Lebensdaten
1714 – 1786
Geburtsort
Leipzig
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Botaniker
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 116657812 | OGND | VIAF: 62305968
Namensvarianten
  • Gleditsch, Johann Gottlieb
  • Gleditsch, Ioannes Gottlieb
  • Gleditsch, J.G.
  • mehr

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Gleditsch, Johann Gottlieb, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116657812.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Caspar ( 1747), Stadtmusikus in L.;
    M Anna Sophia ( 1749), T d. Siegfried Müller, Amtsschultheiß in Unterröblingen b. Eisleben;
    1744 Anna Theodora, T d. David Frdr. Walther, Oberpfarrer in Drossen u. Insp. d. Kr. Sternberg/Neumark;
    4 S (2 früh †), 3 T.

  • Biographie

    G. studierte 1728-35 in Leipzig Philosophie (Promotion 1732) und Medizin und widmete sich besonders der Botanik unter A. W. Plaz und J. E. Hebenstreit. Während dessen Afrikareise (1731–35) übernahm G. die Aufsicht über den Boseschen Garten und zeitweilig über den akademisch-botanischen Garten. Nach kurzer Tätigkeit als praktischer Arzt in Annaberg ging er noch 1735 zur Vertiefung seiner anatomischen und chirurgischen Kenntnisse an das Collegium medico-chirurgicum nach Berlin, übernahm 1736 die Aufgabe, von Zietens Gärten in Trebnitz zu beschreiben, und wurde 1740 Kreisphysikus in Lebus. 1742 promovierte er an der medizinischen Fakultät in Frankfurt/Oder und hielt dort Vorlesungen über Physiologie und medizinische Botanik, bis er 1744 zum ordentlichen Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften ernannt wurde. Vor seiner Übersiedlung nach Berlin (1744) vermittelte ihm eine Reise durch Thüringen reiche forstbotanische Erfahrungen. 1746 wurde G. nach Ablehnung eines Rufes nach Petersburg 2. Professor am Collegium medico-chirurgicum und Direktor des botanischen Gartens Berlin. Neben seinen medizinischen Lehrämtern übernahm er ab 1768 auch forstwissenschaftliche Vorlesungen und wurde 1780 Mitglied der Hofapothekenkommission. – G.s Wirken auf den Gebieten der Medizin, Pharmazie, Land- und Forstwirtschaft war außerordentlich vielseitig. Besonderes Aufsehen erregten seine Versuche über die Sexualität der Pflanzen, die er ab 1749 mit zweihäusigen Bäumen anstellte und 1753 auf die Pilze ausdehnte. Auch mit Experimenten über die äußerlichen Bewegungen der Gewächse, bei denen er den Einfluß von Witterungsfaktoren auf Pflanzenorgane nachwies, sowie mit Beobachtungen über die Rolle der Insekten bei Befruchtung der Pflanzen war er seiner Zeit voraus. Frühzeitig erkannte er die Bedeutung Linnés, verteidigte bereits ab 1740 dessen System mit der Abhandlung „Consideratio epicriseos Siegesbeckianae in Linnaei systema plantarum sexuale…“ (Berlin 1740) und suchte es später – allerdings weniger erfolgreich – auch zu verbessern. Hervorragend war er an der Begründung und Entwicklung der Forstwissenschaft in Deutschland beteiligt. Er führte nicht nur damals allgemein übliche Versuche zur Einbürgerung fremdländischer Nutzhölzer planmäßig durch, sondern hob mit seinem Werk „Systematische Einleitung in die neuere, aus ihren eigentümlichen physikalisch-ökonomischen Gründen hergeleitete Forstwissenschaft“ (2 Bände, Berlin 1775, Porträt in I) die Forstbotanik über das Stadium bloßer Empirie hinaus. G. war der erste Hochschullehrer, der die forstkundlichen Vorlesungen an der neugegründeten Forstlehranstalt auf naturwissenschaftlicher Grundlage vortrug.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Leopoldina (1744) u. d. Ak. d. Wiss. Berlin, Rom, St. Petersburg u. Stockholm.

  • Werke

    Weitere W u. a. Catalogus plantarum, quae tum in horto Domini de Zieten Trebnizii coluntur, tum et in vicinis locis sponte nascuntur, Leipzig 1737;
    De methodo botanica, dubio et fallaci virtutum in platis indice, Diss. Frankfurt/O. 1742;
    Essai d’une fécondation artificielle, fait sur l’espèce Palmier, qu’on nomme Palma dactylifera fol flabelliformi, in: Histoire de l’académie royale|des sciences et des belles lettres de Berlin année 1749, Berlin 1750;
    Methodus fungorum exhibens genera, species et varietates cum charactere, differentia specifica, synonomis, solo, loco et observationibus, ebd. 1753;
    Systema plantarum a staminum situ, ebd. 1764;
    Vermischte physikal.-botan.-öconom. Abhh., 3 Bde., Halle 1765-67;
    Vermischte Bemerkungen aus d. Arzneywiss., Kräuterlehre u. Öconomie, Leipzig 1768 (S. 1-44: Neue physikal. Erfahrungen üb. d. äußerl. Bewegung d. Gewächse u. deren Abweichung v. ihrer senkrechten Richtung gegen d. Horizont). - Hrsg.: C. Linné, Philosophia botanica, Berlin 1780.

  • Literatur

    ADB IX;
    Éloge, in: Mémoires de l’Académie des sciences à Berlin, 1786, S. 49-54;
    Schrr. d. Berliner Ges. naturforsch. Freunde IX, Berlin 1789, S. 301-14;
    C. L. Willdenow u. P. Usteri, Btrr. z. Biogr. d. verstorb. … J. G. G., Zürich 1790 (W, P);
    J. G. Krünitz, Ökon.-technol. Enc. XIV, 2, Berlin 1786, S. 521-23 (P in IV, 1774);
    J. D. A. Höck, Lebensbeschreibungen u. lit. Nachrr. … I, 1, Nürnberg u. Altdorf 1794, S. 125-38;
    F. C. G. Hirsching, Hist.-lit. Hdb. berühmter u. denkwürdiger Personen…II, 2, Leipzig 1796, S. 71-76 (W);
    Meusel, Verstorb. Schriftst. IV, S. 209-14;
    Ersch-Gruber 69, S. 225 f. (W);
    W. Horn u. S. Schenkling, Index Litteraturae Entomologicae II, 1928, S. 430 f. (W);
    F. Bodenheimer, Materialien z. Gesch. d. Entomol. bis Linné II 1929, S. 117-19;
    H. Lehmann, Das Collegium medico-chirurgicum in Berlin als Lehrstätte d. Botanik u. d. Pharmazie, 1936, S. 29-37, 50-53;
    G. A. Pritzel, Thesaurus Literaturae Botanicae, 1871;
    Pogg. I.

  • Porträts

    Kupf. v. Schleuen, Abb. in: J. G. G., Systemat. Einl. in d.…Forstwiss. I, Berlin 1775, u. in: Bildnisse berühmter Mitgll. d. Dt. Ak. d. Wiss. z. Berlin, 1950;
    Kupf. v. D. Berger n. Zeichnung v. Wagener, 1789, Abb. b. Willdenow-Usteri, s. L.

  • Autor/in

    Ilse Jahn
  • Zitierweise

    Jahn, Ilse, "Gleditsch, Johann Gottlieb" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 442-443 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116657812.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gleditsch: Johann Gottlieb G., Dr. med., Botaniker, geboren am 5. Februar 1714 zu Leipzig, Sohn eines Stadtmusikus, am 5. October 1786 zu Berlin. G. besuchte die Schulen seiner Vaterstadt und widmete sich auf der dasigen Universität 1728—35 dem Studium der Medicin. Ettmüller, Schacher, Walther und Platz waren seine medicinischen Lehrer; der jugendliche Hörer wendete sich jedoch vorzugsweise der Botanik zu (unter Hebenstreit's Anleitung). Wir finden ihn zuerst (während Hebenstreit's afrikanischer Reise) als Custos des Bose’schen botanischen Gartens, 1736 auf den gräflich von Ziethen’schen Gütern in Trebnitz (um eine Beschreibung der hier befindlichen großen Gärten anzufertigen), 1740 als Physikus des Lebuser Kreises. Schon 1742 vertauschte er diesen mit Frankfurt a. d. O., wo er anfing, Vorlesungen über Physiologie, Botanik und Materia medica zu halten. Im J. 1746 ward er (zweiter) Professor der Botanik am militärärztlichen Institut ("Collegium medico- chirurgicum") in Berlin und Director des dortigen botanischen Gartens, zugleich mit dem Titel eines königl. Hofrathes. 1770 endlich übernahm er auch den forstlichen Unterricht an der, unter Mitwirkung des Ministers Freiherrn v. Hagen, durch Friedrich den Großen zu Berlin errichteten ersten wissenschaftlichen Forstlehranstalt (das einige Jahre früher von Hans Dietrich v. Zanthier zu Wernigerode ins Leben gerufene erste Forstinstitut verfolgte mehr praktische Tendenzen). G. verdankte diese ihm auf ausdrückliches Verlangen des Königs übertragene Stelle dem guten Ruf, welchen er sich schon am Collegium medic. durch seine unermüdliche Thätigkeit, zugleich mit Liebenswürdigkeit gepaart, als Lehrer erworben hatte. Die neue Forstlehranstalt war vorzugsweise für das reitende Feldjägercorps bestimmt. Der Cursus war — bis zu Gleditsch's Tode — einjährig. Der ziemlich ausgedehnte Plan über dieses Institut kam nicht voll-ständig zur Durchführung, indem wöchentlich blos 8—10 Unterrichtsstunden mit wenigen Demonstrationen ertheilt wurden. Immerhin verdient G. schon als erster Lehrer der Forstwissenschaft in deren Geschichte eine Stelle. Seine eigentliche Bedeutung liegt aber im Gebiete der Botanik, insbesondere der beschreibenden, und in deren Anwendung auf das Forstfach. Seine botanischen Schriften und Abhandlungen (in den Beschäftigungen naturforschender Freunde und in den Schriften der Berliner Akademie der Wissenschaften niedergelegt) beginnen schon 1736 mit einem „Catalogus plantarum“ etc. und sind überaus zahlreich (ein ausführliches Verzeichniß s. in Ersch und Gruber). Selbst sein Hauptwerk (vom forstlichen Gesichtspunkte aus): „Systematische Einleitung in die neuere, aus|ihren eigenthümlichen physikalisch-ökonomischen Gründen hergeleitete Forstwissenschaft“, 2 Bde. (1774, in 2. Aufl. 1775) ist großentheils nur eine ausführliche Forstbotanik (s. Fraas l. c.). Dasselbe hebt sich übrigens — bei der guten naturwissenschaftlichen Grundlage des Autors — sehr vortheilhaft vor den gleichartigen Leistungen der forstlichen Empiriker hervor. Schon im jugendlichen Alter hatte G. einen großen Theil der deutschen Wälder (Harz, Thüringerwald etc.) bereist, um die wildwachsenden Holzarten zu studiren. Zeitlebens um Verbreitung derselben bemüht, kann auch er von der damals herrschenden Sucht, schnellwüchsige Fremdlinge (Akazie, Eichen, Coniferen etc.) zur Begegnung der drohenden Holznoth in Deutschland einzubürgern, nicht ganz freigesprochen werden. Die botanische Richtung im Forstfach, welche lange Zeit die vorherrschende geblieben ist, hat G. geradezu als Vorläufer zu verzeichnen. Verstieg sich derselbe doch sogar, — obschon Freund und (Correspondent von Linné, welchen er 1740 gegen Siegesbeck's Angriffe auf die Grundlage des Sexualsystems wacker vertheidigt hatte — zur Aufstellung eines besonderen Pflanzensystems nach der Stellung und Abwesenheit der Staubgefäße (Phaenostemones [Phanerogamia] mit 4 Classen und Cryptostemones [Cryptogamia]). Ratzeburg, über dessen „Standortsgewächse und Unkräuter“ (1859) schon die heutige Botanik ziemlich vernichtend zu Gericht gesessen, hätte nicht nöthig gehabt, G. als Botaniker so hart zu beurtheilen (s. unten). Allerdings würde ja G., dem von älteren Biographen allzugroßes Lob gespendet worden, höhere Leistungen zu verzeichnen haben, wenn er seine Thätigkeit nicht so sehr zersplittert hätte (Arzt, Naturforscher in spec. Botaniker und Forstmann!). Besonders schwach war G. auf entomologischem Gebiete (s. Ratzeburg). Unter allen Umständen bleibt aber die „Forstwissenschaft“ unseres Autors ein bedeutendes Werk. Außerdem wären in forstlicher Hinsicht von ihm zu nennen: „Physikalisch-ökonomische Betrachtungen über den Haideboden der Mark Brandenburg“ (1782), welche damals Aufsehen erregten und „Vier hinterlassene Abhandlungen, das praktische Forstwesen betreffend“ (1788, nach seinem Tode vom Geheimen Oberfinanzrath Konr. Albr. Gerhard herausgegeben). Diese verbreiten sich über: 1) die Fichtenabsprünge (nach dem Autor unreife — gleich den Geweihen der Hirsche — von selbst abgestoßene Triebe); 2) den Raupenfraß von 1782—84; 3) den schwarzbraunen Borkenkäfer (hier sind mancherlei Irrthümer unterlaufen) und 4) die eichenblätterige Erle. Im Ganzen verrathen alle Schriften Gleditsch's den kenntnißreichen Mann; sie sind überdieß klar geschrieben, mitunter nur etwas zu breit und mit vielen Wiederholungen. G. zählt — hierin gipfelt wol seine Bedeutung — mit zu den Ersten, welche dem Forstwesen eine naturwissenschaftliche Grundlage gegeben haben. Er repräsentirt sowol der damaligen forstlichen Empirie (ohne genügende allgemeine Bildung), als dem forstlichen Cameralistenthum (ohne forsttechnische Kenntnisse) gegenüber eine sehr fortgeschrittene Stufe. Manche erklären seine „Forstwissenschaft“ geradezu als das erste wissenschaftliche Werk über die Forstwirthschaft (z. B. v. Widenmann, Geschichtliche Einleitung in die Forstwissenschaft, 1837, S. 51). Clayton verewigte sein Andenken in der Baumgattung Gleditschia, von welcher ein Exemplar seinen Grabhügel beschattet.

    • Literatur

      Smoler, Frz. Xav., Historische Blicke auf das Forst- u. Jagdw., 1847, S. 419. Allg. Forst- u. Jagdztg. 1860, S. 114. v. Löffelholz, Chrest., II. S. 319, Nr. 640, Anm. 262. Ersch u. Gruber, 1. Sect. 69. Thl. S. 225. Fraas, Gesch. der Forstw., S. 539 § 12. Ratzeburg, Forstw. Schriftstellerlex., S. 187. Bernhardt, Geschichte des Waldeigenth., II. S. 144 (s. das. unter Anm. 16 die ältere biographische Litteratur), 152 und 167.

  • Autor/in

    Heß.
  • Zitierweise

    Heß, Richard, "Gleditsch, Johann Gottlieb" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 224-225 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116657812.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA