Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
deutsch-baltische Familie
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 130369322 | OGND | VIAF: 6038299
Namensvarianten
  • Ungern-Sternberg, von
  • Livo (Name der ersten Familienmitglieder)
  • Lieven, von
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Zitierweise

Lieven, von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd130369322.html [19.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Das deutschbalt. Geschlecht L. (Barone, Grafen und Fürsten) tritt erstmals urkundlich 1269 in Livland auf; die ersten Namensträger („Livo“) waren Vasallen des Erzbischofs von Riga und sind aufgrund von Wappengleichheit wohl als eines Stammes mit den v. Ungern-Sternberg anzusehen. Die gesicherte Stammreihe beginnt erst mit einem 1501 im Kampf gegen die Russen gefallenen Johann Live. Das Geschlecht hatte seinen Güterbesitz in Kurland (im 17. Jh. auch im benachbarten Litauen) und wurde 1631 in die Kurländ. Ritterschaft eingeschrieben. Im 18. Jh. beginnt die Reihe bedeutender militärischer Führer in russ. Diensten, lange bevor Kurland 1795 ein Teil des Russ. Reiches wurde. Die ersten L. traten noch unter Peter dem Großen in die Armee ein, die Brüder Georg (1696–1763) und Matthias (1698–1762) erreichten hohe Dienststellungen: Letzterer befehligte beim Eintritt Rußlands in den Siebenjährigen Krieg ein Kavalleriekorps und wurde bei Groß-Jägersdorf schwer verwundet. Georg gehörte seit 1734 der Garde an; er genoß die Förderung der Zarinnen (1755 General-en-chef) und wurde noch kurz vor seinem Tode von Katharina II zum Feldmarschall befördert. Sein Vetter Wilhelm (1708–58) war seit 1756 Generalleutnant. Zur folgenden Generation gehört der General Johann Christoph (1736–1809), Oberkommandant von Archangelsk, 1784-98 Gouverneur dort und in Olonec, unter Zar Paul Militär- und Zivilgouverneur. Eine Linie der L. zweigte sich im 17. Jh. nach Schweden ab (1653 schwed. Freiherrn); 1719 wurde Hans Heinrich (1704–81), Generalgouverneur von Pommern 1766–72, Reichsmarschall 1772–81, in den Grafenstand erhoben. In Rußland brachte der untitulierte Hauptstamm, der von obengen. Matthias abstammt und 1862 den Baronstitel erhielt, eine besonders bedeutende Persönlichkeit hervor: Wilhelm Heinrich (1800–80), Generaladjutant von Zar Nikolaus I., 1855-61 Generalquartiermeister im Generalstab, 1859|General d. Inf., 1861-63 Generalgouverneur der Ostseeprovinzen Liv-, Est- und Kurland, schließlich Oberjägermeister des kaiserl. Hofes. Der Generalmajor und Kommandant von Kiew, Otto (1726–81), heiratete 1766 in Livland Charlotte (1743–1828), Tochter des russ. Generalleutnants Carl Caspar v. Gaugreben, der aus der Gfsch. Waldeck stammte. Charlotte, seit 1781 verwitwet, wurde 1783 mit der Erziehung der Töchter des Großfürsten und späteren Zaren Paul betraut; sie gewann am russ. Hof eine Stellung vergleichbar der der Oberhofmeisterin v. Voß am preuß. Hof, wurde selbst Oberhofmeisterin, mit zahlreichen Gütern beschenkt, 1799 (mit Kindern) in den Grafenstand erhoben und von Zar Nikolaus I. nach dessen Thronbesteigung 1826 mit dem Fürstentitel geehrt. Damit wurde sie zur Begründerin der fürstl. Linie der Familie. Während ihr jüngster Sohn Johann Georg (1775–1848) sich als Offizier auszeichnete und im Türkenkrieg an der Donau 1809-12 eine Division führte, erlangten die älteren Söhne größere Bedeutung. Carl (1767–1844), zunächst General, lebte 1801-17 zurückgezogen und wandte sich ganz dem Pietismus zu. Er wurde Zar Alexander I. in dessen pietistischer Phase bekannt und von ihm 1817 zum Kurator der Univ. Dorpat und 1819 zum Präsidenten des ev.-luth. Reichs-Generalkonsistoriums ernannt. Er säuberte die theolog. Fakultät in Dorpat von Rationalisten und berief streng orthodoxe Lutheraner, sorgte auch sonst dafür, daß die Universität sich zu einer konservativen Anstalt wandelte. 1828-33 bekleidete er den Posten des Ministers der Volksaufklärung. Sein Bruder Christoph (1774–1838), ebenfalls Offizier, stand Zar Paul nahe, der ihn zum Flügel- und Generaladjutanten machte und 1798 zum Chef seiner Feldkanzlei ernannte. Diesen Posten behielt er auch unter Alexander I. bis 1808. 1810-12 war er Gesandter in Berlin, 1812-34 Botschafter in London, danach Erzieher des Thronfolgers. Christoph hatte 1800 Dorothea v. Benckendorff (1785–1857) geheiratet, deren Salon zum gesellschaftlichen Mittelpunkt Londons wurde. Nach der Trennung vom Gatten war ihr Salon in Paris eine Stätte politischer Intrigen; ihre Liebesbeziehungen zu Metternich und zuletzt zu Guizot sind bekannt („Sibylle Europas“).

    Unter den Nachkommen der Fürstin Charlotte sind noch zu nennen: ihr Enkel Alexander (1801–80), Sohn Carls, General und Senator, dessen Söhne Andrej (1839–1913), 1879-81 Minister der Reichsdomänen (der Landwirtschaft) und 1912/13 Chef der Institutionen der Zarin Maria (Wohltätigkeits- und weibl. Lehranstalten), und Nikita (1848–1902), Jurist und Senator. Der folgenden Generation gehört Fürst Alexander (1860–1914) an, Vizeadmiral und 1911-14 Chef des Marinegeneralstabs. Ein Sohn des Generals Johann Georg und Enkel Charlottes, Fürst Paul (1821–81), war Oberzeremonienmeister des kaiserl. Hofes.

    Während der größere Teil der fürstl. Linie einen deutschen und ev. Charakter beibehielt, hatte bei Fürst Alexander, dem Senator, die Heirat mit einer Russin (Pankratév, 1838) die Zugehörigkeit der Nachkommen zur orthodoxen Kirche und zum russ. Volkstum zur Folge. In der Linie der Barone v. L. kam es 1835 und 1836 zu Ehen mit Russinnen (Sablukov bzw. Koževnikov) mit der gleichen Folge für die Nachkommenschaft.

  • Literatur

    Alex. Baron v. Lieven, Urkk. u. Nachrr. zu e. Fam.-Gesch. d. Barone, Grafen u. Fürsten L., 2 Bde., 1910 f.;
    ders., Der Gen. Baron Otto Heinrich v. L. u. s. Gemahlin, d. Staatsdame Charlotte geb. Freiin v. Gaugreben, Fürstin v. L., 1915;
    A. Nölle, Zur Wirksamkeit d. balt. Adels in Rußland unter Alexander I. u. Nikolaus I., Diss. München 1940;
    K. W. L. Fürst v. Metternich, Geist u. Herz verbündet, Metternichs Briefe an d. Gfn. [Dorothea] Lieven. Mit e. Einl. v. E. Mika, dt. Übertragung aus d. franz. Original v. H. H. v. Voigt-Alastair, 1942;
    E. Seraphim, Führende Deutsche im Zarenreich, 1942;
    Russkij biogr. slovar, 1914;
    GHdA 19 u. 69;
    Dt.balt. biogr. Lex. 1710-1960, 1970, S. 452-58.

  • Autor/in

    Erik Amburger
  • Zitierweise

    Amburger, Erik, "Lieven, von" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 546-547 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd130369322.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA