Lebensdaten
1696 – 1775
Geburtsort
Jena
Sterbeort
Meißen
Beruf/Funktion
Porzellanmaler ; Leiter der Meißener Porzellanmanufaktur
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118552236 | OGND | VIAF: 15561234
Namensvarianten
  • Heroldt, Johann Gregor
  • Höroldt, Johann Gregor
  • Heroldt, Johann Gregor
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Orte

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Zitierweise

Höroldt, Johann Gregor, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552236.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Wilhelm Herold ( 1715), Schneiderobermeister in J., S d. Ulrich ( v. 1674), Bgm. v. Weimar;
    M Magdalena (1657–1721), T d. Seifensiedermeisters Andreas Salfeld ( 1685) in Kahla u. d. Maria Schirner;
    Meißen 1725 Rahel Eleonore (* 1696), T d. Gasthalters u. Ratsherrn Gottfr. Kreyl in M. u. d. Beata Christina Malsius;
    K.

  • Biographie

    H., von dessen Jugendzeit und beruflicher Ausbildung nichts bekannt ist, lebte 1718 als Maler in Straßburg. 1719 arbeitete er als Tapetenmaler in Wien; seit Frühjahr 1719 gehörte er zum Personal der Wiener Porzellanmanufaktur. Von dort warb ihn nach einjähriger Tätigkeit Samuel Stöltzel ab, ein der Meißener Porzellanmanufaktur entlaufener Arkanist, der 1720 reumütig wieder in Sachsen eintraf und H. nach Meißen mitbrachte. Einige von H. in Wien mit Schmelzfarben bemalte Probestücke aus Porzellan wurden August dem Starken vorgelegt. Nach einem Brief des Emailleurs Christoph Conrad Hunger (nachweisbar 1717-48, siehe ThB) von 1730 sollen die beiden Maler in Wien Hungers Emailfarben gestohlen und nach Meißen mitgenommen haben. H. wurde am 1.6.1720 an der sächsischen Porzellanmanufaktur fest angestellt unter der Bedingung, selbst zu malen und andere anzunehmen und anzulernen. Er mußte in Meißen als Vorsteher der von ihm einzurichtenden Malstube zunächst die Produktion von bunten Emailfarben aufnehmen, deren Herstellung und Verwendung bisher nur mangelhaft gelungen war. Im Juli 1720 brannte er bereits ein Service mit roter Malerei, das nach Dresden gebracht wurde, im November forderte man ihn auf, so viel wie möglich „indianische Stücke zu imitieren“, also ostasiatisches Porzellan. 1722 lieferte H. Zeichnungen von „Karnevalsbanden“. In diesem Jahr begann er auch mit Zeichenunterricht für die Maler- und Formerlehrlinge. Er wohnte seit Oktober 1722 in der Manufaktur auf der Albrechtsburg. Seit 1723 ist er in der Besoldungsliste mit dem ausschließlich Künstlern vorbehaltenen Titel eines Hofmalers bezeichnet. 1726 ließ H. in Dresden eine Kupferstich-Presse kopieren, die ihm für den Druck seiner Entwürfe, zur Ausbildung seiner Gesellen und Lehrlinge sowie zur Übertragung der Dekore aufs Porzellan dienen sollte. Sechs in diesem Jahr entstandene Radierungen H.s – davon 4 signiert – sind erhalten geblieben (Graphische Sammlungen Berlin, Braunschweig, Flensburg, Leipzig und München, vergleiche Keramikfreunde der Schweiz, Mitt.bl. Nummer 39, 1957, Taf. 19, 20). 1726 übernahm H.s Malerstube auch die Goldmalerei. Am 24.12.1731 schloß er sein Arkanabuch ab (mit eigenhändigen technischen Zeichnungen; heute im Meißener Werksarchiv), in dem er sein Wissen von der Porzellanherstellung niederschrieb. Erst in diesem Jahr hatte man ihn detailliert in die Produktionsmethode des Porzellans eingeführt (er war „Arkanist“ geworden). Man ernannte ihn jetzt zum Hofkommissarius und Direktor der Maler, auch unterstand ihm weiterhin die Bereitung der Farben und des Goldes; selbst zu bemalen hatte er nur noch besonders feine Geschirre. Damals standen bereits 25 Maler, 10 Lehrjungen und 2 Farbenreiber zur Verfügung. Bis 1740 unterstanden H. außerdem die Bildhauer, Former und Dreher. Seit 1731 – als der König selbst die Leitung der Manufaktur übernahm – erhielt H. ein festes Gehalt von 1000 Talern pro Jahr; für Musterstücke mit neuen Dekors verlangte er gesonderte Vergütung. In einem Kontrakt von 1732 wurde H. nur noch die spezielle Aufsicht und Leitung der Malerei zugestanden, da inzwischen der Bildhauer Kaendler die plastische Abteilung der Manufaktur übernommen hatte. 1749 wurde H. zum Bergrat ernannt. 1751 unterstanden ihm 190 Maler. Während des jährigen Krieges floh er vor den Preußen aus Meißen und lebte 1756-63 in Frankfurt a. M. Nach seiner Rückkehr hatte er nur noch „die Obsicht über den chymischen Theil der Mahlerey“ und war dem Hofmaler und neu ernannten Leiter der Meißener Kunstschule Ch. W. E. Dietrich unterstellt. 1765 trat H. in den Ruhestand. Sein schriftlicher Nachlaß blieb zum Teil im Werksarchiv der Manufaktur erhalten. Sein Siegel zeigt eine Dreimastbark unter vollen Segeln.

    H. ist als Schöpfer des europäischen Porzellanstils zu bezeichnen. Weitgehend unabhängig vom ostasiatischen Vorbild, eher Augsburger dekorativen Erfindungen verpflichtet, vielleicht nicht einmal eminent schöpferisch begabt, entwickelte er Dekore von großer Bedeutung und künstlerischer Qualität. Seine entscheidende Tat war die Idee und unerschöpfliche Variation der nach ihm benannten „Höroldt-Chinoiserien“ mit ihrem Charme, Humor und ihrer Frische. Gleichzeitig erfand er eine Fülle von Schmelz- und Fondfarben, die die Porzellanmalerei erst ermöglichten, und erwies sich dabei als hervorragender Chemiker und Techniker, dessen Leistungen erst im 19. Jahrhundert übertroffen wurden. Seine künstlerischen und technischen Erfindungen sowie sein Organisationstalent bedingten den eminenten Aufschwung und bis heute erhaltenen Ruf der 1710 gegründeten Meißener Manufaktur, die H. 1720-31 allein leitete. Gerühmt wurden seine Geschicklichkeit, technische Begabung, Intelligenz, Umsicht und sein Fleiß. Nach zeitgenössischen Schilderungen war er auch ein guter Verwaltungsbeamter und liebenswürdiger Mensch. Seine schöpferische Kraft erlahmte jedoch relativ schnell. Spätestens seit 1739 wurde sein Mangel an „Inventiones“ offen gerügt.

    Charakteristisch für H.s Porzellandekore ist ein miniaturartig kleinteiliger Flächenstil, die überlegene Raumaufteilung und die sichere Beherrschung feinster und erlesenster Farbigkeiten. Trotz der offenkundigen Leistung H.s ist es bis jetzt kaum möglich, eigenhändige Arbeiten nachzuweisen, da in der Manufaktur eine weitgehende Arbeitsteilung üblich war, nicht signiert wurde und H.s Mitarbeiter seinen Stil möglichst genau kopieren sollten. Farbige Makroaufnahmen (vergleiche Keramos, Heft 34, 1966, S. 120) und eine Bearbeitung und Edition des „Schulz-Kodex“ im Leipziger Grassimuseum mit teilweise eigenhändigen Zeichnungen könnten seine persönliche Handschrift aufzeigen. Die Anonymität des Manufakturbetriebes gibt auch keinen Einblick in die Entwicklungsgeschichte der zahlreichen Meißener Dekorerfindungen aus H.s Amtszeit, die großenteils seine Schöpfungen gewesen sein werden.

    H.s Werke, sein Einfluß auf die Umwelt und Nachwelt bezeichnen das Maximum dessen, was ein Kunsthandwerker in seinem Gebiet erreichen kann.

  • Werke

    Weitere W Walzenkrug, 1725, Berlin (Kat. Kunstgewerbemus. Schloß Charlottenburg, Ausgew. Werke, 1963, Tafel 145);
    Vase, 1726, Dresden (Keramikfreunde d. Schweiz, Mitt.bl. Nr. 39, 1957, Abb. 4, 5, 54, 72;
    Ducret, 1962, Tafel 6);
    Vase, 1727, ehem. Dresden (Zimmermann, 1905, S. 77;
    Pelka, 1923, S. 199;
    Pazaurek, 1929, Abb. 3, 4);
    Kaminuhr, wohl 1728 (Walcha, 1964, S. 6-13);
    Deckeldose, Dresden (Menzhausen, 1959, S. 292 f.). -
    Archivalisch belegt: Service f. Kg. Victor Amadeus II. v. Sardinien, 1725 (Hofmann, 1932, Abb. 164;
    Kat. Klemperer, 1928, Nr. 47, Tafel 4;
    Berling, 1911, S. 189;
    McNab Dennis, 1963, S. 11, 18). -
    Zuzuschreiben sind Porzellane mit Dedikationsaufschrr., die teilweise d. Namen v. H.s Frau u. s. Vorwandten tragen: Walzenkrug, 1724, f. G. E. Keil, London (Pazaurek, 1925, Abb. 247);
    weiteres Exemplar ehem. Budapest (Auktionskat. Lepke/Berlin 1911, Kat. 1623, Nr. 183, Tafel 33);
    Becher, 1724, ehem. Dresden, f. Ch. F. Glassewaldt (Pazaurek, 1925, Abb. 248);
    Walzenkrug, 1724. f. A. C. Roerzcub, Slg. Untermyer, New York (Hackenbroch, 1956, Tafel 95);
    Walzenkrug, 1725, f. J. G. Schlimpert, Leipzig (Pazaurek, 1929, Abb. 89;
    Hofmann, 1932, Abb. 202);
    Becher, 1725, f. H.s Frau, Schweinfurter Privatbes. (Pazaurek, 1925, S. 296;
    Ducret, 1962, Tafel 5);
    Becher, 1726, f. Mutter od. Schwester v. H.s Frau, Amsterdam (Schnorr v. Carolsfeld, 1927, Nr. 130;
    Auktionskat. Dr. F. H. Weizinger & Co., München 28./29.4.1921, Nr. 134, Tafel IX;
    Pazaurek, Kunstwanderer, Febr. 1928, S. 233);
    Walzenkrug, 1726, f. G. Keil (Keramikfreunde d. Schweiz, Mitt.bl. Nr. 45, 1959, S. 28);
    Walzenkrug, 1727, f. J. F. Hüttel, Münchengrätz (ebd. Nr. 44, 1958, Abb. 27, 28 u. Nr. 49, 1960, Abb. 3);
    Riechflakon, 1729, f. Magd. Sicila Pistor (Auktion Slg. v. Gerhardt, Lepke/Berlin 1911, Kat. 1623, Nr. 205, Tafel 39);
    Walzenkrug mit Goldchinoiserie, 1732, mit Signatur e. Mitarb. od. Dedikation H.s an d. Porzellanmaler Ch. F. Herold, New York (Schnorr v. Carolsfeld, 1931, Kat. Nr. 581, Tafel 84;
    Pazaurek, 1925, S. 153). - Alle L- u. Abb.-Nachweise n. Rückert, s. L.

  • Literatur

    (zitiert nach d. Bibliogr. S. 44-51, in: R. Rückert, Meißener Porzellan 1710-1810, Kat. d. Ausstellung im Bayer. Nat.mus., 1966);
    Beding, 1900, S. 36-38, 46 f., 66 f., 109 f.;
    Berling, 1911, S. 9, 15 f., 48 f., 188;
    Zimmermann, Die Chinoiserien, 1912, S. 71-83;
    Schulz, 1922, S. 129-40;
    Pazaurek, 1925, S. 153, 295-98;
    Schulz, 1926, S. 190-200;
    Zimmermann, Meißner Porzellan, 1926, S. 47-82, 212-19;
    Schnorr v. Carolsfeld, 1927, Kat. Nr. 130;
    G. E. Pazaurek, Porzellan-Chinoiserien, in: Der Kunstwanderer, Febr. 1928, S. 232 f.;
    Schnorr v. Carolsfeld, 1928, S. 16, 45 f., Kat. Nr. 47;
    Schulz, 1928, S. 121-38;
    |Pazaurek, 1929, S. 7-21;
    Schulz, 1929, S. 77-88;
    Hofmann, 1932, S. 209-11, Abb. 159, 163 f., 199-201;
    Honey (1934), ²1946, S. 49-69, 78 f.;
    v. Falke, 1935, S. 202-10;
    Schönberger, 1953;
    Schnorr v. Carolsfeld (ed. E. Köllmann), ⁵1956;
    Backer, 1957, S. 28 f.;
    Blackburn, 1957, S. 33-37;
    Ducret, 1957, S. 38-40;
    Hayward, 1957, S. 20 f.;
    Müller, 1957, S. 20-25 (T. 2 in: Keramos 1, 1958);
    Schnyder v. Wartensee, 1957, S. 40-42;
    Seitler, 1957, S. 25-28;
    Seyffarth, 1957, S. 22-25;
    Wark, J. G. H., 1957, S. 29-33;
    Just, 1958, S. 35 f. (u. Nr. 45, 1959, S. 28);
    Walcha, H.s Propositionen, 1958, S. 32-40;
    ders., Gravamina, 1958, S. 18-21;
    Menzhausen-Handt, 1959, S. 292 f.;
    Walcha, H.s erstes Arbeitsj., 1959, S. 28-31;
    ders., H.s Reise, 1959, S. 13-16;
    Ducret, Frühmeißner Dekors, 1960, S. 21-30;
    Wark, 1961, S. 17 f.;
    Ducret, Dt. Porzellan, 1962, Tafel 5, 6 (Abb.);
    McNab Dennis, 1963, S. 10-21;
    Mields, 1963, S. 453-59;
    Walcha, H.-Chinoiserien, 1964, S. 6-13;
    Marik, 1965, S. 5-7;
    Menzhausen, Eine neue krypt. Signatur, 1965, S. 3 f.;
    Rückert, 1966, S. 29, 70 f., 84 f., 98. -
    P. W. Meister, Porzellan d. 18. Jh.: Slg. Pauls, Riehen, I, 1967, S. 80;
    I. Menzhausen, Krit. Bemerkungen zu e. Gruppe v. Meißner Walzenkrügen, in: Staatl. Kunstslgg. Dresden. Jb. 1967, 1969, S. 123-29;
    ThB;
    W. B. Honey, European Ceramic Art from the end of the Middle Ages to about 1815, a Dict., 1952, S. 304 f.

  • Porträts

    Radierung v. C. W. E. Dietrich, 1731, geätzt v. C. F. Boetius, 1769, Abb. G. W. Schulz, in: Mitt. d. Städt. Kunstgewerbe-Mus. z. Leipzig, Nr. 11/12, 1922. Abb. 102.

  • Autor/in

    Rainer Rückert
  • Zitierweise

    Rückert, Rainer, "Höroldt, Johann Gregor" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 362-364 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552236.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA