Lebensdaten
1878 – 1945
Geburtsort
Horowitz (Böhmen)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Chemiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 116928174 | OGND | VIAF: 49989786
Namensvarianten
  • Hönigschmid, Otto
  • Hönigschmid, Otto
  • Hoenigschmid, Otto
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Hönigschmid, Otto, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116928174.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann (1838–1915), k. k. Oberfinanzrat, S d. Lehrers Johann u. d. Marianna Stefek;
    M Maria (1850–1914), T d. Obergeometers Franz Borgias Janka u. d. Adelhaid Kerausch;
    Gablonz 1919 Amalia Dagmar (1899–1945), T d. Advokaten Dr. Josef Giebisch in Gablonz u. d. Katharina Thurnwald; kinderlos.

  • Biographie

    H. gilt als der letzte klassische Atomgewichtsanalytiker. Da er nach Studienjahren an der Deutschen Universität in Prag dort Doktorand (Promotion 1901), dann Assistent des Organikers G. Goldschmiedt wurde, betreffen seine frühen Publikationen Themen der organischen Chemie. Die Hinwendung|zur anorganischen und zur analytischen Chemie war die Folge zweier Studienaufenthalte, 1904-06 in Paris und 1909/10 in Cambridge (Mass.). Im Laboratorium von H. Moissan an der Sorbonne wurde H. mit den bei den hohen Temperaturen des elektrischen Ofens entstehenden Carbiden, Siliciden und Boriden vertraut. Diese Arbeiten setzte er in Prag fort und machte sie 1908 zur Grundlage seiner Habilitation. Im Jahre darauf lernte er in dem berühmten Atomgewichtsinstitut von Th. W. Richards an der Harvard University das Gebiet kennen, dem er seine Lebensarbeit widmen sollte. Schon 1911 konnte er – noch immer beurlaubter Assistent und Adjunkt von Prag – im neuen Wiener Radiuminstitut die erste exakte Atomgewichtsbestimmung des Radiums vornehmen. Im gleichen Jahre folgte er einem Ruf als außerordentlicher Professor für anorganische und analytische Chemie an die Deutsche TH in Prag (seit 1915 Ordinarius). 1918 nahm er ein auf Willstätters Initiative zurückgehendes Angebot des Bayerischen Kultusministeriums an, die gleichen Fächer an der Universität München zu vertreten. Bestimmend war die Aussicht auf ein Deutsches Atomgewichtslaboratorium, dessen Leiter H. bis zum Lebensende war. Die zunächst eingeräumte Honorarprofessur ging 1922 in ein Ordinariat über.

    H. hat die präparativen und analytischen Methoden zu höchster Vollkommenheit ausgebildet und galt als ihr unbestrittener Meister. Im Laufe der Jahre wurden von ihm und seinen zahlreichen Schülern und Mitarbeitern die Atomgewichte von fast 50 Elementen genau bestimmt, von Hafnium und Rhenium erstmals festgelegt. Mehrfach wurde nach unterschiedlichen Methoden gearbeitet. Wiederholte Kontrollen wurden vorgenommen. Dies galt besonders für die Festlegung derjenigen Elemente, die als „Basis“ zur Bestimmung anderer Elemente dienten (unter anderem Silber, die Halogene, Kalium, Barium, Schwefel; Publikationsreihe „Zur Kenntnis der fundamentalen Atomgewichte“). Bei Silber wurde eine Genauigkeit von 1: 100 000 erreicht.

    Ihre besondere Bedeutung und Anregung gewann die Atomgewichtsbestimmung im Zusammenhang mit der Radioaktivitätsforschung. Die Atomgewichte der Elemente radioaktiver Zerfallsreihen – unter ihnen Radium, Uran, Thorium, Ionium und Blei –, im H.schen Laboratorium bestimmt, brachten eine Bestätigung der Rutherfordschen Zerfallstheorie und des Verschiebungssatzes von Soddy und Fajans. Die Vermutung, daß Bleisorten verschiedener Provenienz unterschiedliche Atomgewichte haben, konnte H. durch Analyse verifizieren. Damit war die Isotopentheorie gesichert. H. legte auch erstmalig die unterschiedlichen Atomgewichte von Isotopen weiterer Elemente fest, nachdem Hevesy und Brönstedt bei Quecksilber und Kalium, Clusius und Dickel beim Chlor eine Verschiebung des natürlichen Mischungsverhältnisses gelungen war. Für die sich entwickelnde Massenspektrographie stellten die Ergebnisse aus H.s Laboratorium eine ständige erwünschte Revision und Ergänzung dar. In dem Bewußtsein, daß die modernen physikalischen Methoden die naßchemischen Verfahren ablösen würden, versuchte H., diese zu einem gewissen Abschluß zu bringen.

    Ein Großteil von H.s Lebensarbeit wurde durch die Zugehörigkeit zu Atomgewichtskommissionen beansprucht. Bereits 1920 nahm er an der organisatorischen Arbeit teil, als in Deutschland, das aus dem Conseil international des Recherches damals ausgeschlossen war, unter dem Vorsitz von Wilhelm Ostwald eine eigene Atomgewichtskommission aufgestellt wurde, der außer H. noch M. Bodenstein, O. Hahn und R. J. Meyer angehörten und deren Vorsitz H. nach Ostwalds Ausscheiden übernahm. Die 10 Jahresberichte dieser Kommission gehen vorwiegend auf H. zurück. Ihr Erscheinen wurde eingestellt, als 1930 unter Beteiligung Deutschlands erneut eine internationale Atomgewichtskommission ins Leben gerufen wurde. Wieder wirkte H. an maßgeblicher Stelle und zeichnete verantwortlich deren Berichte zusammen mit Baxter, M. Curie, P. Lebeau und R. J. Meyer, später mit Baxter, Guichard und Whytlaw-Gray. Diese Zusammenarbeit ließ sich über neutrale Vermittlung bis in den 2. Weltkrieg fortsetzen. – Schwer erkrankt, schied H. mit seiner Frau freiwillig aus dem Leben, als nach Zerstörung seines Institutes und seiner Wohnung 1945 die Beschlagnahmung einer neuen Zufluchtsstätte in München durch die Besatzungsmacht vorgesehen war.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1919), d. Leopoldina u. d. Dt. Ges. d. Wiss. u. Künste f. d. Tschechoslowak. Republik;
    Liebig-Gedenkmünze, Goethe-Medaille.

  • Werke

    u. a. Revision d. Atomgewichts d. Radiums u. Herstellung v. Radiumstandardpräparaten, in: SB d. Ak. d. Wiss. Wien 120, 1911;
    Analyse d. Radiumbromids, ebd. 121, 1912;
    Revision d. Atomgewichts d. Urans, ebd. 123, 1914;
    Das Atomgewicht d. Uranbleis (mit St. Horovitz), ebd.;
    Zur Kenntnis d. Atomgewichtes d. Urans (mit ders.), ebd. 124, 1915;
    Revision d. Atomgewichts d. Thoriums, Analyse d. Thoriumbromids (mit ders.), ebd. 125, 1916;
    Zur Kenntnis d. Atomgewichts d. Ioniums (mit ders.), ebd.;
    Radioelemente, in: Berr. d. Dt. chem. Ges. 49, 1916;
    1.-10. Ber. d. Dt. Atomgewichtskomm. (mit M. Bodenstein, O. Hahn u. R. J. Meyer), ebd. 54A - 63A, 1921-30;
    Zur Kenntnis d. Atomgewichte d. Quecksilberisotopen (mit L. Birckenbach), ebd. 56, 1923;
    Über d. Atomgewicht d. Hafniums, ebd. 58, 1925 (mit E. Zintl);
    1.-12. Ber. d. Atomgewichtskomm. d. Internat. Union f. Chemie (mit G. P. Baxter, M. Curie, M. Guichard, P. Lebeau, R. J. Meyer u. R. Whytlaw-Gray), ebd. 64A - 76A, 1931-43;
    Revision d. Atomgewichts d. Broms (Synthese d. Bromsilbers) (mit E. Zintl), in: Liebigs Ann. d. Chemie 433, 1923;
    Revision d. Atomgewichts d. Rheniums (Analyse d. Silberperrhenats) (mit R. Sachtleben), in: Zs. f. anorgan. u. allg. Chemie 191, 1930;
    Atomgewicht d. v. K. Clusius u. G. Dickel isolierten Chlorisotope 35Cl u. 37Cl (mit F. Hirschbold u. F. Wittner), ebd. 242, 1939.

  • Literatur

    E. Zintl, in: Zs. f. anorgan. u. allg. Chemie 236, 1938 (W-Verz.);
    ebd. 253, 1947;
    O. Hahn u. J. Mattauch, in: Naturwiss. 31, 1943;
    K. Clusius, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss., 1944/48;
    J. Goubeau, in: Zs. f. Naturforschung 1, 1946;
    L. Birckenbach, in: Chem. Berr. 82, 1949 (W-Verz., P);
    H. Wieland, in: Angew. Chemie 62, 1950 (P);
    Pogg. V-VII a.

  • Autor/in

    Grete Ronge
  • Zitierweise

    Ronge, Grete, "Hönigschmid, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 343-345 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116928174.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA