Lebensdaten
1823 – 1876
Geburtsort
Ulm
Sterbeort
Stuttgart
Beruf/Funktion
württembergischer Kultusminister
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116763973 | OGND | VIAF: 59844027
Namensvarianten
  • Golther, Karl Ludwig von
  • Golther, Ludwig (bis 1868)
  • Golther, Karl Ludwig (bis 1868)
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Zitierweise

Golther, Ludwig von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116763973.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gottlieb Ludw. (1789–1836), Oberjustizsekr. in U., S d. Obertribunalrats Carl Aug. in Tübingen u. d. Joh. Gottliebin Steinweeg (T d. Gg. Frdr. St., 1701–62, Prof. d. Theol., s. ADB 36);
    M Anna Maria (1795–1854), T d. Proviantschreibers Albrecht Frdr. Röscheisen in U. u. d. Maria Regina Dapp;
    Stuttgart 1850 Fanny (1822–81), T d. Hofkammerbaumeisters Wilh. Frdr. Autenrieth (1793–1835) u. d. Karoline Frieder. Oppel;
    1 S, 1 T, u. a. Wolfgang (s. 2).

  • Biographie

    G., der nach dem Besuch der höheren Schule seiner Heimatstadt Ulm und einem Rechts- und Philosophiestudium in Tübingen (1841–44) die Verwaltungslaufbahn eingeschlagen hatte, wurde wegen seiner außergewöhnlichen Begabung und umfangreichen Kenntnisse nach Ableistung seiner Ausbildungszeit als Gerichtsaktuar in Künzelsau und als Assessor in Ellwangen 1851 als Regierungsrat in die Ablösungskommission nach Stuttgart berufen. Er empfahl sich durch seine Leistungen so sehr, daß ihm bald weitere Ämter übertragen wurden: 1852 trat er dem Verwaltungsrat der Allgemeinen Brandversicherungsanstalt bei, 1856 wurde er in die Oberregierung berufen, 1857 in den Vorstand der Adelsmatrikelkommission, und 1858 kam er als Oberregierungsrat in das württembergische Innenministerium.

    Als der derzeitige Kultusminister, Staatsrat von Rümelin, im März 1861 seinen Rücktritt einreichen mußte, weil die Ständevertretung das von ihm mit der Kurie in Rom geschlossene Konkordat verwarf, wurde G. mit der Leitung des Departements des Kirchen- und Schulwesens betraut. Ihm gelang es, die umstrittene Frage in dem „Gesetz über das Verhältnis von Staat und katholischer Kirche“ vom 30.1.1862 einer allseits befriedigenden Lösung zuzuführen. Darin liegt sein bleibendes Verdienst. Als Kultusminister (1864 wirklicher Minister) bemühte er sich um die Gründung neuer und die Hebung der bestehenden Schulen. Unter ihm erstand das erste Realgymnasium in Stuttgart, erhielt die Universität Tübingen eine naturwissenschaftliche Fakultät; 1867 wurde er Präsident des Geheimen Rats.

    So glücklich G.s Hand in kulturellen Dingen war, so sehr exponierte er sich auf politischem Gebiet. Als überzeugter Großdeutscher bekämpfte er zusammen mit seinem Freund Schaffte ein Zusammengehen mit Preußen in Wort und Schrift. Die politische Entwicklung zwang ihn daher, seine Ämter am 23.3.1870 niederzulegen. Dafür wurde ihm das Präsidium des evangelischen Konsistoriums übertragen, 1872 das der Zentralleitung des württembergischen Wohltätigkeitsvereins. – Dadurch fand er Gelegenheit, seinen wissenschaftlichen Neigungen nachzugehen. 1874 erschien seine Abhandlung „Der Staat und die katholische Kirche im Königreich Württemberg“, in der er darlegte, daß Württemberg bereits 1862 die Lösung vorweggenommen hatte, mit der Bismarcks Kulturkampf beendet wurde. Vor allem aber beschäftigten ihn philosophische Studien, namentlich über das Verhältnis von Idealismus und Materialismus. Ein Manuskript, in dem er die ganze Geschichte der Philosophie durchwanderte, kam nicht mehr zum Druck. Aus dem Nachlaß veröffentlichte F. Th. Vischer „Der moderne Pessimismus“ (1878), eine Auseinandersetzung G.s mit Schopenhauer und E. von Hartmann. Es ging G. um den Nachweis, daß eine materialistische und einseitig empirische Weltauffassung das Weltdasein nicht zu erklären vermag und den Niedergang von Wissenschaft und Kultur zur Folge hat, während das innere Recht und die geistige Macht stets auf seiten des Idealismus stehen. – G. erfreute sich großer Beliebtheit und wurde auch von seinen politischen Gegnern geschätzt.|

  • Auszeichnungen

    Dr. rer. nat. h. c. (Tübingen), Ehrenbürger v. Stuttgart u. Weilderstadt.

  • Literatur

    ADB IX;
    Staatsanz. f. Württemberg v. 19.9.1876;
    Literar. Beil. d. Staatsanz. 1878, S. 81-85;
    Ev. Kirchen- u. Schulbl. f. Württemberg 37, 1876, S. 321 f.;
    Volksschule, 1876, S. 433-40;
    F. Th. Vischer, Die Verlegung d. Univ. Tübingen nach Stuttgart, Memoire an d. Kultusmin. L. v. G., in: Süddt. Mhh. 1, 2, 1904, S. 9;
    E. v. Georgii-Georgenau, Biogr.-Geneal. Bll. aus u. üb. Schwaben, 1879, S. 269 f.;
    Kabinetts- u. Geheimeratsakten d. Hauptstaatsarchivs Stuttgart.

  • Porträts

    Phot. (Stuttgart, Württ. Landesbibl.).

  • Autor/in

    Robert Uhland
  • Zitierweise

    Uhland, Robert, "Golther, Ludwig von" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 625-626 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116763973.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Golther: Ludwig v. G., würtembergischer Staatsmann, geboren den 11. Januar 1823 in Ulm, den 17. September 1876 in Stuttgart. Er besuchte die Schulen seiner Geburtsstadt, wo sein Vater Oberjustizsecretär war, studirte von 1841—44 in Tübingen die Rechte, widmete sich aber gleichzeitig auch eifrig dem Studium der Philosophie, wurde dann Gerichtsactuar in Künzelsau und 1850 Gerichtsassessor in Ellwangen. 1851 erfolgte seine Berufung als Regierungsrath bei der Ablösungscommission nach Stuttgart und 1858 seine Ernennung zum Oberregierungsrath im Ministerium des Innern. Als im März 1861 die Mehrheit der Volksvertretung das für Würtemberg mit Rom abgeschlossene Concordat verwarf und in Folge dessen der Chef des Cultusdepartements, Staatsrath v. Rümelin, abtrat, wurde G. zu dessen Nachfolger ernannt und übernahm damit die schwierige Aufgabe, die kirchlichen Angelegenheiten durch ein neues Gesetz zu regeln. Dasselbe kam am 30. Januar 1862 glücklich zu Stande und löste zu allseitiger Befriedigung die wichtige Frage, betreffend das Verhältniß der Staatsgewalt zur katholischen Kirche. G. hat sich mit dieser an seinen Namen geknüpften Gesetzgebung ein bleibendes Verdienst um Würtemberg erworben. Zugleich war er eifrig bemüht, Wissenschaft und Kunst zu fördern und zu Pflegen, sowol durch Hebung der vorhandenen, wie durch Gründung|neuer Bildungsanstalten, Berufung ausgezeichneter Lehrkräfte und einsichtsvolles Wirken im Sinne echter Humanität und Aufklärung. 1864 erfolgte seine Ernennung zum wirklichen Minister und 1867 wurde ihm das Präsidium des „Geheimen Raths“ übertragen. G. war dadurch zu der wirksamsten und maßgebendsten Stellung in Würtemberg gelangt. Schon vor dem Kriege von 1870 jedoch mußte er diese Aemter niederlegen. Er hatte sich immer fester der großdeutschen Partei angeschlossen, welche ein enges Bündniß mit Preußen bekämpfte, und so glücklich seine Thätigkeit als Cultusminister erschien, so ungünstig drohte sie in politischer Hinsicht zu werden. Ein Ministerwechsel war deshalb unvermeidlich, und G. widmete sich von nun an hauptsächlich humanen Interessen. Er wurde Präsident des evangelischen Consistoriums, 1872 auch Präsident der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins. Zugleich befaßte er sich eifrig mit schriftstellerischen Arbeiten und veröffentlichte 1874 das gründliche Werk „Der Staat und die katholische Kirche im Königreich Würtemberg", womit er einen gewichtigen Beitrag zu der Angelegenheit des sogenannten „Culturkampfs" lieferte und den Nachweis führte, wie Würtemberg in allem Wesentlichen bereits 1862 festgestellt hat, was später der Inhalt der preußischen „Maigesetze“ geworden. Ein größeres philosophisches Werk „Ueber Idealismus und Materialismus“ konnte er nicht mehr völlig zum Abschluß bringen. Ein Auszug daraus ward nach seinem Tode herausgegeben: „Der moderne Pessimismus. Studie aus dem Nachlaß des Staatsministers Dr. L. v. G. Mit einem Vorwort von Fr. Th. Bischer“ (1878). Nach wenigen Tagen schweren Leidens machte ein heftiges Nervenfieber seinem Leben ein Ende. G. war ein hochbegabter, kenntnißreicher Mann, der sich großer Beliebtheit erfreute und auch von seinen politischen Gegnern sehr geschätzt wurde.

  • Autor/in

    Blanckarts.
  • Zitierweise

    Blanckarts, Moritz, "Golther, Ludwig von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 347-348 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116763973.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA