Lebensdaten
1773 – 1840
Beruf/Funktion
Bürgermeister von Aargau
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 135944120 | OGND | VIAF: 80373985
Namensvarianten
  • Effingen, Johann von (genannt)
  • Herzog, Johann
  • Herzog genannt von Effingen, Johann
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Herzog genannt von Effingen, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd135944120.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Herzog: Johann H., genannt v. Effingen, Bürgermeister des Kantons Aargau. geb. am 17. Januar 1773. am 21. December 1840; stieg aus bescheidensten Verhältnissen durch seltene natürliche Begabung, rastlose Energie des Willens und Unantastbarkeit des Charakters zu einem der geachtetsten schweizerischen Staatsmänner seiner Zeit empor, Sohn eines einfachen Landmannes im damals bernischen Dorfe Effingen am nördlichen Fuße des Bözberges, erhielt H. seine erste Bildung in der Dorfschule daselbst, in einer Privatanstalt in Lauffohr und bis zum 13. Jahre in der Stadtschule von Brugg an der Aare. Dann brachte er zur Erlernung des Französischen und praktischer Ausbildung in Handelsgeschäften ungefähr ein Jahr in Moudon (deutsch Milden) in der Wadt zu und lehrte 1787 heim, um dem Vater, der mit seiner Landwirtschaft ein Baumwollengewerbe verband, in diesem unter ihrer gemeinsamen Anstrengung sich allmählich erweiternden Geschäfte zur Seite zu stehen. Schon 1788 vermählt, nahm H. bald darauf Wohnsitz und Bürgerrecht in der Stadt Brugg. Seine Anlagen fanden lohnende Verwendung im erwählten Berufe. Von Jugend auf mit den Bedürfnissen und Anschauungen des Volkes vertraut, durch sein Handelsgeschäft auch in höhere Kreise eingeführt, unermüdlich sich selbst weiter bildend, war er durch das Geschick ausgezeichnet, mit welchem er jede Aufgabe erfaßte und Jedem, mit welchem er in Berührung kam, zu begegnen wußte. Entschiedenheit, strenges Rechtlichkeitsgefühl, ein heiteres und gewinnendes Wesen, aber auch|schlagfertiger Witz waren ihm eigen. Als Milizofficier bei der bernischen Besetzung des Wadtlandes im Herbste 1791 betheiligt, als Geschäftsmann bei Gelegenheit der Aufstellung eines Grenzkordons 1796 gebraucht, erwarb er sich Kenntniß in militärischen und Verwaltungssachen. Als der Umsturz der alten Eidgenossenschaft erfolgte und der Aargau, von Bern getrennt und zu einem eigenen Kanton erhoben, seine Vertreter in die obersten Behörden der helvetischen Republik zu senden hatte, wandten sich die Blicke der Wähler auch auf H.; im März 1798 trat er als Mitglied in den helvetischen Großen Rath. Er theilte die Anschauungen der neuen Zeit, schloß sich dem Gedanken des schweizerischen Einheitsstaates an, nahm aber an dem phantastischen und ausschweifenden Treiben der eigentlichen Revolutions- oder Patriotenpartei keinen Theil. Denn die Einsicht, mit welcher er die wirkliche Bedeutung der Dinge erkannte, — so daß er z. B. die Abschaffung der auf dem Grundbesitze haftenden sogen. Feudallasten, der Zehnten und Grundzinse, einmal treffend geradezu den „Hauptzweck der Revolution“ nannte, — ließ ihn Rücksichten der Klugheit und Mäßigung nicht aus den Augen setzen. Seine Geschäftstüchtigkeit wurde rasch erkannt und veranlaßte die Behörden ihm manche besondere Aufgabe zu übertragen. Im März 1799 Präsident des großen Rathes. wobei er die Eroberung von Graubünden durch die Franzosen unter Masséna feierte, wurde er kurz darauf mit dem Senator Schwaller nach Cur abgeordnet, um den Vereinigungstraktat der helvetischen Republik mit Bünden abzuschließen (21. April 1798). Später war er einer der helvetischen Commissäre bei Masséna's Armee und für die Organisation und Verpflegung der helvetischen Truppen bei dessen Heere thätig. Freilich hatte er nur zu oft auch reichliche Gelegenheit, das tyrannische Gebahren der fränkischen sogenannten Befreier, in der That jedoch räuberischen Gebieter Helvetiens gründlich kennen zu lernen, ließ es aber auch nicht an furchtlosem Widerstande dagegen fehlen. Im Mai 1798 erhob er sich im Großen Rathe gegen die Willkür des fränkischen Commissars. Rapinat in entschiedenster Sprache; 1799 äußerte er sich nicht weniger unumwunden gegen das helvetische Directorium unter Laharpe über die französischen „Blutegel“. Bei Laharpe's Sturz und der Auflösung des Directoriums am 7. Januar 1800 (s. Dolder, Joh. Rud.) blieb H. unbetheiligt; er hatte sich den einleitenden Beschlüssen im Großen Rathe widersetzt. Dennoch übertrug ihm der neue Vollziehungsausschuß sofort das wichtige Amt eines Commissärs bei dem neuen Befehlshaber der fränkischen Armee in der Schweiz und am Oberrhein, Moreau, den H. nun auf dem Feldzuge in Deutschland begleitete. Es gelang ihm dabei, für die Schweiz Erleichterungen, wie z. B. die Rücksendung der aus ihr requirirten Wagen und Pferde von Basel aus (Mai 1800), zu erlangen, und sein persönliches Verhältniß zu Moreau wurde ein sehr freundliches. Nachmals einst in einer Audienz von Kaiser Napoleon I. über Moreau befragt, erklärte er freimüthig, daß er dem General Achtung und Liebe bewahre. Inzwischen waren in der Schweiz der helvetische Senat und Große Rath am 7. August 1800 aufgelöst und durch den „Gesetzgebenden Rath“ ersetzt worden. Herzog's legislatives Mandat erlosch hiermit für einmal. Denn er wurde weder in diese neue Behörde, noch in den föderalistischen (Reding’schen) Senat und Großen Ruth berufen, die am 28. October 1801 den Gesetzgebenden Rath verdrängten. Indessen gab ihm auch die neue Vollziehungsbehörde, der Kleine Rath, — wol auf Antrieb seines aargauischen Landsmannes Dolder — unerwartet einen Beweis von Vertrauen, indem sie ihn am 29. October zum Regierungsstatthalter für den Kanton Aargau ernannte. Aber schon am 18. December traf ihn das Loos der Wiederabberufung von diesem Amte, in welchem er ohnehin Schwierigkeiten gefunden hatte (H. hatte rückständige Steuern durch militärische Execution eintreiben lassen müssen); er wurde durch einen|Anhänger der föderalistischen Partei, Hünerwadel, ersetzt. Als hingegen die Einheitsfreunde in den helvetischen Behörden durch den Staatsstreich vom 7. April 1802 wieder über ihre Gegner siegten und zur Entwerfung einer neuen Verfassung für die Republik eine Notabeluversammlung einberiefen, wurde auch H. zum Notabeln ernannt und übernahm zugleich interimistisch wieder das Amt des Regierungsstatthalters bis zur Wahl eines Nachfolgers, den ihm der Kleine Rath am 28. Juni 1802 in dem gewesenen helvetischen Finanzminister Rothpletz gab. Bekanntlich scheiterte übrigens der Versuch, die neue Verfassung für Helvetien ins Leben zu rufen, am Widerstande der großen Mehrheit des Schweizervolkes, das sich im September 1802 gegen die Regierung erhob und ohne das Eingreifen des französischen ersten Consuls sich ihrer entledigt hätte. Bonaparte gab jetzt der Schweiz und ihren Kantonen definitive Gestaltung, die sogenannten Mediationsverfassungen. H. war dem Aufstande fremd geblieben; er wurde während desselben von der im Aargau damals vorherrschenden bernisch gesinnten Partei mißtrauisch überwacht. Bei Einführung der neuen Kantonsverfassung im Frühjahr 1808 trat er hingegen wieder in die öffentlichen Geschäfte ein, als Mitglied und Secretär des aargauischen Großen Rathes, als Bevollmächtigter seines Kantons bei der vom Mediator eingesetzten Commission, welche die helvetische Nationalschuld zu liquidiren hatte, als Commissär für den Aargau bei der Auseinandersetzung zwischen den Kantonen Bern, Wadt und Aargau über das ehemalige bernische Staatsvermögen. Damals erwarb H. für seinen Kanton die werthvolle. einstens Zurlauben’sche Bibliothek aus dem Nachlasse der helvetischen Republik durch den in Freiburg — dem Orte all' dieser Verhandlungen — abgeschlossenen Vertrag vom 7. December 1803. Wirksam vertrat er ebendaselbst die Interessen seines Kantons rücksichtlich des durch die Mediation dem Aargau einverleibten Frikthales bei dem französischen Botschafter in der Schweiz, dem General Ney. Immer mehr wurde H. in kantonalen und eidgenössischen Angelegenheiten einflußreich. 1804 zweiter, 1805 erster aargauischer Gesandter an der Tagsatzung wirkte er bei deren Verathungen in den wichtigen Vorfällen dieser Jahre mit. Seit 1804 Mitglied des kantonalen Kriegsrathes, trat er am 8. Mai 1807 an die durch Dolder's Hinschied erledigte Stelle in den aargauischen Kleinen Rath ein — nach vorübergehender Mitgliedschaft im kantonalen Appellationsgerichte 1806/7. Nun Mitglied der Regierung wandte er sich hauptsächlich dem Finanz- und dem Militärwesen zu, war 1808 und 1809 wieder Tagsatzungsgesandter, Bevollmächtigter seines Kantons in langwierigen Unterhandlungen mit dem Großherzogthum Baden und 1810 Mitglied der Untersuchungscommission in Handelssachen, zu deren Aufstellung die Regierung von Aargau auf dringende Beschwerden Frankreichs über Nichtvollzug der napoleonischen Continentalsperre in der Schweiz sich genöthigt fand. In diesen Dingen war H. vorzüglich fachkundig. Denn damals begann der Aufschwung der schweizerischen Baumwollenfabrikation und H. selbst, 1810 nach Aarau übersiedelnd, legte jetzt hier, nach dem Vorgange von Escher, Wyß & Co. in Zürich (s. Escher, Joh. Casp., Bd. 6, S. 359), eine Baumwollenspinnerei an; ein Unternehmen, das er und seine Söhne allmählich erweiterten und mit ähnlichen verbanden, bis er es ganz ihrer Leitung überlassen konnte, unter der sich ihr Handelshaus zu einer der angesehensten Firmen der Schweiz erhob. Als drei Jahre später Napoleons Rückzug aus Rußland den europäischen Krieg gegen denselben herbeiführte und die eidgenössische Tagsatzung Ende 1813 Anstalten zur Behauptung der schweizerischen Neutralität traf, ward auch H. am 22. November zum eidgenössischen Obersten ernannt. Um so mehr mußte es ihn wie Andere schmerzen, daß das angestrebte Ziel sich als unerreichbar, der Durchmarsch der Heere der Alliirten durch die Schweiz sich unabwendbar erzeigte. Mit gemischten|Gefühlen erfüllte H. den Auftrag seiner Regierung, den Oberbefehlshaber der durch den Aargau ziehenden Heersäulen, den österreichischen Feldzeugmeister Grafen Colloredo-Mansfeld (f. diesen), bei dessen Einzuge in Aarau am 22. December 1813 zu empfangen. Schlimmer als das Verlangen der alliirten Mächte, die in ihrem ganzen Verfahren sich doch von entschiedenem Wohlwollen für die Schweiz beseelt zeigten, wurden für das Land die. unvermeidlichen Lasten des Durchmarsches ganzer Armeen, noch weit mehr aber die tiefe innere Zerrissenheit, der die Schweiz sofort anheimfiel, weil der Sturz Napoleons auch denjenigen seines Mediationswerkes herbeiführen mußte. Für den Kanton Aargau insbesondere wurden diese Zeiten schwer. Denn er hatte nicht nur jene Lasten mitzutragen, sondern zugleich seine politische Existenz gegen die Bestrebungen Berns zu behaupten, das die Wiedervereinigung des ihm einst ungehörigen protestantischen Aargau mit dem Kanton Bern beharrlich betrieb. Weder an Verwendung dafür bei den alliirten Mächten, noch an Vorschlägen ließ Bern es fehlen, die dem Aargau selbst und dessen einflußreichsten Persönlichkeiten diesen Wiederanschluß genehm zu machen geeignet schienen. Allein man fühlte allzusehr den Werth der seit 15 Jahren genossenen Selbständigkeit und H. insbesondere, dessen Bedeutung Bern wohl erkannte, lehnte alle derartigen Vorschläge entschieden ab, trat fest für die Unabhängigkeit seines Kantons auf und nahm an Vorbereitungen, dieselbe nöthigenfalls mit den Waffen zu behaupten, amtsgemäß Antheil. Erst die Rückkehr Napoleons von Elba im Frühjahr 1815 machte der Ungewißheit der Verhältnisse ein Ende. Auf die vom Wiener Congreß festgesetzten Grundlagen hin schritt die Tagsatzung zum Abschlusse des Bundesvertrages vom 7. August 1815, während ein schweizerisches Armeecorps unter General v. Bachmann (s. diesen) die Westgrenze der Schweiz besetzte und vorübergehend auch Frankreichs Boden betrat. Mittlerweile trat im Aargau im Januar 1815 eine neue kantonale Verfassung ins Leben, welche. wie anderwärts, die Gestaltung und Befugnisse der Volksvertretung zu Gunsten einer verstärkten Regierungsgewalt beschränkte. H. wurde in den neuen Kleinen Rath berufen, führte hier seine früheren Aufgaben weiter, bethätigte aber auch sofort seine Kraft in einem außerordentlichen Auftrage. Als in Bachmann's Armee bei einigen Bataillonen der Brigade des aargauischen Obersten Schmiel eine meutrische Bewegung ausbrach, wurde H. von seiner Regierung als Commissär nach Viel, dem Schauplatze der Unordnung, abgesandt und es gelang seinem energischen Auftreten, das an der Spitze stehende aargauische Bataillon Siegfried zur Pflicht zurückzuführen und dadurch die Bewältigung der Uebrigen durch die Anstalten des Generalquartiermeisters Finsler (s. oben Bd. VII. S. 26) zu erleichtern. Kurz zuvor hatte H. den Erzherzog Johann bei dessen Besuch auf Schloß Habsburg amtlich zu empfangen gehabt und war nachmals auch Mitglied der Regierungsdeputationen, welche die durch die Schweiz in ihre Staaten zurückkehrenden Monarchen, Kaiser Alexander I. und Franz II., in Brugg begrüßten. Immer ausschließlicher widmete er sich den öffentlichen Geschäften. Im Januar 1819 zum Bürgermeister erwählt, wurde H. dadurch eines der beiden Häupter seines Kantons. Während sein College Fetzer, aus dem Frikthale stammend, den katholischen Aargau und den Juristen- und Beamtenstand älterer Art an der Spitze der Regierung repräsentirte, vertrat H., der übrigens die Eigenthümlichkeiten aller Landestheile gründlich kannte und wohl zu berücksichtigen wußte, die Bedürfnisse und Anschauungen der protestantischen Bevölkerung und der industriellen Entwicklung des Landes und wurde mehr und mehr die einflußreichste Persönlichkeit desselben. Auch den Angelegenheiten der reformirten Landeskirche stand er nun als von Amtswegen Präsident ihres Generalcapitels (1821/1830) nahe. Besonders aber nahm ihn die Eidgenossenschaft in Anspruch. Uebungsgemäß führte er von 1820|an, abwechselnd mit Fetzer, jedes zweite Jahr die Stimme seines Kantons auf der Tagsatzung, wo er in militärischen, diplomatischen und Handelsangelegenheiten großes Ansehen genoß. 1828 für den Aargau Mitglied der obersten eidgenössischen Militäraufsichtsbehörde (unter den Kantonen bestand jährlicher Wechsel in der Ernennung), wurde er 1829, bei Finsler's Rücktritt, zum ersten, für drei Jahre gewählten Mitgliede ernannt, welchem neben dem jeweiligen Tagsatzungspräsidenten als Vorstand das Vicepräsidium in der Behörde zukam, und blieb nun — immer wieder bestätigt — bis an sein Lebensende in dieser wichtigen Stellung. 1827/8 mit Schultheiß Fischer in Bern und Staatsrath Perrot von Neuchâtel schweizerischer Bevollmächtiger zum Abschluß der Nachbarschaftstraktate mit Frankreich, wurde H. von König Karl X. durch Verleihung des Commandeurkreuzes der Ehrenlegion ausgezeichnet. Anfangs der zwanziger Jahre in Stuttgart in diplomatischen Aufträgen, wo soeben die Eröffnung neuer würtembergischer Salzwerke Gegenstand der öffentlichen Aufmerksamkeit war, legte er dem Könige Wilhelm den Gedanken nahe, für dieselben in der Schweiz, die auf den Bezug theuren französischen Salzes angewiesen war, ergiebigen Absatz zu suchen und vermittelte die Verwirklichung des günstig aufgenommenen Vorschlages. Der Erfolg desselben wurde Veranlassung zu besonderem bleibendem Wohlwollen des Königs für H. Mit dem Orden der würtembergischen Krone beehrt und fortan stets ein willkommener Gast im Schlosse zu Stuttgart hatte H. die Freude, daß ihm der König bei Gelegenheit einer Schweizerreise im J. 1839 die Ehre eines Besuches in seinem selbstgeschaffenen schönen Wohnsitze in Aarau erwies. So verflossen für H. die Jahre 1815—1830 in befriedigendster Wirksamkeit und mannigfacher Auszeichnung, als die Pariser Revolution von 1830 auch in der Schweiz eine tiefgreifende Umwälzung hervorrief. Obwol eine Schöpfung der Neuzeit, entging auch der Kanton Aargau einer solchen nicht und ehe noch die Behörden ihre Einleitungen vollendet hatten, dem im Volke verbreiteten Verlangen einer Revision der Verfassung zu entsprechen, wurde ihrer Wirksamkeit durch einen bewaffneten Aufstand der Massen ein Ziel gesetzt und alle Gewalt factisch einem außerordentlichen Verfassungsrathe und dessen Führern übertragen. Gegen H. persönlich richteten sich Mißgunst, Vorwürfe und Verdächtigung bei Vielen. Er blieb sich selbst getreu, vertheidigte seine Grundsätze und sein bisheriges Verhalten, wovon die Reden, mit denen er im Mai 1831 die letzte Sitzung des abtretenden Großen Rathes eröffnete und schloß, ein entschiedenes, merkwürdiges Zeugniß geben und ließ sich nicht zum Eintritt in die neue Regierung bewegen. Er beschränkte sich darauf, einem Rufe in den neuen Großen Rath zu folgen und nahm hier, wie im Verfassungsrathe, zu dessen Mitglied er doch auch ernannt worden war, seinen Sitz, wie er selbst sich ausdrückte: im rechten Centrum. Ihm blieb, neben dem allmählich wiederkehrenden Vertrauen seiner Mitbürger und des Rathes, der ihn zweimal zum Präsidium berief, seine Stellung in der Eidgenossenschaft. Vertrat er auch nicht mehr den Aargau im Schooße der Tagsatzung, so wurde er doch von Letzterer nicht nur in der eidgenössischen Militäraufsichtsbehörde festgehalten, sondern auch öfter zu wichtigen Aufträgen in Anspruch genommen: 1835 und 1836 zu Unterhandlungen mit den süddeutschen Nachbarstaaten und einer Sendung nach Stuttgart in Zoll- und Handelssachen; 1836 zu Commissionalberathungen über das schweizerische Münzwesen; zu Grenzbereinigungen mit dem Großherzogthum Baden u. A. m. Einem besonders wichtigen Geschäfte unterzog er sich 1833 als erster der zwei von der Stadt Basel bezeichneten Mitglieder der Theilungscommission, welche als Schiedsgericht laut Tagsatzungsbeschluß vom 26. August die Vermögenstheilung zwischen den Halbkantonen Basel-Stadt und Basel-Land zu ordnen hatte. So war der Abend seines Lebens herangekommen, als er 1838 mit seiner Gattin, umgeben|von einer zahlreichen Familie, deren Wohlstand er begründet hatte (sein Vater, 1817, hatte noch ihr Aufblühen gesehen), und begleitet von der Verehrung Vieler, die ihm Rath und Förderung mannigfacher Art zu danken hatten, das Fest seiner goldenen Hochzeit beging. Allmählich sanken aber seine körperlichen Kräfte und nach schwerer Krankheit im Winter 1839/40 erholte er sich nur vorübergehend wieder. Dennoch blieb sein Interesse für sein Vaterland lebendig. Im Sommer 1840 nahm er an Sitzungen des Großen Rathes neuerdings Antheil; noch im August vereinigte er sich mit drei ausgezeichneten Männern verschiedener Kantone zu einer gemeinsamen, freilich vergeblichen Verwendung bei der Tagsatzung zu Gunsten des von der bernischen Regierung im Schlosse Thorberg gefangen gehaltenen Altschultheißen Fischer von Bern und Haftgenossen (s. oben Bd. VII. S. 59). Aber bald kehrte sein Uebel wieder und führte am 21. December 1840 seinen allgemein betrauerten Hinschied herbei.

    • Literatur

      Trauerrede bei der Bestattung des Herrn J. Herzog, von Effingen am 25. Decbr. 1840 (von Pfarrer Pfleger in Aarau), Aarau, J. H. Christen. — Neuer Nekrolog der Deutschen, Jahrg. 1842, S. 1182. —
      Gallerie berühmter Schweizer der Neuzeit, in Bildern von Fr. u. H. Hasler, mit biogr. Text von Alfred Hartmann, Baden im Aargau bei Fr. Hasler. I. Bd. 1868, Nr. 29. —
      Herzog's Präsidialreden im Großen Rathe des Kantons Aargau, 1831 u. 1833. —
      Die schweizergeschichtlichen Werke von M. Schuler, Tillier u. A. m. — Persönliche Erinnerungen.

  • Autor/in

    G. v. Wyß.
  • Zitierweise

    Wyß, Georg von, "Herzog genannt von Effingen, Johann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 12 (1880), S. 265-270 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd135944120.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA