Lebensdaten
1887 – 1954
Geburtsort
Schwenningen/Neckar
Sterbeort
Villingen (Schwarzwald)
Beruf/Funktion
Ingenieur ; Industrieller
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 139999132 | OGND | VIAF: 103316942
Namensvarianten
  • Kienzle, Herbert
  • Cienzle, Herbert

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Aus dem Register von NDB/ADB

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Kienzle, Herbert, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd139999132.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jakob (s. 2);
    B Christian ( 1926);
    - Leipzig 1922 Therese Charlotte Leistner (1896–1975);
    2 S, 1 T, u. a. Jochen (* 1925), Herbert (* 1931), beide Nachf. K.s.

  • Biographie

    Nach dem Abitur absolvierte K. eine einjährige Praxis in einer Stuttgarter Maschinenfabrik und studierte dann 1907-10 an den Technischen Hochschulen Stuttgart und Berlin Elektrotechnik und Maschinenbau. Nach der Diplomprüfung im Fach Elektrotechnik 1911 in Stuttgart promovierte K. dort 1913 zum Dr.-Ingenieur mit einer Dissertation über die „Arbeitsweise der selbsttätigen Drehbänke“. K. kam dabei zu der grundlegenden Erkenntnis, daß eine durch Steueraggregate angepaßte Schnittgeschwindigkeit die Leistung steigert und die Qualität verbessert. So entwarf er auch einen elektrischen, vollautomatisch gesteuerten Antrieb der Arbeitsspindel einer Drehbank mit Anpassung ihrer Drehzahl an Arbeitsgang und Werkzeug K. schlug als erster vor, den elektrischen Antriebsmotor zu einem Getriebeteil der Werkzeugmaschine zu machen, und nannte ihn den Spindelstockmotor. Auf diese Ideen erhielt er mehrere Patente. K. verhalf damit dem elektrischen Einzelantrieb von Werkzeugmaschinen, statt des Riemenantriebs über Transmissionen, zum Durchbruch. Zur Erweiterung seiner technischen Kenntnisse reiste er nach der Promotion in die USA. Er lernte dort Uhren-, Werkzeugmaschinen- und Fahrzeugfabriken kennen und studierte die amerikanischen|Fertigungsverfahren. Während dieses Aufenthaltes überraschte ihn der 1. Weltkrieg. Vergeblich suchte er nach Deutschland zurückzukehren. Nach Eintritt der USA in den Krieg war er dort 2 Jahre lang interniert.

    Inzwischen leiteten K.s Vater und der Bruder Christian die Kienzle Uhrenfabriken KG in Schwenningen. Als K. 1919 zurückkehrte, übernahm er ihre technische Leitung. Durch Rationalisierung, verbesserte Arbeitsmethoden mittels neuartiger Maschinen und Anwendung von K.s Erfindungen erreichte man einen hohen technischen Stand. 1922 wandelten die Inhaber die Uhrenfabriken in eine Familien-AG um, aus der sie 1923 nacheinander die Fabrikation der Taxameter, Betriebsstundenzähler und Arbeitsschau-Uhren ausgliederten. 1924 erfand K. den Fahrtschreiber, eine Registriervorrichtung für Fahr- und Haltezeiten auf einer zurückgelegten Strecke. Nachdem sein Vater 1925 in den Ruhestand getreten und sein Bruder 1926 plötzlich gestorben war, übernahm K. die Gesamtleitung der Uhrenfabriken. 1928 gründete er in Villingen die „Kienzle Taxameter und Apparate AG“ zur Herstellung der ausgegliederten Produkte sowie des Fahrtschreibers. Diese Firma war völlig unabhängig von den Uhrenfabriken in Schwenningen; K. selbst übernahm den Vorstand und baute in Villingen eine Fabrik. Als Bankkreise in den schweren Jahren 1929-31 auf einen Zusammenschluß aller führenden Firmen der deutschen Uhrenindustrie drängten, nahm er einen gegensätzlichen Standpunkt ein, weil er um die Beschäftigung der Schwarzwälder Industrie fürchtete und ungünstige Auswirkungen auf den Markt durch schwindenden Wettbewerb und Monopolisierung voraussah. Als er mit diesen Argumenten, die sich später als richtig erwiesen, nicht durchdrang, schied er 1931 freiwillig aus der Uhrenfabrik aus. Er widmete sich jetzt ganz seiner Fabrik in Villingen und wagte damit den Schritt von der Uhrenfertigung zum differenzierten Apparatebau. Anfangs konnte er nur mit 40-50 Mann arbeiten, bewies jedoch erneut große Energie in schwierigen Zeiten. Mit den vorhandenen Maschinen fertigte er seit 1930 den Fahrtschreiber und nahm noch neu Drehzahlwähler für Drehbänke, Rekorder und Synchronmotoren in das Programm auf.

    Die ersten beiden Fahrtschreiber verkaufte K. an den Fuhrpark der Fürstlichen Fürstenbergischen Brauerei in Donaueschingen, als erste Automobilfirma gewann er Daimler-Benz. 1937 beschäftigte K. schon 250 Arbeiter; 1938 nahm er als neuen Artikel Rechenwerke für Zapfsäulen hinzu. Im 2. Weltkrieg konnte er die Fertigung von Fahrtschreibern fortsetzen und führte neu den Motorregler ein. Er mußte aber auch für den Kriegsbedarf fertigen. 1944 wandelte er seine Firma in eine GmbH um, und nannte sie „Kienzle Apparate GmbH“.

    Nach Kriegsende wurde die Hälfte der Maschinen demontiert. Das Werk lag still bis auf eine kleine Produktion von Feuerzeugen und Kochplatten. Nach der Währungsreform 1948 begann K. neue Absatzgebiete und auch neue Artikel für seine Firma zu suchen. 1950 begann er mit der Herstellung von Addier- und Buchungsmaschinen; 1951 folgten neuartige Preisrechner, Geld- und Literzähler für Zapfsäulen. Dieses neue Programm zeigte K.s schöpferischen Gestaltungswillen, seinen Wagemut und seine Entschlußfreudigkeit. Für die Fahrtschreiber und Betriebsstundenzähler fand er neue Verwendungsmöglichkeiten in Bergwerken. 1951 baute K. das Zweigwerk Oberndorf, 1952 ein neues Verwaltungsgebäude. Dann wandte er sich der Entwicklung von Parkuhren zu, deren Herstellungsbeginn er noch erlebte.

    K. war ein führender Mann der feinmechanischen Industrie in Deutschland, wirkte aber auch über seinen unternehmerischen Tätigkeitsbereich hinaus. Er erwarb sich Verdienste um den Wiederaufbau der Stadt Villingen und um die gesamte Wirtschaft im Lande. Seine Firma wird von seinen beiden Söhnen weitergeführt und ist mit über 5 000 Beschäftigten ein bedeutendes Unternehmen geblieben.

  • Werke

    - DRP 281 754 u. 365 569 (Spindelstock f. Drehbänke), 284 099 u. 365 570 (elektr. betrieb. Werkzeugmaschine), 387 523 u. 396 627 (Maschine z. Herstellung v. Hohltrieben f. Uhren), 283 312 (seitl. herausnehmbare Federgehäuse f. Uhrwerke), 403 348 (Registriervorrichtung f. Fuhrwerke), 524 882 (elektr. Uhr mit Hilfsgehwerk), 694 768 (Zähler f. Geschwindigkeitsänderungen).

  • Literatur

    Kienzle Bll., Sondernr. v. 3.6.1954 (P);
    Techn. Mitt. 47, 1954, H. 3, S. 146 (P);
    Wbl. f. Papierfabrikation 82, 1954, Nr. 7, S. 232;
    Werkstattstechnik u. Maschinenbau 44, 1954, S. 350.

  • Porträts

    Phot. in: K. v. Klimesch, Köpfe d. Pol., Wirtsch., Kunst u. Wiss., 1953.

  • Autor/in

    Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß
  • Zitierweise

    Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, "Kienzle, Herbert" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 588-589 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139999132.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA