Lebensdaten
gestorben Ende 13. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Epiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118548360 | OGND | VIAF: 59875894
Namensvarianten
  • Heinrich
  • Freiberg, Heinrich von
  • Heinrich von Freiberg
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Heinrich von Freiberg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118548360.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Urkundlich nicht nachgewiesen, stammt vermutl. aus Freiberg in Sachsen.

  • Biographie

    H. nennt sich als Verfasser einer Fortsetzung des von Gottfried von Straßburg unvollendet hinterlassenen „Tristan“-Epos. Aus den Angaben im Prolog läßt sich entnehmen, daß er vermutlich zur Zeit Wenzels II. in Böhmen lebte, wo er im Auftrag des jungen Adeligen Reimund von Lichtenburg, der zwischen 1278 und 1329 urkundlich nachgewiesen ist, seinen „Tristan“ in 6890 Versen verfaßte. Der Text ist in 3 Handschriften (Florenz 13./14. Jahrhundert, Köln und Modena 15. Jahrhundert) und einem Bruchstück überliefert. Als Quelle dienten H. vor allem der aus dem 12. Jahrhundert stammende „Tristrant“ Eilharts von Oberg (der den von Gottfried verworfenen Erzählstrang repräsentiert) sowie die um 1230 anzusetzende, unbeholfene Gottfriedfortsetzung Ulrichs von Türheim, vielleicht aber auch noch jüngere französische Versionen oder mündliche Traditionen. H. kompiliert und akzentuiert die verschiedenen Erzählvorlagen mit großer Selbständigkeit, wobei er vor allem um höfische Verfeinerung und psychologische Glaubwürdigkeit bemüht ist. Charakteristisch für seine literarhistorische Stellung sind das Streben nach realistischer Deutung der Ereignisse und Zusammenhänge ebenso wie seine lehrhaften, christlich-bürgerlichen Anmerkungen. Sein Erzählstil ist präzise, durchsichtig, bisweilen genrehaft-anschaulich, er verrät eine umfassende Kenntnis der höfischen Epen des 13. Jahrhunderts Die sprachliche Fertigkeit H.s aber beruht vor allem auf dem mit großer Sensibilität anempfundenen künstlerischen Vorbild Gottfrieds, dem er gleichwohl nur in formaler Hinsicht, nicht aber durch innere Deutung des Stoffes und künstlerische Sinnfälligkeit nahezukommen vermag.

    Ob H. identisch ist mit dem gleichnamigen Verfasser dreier anderer Gedichte, ist bis heute nicht einhellig geklärt. Für die geringere Qualität der nur in einer einzigen, auf 1393 datierten (Wiener) Handschrift überlieferten „Legende vom Heiligen Kreuz“ könnte man die Vorlage ebenso verantwortlich machen wie die vermutliche Jugendlichkeit des Verfassers. Nicht minder umstritten ist die Zuschreibung der „Ritterfahrt des Johann von Michelsberg“ (eines zwischen 1283-1306 bezeugten böhmischen Ritters), die zuletzt Carl von Kraus auf Grund von Reimtechnik und Wortschatz dem Dichter des „Tristan“ abzusprechen versucht hat, während die Autorschaft H.s für den anonym (aber im Anschluß an die „Ritterfahrt“) überlieferten Schwank „Schrätel und der Wasserbär“ als wahrscheinlich gelten kann.

  • Werke

    Ausg.: H. v. F., mit Einl. üb. Stil, Sprache, Metrik, Qu. u. d. Persönlichkeit d. Dichters, hrsg. v. A. Bernt, 1906.

  • Literatur

    ADB VII (unter Freiberg);
    F. Bech, in: Germania 19, 1874, S. 420 ff.;
    E. Kraus, Über H. v. P.|ebd. 30, 1885, S. 1-18;
    W. Toischer, Die Heimat H.s v. F., in: Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in Böhmen 15, 1877, S. 149-52;
    F. Wiegandt, H. v. F. u. s. Verhältnis zu Eilhart u. Ulrich, Diss. Rostock 1879;
    S. Singer, Die Qu. v. H. v. F.s Tristan, in: ZDPZs. f. dt. Philol. 29, 1897, S. 73-86;
    E. Gierach, in: Sudetendt. Lbb. I, 1925, S. 93-96 (L);
    C. v. Kraus, Stud. zu H. v. F., in: Festschr. f. E. Gierach, 1941, S. 155-67, u. in: SB d. Bayer. Ak. d. Wiss., Phil.-hist. Abt., 1941, II, H. 5 u. 6;
    M. Müller, Der Stilwandel v. d. höf. z. späthöf. Dichtung, gezeigt am Tristan H.s v. F., Diss. München 1950 (ungedr.);
    A. Hilbrink, Der weltanschaul. Gehalt in H.s v. F. Tristan im Vergleich mit s. Qu., Diss. Marburg 1954 (ungedr.);
    Ehrismann II, 2, 2;
    de Boor-Newald III, 1;
    Vf.-Lex. d. MA II.

  • Autor/in

    Hadumod Bußmann
  • Zitierweise

    Bußmann, Hadumod, "Heinrich von Freiberg" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 407-408 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118548360.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Freiberg: Heinrich von F., höfischer Dichter des 13./14. Jahrhunderts, wahrscheinlich von dem obersächsischen Freiberg genannt, lieferte nach Ulrichs von Türheim Vorgange auf Wunsch eines böhmischen Magnaten Reinmund von Leuchtenburg oder Lichtenburg (die Handschrift schreibt Luchtenburc) Fortsetzung und Schluß zu Gottfrieds unvollendetem Tristan. Diese Dichtung Heinrichs, nach Sprache und Versbau der jüngeren Zeit, etwa dem Anfang des 14. Jahrhunderts angehörend, aber doch in der Weise der älteren classischen Erzählungskunst gehalten, gehört zu den besseren Erzeugnissen der Gottfried’schen Schule. Heinrich beruft sich wie einst Gottfried auf einen Thomas von Britannie als Gewährsmann doch das ist nur eine Anlehnung an des Meisters Worte, denn Heinrichs Quelle ist der andern sogenannten Eilhartischen, durch das deutsche Volksbuch vertretenen Tradition verwandt. Ob Heinrich wirklich nach einer Vorlage in lampartischer, d. i. italienischer Sprache arbeitete, wird noch zu untersuchen sein. — Geringer an dichterischem Werthe und darum wohl vor dem Tristan verfaßt sind die beiden anderen Schöpfungen Heinrichs: das Gedicht vom heiligen Kreuz und die Ritterfahrt des böhmischen Ritters Johann von Michelsberg nach Frankreich. Vielleicht darf dem Dichter auch die bekannte hübsche Erzählung vom Echrätel und vom Wasserbären zugeschrieben werden. Heinrichs Dichtersprache scheint auf jüngere Dichter, namentlich aber auf den Oesterreicher Peter Luchenwirt nicht ohne Einfluß geblieben zu sein. Directe historische oder urkundliche Nachrichten besitzen wir nicht über Heinrich, ebensowenig litterarische Zeugnisse. Seine Heimath ist wegen mannigfacher mitteldeutscher Elemente in seinem Dialecte zunächst in Mitteldeutschland zu suchen, und da würde sich die Stadt Freiberg als Heimathort oder mindestens als Stammort seiner Familie von selbst darbieten. Aber Heinrichs Dialect ist keineswegs specifisch mitteldeutsch, ja er weist selbst oberdeutsche Elemente auf. Diese gemischte, gewissermaßen einen Compromiß zwischen Mittel- und Oberdeutsch erstrebende Sprache ließe sich recht gut mit einem längeren Aufenthalte eines geborenen Mitteldeutschen in Böhmen|erklären. Ueberdies liegt die Stadt Freiberg schon an der Grenze des mitteldeutschen Sprachgebietes. Fedor Bech hat aus obersächsischen Urkunden des 13. und 14. Jahrhunderts ein Geschlecht „von Freiberg“ nachgewiesen; namentlich begegnet ein Heinrich von F. zu Anfang des 14. Jahrhunderts in Halle an der Saale als begüterter und in städtischen Angelegenheiten einflußreicher Mann. Der Zeit und vielleicht auch der Heimath nach könnte dieser der Dichter sein, aber innere Gründe sprechen doch dagegen. Eher dürfte Heinrichs Heimath mit Wendelin Toischer auf den Besitzungen der böhmischen Lichtenburger zu suchen sein. Vielleicht gelingt es noch, Heinrich in böhmischen Urkunden nachzuweisen.

    • Literatur

      Quellen und Litteratur in der Einleitung zu: Heinrichs von Freiberg Tristan. Herausgegeben von Reinhold Bechstein. Leipzig 1877 (in der Sammlung: Deutsche Dichtungen des Mittelalters, herausgegeben von Karl Bartsch, 5. Bd.). Zur ästhetischen Würdigung des Tristangedichts von H. vgl. Tristan und Isolt in den Deutschen Dichtungen der Neuzeit von Reinhold Bechstein. Leipzig 1876, S. 85 ff. — Die kleineren Dichtungen Heinrichs sollen in der von Ernst Martin herausgegebenen Bibliothek der mittelhochdeutschen Litteratur in Böhmen durch Alois Hruschka in kritischer Bearbeitung veröffentlicht werden.

  • Autor/in

    R. Bechstein.
  • Zitierweise

    Bechstein, Reinhold, "Heinrich von Freiberg" in: Allgemeine Deutsche Biographie 7 (1878), S. 335-336 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118548360.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA