Lebensdaten
1885 – 1951
Geburtsort
Zweibrücken (Pfalz)
Sterbeort
Mülheim/Ruhr
Beruf/Funktion
Technischer Chemiker
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 121575462 | OGND | VIAF: 59943719
Namensvarianten
  • Martin, Friedrich

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Martin, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121575462.html [19.04.2024].

CC0

  • Biographie

    M. studierte Chemie an der TH Karlsruhe und wurde 1909 mit einer Untersuchung über „Vier Oxidationsstufen des Platins“ zum Dr.-Ing. promoviert. Bis 1913 war er dann als Assistent bei C. Engler in Karlsruhe tätig. Mit einer Arbeit „Über Azide und Fulminate und das Wesen der Initialzündung“ habilitierte er sich 1913 an der TH Darmstadt, wo er bis 1915 eine Privatdozentur innehatte. Während des 1. Weltkriegs befaßte er sich zunächst mit der Synthese von Wasserstoff, seit 1917 untersuchte er die Verwendung von flüssiger Luft für Sprengzwecke. Nach Kriegsende kehrte M. an die TH Darmstadt zurück und wurde 1919 zum ao. Professor für Allgemeine und Physikalische Chemie ernannt. 1921 verließ er die Hochschule und war zunächst beim Verein chemischer Fabriken in Mannheim tätig, ehe er 1922 Betriebsdirektor der anorganischen Abteilung im Verein für Chemische und Metallurgische Produktion in Aussig wurde. Ihm unterstand der Bereich der Schwerchemikalienfabrikation, daneben führte er umfangreiche Arbeiten zur Erzeugung von Generatorgas und der Weiterverarbeitung von Generatorteer durch. Diese Untersuchungen leiteten M. auf sein späteres Hauptarbeitsgebiet, die großtechnische Durchführung der indirekten Kohlehydrierung nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren. 1930 übernahm er den Vorstandsvorsitz der 1927 gegründeten Ruhrchemie AG in Oberhausen-Holten. Diese Gesellschaft sollte die Interessen des Ruhrbergbaus wahrnehmen; ihr Betätigungsfeld bestand vorwiegend in der Erforschung der chemischen Verwendungsmöglichkeiten der Kohle und deren technischer Nutzung. Enge Verbindungen bestanden zum Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohleforschung (KWI) in Mülheim/Ruhr. Dort war von Franz Fischer und Hans Tropsch ein Verfahren zur Erzeugung von Paraffinen und Olefinen aus „Synthesegas“ (CO + 2H2) unter Normaldruck mittels Kobaltkatalysatoren im Labormaßstab ausgearbeitet worden. Seit 1928 verhandelte die Ruhrchemie mit dem KWI wegen einer Übernahme des Fischer-Tropsch-Verfahrens und dessen Entwicklung zur Produktionsreife. M. führte diese Verhandlungen|1934 erfolgreich zu Ende. Noch im selben Jahr wurde die von Otto Roelen geleitete Versuchsanlage in Betrieb genommen. Die Synthese verläuft stark exotherm, und es erwies sich als schwierig, die entstehende Wärme abzuführen. In Zusammenarbeit mit Roelen, H. Tramm und anderen konnte M. die auftretenden Probleme mittels eines wassergekühlten Lamellenofens lösen. Der erste Großofen dieser Art wurde 1934 in Rauxel aufgestellt und diente als Vorbild aller weiteren Normaldruck-Hydrierungsanlagen.

    Von Fischer und Pichler wurde eine Variante des ursprünglichen Verfahrens entwickelt, die bei 8-10 bar arbeitete. Dieser Mitteldruckprozeß wurde bei der Ruhrchemie ebenfalls in einer Versuchsanlage studiert und sehr bald in den Großbetrieb übernommen. Hier fiel die problematische „Zwischenregenerierung“ des Katalysators weg. Die nunmehr zur großtechnischen Reife entwickelte Fischer-Tropsch-Synthese drängte bald das seit 1927 in großtechnischem Maßstab angewandte Bergius-Verfahren der direkten Kohlehydrierung (450° C; 700 bar) in den Hintergrund. 1936 wurde die Braunkohlebenzin AG in Ruhland in Betrieb genommen, ebenfalls 1936 die Ruhrbenzin AG, eine Tochterfirma der Ruhrchemie. Bis 1945 entstanden weitere Produktionsanlagen mit einer Gesamtkapazität von 660 000 Jahrestonnen. Die Ruhrchemie vergab Auslandslizenzen nach Frankreich, USA, Italien, Südafrika, Japan und in die Mandschurei.

    M. leitete auch die Modifikation des Fischer-Tropsch-Prozesses zur sog. Kreislaufsynthese, bei der die entstehende Prozeßwärme genutzt wird. Außerdem erarbeitete die Ruhrchemie unter seiner Leitung diverse Abänderungen des Verfahrens zur Verbesserung der Primärbenzine (Erhöhung des Olefinanteils und des Anteils verzweigter Alkane). In engem Zusammenhang damit stehen die von M. wesentlich mitbestimmten Arbeiten zur Errichtung einer Katalysatorfabrik, die mit einem Durchsatz von 110 t Kobalt pro Monat einen erheblichen Anteil der weltweiten Kobaltverarbeitung bestritt. Da während des 2. Weltkriegs die Kobaltversorgung immer problematischer wurde, ließ M. nach anderen Möglichkeiten suchen. Es gelang, einen Eisenkatalysator zustande zu bringen, der aber nicht zufriedenstellend funktionierte. Nach dem Krieg wurde diese Entwicklungslinie jedoch sehr erfolgreich weiterentwickelt, und es zeigte sich, daß der Fe-Katalysator die Anwendungsbreite des Verfahrens sogar noch erweiterte.

    Eng mit der Fischer-Tropsch-Synthese ist die Oxo-Synthese verknüpft. Sie erlaubt die Reaktion von Olefinen mit Synthesegas, wobei Aldehyde bzw. Alkohole entstehen. Die Oxo-Synthese stellt gewissermaßen einen zweiten Schritt des Fischer-Tropsch-Verfahrens dar, wurde von O. Roelen gefunden und von der Ruhrchemie entwickelt. Sie spielt bis heute eine bedeutende Rolle.

    An den beschriebenen Entwicklungen war M. durch eigene Forschungen wie organisatorisch maßgeblich beteiligt. Die Entstehung der Kohle-Großchemie verdankt ihm wesentliche Impulse. – Anfang 1946 wurde M. durch eine Anordnung der Alliierten gezwungen, seinen Posten bei der Ruhrchemie zu räumen. Bis zu seinem Tod war er weiterhin als Berater der Gesellschaft tätig.

  • Werke

    u. a. Die Großtechnik d. Benzin- u. Ölsynthese aus Wassergas, in: Oel u. Kohle 13, 1937, S. 691-97;
    Die Entwicklung d. Kohlenwasserstoffsynthese aus Wassergas, in: Die chem. Fabrik 12, 1939, S. 233-40;
    Synthet. Paraffine z. Fettsäureherstellung, in: Fette u. Seifen 48, 1941, S. 395-97;
    Die synthet. Mineralölgewinnung aus Wassergas, in: Jb. d. dt. Chemiewerkers 2, 1939, S. 96-103.

  • Literatur

    Th. Meyer, in: Erdöl u. Kohle 4, 1951, S. 383 (W, P);
    H. Tramm, in: Zur Entwicklung d. Fischer-Tropsch-Synthese in Dtld., F. M. z. Gedächtnis, in: Chemie-Ing.-Technik 24, 1952, S. 181-83 (P);
    Brennstoff-Chemie 32, 1951, S. 64;
    Pogg. VII a.

  • Autor/in

    Claus Priesner
  • Zitierweise

    Priesner, Claus, "Martin, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 285-286 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121575462.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA