Lebensdaten
1798 – 1867
Geburtsort
Rothenburg/Tauber
Sterbeort
Erlangen
Beruf/Funktion
Mathematiker ; Professor der Mathematik
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117223522 | OGND | VIAF: 32768370
Namensvarianten
  • Staudt, Karl Georg Christian von
  • Staudt, Carl von
  • Staudt, Karl Georg Christian von
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Staudt, Carl von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117223522.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus seit 1399 nachweisbarer Patrizierfam. in R., d. 1700 nobilitiert wurde;
    V Christian (1755–1828, Ratskonsulent in R., bayer. Stadtger.rat ebd., S d. Jeremias Christian (1724–1802, letzter Regierender Bgm. d. Reichsstadt R., u. d. Sabina v. Staudt (1723–93);
    M Sabine (1770–1857), T d. Daniel Augustin Albrecht (1737–78, Ratsherr in R., u. d. Sabine Lucia Merklein;
    Urur-Gvv Nikolaus Philipp (1660–1722, Reichsrr. 1700), Ratsherr in R.;
    Ur-Gvv Johann Balthasar (1694–1775, Ratsherr in R.;
    Tante-v Sophie Elisabeth (1749–1824, Friedrich Albrecht, 1749–1814, Dr. med., Arzt in R.);
    Nürnberg 1832 Johanne (Jeanette) (1809–49), T d. Konrad Ernst Drechsler, Patrimonialrichter in Nürnberg;
    1 S Eduard (1833–99, Louise Friederike Braun, * 1848, T e. bayer. Oberappellationsger.rats), bayer. Forstmeister, 1 T Mathilde (1835–85, August Papellier, 1834–94, Dr. iur., Erster rechtskundiger Bgm. v. E., bayer. Reg.rat, 1881–87 dt.-freisinniger Abg. im RT f. d. Wahlkr. Oberfranken, 1893–94 Abg. im bayer. LT f. d. Wahlkr. Bayreuth, s. Erlanger Stadtlex.);
    E Charlotte Papellier (1866–1955, Karl Rr. v. Goebel, 1855–1932, bayer. Personaladel 1909, o. Prof. d. Botanik in Rostock, s. NDB VI);
    Vt Wilhelm Albrecht (1785–1868, Landwirtsch.lehrer, nassau. Geh. Reg.rat (s. NDB I; Nassau. Biogr.; Th. Gerber, Persönlichkeiten aus Land- u. Forstwirtsch., Gartenbau u. Veterinärmed., 2004).

  • Biographie

    S. besuchte zunächst das Progymnasium in Rothenburg und wechselte dann auf das Gymnasium in Ansbach. Dort wurde er von seinem Mathematiklehrer Karl Heribert Ignatius Buzengeiger (1771–1835) gefördert, bei dem S. nach dem Abitur 1817 Privatunterricht erhielt. 1819–22 studierte er bei Karl Friedrich Gauß (1777–1855) in Göttingen, mußte dann jedoch aufgrund familiärer Verpflichtungen und zur Verwaltung der Familiengüter nach Bayern zurückkehren. Aufgrund einer Beurteilung von Gauß wurde S. 1822 ohne Dissertation von der Univ. Erlangen zum Dr. phil. promoviert und legte gleichzeitig das bayer. Staatsexamen für das Höhere Lehramt ab. Er unterrichtete an Würzburger Gymnasien und wurde an der dortigen Universität 1824 auf Wunsch des Kronprinzen Ludwig, aber gegen den Willen der Fakultät Privatdozent. Als Protestant konnte er nicht richtig Fuß fassen und wechselte 1827 nach Nürnberg als Professor am Gymnasium und an der Polytechnischen Schule. Eine durch den Mathematiker und Astronomen Friedrich Wilhelm Bessel (1784–1846) erwirkte Berufung an die Univ. Königsberg (Pr.) lehnte der heimatverbundene und seinem Rothenburger Besitz verpflichtete S. ab. Er erhielt 1835 als Nachfolger von Johann Wilhelm Andreas Pfaff (1774–1835) einen Lehrstuhl für Mathematik an der Univ. Erlangen, wo er bis zu seinem Tod tätig war (1849/50 u. 1855/56 Dekan).

    Am Beginn von S.s wiss. Karriere standen astronomische Berechnungen im Auftrag von Gauß, auf die dieser in Veröffentlichungen lobend hinwies. S.s Verdienste in der numerischen und angewandten Mathematik spielten bei seiner Berufung auf den Lehrstuhl in Erlangen eine bedeutende Rolle. Seine wichtigste und bis heute fortwirkende math. Leistung betrifft die Grundlegung der modernen projektiven Geometrie. Dabei geht es um geometrische Sachverhalte, die sich ohne Messen gewinnen lassen, eine reine Inzidenzgeometrie, in der nur Punkte, Geraden und Ebenen, sowie ihre gegenseitigen Beziehungen eine Rolle spielen. S. formulierte und bewies 1847 den heute als „Fundamentalsatz der projektiven Geometrie“ bezeichneten Sachverhalt, wonach „jede Projektivität einer Geraden auf sich mit drei Fixpunkten gleich der Identität ist“. Im Bereich der Zahlentheorie legte S. 1840 eine Arbeit über die Nenner der Bernoullischen Zahlen vor, die Auswirkungen bis in die moderne algebraische Topologie hat (Beweis e. Lehrsatzes, d. Bernoullischen Zahlen betreffend, in: Crelles Journal f. d. reine u. angewandte Mathematik 21, 1840, S. 372–74). Sowohl diese Arbeit als auch S.s Überlegungen zur Geometrie der Lage sind von bleibender Aktualität, werden nach wie vor zitiert und auf Tagungen erörtert.

  • Auszeichnungen

    A bayer. Verdienstorden v. Hl. Michael;
    korr. Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1863);
    Mitgl. d. Physikal.-med. Soz. in Erlangen;
    – K. v. S.-Taler d. Sparkasse Rothenburg ob d. Tauber (1984); K. v. S.-Preis d. Otto u. Edith Haupt-Stiftung (seit 1991).

  • Werke

    Geometrie d. Lage, 1847, ital. 1888;
    Btrr. z. Geometrie d. Lage, 3 T., 1856–60.

  • Literatur

    ADB 35;
    C. W. Borchardt, in: Crelles Journal f. d. reine u. angewandte Math. 67, 1866, S. 217;
    M. Noether, in: Jber. d. Dt. Mathematiker-Vereinigung 32, 1923, S. 97–119 (P);
    G. Böhmer, K. S., 1953 (P);
    J. E. Hofmann, in: Ll. Franken VI, 1960, S. 536–48;
    | R. Fritsch, Ein Lehrer u. zwei Schüler, Buzengeiger, v. S. u. Feuerbach, in: H. Sund u. M. Timmermann (Hg.), Auf d. Weg gebracht, Idee u. Wirklichkeit d. Gründung d. Univ. Konstanz, 1979, S. 139–60;
    ders., K. S., Math. u. biogr. Notizen, in: R. Seising, M. Folkerts u. U. Hashagen (Hg.), Form, Zahl, Ordnung, Studien z. Wiss.- u. Technikgesch., 2004, S. 381–414;
    H. Freudenthal, The impact of S.s foundations of geometry, in: ders., Geometry, S.s point of view, 1981, S. 401–25;
    I. S. Slavutskii, S. and arithmetical properties of Bernoulli numbers, in: Historia Scientiarum, 2. Serie, Bd. 5, 1995, S. 69–74;
    Pogg. II, III;
    DSB 13;
    Complete DSB;
    Lex. bed. Naturwiss.;
    Erlanger Stadtlex.;
    Erlanger Professoren III;
    zur Fam:
    Gotha. Geneal. Tb. d. Briefadeligen Häuser 11, 1907, S. 741–43;
    ebd. 22, 1930, S. 780–83;
    R. Müller, Aus d. Ahnentafeln dt. Mathematiker, in: Fam. u. Volk 4, 1955, S. 42 f.;
    GHdA 131, Adelslex. 14, 2003;
    GHdA Bayern 23, 2000, S. 907–12.

  • Autor/in

    Rudolf Fritsch
  • Zitierweise

    Fritsch, Rudolf, "Staudt, Carl von" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 88-89 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117223522.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Staudt: Karl Georg Christian v. St., Mathematiker, geboren am 24. Januar 1798 zu Rothenburg an der Tauber, am 1. Juni 1867 in Erlangen. Er gehörte einer Rothenburger Patricierfamilie an, deren Mitglieder durch viele Geschlechter hindurch die Regierung der heimischen freien Reichsstadt führen halfen. Auch sein Vater, Georg v. St., war als Raths-Consulent thätig. Christian v. St. besuchte seit 1814 das Gymnasium zu Ansbach, von wo er mit der Ehrenmedaille entlassen zum Studium der Mathematik nach Göttingen ging. Er ist einer der sehr wenigen Mathematiker gewesen, die man Schüler von Gauß in dem Sinne nennen kann, daß sie zu dem Lehrer in näherer Beziehung standen. Gauß verschmähte es nicht, St. Aufgaben zu stellen, und ihm, wenn er die Lösung brachte, seine eigene Bearbeitung der Frage zu übergeben, wobei Gauß einmal die scherzhafte, in seinem Munde unerhörte Bemerkung machte, er hoffe auf gegenseitige Befriedigung. Im Jahre 1822 machte St. zuerst in Erlangen das Doctor-, dann in München das Lehrerexamen mit glänzendem Erfolge und wurde noch im gleichen Jahre als Professor am Gymnasium in Würzburg angestellt. Daneben habilitirte er sich als Privatdocent an der dortigen Hochschule. Das Jahr 1827 brachte Staudt's Versetzung nach Nürnberg als Professor an das Gymnasium und als Lehrer an die polytechnische Schule; endlich 1835 wurde St. als ordentlicher Professor der Mathematik an die Universität Erlangen berufen, und in dieser Stellung blieb er bis zu seinem Tode. Diese Erfolge in seiner Laufbahn verdankte St. einzig seiner Lehrthätigkeit, denn bis 1835 hat er nur zwei Schulprogramme veröffentlicht (1825 und 1831), deren ersteres einen einfachen Beweis des Gauß’schen Kreistheilungssatzes enthielt. Die Beziehungen zu Gauß sind auch in mehreren Abhandlungen zu erkennen, welche St. im Crelle’schen Journale veröffentlichte. Auf die Construction des 17eckes, einen besonderen Fall der Kreistheilung, lenkte er 1842 (Crelle XXIV) sein Augenmerk und kam in einer nachgelassenen Abhandlung abermals auf die Kreistheilung zurück; der Fundamentalsatz der Algebra von der Zerlegbarkeit jeder ganzen rationalen Function einer Veränderlichen in lineare Factoren beschäftigte ihn 1845 (Crelle XXIX). Auch der Staudt’sche Satz von den Bernoulli’schen Zahlen aus dem J. 1840 (Crelle XXI) gehört der gleichen Richtung an; in ihm hat St. die Gesetzmäßigkeit in der Bildung der Nenner der sogen. Bernoulli’schen Zahlen erkannt und klargelegt. Eine ganz andere Richtung schlug dagegen das 1847 im Druck erschienene Buch „Geometrie der Lage“ ein, welchem 1856 und 1857 noch zwei Hefte „Beiträge zur Geometrie der Lage“ nachfolgten. Das Epochemachende an diesem Werke ist die Lostrennung der Beziehungen der Lage von allen messenden Untersuchungen. Die Begründer der neueren synthetischen Geometrie in unserem Jahrhunderte haben es sämmtlich nicht vermieden, auch von metrischen Beziehungen Gebrauch zu machen, St. war der Erste, der sich davon unabhängig zu machen wußte, der alle Sätze, welche aus der gegenseitigen Lage auf einander bezogener Raumgebilde folgen, auch durch bloße Betrachtung der Lagenverhältnisse ableitete. Und auch eine zweite geometrische Leistung Staudt's hat die|Grenzen der Wissenschaft hinausgerückt. Er hat es verstanden, einen Weg zu bahnen, der das Imaginäre sicher in das Bereich geometrischer Untersuchung einbeziehen läßt.

    • Literatur

      Vgl. Nekrolog verfaßt von Dr. v. Martius in Grunert's Archiv XLIX, Litterarischer Bericht CLXXXXIII, 1—3. — Crelle's Journal LXVII, 217. — Poggendorff, Biogr.-litterar. Handwörterbuch II, 987.

  • Autor/in

    Cantor.
  • Zitierweise

    Cantor, Moritz, "Staudt, Carl von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 35 (1893), S. 520-521 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117223522.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA