Lebensdaten
1792 – 1868
Geburtsort
Altengamme
Sterbeort
Graz
Beruf/Funktion
Nationalökonom ; Professor in Graz
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 116342560 | OGND | VIAF: 13055613
Namensvarianten
  • Kosegarten, Wilhelm
  • Cosegarten, Wilhelm

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Kosegarten, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116342560.html [25.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Kosegarten: Wilhelm K., staatswissenschaftlicher Schriftsteller, geb. den 28. November 1792 in Altengamm in den Vierlanden, den 11. Juli 1868 in Graz. Sein Vater war der Geistliche des Ortes, Johann Joachim K., der ältere Bruder und Jugendlehrer des Dichters Ludwig G. K. Er wurde bis nach Vollendung des 16. Jahres im elterlichen Hause, zuerst von der Mutter, einer geborenen Hamburgerin, später vom Vater unterrichtet. Erst nach seiner Confirmation im J. 1809 trat er in das Johanneum in Hamburg, das er 1812 mit dem Zeugniß der Reife verließ. Er studirte dann in Göttingen Jurisprudenz und Staatswissenschaften und löste 1815 durch eine auch im Druck erschienene Arbeit die von der Universität gestellte Preisausgabe über die von Law und dem Regenten hinsichtlich der Staatsschuld befolgten Grundsätze. Nachdem er, ebenfalls 1815, promovirt hatte, lieh er sich auf Wunsch des Vaters als Advocat in Hamburg nieder. Seine Erfolge in dieser Laufbahn waren nicht besonders hervorragende, so daß er im J. 1826 sich entschloß die Staatsanstellung als Gerichtsschreiber am Kriminalgericht zu übernehmen, die er bis zum J. 1838 bekleidete; zeitweise war er auch für einen Bezirk des Freistaats Grund- und Hypothekenbuchführer. In diese Epoche seiner amtlichen Thätigkeit fällt eine mehrmonatliche Reise durch Italien im J. 1833, der ein längerer Aufenthalt in Wien und Berlin folgte. Litterarisch war er ebenfalls mehrfach thätig. Zuerst waren es juristische Arbeiten, die er schrieb; so gehörte er zu den Herausgebern der Entscheidungen des Hamburger Handelsgerichtes und veröffentlichte verschiedene kriminalistische Aufsätze, darunter einen über die Todesstrafe. Später wandte er sein Interesse immer ausschließlicher politischen und staatswirthschaftlichen Gegenständen zu. Nachdem er ursprünglich liberale Gesinnungen gehegt hatte, wurde er allmählich ein scharfer Gegner der modernen Staatseinrichtungen, der bürgerlichen Gleichheit und der Repräsentativverfassung, ein Vertheidiger der Adelsprivilegien und ständischer Staatsformen. So konnte er mit Beiträgen an dem im reactionären Sinne redigirten Berliner politischen Wochenblatt sich betheiligen und führte auch in einer theoretischen Schrift über „Hobbes und Rousseau“ seine politischen Grundsätze aus. Auf dem nationalökonomischen Gebiete versuchte er sich, indem er im J. 1836 eine von der Pariser Akademie gestellte Preisfrage über die Einführung des Freihandels bearbeitete; aber nur über die Einleitung seines Aufsatzes fällten die Preisrichter ein günstiges Urtheil. Endlich faßte K. den Entschluß, sich ganz der wissenschaftlichen und litterarischen Thätigkeit zu widmen und die akademische Laufbahn einzuschlagen. Zu diesem Zwecke promovirte er 1838 in der philosophischen Facultät der Universität Bonn. Seine Inauguralschrift ("De valoris et pretii vi et momentis in oeconomia politica") hat keinen erheblichen wissenschaftlichen Werth, ist aber insofern interessant, als darin einerseits Bewunderung für den Scharfsinn Ricardo's, andererseits Anlehnung an die Schriften Sismondi's hervortritt, die im Gegensatz zu Smith eine mehr allseitige Auffassung der wirthschaftlichen Erscheinungen empfohlen hatten. Der Promotion folgte die Habilitation in Bonn, wo K. seine Vorlesungen Ostern 1839 begann. Dieselben hatten außer den nationalökonomischen Fächern auch die Politik zum Gegenstand. Er unterbrach aber seine Lehrthätigkeit mehrfach, theils um zu reisen, theils um außerhalb seines Wohnortes litterarischen Arbeiten sich zu widmen. Was diese letzteren anlangt, so tragen gerade die wichtigeren unter ihnen keinen reinen wissenschaftlichen Charakter. K. wurde auch auf dem wirthschaftlichen Gebiete, das er jetzt bearbeitete, rasch zum Parteimann, der mittelst seiner Abhandlungen nicht in bestrittenen Fragen eine bestimmte Ueberzeugung methodisch zu gewinnen, sondern vorgefaßte Meinungen zu stützen und zu verbreiten suchte. Entsprechend seinen politischen Anschauungen gehen seine wirthschaftlichen dahin, die Vergangenheit im Vergleich mit der Gegenwart, den Ackerbau auf Kosten der übrigen Produktionszweige, die polizeiliche Beschränkung gegenüber der freien Bewegung zu überschätzen. In der 1842 erschienenen größeren Schrift „Betrachtungen über die Veräußerlichkeit und Theilbarkeit des Landbesitzes“ gibt er seinen lebhaften Sympathien für die möglichste Gebundenheit der Verhältnisse Ausdruck, ohne daß er sich doch verhehlen konnte, wie das, was ihm als Ideal einer ländlichen Verfassung vorschwebt, einer unwiederbringlich untergegangenen Epoche angehört. Die Gewerbefreiheit bekämpfte er namentlich in dem Aufsatz „Ueber Organisation der Arbeit und freie Concurrenz“ in Huber's Janus für 1847. Mit seiner ganzen Richtung steht es im Zusammenhang, daß er die Schutzzölle mißbilligte, so besonders in dem Aufsatz „Der Zollschutz, der Zollverein und die Unterscheidungszölle in Bülau's Neuen Jahrbüchern der Geschichte und Politik von 1846. Er wollte eben nicht, daß etwas geschehe, um der von ihm gefürchteten Industrie eine größere Ausdehnung zu geben. Aus demselben Grunde hat auch die socialistische Kritik der modernen Arbeiterverhältnisse seinen Beifall. Zu Rau und Hanssen's Archiv der politischen Oekonomie trug er nur einige kurze Recensionen und Berichte bei. Auch die Reise, die er im J. 1843 nach Rußland unternahm, hatte keine größere wissenschaftliche Darstellung zur Folge, nur kurze Bemerkungen in einer Besprechung der Reden’schen Statistik von Rußland und in einem Artikel der Bülau’schen Jahrbücher über das slawisch-russische Staatssystem, worin der russische Despotismus als eine ganz eigenthümliche Verfassungsform erklärt und den Besonderheiten des russischen Volkscharakters angepaßt gefunden wird. Im J. 1855 folgte K. einer Berufung als außerordentlicher Professor der politischen Wissenschaften und Mitglied der staatswissenschaftlichen Prüfungscommission an die Universität Graz. Er blieb in dieser Stellung bis an sein Lebensende. 1856 veröffentlichte er sein wissenschaftliches Hauptwerk „Geschichtliche und systematische Uebersicht der Nationalökonomie oder Volkswirthschaftslehre, als Grundlage der Volkswirthschaftspolitik“. Der theoretische Theil hat namentlich das Verdienst, aus sonst weniger benutzten französischen und italienischen Schriftstellern zu schöpfen, auch mancher Einseitigkeit der herrschenden Schule seine Bedenken entgegenzustellen. Der praktische Theil aber, in der Sucht, veraltete Einrichtungen zu vertheidigen, ist voll von Anschauungen und Vorschlägen, die schon lange durch die Erfahrung als unhaltbar erwiesen waren. Beispielsweise empfiehlt der Schriftsteller Beschränkungen des Handels mit Lebensmitteln, polizeiliche Taxen für die nothwendigen Bedürfnisse, den Zunftzwang, verwirft die Verehelichungsfreiheit, die staatliche Armenpflege, den rationellen Betrieb der Landwirthschaft. Er starb am 11. Juli 1868 in Graz.

    • Literatur

      Curriculum vitae im Anhang der Doctordissertation von 1838. — Kautz, Die geschichtliche Entwickelung der Nationalökonomik, S. 668, 669. — Roscher, Geschichte der Nationalökonomik in Deutschland, S. 1025, 1026.

  • Autor/in

    Leser.
  • Zitierweise

    Leser, Emanuel, "Kosegarten, Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 16 (1882), S. 751-753 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116342560.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA