Erlangen, woselbst es gerade an Lehrkräften fehlte, ernannt zu werden. Im Mai 1835 gelang es ihm endlich doch, in gleicher Eigenschaft nach München versetzt zu werden, wo er — der junge Docent — alsbald in den Criminalfächern das ganze Auditorium an sich riß, sodaß der Hörsaal des Ordinarius jener Fächer leer blieb.

    Am 9. März 1839 wurde D. zum außerordentlichen und am 19. Juli 1844 zum ordentlichen Professor befördert. Ueber 30 Jahre lang wirkte so D. auf dem Katheder, und Tausende von Jüngern der Rechtswissenschaft verdanken ihm einen guten Theil ihres Wissens und Könnens, denn einerseits war der Kreis der von ihm vertretenen Disciplinen ein sehr weit gezogener — er las über Encyklopädie, Römische Rechtsgeschichte, Institutionen, Pandekten, deutsches Privatrecht, baierisches Landrecht, französisches Civilrecht, Civilproceß, besonders aber über Strafrecht und Strafproceß — und andererseits fesselte seine den freien mündlichen Vortrag mit einem präcis gefaßten Dictate geschickt verbindende Lehrmethode die Aufmerksamkeit der Hörer und erleichterte ihnen zugleich das selbständige Studium. Er war fürwahr ein Muster eines guten akademischen Lehrers.

    Aber auch der andern, einem deutschen Professor obliegenden Aufgabe, nämlich der Förderung der Wissenschaft durch litterarische Leistungen, wußte D. in seltenem Maße gerecht zu werden. Außer seiner schon genannten Monographie über den Diebstahl sind hervorzuheben: seine Commentare zum neuen baierischen Strafgesetzbuch (1862—65) und zur neuen baierischen Strafproceßordnung (1857 bis 58), in der von ihm seit dem J. 1852 geleiteten „Commentariensammlung über die Gesetzgebung des Königreichs Baierns seit Maximilian II."; — dann sein „System des baierischen Strafproceßrechts“ (1864), leider lauter unvollendete Arbeiten, die aber nach dem Urtheile der competentesten Richter, z. B. Wächter's, nach Form und Inhalt zu den besten Leistungen auf dem Gebiete des modernen Criminalrechts- und Processes gehören. Außerdem gab D. die „Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege im Königreich Baiern“ heraus und lieferte daneben zahlreiche Aufsätze und Artikel in andere wissenschaftliche Zeitschriften und Sammelwerke, besonders in die Münchener gelehrten Anzeiger, in die Kritischen Jahrbücher für deutsche Rechtswissenschaft, in die von Seuffert begründeten und unter seiner Mitwirkung herausgegebenen Blätter für Rechtsanwendung, ins Deutsche Staatswörterbuch von Bluntschli und Brater.

    Aber noch weit hinaus über seinen eigentlichen Beruf erstreckte D. seine bewundernswerthe Arbeitskraft. Das vom Könige Max II. ihm wie kaum einem Andern geschenkte allerhöchste Vertrauen verschaffte nämlich D. auch einen bedeutenden Einfluß auf die gesetzliche Neugestaltung der wichtigsten Lebensgebiete. Er wurde zur wiederholten Durchberathung und beziehungsweise Revision der im Auftrage der königl. Staatsregierung von v. Neumayer und resp. Rosner verfaßten Entwürfe eines Strafgesetzbuches und einer Strafproceßordnung zugezogen (in den Jahren 1852—54) und sogar mit der Vertretung des ersteren Entwurfes vor dem Gesetzgebungsausschusse der Abgeordnetenkammer in den Jahren 1856—1857 betraut. Ferner wurde er von seinem Könige zum Mitgliede der Commission zur Berathung eines von v. Endres entworfenen Civilgesetzbuches für das Königreich Baiern ernannt (Herbst 1857), deren Elaborate, die allgemeinen Bestimmungen über die Rechtsgeschäfte und das Recht der Schuldenverhältnisse, sowie das Sachenrecht umfassend, in den Jahren 1861 und 1864 publicirt worden sind. Ja, nach Auflösung dieser Commission (1864) erhielt D. vom Könige in richtiger Würdigung des Axiomes, daß gute Gesetzbücher aus Einem Gusse hervorgehen müssen, den Auftrag, die übrigen Theile des Gesetzbuches allein auszuarbeiten. Mit gewohnter Energie ging D. ans schwierige Werk, und bereits war das Familienrecht ganz und das Erbrecht theilweise vollendet, als der noch in vollster Manneskraft dastehende, an den zahlreichen unvollendeten Werken arbeitende und schon wieder mit Entwürfen zu neuen Leistungen sich tragende Gelehrte, bald nachdem er sich im eigenen Hause behaglich eingerichtet hatte, nach kurzer Krankheit aus diesem Leben scheiden mußte — am 9. Januar 1867. Die Trauer um den hochverdienten Mann war in den juristischen Kreisen eine ebenso tiefe als allgemeine und zwar nicht blos in Baiern, sondern in ganz Deutschland, denn auf fast allen Gebieten der deutschen Rechtswissenschaft empfand man schmerzlich die durch seinen Tod entstandene Lücke.

    D. hinterließ zwei Söhne aus erster, am 14. Oct. 1839 mit der Appellations-gerichtsraths-Tochter Antonie Höltz geschlossenen, äußerst glücklichen, aber bereits im J. 1844 durch deren Tod gelösten Ehe, und zwei Töchter aus seiner zweiten Ehe mit Pauline v. Roth, der geistvollen Tochter seines Gönners und Freundes, des Oberconsistorialpräsidenten v. Roth, und Schwester des berühmten Germanisten Paul v. Roth. Nur wenige Jahre überlebte diese in jeder Beziehung treffliche Frau ihren ebenso geliebten wie hochverehrten Gatten und Freund.

    Die hervorragenden Verdienste Dollmann's würdigte König Max II. vollkommen und verlieh ihm neben anderen Auszeichnungen den Civilverdienstorden der baierischen Krone (1859), womit der persönliche Adel verknüpft war. Er verdiente aber auch als Mensch allgemeine Hochachtung. Selbst ein strenggläubiger und kirchlichgesinnter Protestant, war er doch im höchsten Grade tolerant gegen alle Andersgläubigen. Er war nicht blos der zärtlichste Gatte und beste Vater, nicht blos voll kindlicher Liebe und Dankbarkeit gegen seine braven Eltern, die er, sobald er nur konnte, wie auch seine jüngeren Geschwister aufs thatkräftigste unterstützte, sondern sein edles Herz war auch stets bereit, fremde Hülfsbedürftige, besonders junge strebsame Talente zu unterstützen und wohlwollendst zu fördern, eingedenk der eigenen in der Jugend erlittenen Entbehrungen und des wohlthuenden Eindrucks damals genossener Gunst und Wohlthaten. Obwol am wissenschaftlichen Himmel ein Stern erster Größe, war D. doch von gepriesener Bescheidenheit, sich selbst immer zurückstellend, dagegen fremde Verdienste in den Vordergrund drängend. Endlich darf nicht verschwiegen werden, daß er sich durch die fortwährende berufsmäßige Beschäftigung mit den Nachtseiten der menschlichen Natur, die Pflege des Criminalrechts, seinen angeborenen und fein ausgebildeten Sinn für alles Schöne und Erhabene in Natur und Kunst nicht trüben ließ. Er war ein leidenschaftlicher Musikfreund und selbst trefflicher Violinspieler, ein verständnißvoller Kenner und Sammler von Geigen, Kupferstichen und alten Drucken, und seine liebste Erholung in den Ferienzeiten bestand in weiten Fußtouren, besonders in der herrlichen Alpenwelt. (Siehe: Zur Erinnerung an Karl Friedrich von Dollmann. Erlangen 1867.)

  • Autor/in

    Berchtold.
  • Zitierweise

    Berchtold, "Dollmann, Karl Friedrich von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 318-321 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116172843.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA