Lebensdaten
1876 – 1968
Geburtsort
Felldorf bei Horb (Württemberg)
Sterbeort
Tübingen
Beruf/Funktion
Gynäkologe
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118732269 | OGND | VIAF: 792977
Namensvarianten
  • Mayer, August
  • Mayer, A.
  • Mayer-Tübingen, A.

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Zitierweise

Mayer, August, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118732269.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Anton (1842–1926), fürstl. Domänenpächter, S d. Franz Xaver u. d. Katharina Straub;
    M Julie (1844–1923), T d. Domänenpächters Zacharias Löffler (1812–87) u. d. Therese geb. Löffler;
    B Adolf (1871–1932), Stadtschultheiß in Friedrichshafen; – ledig.

  • Biographie

    M. verbrachte seine lugend auf dem fürstlich hohenzoller. Gut „Hauser Hof“ am Fuß des Hohenzollern. Nach dem Abitur am humanistischen Gymnasium in Rottweil studierte er in Tübingen, Freiburg i. Br., Berlin und Gießen Medizin und schloß 1900 mit dem Staatsexamen ab; nach einer mehrmonatigen Assistenz in einer Landarztpraxis arbeitete er dann ein Jahr am Pathologischen Institut in Tübingen bei Paul v. Baumgarten und ein halbes Jahr bei Alfred Hoche an der Psychiatrischen Klinik in Freiburg. Den entscheidenden Schritt für M.s wissenschaftliche Laufbahn bedeutete der anschließende Eintritt in die Universitäts-Frauenklinik Freiburg i. Br. als Assistent des weltbekannten Gynäkologen Alfred Hegar; nach dessen Emeritierung blieb M. zunächst noch an der Klinik, nahm aber dann eine Assistentenstelle bei Alphons v. Rosthorn in Heidelberg an. 1907 kehrte er zu Hugo Sellheim nach Tübingen als Oberarzt zurück und habilitierte sich hier 1908 mit einer Abhandlung über beckenerweiternde Operationen für Geburtshilfe und Gynäkologie. M. führte die Hegar-Schule – wie Sellheim auch – weiter fort. 1912 wurde er zum ao. Professor ernannt und trat 1918 die Nachfolge Seilheims auf dem Lehrstuhl der Gynäkologie und Geburtshilfe der Univ. Tübingen an. Hier arbeitete und lehrte er als Ordinarius für Geburtshilfe und Gynäkologie sowie als Direktor der Universitätsfrauenklinik und der Hebammenschule Tübingen 42 Jahre lang bis zur Emeritierung 1950. Bis zu seinem Tode lebte M. nahezu ausschließlich in der Tübinger Frauenklinik, die er nur zum Besuch von Kongressen verließ.

    M. kann als Erbe der Schule Hegars betrachtet werden, der einer der Begründer der hochentwickelten operativen Gynäkologie bei strenger Indikationsstellung war und insbesondere die digitalen Untersuchungstechniken (vaginal, rektal) in der gynäkologischen Diagnostik als unabdingbar betrachtete. Er vertrat als Geburtshelfer zur Erkennung des engen Beckens die exakte digitale Beckenuntersuchung nach Hegar-Sellheim; bei der Art der Entbindung war er äußerst konservativ eingestellt, d. h. er betrachtete die Vermeidung chirurgischer Maßnahmen als die größere Kunst und forderte die richtige Führung der Frau durch Schwangerschaft und Geburt.

    Als Operateur war M. ebenso geschickt wie erfolgreich: Operationen führte er streng anatomisch, gewebeschonend und systematisch unter dem Hauptaspekt der Erhaltung der Fortpflanzungsfunktion der Frau durch. Den Schwangerschaftsabbruch bei tuberkulösen Schwangeren verurteilte er als unsinnig und initiierte die Behandlung dieser Frauen in speziellen Sanatorien. In der Behandlung von Kollumkarzinomen ging M. eigene Wege, indem er eine präoperative Radium-Röntgenbestrahlung durchführte, womit er die postoperative Sterblichkeit auf rund 4,5% senken konnte. Er beschäftigte sich auch mit ethischen, religiösen, sozialen und psychischen Aspekten der Indikation zum Schwangerschaftsabbruch und berichtete 1933 über Erfahrungen mit der legalisierten Abtreibung in der Sowjetunion. Nach dem 2. Weltkrieg äußerte er sich kritisch zur Technik der künstlichen heterologen (ehefremden) Insemination und lehnte diese als natur-, rechts- und sittenwidrige Methode und als Unrecht am Kind ab.

    Im Hinblick auf sein wissenschaftliches Werk kann M. als ein Begründer der „Psycho-Gynäkologie“ gelten, der die Ära der organfixierten operativen Gynäkologie abschloß und zur Konstitutions- und Persönlichkeitsgynäkologie im Sinne einer ganzheitlichen Behandlung der Frau und ihrer speziellen Krankheiten hinführte. Sein Hauptwerk stellt der Beitrag „Die Bedeutung der Konstitution für die Geburtshilfe und Gynäkologie“ (1927) für das Handbuch der Gynäkologie dar. Aus M.s Feder stammen zahlreiche Lehrbücher sowie mehr als 500 Zeitschriftenbeiträge. Er arbeitete über Konstitution und Vererbung (ab 1907), Unfallerkrankungen in der Geburtshilfe und Gynäkologie (1917), psychogene Störungen der weiblichen Sexualfunktion (1917), die Klinik der Ovarialtumore (1926) und normale Entwicklung und Wachstum (1953). M. gab auch ein Lehrbuch für Hebammen und Schwesternschülerinnen sowie eine Anleitung für die Pflege der Wöchnerin und des Neugeborenen heraus. In der Öffentlichkeit nahm er Stellung zu Fragen der Sexualmoral, Sexualproblemen, Mutterschaft und Jugenderziehung. Er wollte nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch für die Bewahrung ärztlicher Ethik und die charakterliche Erziehung angehender Ärzte wirken.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. zahlr. wiss. Vereinigungen;
    Präs. d. Dt. Ges. f. Gynäkol. (1935).

  • Werke

    Die beckenerweiternden Operationen, 1908;
    Normales Schwangerenserum als Heilmittel, in: Zbl. f. Gynäkol. 9, 1911;
    Ligaturlose Blutstillung b. gynäkol. Radikaloperationen, ebd., 1951, S. 1053;
    Die Unfallerkrankungen in d. Geburtshilfe u. Gynäkol., 1917;
    Vorbestrahlung, in: Verhh. d. Dt. Ges. f. Gynäkol. 16, 1920, S. 50;
    Die Bedeutung d. Konstitution f. d. Frauenheilkde., in: Hdb. d. Gynäkol. III, 1927;
    Lehrb. d. Wöchnerinnen-, Säuglings- u. Kleinkinderpflege, 1928;
    Gedanken z. modernen Sexualmoral, 1930;
    A. Döderlein (z. 70. Geb.tag), 1930;
    Erfahrungen mit d. Freigabe d. Schwangerschaftsunterbrechung in d. Sowjetrepublik, 1933;
    Sportmed., Olymp. Spiele 1936, 1936;
    Die Konstitution in d. Geburtshilfe u. Gynäkol. in Ausschnitten, 1938;
    Bemerkungen z. Schwangerschaftsunterbrechung wegen Lungentuberkulose, in: Zs. f. Tuberkulose 51, 1938, S. 109;
    Grundzüge d. operativen Geburtsheilung, 1942;
    Seelische Wurzeln gynäkolog. Beschwerden, in: Dt. Med. Rdsch. 8/9, 1949;
    Persönlichkeits-Gynäkol., 1950;
    Seelische Krisen im Leben d. Frau, 1952;
    Die Entwicklung d. Psychotherapie in d. Gynäkol., 1955;
    Kritisches z. künstl. heterologen Insemination, 1955.

  • Literatur

    A. Mayer, 50 J. selbst erlebte Gynäkol., 1961 (W);
    A. Pfleiderer, in: Zbl. f. Gynäkol. 91, 1969, S. 561-64 (P);
    ders., in: Ättempto 29/30, 1968, S. 125 f. (P);
    ders., in: Ärztebl. f. Baden-Württ. 23, 1968, S. 352;
    Tübinger Bll. 56, 1969, S. 124 (P);
    H. Reichenmiller, in: Kath. Sonntagsbl. 116, 1968, S. 14;
    E. Stübler, Geburtshilfe u. Gynäkol. in Tübingen, 1952, S. 50-52 (P), 62-63 (W);
    Fischer.

  • Autor/in

    Eberhard Wormer
  • Zitierweise

    Wormer, Eberhard J., "Mayer, August" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 535-536 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118732269.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA