Lebensdaten
1868 – 1938
Geburtsort
Hof/Saale
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
General
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 128549769 | OGND | VIAF: 25658891
Namensvarianten
  • Lossow, Otto von
  • Lossow, Otto Hermann von

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Zitierweise

Lossow, Otto von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd128549769.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Oskar (1832–74), Bgm. v. Lindau, Präs. d. Landrats v. Bayer.-Schwaben, S d. Großkaufm. Karl in H. u. d. Kamilla Hagen;
    M Johanna (1834–1926), T d. Dr. med. Ludwig Schrön, Gerichtsarzt in H., u. d. Emilie Palm;
    B Paul (1865–1936), Prof. d. Maschinenbaukunde a. d. TH München (s. Kürschner, Gel.-Kal. 1931; Wi. 1935); - ledig.

  • Biographie

    Nach Absolvierung des Realgymnasiums im bayer. Kadettenkorps trat L. 1886 als Fähnrich in das bayer. Infanterie-Leib-Regiment ein und besuchte bis 1888 die Kriegsakademie. 1900/01 nahm der ehrgeizige, risikofreudige Leutnant als Adjutant der 2. Ostasiat. Infanteriebrigade an der China-Expedition teil. Nach Verwendungen im bayer. Generalstab wurde L. im Oktober 1908 für zwei Jahre zum preuß. Großen Generalstab kommandiert und gleichzeitig zum ao. Mitglied des bayer. Senats beim Reichsmilitärgericht bestimmt (1908 Major). Anschließend wurde er Bataillonskommandeur im 8. Infanterie-Rgt. Anfang 1911 ging L. für drei Jahre als Militärinstruktor in die Türkei. Er übte eine Lehrtätigkeit an der türk. Kriegsakademie aus und gehörte als Oberstleutnant dem türk. Generalstab an. Im Stab des Oberkommandierenden der Armee in Thrakien, Abdulla Pascha, nahm er 1912/13 als Kommandeur einer Infanteriedivision am Balkankrieg teil, den die Türkei verlor. Sein Urteil über die Schlagkraft und Kampfmoral der türk. Armee war vernichtend. Im Mai 1913 legte er seine „Gedanken über Reformen in der Türkei“ in einer Denkschrift nieder, die zur Berufung Otto Liman v. Sanders' zum Missionschef in Konstantinopel beigetragen hat. Im 1. Weltkrieg stand L. zunächst als Generalstabschef des 1. bayer. Reservekorps an der Westfront (1914 Oberst). Im Juli 1915 ging er als Militärattaché an die deutsche Botschaft in Konstantinopel; am 19.4.1916 wurde er hier als Generalmajor zum Militärbevollmächtigten ernannt. Zusammen mit Kriegsminister Enver Pascha, der ihn gern auf dem Posten des beiden gleichermaßen verhaßten Liman v. Sanders' als Missionschef gesehen hätte, besuchte er die Kriegsschauplätze der türk. Armee. Er unterrichtete Berlin laufend über die militärische Lage in der Türkei, wachte eifersüchtig über die Besetzung der Stellen, die sich in deutschen Händen befanden, und vermittelte Rüstungsaufträge für die deutsche Industrie. Er erreichte die Einsetzung eines deutschen Finanzfachmanns als Berater des Kriegs- und Finanzministeriums und die Betrauung Falkenhayns mit der 6. Armee (1917).

    Der politische und militärische Zusammenbruch Deutschlands erschütterte L. ungemein. Aus diesem Grund und wegen eines Herzleidens infolge einer mehrmaligen Malariaerkrankung trug er sich mit dem Gedanken, seinen Abschied zu nehmen. Doch dann schloß er sich jenen Kräften an, die hofften, das politische Blatt wenden zu können. Er wurde Generalstabschef beim Oberbefehlshaber des Heimatschutzes Süd, im Januar 1919 Chef des Ingenieurkorps und im Oktober 1919 Kommandeur der Infanterie-Schule in München. Am 28.9.1921 wurde L. als Generalleutnant Wehrkreisbefehlshaber und Kommandeur der in Bayern stationierten 7. Division und damit bayer. Landeskommandant. Er war ein entschiedener Verfechter des aktiven Widerstands gegen Frankreich, das Anfang 1923 das Ruhrgebiet besetzt hatte. Für den Fall eines Krieges mit Frankreich oder eines Bürgerkrieges wollte er die 7. Division um Angehörige der Wehrverbände vergrößern; zu diesem Zweck wurden diese von der Reichswehr ausgebildet und teils mit Waffen versorgt. Von Adolf Hitler war L. anfangs sehr beeindruckt. Erst als es dieser am 1. Mai 1923 entgegen vorherigen Versprechen zu einer Machtprobe mit dem Staat kommen ließ, indem er durch eine „nationale Demonstration“ die Konfrontation mit den Sozialisten suchte, wurde L. gegenüber den Wehrverbänden und den Nationalsozialisten vorsichtiger. Am 26.9.1923 wurde der passive Widerstand an der Ruhr aufgegeben. Am selben Tag erließ die bayer. Regierung eine Verordnung zum Schutz und zur Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit; Gustav v. Kahr wurde zum Generalstaatskommissar ernannt, auf den die gesamte vollziehende Gewalt im Staat überging. Die Reichsregierung beantwortete den bayer. Schritt noch am selben Tag mit der Verhängung des Ausnahmezustands über das ganze Reich und übertrug die vollziehende Gewalt Reichswehrminister Otto Geßler. Tags darauf befahl dieser L., den „Völkischen Beobachter“ wegen beleidigender Behauptungen zu verbieten. Der „Diener zweier Herren“ setzte sein Amt des Landeskommandanten über jenes des Wehrkreisbefehlshabers und verweigerte mit Berufung auf die bayer. Verordnung die Ausführung des Befehls. Daraufhin wurde L. am 20.10.1923 von der Reichsregierung seines Dienstes enthoben. Nun nahm die bayer. Regierung die 7. Division in Pflicht. L., Kahr und Polizeioberst Hans v. Seißer bildeten in diesen Wochen gleichsam ein Triumvirat, das die Macht im Staate innehatte. Sie nahmen Fühlung auf mit norddeutschen Rechtsradikalen, die an die Stelle der rechtmäßigen Regierung in Berlin ein Direktorium setzen wollten. Hitler nützte diese Bestrebungen sowie die Spannungen zwischen Berlin und München infolge der „Affäre Lossow“ für seine Umsturzpläne: Am Abend des 8. Nov. 1923 unternahm er im Münchener Bürgerbräukeller, wo Kahr die Ziele seiner Politik hatte darlegen wollen, einen Putsch. Die bayer. Regierung und die Reichsregierung wurden für abgesetzt erklärt; Kahr, L. und Seißer wurden genötigt, sich dem Putsch anzuschließen und mit Hitler und Ludendorff eine Regierung zu bilden. Anschließend begab sich L. nicht – wie vereinbart – in das von Röhm besetzte Wehrkreiskommando, um mit Hitler und Ludendorff zu konferieren, sondern in die Infanteriekaserne. Er widerrief – ebenso wie Kahr und Seißer – die erzwungenen Zusagen und organisierte die Niederwerfung des Aufstandes. Als die Putschisten am Morgen des 9. November mit Hitler und Ludendorff an der Spitze bewaffnet durch die Stadt marschierten, trat ihnen bei der Feldherrnhalle die Landespolizei entgegen. Während des kurzen Feuergefechts wurden ein Polizist und sechzehn Putschisten getötet; die Rädelsführer wurden verhaftet. – L. war nun auch als Landeskommandant unhaltbar geworden. Die bayer. Regierung hielt aus taktischen Gründen zunächst noch an ihm fest, um durch Verhandlungen mit der Reichsregierung über die „Affäre Lossow“ einige Zugeständnisse zu erreichen. Noch vor Beginn des Prozesses gegen Hitler und die Putschisten trat L. zurück. Mit Wirkung vom 29.2.1924 wurde er vom Reichspräsidenten der Stellung als Landeskommandant in Bayern enthoben und aus dem Heeresdienst entlassen. Während des Hitlerprozesses (26.2.-27.3.1924) wurde L. ausführlich vernommen, jedoch nicht unter Anklage gestellt. Er lebte fortan völlig zurückgezogen.

    L., hinter dessen harter Schale sich eine unsichere Persönlichkeit verbarg, neigte mehr zum Lavieren als zur konsequenten Verfolgung eines bestimmten Kurses. Der Staat kam zwar dank L.s halbherzigem Vorgehen gegen die Nationalsozialisten mit geringen Blessuren aus dem Krisenjahr 1923 heraus, aber es wurden entscheidende Gelegenheiten versäumt, Hitlers verhängnisvollen Aufstieg zu unterbinden.

  • Literatur

    Der Hitler-Prozeß vor d. Volksgerichtshof in München, 1924;
    (W. Hoegner), Hitler u. Kahr, Die bayer. Napoleonsgrößen v. 1923, Ein im Untersuchungsausschuß d. bayer. Landtags aufgedeckter Justizskandal, 1928;
    W. G. Zimmermann, Bayern u. d. Reich 1918–23, 1953;
    K. Schwend, Bayern zw. Monarchie u. Diktatur, 1954 (P);
    Th. Vogelsang, Die Reichswehr in Bayern u. d. Münchner Putsch 1923, Dokumentation, in: Vj.Hh. f. Zeitgesch. 5, 1957, S. 91-104;
    H. H. Hofmann, Der Hitlerputsch, Krisenjahre dt. Gesch. 1920–24, 1961 (P);
    E. Deuerlein (Hrsg.), Der Hitlerputsch, Bayer. Dokumente z. 9. Nov. 1923, 1962;
    H. Fenske, Konservativismus u. Rechtsradikalismus in Bayern nach 1918, 1969;
    H. J. Gordon, Hitlerputsch 1923, Machtkampf in Bayern 1923/24, 1971 (P);
    G. Franz-Willing, Krisenjahr d. Hitlerbewegung 1923, 1975;
    J. L. Wallach, Anatomie e. Mil.hilfe, Die preuß.-dt. Mil.missionen in d. Türkei 1835-1919, 1976;
    eigene Archivstudien.

  • Porträts

    Gem., Abb. in: GHdA 43.

  • Autor/in

    Franz Menges
  • Zitierweise

    Menges, Franz, "Lossow, Otto von" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 204-205 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd128549769.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA