Wußing, Hans
- Lebensdaten
- 1927 – 2011
- Geburtsort
- Waldheim (Sachsen)
- Sterbeort
- Leipzig
- Beruf/Funktion
- Mathematikhistoriker ; Wissenschaftshistoriker
- Konfession
- konfessionslos
- Namensvarianten
-
- Wußing, Hans Ludwig
- Wußing, Hans
- Wußing, Hans Ludwig
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Wußing, Hans Ludwig
| Mathematikhistoriker, Wissenschaftshistoriker, * 15.10.1927 Waldheim (Sachsen), † 26.4.2011 Leipzig, ⚰Leipzig, Friedhof Leipzig-Gohlis. (konfessionslos)
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Genealogie
V →Hans Moritz Hermann (1900–1977), Bes. e. Zigarrenfabr. in W., S des Karl Hermann (erwähnt 1890), Posamentenfabr.;
M →Klara Marie Lucie Altmann (1904–1954), T des Eduard Altmann (erwähnt 1913), Zigarrenfabr.;
– ⚭ Leipzig 1952 →Gerlinde Walter (1929–2016), T des Karl Walter († 1992), Lehrer, Bürgermeister in W.;
1 T →Petra (* 1953), Dr., Biochemikerin. -
Biographie
W., der 1943 oder 1944 zum Kriegsdienst einberufen wurde und bis März 1946 in brit. Kriegsgefangenschaft war, holte 1947 das Abitur an der Oberrealschule in Waldheim nach und studierte bis 1951 an der Univ. Leipzig Mathematik und Physik. Nach dem Staatsexamen arbeitete er als Lehrer in der Erwachsenenbildung, erhielt eine Aspirantur am Mathematischen Institut und wurde 1957 bei →Walter Schnee (1885–1958) mit einer gruppentheoretischen Arbeit zum Dr. rer. nat. promoviert. Danach holte ihn der Physikhistoriker →Gerhard Harig (1902–1966) als Assistenten an das Leipziger Karl-Sudhoff-Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften. 1966 habilitierte sich W. für Mathematikgeschichte und wurde nach kurzer Dozentur 1968 zum Professor berufen (seit 1970 Ordinarius). Nach Harigs Tod leitete er von 1967 bis zur Emeritierung 1992 die Abteilung für Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften des Instituts, die er zu einem international beachteten Zentrum der Wissenschaftsgeschichte ausbaute; 1977–82 war er auch Direktor des Instituts. Er zählte zu den führenden Wissenschaftshistorikern der DDR.
Ein Schwerpunkt von W.s Forschung war die Geschichte der Algebra von der Renaissance bis zum Beginn des 20. Jh. Seine aus der Habilitationsschrift hervorgegangene Monographie „Die Genesis des abstrakten Gruppenbegriffes“ (1969, engl. 1984) gehört zu den Klassikern der mathematikhistorischen Literatur.
Intensiv forschte er zu den Ansätzen einer wissenschaftlichen Algebra bei →Adam Ries (1492/93–1559) und brachte mit →Wolfgang Kaunzner (1928–2017) die kommentierte Ausgabe „Adam Ries, Coss“ (2 Bde., 1992) heraus, die eine mehr als 450 Jahre alte Niederschrift wissenschaftlich zugänglich machte. Eine Reihe von Untersuchungen widmete W. den Wechselbeziehungen von Mathematik und Naturwissenschaften einerseits und Produktion, Wirtschaft und Technik andererseits. Besonders interessierte ihn in diesem Zusammenhang die wissenschaftliche Revolution des 17. Jh. (Die Gr. Erneuerung, Zur Gesch. d. wiss. Rev., 2002).
Ein weiterer Schwerpunkt von W.s Tätigkeit war die wissenschaftliche Biographik. Er begründete im Teubner-Verlag die Serie „Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner“. Aus seiner Feder stammen in dieser Serie, die mehr als 100 Titel umfaßt, Biographien zu →Carl Friedrich Gauß (1974, ⁶2011), →Isaac Newton (1977, ⁴1990, mongol. 1983) und →Adam Ries (1989, ³2009). Zu nennen ist auch das Buch „Biographien bedeutender Mathematiker“, das W. initiierte und zum größeren Teil selbst verfaßte (1975, ⁴1989, hg. mit W. Arnold, span. 1989). Darüber hinaus lieferte er Beiträge zum „Dictionary of Scientific Biography“ und schrieb gut lesbare Bücher für einen breiten Kreis interessierter Mathematiker, Naturwissenschaftler, Lehrer und Studenten, wie „Mathematik in der Antike“ (1962, ²1965), „Vorlesungen zur Geschichte der Mathematik“ (1979, ²1989, Nachdr. 2008, span. 1998) und sein Alterswerk „6000 Jahre Mathematik, Eine kulturgeschichtliche Zeitreise“ (2 Bde., 2008/09). Ebenso wirkte er als Herausgeber der neuen Folge von „Ostwalds Klassikern der exakten Wissenschaften“ und begründete 1988 mit →Erwin Hiebert (1919–2012) die wissenschaftshistorische Monographienserie „Science Networks“, der er bis 1998 als Herausgeber vorstand. Zu W.s Schülern und Schülerinnen zählen →Sonja Brentjes (* 1951), →Walter Purkert (* 1944), →Karl-Heinz Schlote (* 1949), →Reinhard Siegmund-Schultze (* 1953) und →Renate Tobies (* 1947).
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Auszeichnungen
|o. Mitgl. d. Ac. Internat. d’Hist. des Sciences in Paris (1981, korr. 1971) u. d. Sächs. Ak. d. Wiss. (1984);
Mitgl. d. Exekutivkomitees d. Internat. Union of the Hist. and Philosophy of Science, Div. of the Hist. of Science (1981–93, seit 1989 2. Vizepräs.);
Mitbegr. d. Adam-Ries-Bundes (1991);
Sonderpreis d. Adam-Ries-Bundes (mit W. Kauzner, 1992);
Kenneth O. May-Medaille d. Internat. Commission on the Hist. of Science (1993). -
Werke
Weitere W Zur Entwicklungsgesch. naturwiss. Begriffe, in: NTM, Schrr.r. f. Gesch. d. Naturwiss., Technik u. Med. 7, 1970, S. 15–29;
Gesch. d. Naturwiss., 1983, ²1987 (Hg. mit S. Brentjes);
Fachlex. abc, Forscher u. Erfinder, 1992, ³2005 (Hg.);
4000 J. Algebra, Gesch., Kulturen, Menschen, 2003, ²2014 (mit H.-W. Alten u. a.);
Germany, in: J. W. Dauben u. C. J. Scriba (Hg.), Writing the Hist. of Mathematics, Its Historical Development, 2002, S. 109–50;
Adam Ries and his ,Coss’, a Contribution to the Development of Algebra in 16 thCentury Germany, 2004 (mit B. Luderer u. W. Kaunzner);
– Mitbegr. u. Hg.: NTM, Schr.reihe f. Gesch. d. Naturwiss., Technik u. Med. (1967/68–98);
– Hg.: Pogg. (bis 2003). -
Literatur
|S. S. Demidov, M. Folkerts, D. Rowe u. C. J. Scriba (Hg.), Amphora, FS f. H. W. z. seinem 65. Geb.tag, 1992 (P);
W. Schreier, Zur Eröffnung d. Koll. ‚Math. am Beginn d. Neuzeit‘, Laudatio f. Prof. H. W. aus Anlaß seines 65. Geb.tages, in: NTM, N. S. 1, 1993, S. 181–83;
K.-H. Schlote, H. W. z. 70. Geb.tag, ebd. 5, 1997, S. 261–70 (W);
ders., NTM gratuliert, H. W. z. seinem 75. Geb.tag, ebd. 10, 2002, H. 4, S. 263–66 (W, P);
M. Folkerts u. W. Purkert, in: Internat. Archive of the Hist. of Science 62, 2012, S. 253–71 (W-Verz.);
S. Brentjes, in: Isis 103, 2012, H. 2, S. 371–75 (P). -
Autor/in
Walter Purkert -
Zitierweise
Purkert, Walter, "Wußing, Hans Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 557-558 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142990.html#ndbcontent