Lebensdaten
1878 – 1954
Geburtsort
Börnersdorf bei Gottleuba (Sachsen)
Sterbeort
Zürich (Schweiz)
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118724452 | OGND | VIAF: 42632959
Namensvarianten
  • Tubandt, Eugen
  • Krille, Otto
  • Tubandt, Eugen
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Krille, Otto, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118724452.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich August ( 1878), Maurer;
    M Wilhelmine Hornauer, Land- und Fabrikarbeiterin; ledig;
    Adoptiv-S (seit 1948) Hans Krille (*1923), Maler.

  • Biographie

    K. wuchs in äußerst ärmlichen Verhältnissen auf. Nachdem der Vater noch vor der Geburt K.s gestorben war, mußte die Familie das Armenhaus des väterlichen Dorfes Zschaiten b. Riesa als Quartier nehmen. K. besuchte hier die Dorfschule, später die Bürgerschule in Großenhain. Die Jahre 1891-93 brachte er in der Soldatenknaben-Erziehungs-Anstalt in Kleinstruppen b. Pirna zu, von wo er auf die Unteroffiziersschule in Marienberg (Erzgebirge) übernommen wurde. Die übliche Folge wäre eine mindestens zwölfjährige Dienstzeit als Unteroffizier gewesen. K.s dringlicher Wunsch, diesem Schicksal zu entgehen, wurde erfüllt, als er Ende 1895 wegen „Ungeeignetheit zum Unteroffiziersstande“ aus der Marienberger Anstalt entlassen wurde. Bis 1900 lebte K. als Fabrikarbeiter in Dresden. Die Sozialdemokratie (insbesondere ihre kulturellen Aktivitäten) zog ihn zunehmend an und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Bedingungen seines Lohnarbeiterdaseins. Er begann Gedichte zu schreiben, die in sozialdemokratischen Zeitungen gedruckt wurden. Nach dem Militärdienst 1900-02 besuchte K., unterstützt von einer philanthropischen Gönnerin aus Dresden, ein Jahr lang die Humboldt-Akademie und die Neue Freie Hochschule in Berlin. Danach war er als Redakteur sozialdemokratischer Zeitungen in Harburg und Stuttgart tätig und hatte die Schriftleitung der literarischen Wochenschrift „Die Lese“ inne. Die Jahre 1903-14 waren seine schriftstellerisch produktivste Zeit. Aus dem 1. Weltkrieg kehrte er mit einem hartnäckigen Nervenleiden zurück. Der Schwerpunkt seiner politischen Arbeit lag nach 1918 vor allem in der sozialdemokratischen Jugendbewegung. K. war Mitbegründer des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und (nunmehr mit Wohnsitz in München) dessen Gausekretär für Oberbayern-Schwaben. 1933 mußte er emigrieren und ließ sich in Zürich nieder. Obwohl er politisch kaum aktiv war, wurde er im Mai 1940 wegen des (gänzlich abwegigen) Verdachts prokommunistischer Betätigung von der Schweizer Polizei verhaftet und war kurze Zeit mit „Ausschaffung“ bzw. Internierung bedroht. K. behielt seinen Wohnsitz im Exil bis zu seinem Tod.

    Der Schriftsteller K., der sich in allen drei literarischen Gattungen, vor allem aber der Lyrik, versucht hat, ist einer der Repräsentanten einer zweiten Generation sozialdemokratischer Arbeiter-Schriftsteller, die sich von einer dezidiert politischen, operativen Auffassung der Poesie abkehrten und eine neuerliche Vergeistigung und Verinnerlichung der dichterischen Aussage anstrebten. Bereits die ersten Gedichte K.s in Zeitungen sowie die erste Sammlung „Aus engen Gassen“ (1904) tragen – ungeachtet der positiven Würdigungen von C. Zetkin und F. Mehring – fragwürdige Züge. Häufig Rich. Dehmel nahe, beschreibt K. balladesk und elegisch Armut und Leiden der Proletarier, wobei die dominante Mitleidshaltung der lyrischen Präzision eher hinderlich ist. K. übernimmt unterschiedliche Epochenstile vom Barock bis zum Vormärz in stark eklektischer Weise. Am häufigsten findet sich ein gleichsam proletarischer „Schiller“-Ton. In späteren Gedichtbänden (Aus Welt und Einsamkeit, 1905; Neue Fahrt, 1908; Das stille Buch, 1913) singt K. fast nur noch unverbindlich von „Lenz und|Liebe“ (F. Mehring) und vertritt, inzwischen ganz auf dem revisionistischen Flügel der SPD angesiedelt, einen idealistischen Humanismus jenseits der Klassen. Die Dichtungen aus der Zeit der Weimarer Republik bringen wenig Neues. Als merkwürdiger Beitrag zur Exilliteratur kann der Gedichtband „Der Wanderer im Zwielicht“ (1936 in Zürich ersch., 1938 in Deutschland in die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ aufgenommen) gelten. Der lyrische Dichter fungiert als „Schönheitssucher“, dessen Gedichte, mystisch und kosmisch orientiert, sich dem Leser als Beispiele kathartischer Wandlung zum (moralisch) „neuen Menschentum“ präsentieren. Pantheistische und christliche Töne haben den einstigen Atheismus abgelöst. – Am meisten Aktualität hat K.s autobiographisches Werk „Unter dem Joch, Die Geschichte einer Jugend“ (1941) bewahrt. Mehr Schriftsteller- als Arbeiterautobiographie und konsequent dem Muster des Bildungsromans folgend, ist es vor allem als Schulgeschichte aus dem Kaiserreich (Hesses „Unterm Rad“ und Musils „Törleß“ vergleichbar) interessant.

  • Werke

    Weitere W u. a. Stimmen d. Freiheit, hrsg. v. K. Beißwanger, 1899, ⁴1914 (hier 17 Gedichte K.s, P);
    Sonnensehnsucht, Eine Dichtung aus d. Arbeiterleben, o. J. (1903);
    Anna Barenthin (Drama), 1911;
    Die Flut (Drama), 1914;
    Die rote Palette, Skizzen u. Gedanken, 1924;
    Arbeiterjugend u. Bildung (Vortrag), 1924;
    Aufschrei u. Einklang. Ausgew. Gedichte f. d. Jugend, 1925;
    Die bunte Stunde (Märchen), 1929;
    Dominikus Murr (Romanfragment, nicht ersch.).

  • Literatur

    M. H. Ludwig, Arbeiterlit. in Dtld., 1976. -
    C. Zetkin, Einl. zu: O. K., Aus engen Gassen, 1904;
    F. Mehring, in: Neue Zeit 1904/05, S. 355 f., u. Neue Zeit 1909/10, S. 854;
    J. Bab, Arbeiterdichtung, 1924;
    C. Rülcker, Ideologie d. Arbeiterdichtung 1914–33, 1970;
    G. Stieg u. B. Witte, Abriß e. Gesch. d. dt. Arbeiterlit., 1973;
    H. Kaufmann u. a., Gesch. d. dt. Lit. IX, 1974, S. 180 f., u. 466 f.;
    U. Münchow, Einl. zu: O. K., Unter d. Joch, 1975, S. IX-XLII;
    Lex. sozialist, dt. Lit., 1963, S. 300-02;
    F. Osterroth, Biogr, Lex. d. Sozialismus, I, 1960, S. 172 f.;
    Kürschner, Lit.-Kal., Nekr. 1936–70, 1973.

  • Autor/in

    Wolfgang Emmerich
  • Zitierweise

    Emmerich, Wolfgang, "Krille, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 47-48 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118724452.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA