Dates of Life
1722 – 1791
Place of birth
Meierei „auf dem Hammer“ zwischen Züllichau und Krossen (Niederschlesien)
Place of death
Berlin
Occupation
Dichterin ; Lyrikerin
Religious Denomination
lutherisch
Authority Data
GND: 118560328 | OGND | VIAF: 32075043
Alternate Names
  • Karschin, Anna Luisa
  • Karsch, Anna Luise
  • Karschin, Anna Luise
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Citation

Karsch, Anna Louisa, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560328.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Christian Dürbach ( 1728), Wirt u. Brauer;
    M N. N. Kuchel;
    1) Schwiebus 1738 ( 1749) N. N. Hirsekorn, Tuchweber, 2) Fraustadt 1749 N. N. Karsch, Schneider;
    3 S aus 1), 4 K aus 2), u. a. Karoline (1754–1802, Karl v. Klencke, Zeichner u. Schauspieler), Dichterin (s. Brümmer; Kosch, Lit.-Lex.);
    E Wilhelmine v. Chézy ( 1856), Schriftstellerin (s. NDB III).

  • Biographical Presentation

    Nach dem Tode ihres Vaters wuchs K. 1728-32 bei einem Großonkel in Tirschtiegel bei Meseritz (Provinz Posen) auf. Bei ihm lernte sie Schreiben und Lesen. Zur Mutter zurückbefohlen, arbeitete sie als Magd und Hirtin; sie las Volksbücher und Erbauungsliteratur, die sie von einem Rinderhirten erhielt. Mit 16 Jahren heiratete sie den Tuchweber Hirsekorn; neben der Erziehung der Kinder versuchte sie zu dichten. Nach 11 Jahren wurde die Ehe gegen ihren Willen geschieden. Mittellos, heiratete sie bald darauf den Schneider Karsch, einen Trinker. Durch Gelegenheitsgedichte gelang es K., der Familie einen bescheidenen Nebenverdienst zu schaffen. Ihre Lektüre in dieser Zeit waren zeitgenössische Autoren wie Gellert, Günther, Haller und Klopstock. In Groß-Glogau, wohin die Familie 1755 umgezogen war, erlangte sie durch ihre Verse, vor allem auf Friedrich II., lokalen Ruhm. Dadurch wurde sie mit Offiziers- und Adelsfamilien bekannt, die dafür sorgten, daß ihr Mann zum Militär eingezogen wurde. Ein Gönner, Baron von Kottwitz, führte sie Anfang 1761 nach Berlin, wo sie als dichterisches Naturtalent unter anderem von Ramler, Sulzer und Gleim begrüßt und bewundert wurde. Durch Lektüre antiker Autoren in Übersetzungen und zeitgenössischer Literatur erweiterte sie ihren Bildungshorizont. Gleim bot ihr für ein Jahr (Herbst 1761-Herbst 1762) einen gastlichen Aufenthalt in Halberstadt und Magdeburg. In Magdeburg ergaben sich Anknüpfungen zum preußischen Königshaus; die Wissenschaftliche Gesellschaft der Helmstedter Universität ernannte sie zum Ehrenmitglied. Ihre Liebe zu Gleim blieb unerwidert. Nach Berlin zurückgekehrt, lebte sie wiederum in ärmlichen Verhältnissen. Das Versprechen, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, das Friedrich II. ihr bei einer Audienz am 11.8.1763 gegeben hatte, wurde nicht gehalten. Freitische und eine bescheidene Rente aus einem kleinen Vermögen, das Gleim ihr durch die Veröffentlichung ihrer „Auserlesenen Gedichte“ (1764, Vorrede von Sulzer, Faksimiledruck 1966) verschafft hatte, sicherten notdürftig ihr Auskommen. Einnahmen aus Huldigungs- und Gelegenheitsgedichten auf Bestellung und gelegentliche finanzielle Unterstützung durch Adel und Freunde wurden oft durch Eigensinn und Hilfsbereitschaft gegenüber ihrer Verwandtschaft wieder aufgezehrt. Erst 1789 ließ Friedrich Wilhelm II. von Preußen ein kleines Haus für sie in Berlin erbauen. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie unter erträglichen Bedingungen.

    Die zahllosen Gedichte K.s sind von sehr unterschiedlicher Qualität. Geschätzt wurden ihre Natürlichkeit, Bildfülle und ihr Einfallsreichtum, bemängelt die schnelle Reimerei ohne Aufbau, die Nachlässigkeit in Metrik, Reim und Metaphorik. Der Broterwerb durch Dichtung ließ die Kritikfähigkeit verkümmern. Die „deutsche Sappho“, wie sie Gleim genannt hatte, geriet überdies in den Streit um die Naturpoesie, die von Aufklärern und Anhängern der Geniebewegung verschieden beurteilt wurde. Zwischen den Forderungen, bewußt nach Traditionen und Formen zu dichten oder der Unmittelbarkeit ihres Talents freien Lauf zu lassen, vermochte K. sich nicht zu entscheiden. Ihre Herkunft und|Ausbildung sowie das kümmerliche Leben in Berlin ließen eine ausgewogene Entwicklung nicht zu.

  • Works

    Weitere W Einige Oden üb. versch. hohe Gegenstände, 1764;
    Poet. Einfälle, 1. Slg., 1764;
    Kleinigkeiten, 1765;
    Neue Gedichte, 1772;
    Gedichte, Nach d. Dichterin Tode nebst ihrem Lebenslauff hrsg. v. ihrer Tochter C(aroline) L(ouise) v. Kl(encke) geb. Karschin, 1792, ²1797;
    Ausw., in: Anakreontiker u. preuß.-patriot. Lyriker II, hrsg. v. F. Muncker, 1894, S. 285-334. |

  • Archival Ressources

    Nachlaß: Berlin, Dt. Staatsbibl.; gr. Gedicht- u. Briefslg. in Halberstadt, Gleimhaus.

  • Literature

    ADB 15;
    A. Kluckhohn, Neues v. u. üb. A. L. K., in: Archiv f. Lit.gesch. 11, 1882, S. 484-506;
    H. Rüdiger, Sappho, 1933, S. 59-67;
    E. Hausmann, Die K., Ein Leben in Briefen, 1933 (P);
    K. H. Joerdens, Lex. dt. Dichter u. Prosaisten II, 1807;
    Goedeko IV, 1, S. 291-97 (W, L);
    Kosch, Lit.-Lex.

  • Portraits

    Gem. v. B. Denner (Hamburg, Mus.), v. K. Kehrer, 1791 (Halberstadt, Gleimhaus);
    Statue (ebd.);
    Kupf. v. G. Schleuen (Marbach, Schiller-Nat.mus.);
    v. J. H. Lips, 1776 (Abb. in: Lavaters Physiognom. Fragmente, 4. Versuch, 1778), v. G. F. Schmidt, 1763 (Abb. in: E. Hausmann, Die K., 1933).

  • Author

    Gerhard Hay
  • Citation

    Hay, Gerhard, "Karsch, Anna Louisa" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 299-300 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560328.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Karschin: Anna Luise K., Dichterin, war geb. am 1. December 1722 „auf dem Hammer“, einer zwischen Züllichau und Krossen nahe der niederschlesischen Grenze gelegenen Meierei, wo ihr Vater Christian Dürbach Pächter des Gasthofs war, am 12. October 1791. Seine erste Bildung empfing das Kind durch einen Oheim, der es im Alter von sechs Jahren nach dem frühen Tode des Vaters zu sich genommen hatte. Mit Leichtigkeit lernte es von ihm lesen, schreiben und rechnen, aber als er auch Latein mit ihm zu treiben begann, nahm es die Mutter ins elterliche Haus zurück. Hier begann eine lange Reihe von Leiden für die 10jährige. Die durch eine zweite Heirath der Mutter in ihren Vermögensumständen herabgekommene Familie war nach dem Städtchen Tirschtiegel übergesiedelt. K. mußte Kinder warten und vom 13. bis 16. Jahre den kleinen Viehstand der Eltern auf dem Felde hüten. Dabei fand sie Zeit und Gelegenheit, ihren Lesetrieb durch Bücher aller Art, u. a. auch die asiatische Banise zu befriedigen und selbst die ersten Versuche im Dichten zu machen. Kaum 16 Jahre alt schloß sie nach dem Willen der Eltern eine Ehe mit einem Tuchweber Hirsekorn aus Schwiebus, die sich nicht ohne ihre Schuld höchst unglücklich gestaltete und nach 11 Jahren geschieden ward. In dem Elend, worein sie dadurch gerathen, gab sie ihre Hand einem Schneider Karsch, einem Trunkenbolde, der sie in noch schlimmere Lage brachte. Trotz alles Leids entwickelte sich jedoch ihr dichterisches Talent immer weiter und verschaffte ihr in Fraustadt, wo sich ihr Mann niedergelassen, dann und wann einigen Ertrag, vor allem aber Gönner und Freunde. Auf deren Rath nahm sie 1755 ihren Wohnsitz in Großglogau und erhielt dort durch wohlthätige und gebildete Bekanntschaften geistige Anregung und öftere Veranlassung, ihre Gelegenheitsgedichte für ihren Unterhalt zu verwerthen. Hier fand sie endlich auch durch einen Baron von Kottwitz, den ihr Talent in Staunen gesetzt hatte, Erlösung aus ihrer überaus traurigen Lage. Ihr liederlicher Ehemann wurde unter die Soldaten gesteckt und sie selbst auf ihre Bitten nach Berlin geführt (1761). Dorthin war ihr Ruf schon vorher gedrungen, und die gewandte Stegreifdichtung der Bäuerin wurde nun in den gebildetften Kreisen allgemein bewundert. Man nahm sich ihrer in jeder Weise an; Rammler wurde ihr Lehrer, Sack, Sulzer, Mendelssohn und viele andere ihre Gönner und Freunde. In erhöhtem Selbstgefühl knüpfte sie mit den bedeutendsten litterarischen Größen Deutschlands jetzt und in der Folge brieflichen Verkehr an. Gleim lud sie nach Halberstadt ein, verschaffte ihr die Gunst und|ein Jahrgeld der gräflich Stolbergischen Familie, behielt sie wiederholt längere Zeit in seinem Hause, ohne jedoch ihre Liebe zu seiner Person zu erwiedern. Indessen veranstaltete er 1763 die erste Sammlung ihrer Gedichte auf Subscription, die ihr 2000 Thaler eintrug und ihre Zukunft einigermaßen sicherte; denn sie selbst war ganz unfähig mit Geld umzugehen und lebte daher trotz mehrfacher fortdauernder Unterstützungen edler Gönner, wie der Herzoge Friedrich und Ferdinand von Braunschweig u. a. doch in beständiger Noth. Den König Friedrich II. hatte sie in hoher Begeisterung immer von neuem in Gedichten gefeiert, und nach seiner Rückkehr aus dem Kriege 1763 verhieß er ihr auch in einer Audienz eine Versorgung, gab ihr aber nur einmal ein Geschenk von 50 Thalern, ja später schickte er ihr auf erneute Gesuche 2 Thaler, die sie Ehrgefühl genug hatte zurückzuschicken. Erst Friedrich Wilhelm II. ließ ihr ein kleines Haus am Haakeschen Markte erbauen, in welchem sie am 12. October 1791 ihr unruhiges und leidvolles Leben endete. Ihre Tochter war die ebenfalls als Dichterin aufgetretene Karoline v. Klencke (geb. 1754, am 21. September 1802; vgl. Brümmer's Dichter-Lexicon I, S. 440) und deren Tochter wieder Wilhelmine v. Chezy (Allg. d. Biogr., Bd. IV, S. 119). Die K. erregte zu ihrer Zeit ein außerordentliches Interesse; ihr angebornes, mit den geringfügigsten Mitteln gepflegtes und doch zu seltener Fertigkeit entwickeltes Talent für Versbildung dünkte den meisten ein unerklärliches Wunder, und auch heut, wo manche der bildend auf sie wirkenden Ursachen zu Tage liegen, ist die Kraft ihrer urwüchsigen, durch keine Noth vertilgbaren Phantasie und Redegabe immer noch staunenswerth. Allerdings dürfen ihre Erzeugnisse nicht überschätzt werden. Sie waren Kinder des Augenblicks, einzelne und zuweilen recht gute Gedanken, deren Durchführung aber meistens größere oder geringere Mängel verräth. Die Gelegenheit bot ihr die Stoffe; ihre Begeisterung erscheint meist unmittelbar und ungekünstelt; zu planmäßig angelegten und sorgfältig gefeilten Erzeugnissen war sie unfähig. Durch Rammler's Unterweisung erhielten ihre Gedichte regelmäßige und strophische Form, meist die der Ode; der Alexandriner machte jambischen und trochäischen Maßen Platz; aber den mythologischen und historischen Schmuck, den sie sich erst anstudirt hatte, beherrschte sie nur mangelhaft. Die Mehrzahl ihrer in den Sammlungen uns aufbewahrten Gelegenheitsdichtungen sind besserer Art, einzelne erheben sich zu höherem Schwunge; übergroß mag die Zahl der ihr von der Noth ab gedrungenen, auf Bestellung und für Geld namentlich in der letzten Zeit ihres Lebens angefertigten gewesen sein, in denen sie sich von den Machwerken elender Reimer wenig mehr unterschied. Wir haben drei größere Sammlungen fast durchaus verschiedenen Inhalts. 1) Auserlesene Gedichte, Berlin 1764, herausgegeben von Gleim mit einer Vorrede von Sulzer; 2) Neue Gedichte, Mietau und Leipzig, 1772; 3) Gedichte. Nach der Dichterin Tode nebst ihrem Lebenslaufe herausgegeben von ihrer Tochter C. L. von Kl(encke) geb. Karschin, Berlin 1792 u. 1797, eine ziemlich unordentliche Nachlese zu den beiden vorigen. Die Einzeldrucke sind in diesen drei Sammlungen meistens aufgenommen.

    • Literature

      Für das Leben ist die stark verschönerte Darstellung ihrer Tochter die Hauptquelle. Besondere Behandlung desselben bringt Th. Heinze im Programm des Anclamer Gymnasiums von 1866 und B. Seuffert in der Zeitschrift des Harzvereins, 13. Jahrg., S. 189—208 in einem Aufsatze: Die Karschin und die Grafen zu Stolberg Wernigerode, 10 ungedruckte poetische Episteln enthaltend.

  • Author

    H. Palm.
  • Citation

    Palm, Hermann, "Karsch, Anna Louisa" in: Allgemeine Deutsche Biographie 15 (1882), S. 421-422 unter Karschin [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560328.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA