Lebensdaten
1881 – 1968
Geburtsort
Philippsruhe bei Hanau (Hessen)
Sterbeort
Garmisch-Partenkirchen
Beruf/Funktion
Generalfeldmarschall
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 124554245 | OGND | VIAF: 20617750
Namensvarianten
  • Küchler, Georg von
  • Küchler, Georg von
  • Küchler, Georg Karl Freidrich Wilhelm von
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Zitierweise

Küchler, Georg von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124554245.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl (1831–1922), hess. Oberst, Flügeladjutant u. Hofmarschall, S d. Friedrich (hess. Adel 1837, 1785-1843), hess. Oberst, u. d. Amalie Toussaint aus Hanau;
    M Marie (1851–1924), T d. preuß. Gen.-Lt. Wilhelm v. Scholten (1797–1868, s. Priesdorff VI, S. 459 f., P) u. d. Marie Beyrich; Verwandte Friedrich K. (1799-1866), hess. Staatsrat, Provinzialdir., Mitgl. d. Landtags, jur. Schriftsteller, Friedrich K. (1822-98), hess. GR, Präs. d. Verwaltungsgerichtshofes, Wilhelm K. (1848-1900), Oberbgm. v. Worms, Bevollmächtigter zum Bundesrat, hess. Finanzmin.;
    B Ernst (1884–1956), Gen.konsul (s. Wi. 1935);
    - Darmstadt 1921 Elisabeth (1888–1966), T d. preuß. Gen.-Majors Eduard v. Enckevort (1845–1924) u. d. Nadine v. Michael;
    1 S, 1 T, u. a. Sybille ( Rudolf Hahn, Diplomat).

  • Biographie

    K. durchlief seit 1900 die übliche Laufbahn eines Artillerieoffiziers, 1910-12 die Ausbildung zum Generalstabsoffizier. Im März 1914 zur Dienstleistung beim Großen Generalstab abkommandiert, verbrachte er den 1. Weltkrieg – abgesehen von einer kurzen Zeit (Okt./Nov. 1914) als Batteriechef – in Stabs- und Generalstabsstellen der Westfront. Von April bis Okt. 1919 war er Generalstabsoffizier der „Brigade Kurland“ (VI. Reserve-Korps) in Litauen und Lettland. Die Verwendungen im Reichsheer (1924 Major, 1929 Oberstleutnant, 1931 Oberst) lassen neben dem üblichen Wechsel zwischen Ministerialtätigkeit (u. a. 1928/29 Chef des Stabes der Inspektion des Erziehungs- und Bildungswesens, In 1) und Truppendienst (1923–25 Artillerie-Rgt. 5) einen Schwerpunkt beim Ausbildungswesen erkennen (1920-22 und 1926/27 Infanterie-, 1930-32 Artillerie-Schule). Vor dem 2. Weltkrieg prägte er, 1937 General d. Artillerie, abgesehen von der Dienststellung als Inspekteur der Waffenschulen 1935/36 und (Okt. 1936 bis März 1937) Stellvertretender Präsident des Reichskriegsgerichts, den exponierten Wehrkreis I (Königsberg; 1932-34 Artillerieführer I, seit 1937 Kommandierender General/Oberbefehlshaber). Im Polen-, West- und zu Beginn des Rußlandfeldzuges Oberbefehlshaber der 3./18. Armee (1940 Generaloberst), übernahm er am 16.1. (8.7. Generalfeldmarschall) 1942 als Nachfolger Leebs in einer schweren Krise den Oberbefehl über die Heeresgruppe Nord. Ende Jan. 1944 durch Generaloberst Model ersetzt und Anfang Mai der Führerreserve des Heeres zugeteilt, wurde K. jedoch nicht wieder verwendet.

    K.s wiederholt bezeugte Einstellung, ein Soldat habe zu gehorchen und keine Politik zu treiben, schloß nicht aus, daß er sich ein klares, meist pessimistisches Bild von der Politik machte. Er litt darunter, seine Pflicht als Soldat in einem Regime erfüllen zu müssen, das er innerlich ablehnte. Er sah die SS – von deren Verbrechen in Polen er unmittelbare Anschauung hatte – als Schandfleck der Armee an und erhob gegen deren Vernichtungsaktionen seine Stimme. Andererseits identifizierte er sich wenigstens verbal mit bestimmten nationalsozialistischen Maßnahmen unter dem Deckmantel des „Volkstumskampfes“. Auf der von ihm angeordneten Trauerfeier am 23.9.1939 für seinen Freund Frhr. v. Fritsch sprach er scharf und deutlich gegen diejenigen, die Fritsch verleumdet hätten. Diese und andere Meinungsäußerungen trugen ihm nicht nur die vorübergehende Ablösung als Armee-Oberbefehlshaber, sondern auch die Abstempelung als „Reaktionär“ ein, der einem „Aufbau im nationalsozialistischen Sinne“ im Wege stehe. Nach dem 20. Juli 1944 – in Kreisen der Verschwörer wußte man spätestens seit Sommer 1943 von K.s Überzeugung, daß nun „gehandelt“ werden müsse – lehnte er es trotz Drängen ab, Hitler seine Ergebenheit zu bezeugen. K. teilte die vielseitigen geistigen Interessen seiner Frau und kam dadurch in enge Verbindung zu Gelehrten der Universität Königsberg, die seiner kritischen Einstellung zum Nationalsozialismus zuneigten.

    Seiner ritterlichen Gesinnung und strengen Rechtlichkeit entsprach es, daß er bemüht war, der Zivilbevölkerung unnötige Leiden zu ersparen. Die Grenzen des Kriegsvölkerrechts sah K. als unverrückbar an. Maßnahmen, die nach dem „Barbarossa-Kriegsgerichtsbarkeitsbefehl“ (13.5.1941) jedem Offizier zustanden, beschränkte er, um Willkürakte auszuschließen, auf die militärischen Gerichtsherren, mit der Begründung, daß diese sich ja auf juristischen Rat stützen|könnten. Hinsichtlich des auch von ihm als rechtswidrig angesehenen „Kommissarbefehls“ (6.6.1941) ordnete er an, daß ausnahmslos alle Gefangenen in Gefangenenlager einzuliefern seien, wie er auch Vergeltungsmaßnahmen, z. B Geiselnahme, ausdrücklich verbot. In Verkennung der eigentlichen Aufgaben eines Armee-Oberbefehlshabers und der nicht zu bezweifelnden erbarmungslosen Kriegführung beider Seiten wird K. neuerdings durch punktuelle Forschungsergebnisse mit Aktionen der Einsatzgruppe A der Sicherheitspolizei und des SD (Herbst/Winter 1941) in Zusammenhang gebracht.

    Den Sturm auf Praga (im Vorfeld von Warschau) im September 1939 sah er angesichts der abzusehenden poln. Niederlage als unnötig an. K. war bestrebt, der Kapitulation der niederländ. Wehrmacht (15.5.1940) jeden demütigenden Beigeschmack zu nehmen. Beim Vormarsch durch Belgien befahl er, das an Kunstschätzen reiche Brügge nicht in die Kampfzone einzubeziehen. Am 13.6.1940 ließ er Paris im offenen Funkspruch auffordern, sich kampflos zu übergeben. Das Warten in der „Nacht vor Paris“, bis die Gegenseite auf seine Forderung einging, bewahrte die Stadt vor sonst unvermeidlichen Zerstörungen.

    Die bittere Schule des Stellungskrieges 1914/18 hatte K. zum entschiedenen Praktiker des rastlosen, energischen Bewegungskrieges gemacht, mit dem er bis zum Herbst 1941 bemerkenswerte Erfolge erzielte. In die Abwehr gedrängt, bewährten sich seine Kaltblütigkeit und sein Wirklichkeitssinn (Leningrad, Wolchow). Nach der endgültigen Aufgabe der Pläne, Leningrad in Besitz zu nehmen (Unternehmen „Nordlicht“, 1942), nach den kräftezehrenden Abwehrschlachten südlich des Ladogasees, in denen die Rote Armee den Einschließungsring um Leningrad aufbrechen konnte, sowie nach dem Verbot Hitlers, die durch anhaltende russ. Zermürbungsangriffe geschwächten Truppen in die sog. „Pantherstellung“ (etwa die Grenze von 1940 zwischen den balt. Staaten und der Sowjetunion) zurückzunehmen, wie das K. Ende Nov. 1943 vorgeschlagen hatte, führte ein am 14.1.1944 beginnender russ. Angriff zu einer schweren Niederlage der dann in das Baltikum zurückgedrängten Heeresgruppe.

    Nach längerer amerikan. Kriegsgefangenschaft, während der K. im Lager Garmisch zeitweise leitend an den Arbeiten der „Operational History (German Section) “ mitwirkte, stand er 1947/48 im „Fall XII“ („OKW-Prozeß“) unter Anklage. Er wurde aufgrund fragwürdigen Beweismaterials schuldig gesprochen, für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, feindliche Kriegführende, Kriegsgefangene und Zivilpersonen verantwortlich gewesen zu sein und am 28.10.1948 zu 20 Jahren Haft verurteilt. Das Strafmaß ist am 1.2.1951 auf 12 Jahre reduziert, K. am 18.2.1953 auf freien Fuß gesetzt worden. Seinen Lebensabend verbrachte er zurückgezogen. K. lehnte es ab, Erinnerungen zu schreiben, weil er den Standpunkt vertrat, die Generale seiner Generation sollten schweigen, da sie „die Katastrophe Deutschlands nicht abzuwenden vermochten“.

  • Literatur

    W. Ehmer, Die Nacht vor Paris, Erz., 1942;
    Landsberg, Ein dokumentar. Ber., hrsg. v. Informations Services Division, Office of the U.S. High Commissioner for Germany, 1951;
    G. Ritter, Carl Goerdeler u. d. Dt. Widerstandsbewegung, 1954;
    Fall 12, Das Urteil gegen d. Oberkommando d. Wehrmacht, gefällt am 28.10.1948 in Nürnberg vom Mil.gerichtshof V d. Vereinigten Staaten v. Amerika, 1960;
    H. Pohlmann, Wolchow, 900 Tage Kampf um Leningrad, 1941–44, 1962;
    A. Hillgruber, „Nordlicht“, Die dt. Pläne z. Eroberung Leningrads i. J. 1942, in: Festschr. P. E. Schramm II, 1964, S. 269-87;
    Ch. B. Burdick, Vom Schwert z. Feder, Dt. Kriegsgefangene im Dienst d. Vorbereitung d. amerikan. Kriegsgesch.schreibung üb. d. 2. Weltkrieg, in: Mil.geschichtl. Mitt., H. 2, 1971, S. 69-80;
    K. A. Merezkow, Im Dienst d. Volkes, 1972;
    A. Seaton, Der russ.-dt. Krieg 1941–45, hrsg. v. A. Hillgruber, 1973;
    GFM W. Rr. v. Leeb, Tagebuchaufzeichnungen u. Lagebeurteilungen aus zwei Weltkriegen, hrsg. v. Gg. Meyer, 1976;
    H. Krausnick u. H. H. Wilhelm, Die Truppe d. Weltanschauungskrieges, 1981;
    Dt.GB 96. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Bundesarchiv, Mil.archiv, Freiburg i. Br.

  • Porträts

    Gem. v. F. Reusing, 1941 (in Fam.bes.).

  • Autor/in

    Georg Meyer
  • Zitierweise

    Meyer, Georg, "Küchler, Georg von" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 180-181 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124554245.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA