Wilhelmy, Ludwig Ferdinand
- Lebensdaten
- 1812 – 1864
- Geburtsort
- Stargard (Pommern)
- Beruf/Funktion
- Apotheker ; Chemiker ; Physiker
- Konfession
- evangelisch
- Namensvarianten
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- Wilhelmy, Ludwig Ferdinand
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Wilhelmy , Ludwig Ferdinand
| Apotheker, Chemiker, Physiker, Privatgelehrter, * 25.12.1812 Stargard (Pommern), † 18.2.1864 Berlin. (evangelisch)
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Genealogie
V →Carl Friedrich (1784–1856), Ratsapotheker in St., ab 1843 (?) in B.;
M Johanna Dorothea Friederike Gotzsch (1786–1842);
2 B Karl Ludwig (* 1810), Friedrich August (* 1816);
– ledig. -
Biographie
Nach dem Abitur am Gymnasium in Stargard immatrikulierte sich W. 1835 an der Philosophischen Fakultät der Univ. Berlin und studierte bis 1837 Naturwissenschaften. Er übernahm 1839 die väterliche Apotheke in Stargard, verkaufte diese 1843 und zog nach Berlin. Offenbar ohne an der Universität immatrikuliert zu sein, nahm er an den von →Gustav Heinrich Magnus (1802–1870) organisierten physikalischen Kolloquien teil, aus denen 1845 die Physikalische Gesellschaft (seit 1899 Dt. Physikal. Ges.) hervorging. Dort kam er in Kontakt mit später sehr bekannten Naturforschern wie dem Physiologen →Emil du Bois-Reymond (1818–96), dem Physiker →Rudolf Clausius (1822–1888), dem Erfinder und Unternehmer →Werner v. Siemens (1816–92) und dem Physikochemiker →Gustav Wiedemann (1826–1899). 1845 wurde W. an der Univ. Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. 1846 reichte er seine Inauguraldissertation „Die Wärme als Maass der Cohäsion“ (1846) nach und war an der Univ. Gießen eingeschrieben. Anschließend hielt er sich in Frankreich auf, wo er Vorträge von Gelehrten der Physik besuchte. Um 1850 kehrte er nach Heidelberg zurück, habilitierte sich im Juli und hielt als Privatdozent Physikvorlesungen. Spätestens 1855 war er wieder in Berlin und pflegte Kontakte zur Physikalischen Gesellschaft, in deren Rahmen er mit|Clausius und du Bois-Reymond die anläßlich des 10. Geburtstags der Gesellschaft ausgeschriebenen Preisschriften für die experimentelle Bestimmung des mechanischen Äquivalents der Wärme begutachtete.
W., der wohlhabend war, experimentierte in seinen Privatlaboratorien, aufgrund gleicher wissenschaftlicher Interessen teilweise mit →Georg Hermann Quincke (1834–1924). 1850 hatte er die durch Säure katalysierte Hydrolyse von Rohrzucker (Saccharose) in Glucose und Fructose untersucht. Er nutzte ein Polarimeter, um die bei der Reaktion auftretende Änderung der optischen Aktivität zu verfolgen und machte Aussagen zu Konzentrationsänderungen in Abhängigkeit von der Zeit.
Er registrierte auch den Einfluß der Temperatur auf diese Änderungen. Diese Studien waren eine Pionierleistung auf dem Gebiet der Kinetik, die von Zeitgenossen kaum zur Kenntnis genommen und erst von →Jacobus Henricus van’t Hoff (1852–1911) und →Svante Arrhenius (1859–1927) Ende des 19. Jh. in ihrer Tragweite erkannt wurden. W. beschäftigte sich auch mit Fragen der Wärme, der Kapillarität sowie der Oberflächenspannung. Die Messung der letzteren beruht darauf, daß eine dünne, von Flüssigkeit völlig benetzte, sog. W.-Platte aus der Flüssigkeit gezogen und die dazu notwendige Kraft gemessen wird. W. gehört zu den Pionieren der physikalischen Chemie, insbesondere auf den Gebieten der Reaktionskinetik und der Grenzflächen.
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Auszeichnungen
A Mitgl. d. Dt. Physikal. Ges. (1845).
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Werke
Weitere W Ueber d. Gesetz, n. welchem d. Einwirkung d. Säuren auf d. Rohrzucker stattfindet, in: Ann. d. Physik u. Chemie 157, 1850, S. 413–28 u. 499–526 (W-Verz.);
Ueber d. moleculare Drehungsvermögen d. Substanzen, ebd., S. 527–32;
Ueber d. Gesetz d. Wärme-Abgabe, ebd. 160, 1851, S. 119–35;
Ueber d. Diathermasie d. Glases b. versch. Temperatur, ebd. 161, 1852, S. 217–26;
Ueber d. Abhängigkeit d. Capillaritäts-Constanten d. Alkohols v. Substanz u. Gestalt d. benetzten festen Körpers, ebd. 195, 1863, S. 177–217;
Ueber d. Abhängigkeit d. Capillaritäts-Coëfficienten d. Flüssigkeiten v. ihrer Zus.setzung, ebd. 197, 1864, S. 44–63;
Ueber d. Abhängigkeit d. Capillaritäts-Coëfficienten d. Flüssigkeiten v. d. chem. Beschaffenheit u. d. Gestalt d. festen Wand, ebd. 198, 1864, S. 1–17;
Versuch e. math.-physikal. Wärme-Theorie, 1851;
Zur physikal. Begründung d. Physiol. u. Psychol., 1852;
– W-Verz.: G. Quincke, in: Ostwalds Klassiker 29, 1891, S. 47. -
Literatur
L G. C. Teske, Gesch. d. Stadt Stargard, 1843, S. 138 u. 281;
W. Ostwald, Leitlinien d. Chemie, Sieben gemeinverständl. Vortrr. aus d. Gesch. d. Chemie, 1906, S. 255–57;
F. Kössler, Reg. z. d. Matrikeln u. Inscriptionsbüchern d. Univ. Gießen, 1976;
V. A. Kritsman, L. W., Jacobus H. van’t Hoff, Svante Arrhenius u. d. Gesch. d. chem. Kinetik, in: Chemie in unserer Zeit 31, 1997, H. 6, S. 291–300;
A. Fiedler, Die Physikal. Ges. z. Berlin, Vom lokalen naturwiss. Ver. z. nat. Dt. Physikal. Ges., 1845–1900, 1998;
Complete DSB;
Dt. Apotheker-Biogr. II;
Pogg. II–IV;
– Qu Landesarchiv Berlin;
Archive d. Univ. Heidelberg u. d. Dt. Physikal. Ges.;
Amtl. Verz. d. Personals u. d. Studierenden d. Kgl. Friedrich-Wilhelms-Univ. z. Berlin f. WH 1835/36, SH 1836, WH 1836/37 u. SH 1837;
Ancestry (online). -
Autor/in
Gisela Boeck -
Zitierweise
Boeck, Gisela, "Wilhelmy , Ludwig Ferdinand" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 174-175 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142875.html#ndbcontent