Lebensdaten
erwähnt 16. – 21. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Unternehmer
Konfession
katholisch
Namensvarianten
  • Werhahn

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Zitierweise

Werhahn, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140576.html [27.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Seit dem frühen 16. Jh. waren die W. als Zehntpächter mit einer Acker- und Schankwirtschaft, später auch einer Brauerei und Getreidemühle, ansässig in der zum Dt. Orden gehörenden rhein. Grundherrschaft Elsen bei Grevenbroich. Ihr „Haus zum Werhahn“, hergeleitet von „Werhagen“ als Landbefestigung, lag im Dorf Orken. 1698 zog Hermann (1670–1716) nach Heirat mit Gudula Nobis (1671–1730) als Lehenspächter nach Allrath, das zum Hzgt. Jülich-Berg gehörte. Hermanns Enkel Johann Peter (1733–1813) bewirtschaftete nach seiner Heirat mit Anna-Katharina Knaben den Buscher Hof in Grefrath. Sein Sohn Johann Heinrich, genannt Johann Andreas, (1768–1843) heiratete 1794 Maria Margareta Viehoff (1772–1848) vom Dyckhof in Niederdonk bei Büderich. Er kaufte nach der Säkularisation das Halbwinnergut über die franz. Ehrenlegion und erweiterte den Grundbesitz so, daß der Dyckhof 1825 zum landtagsfähigen preuß. Rittergut (bis 1846) erklärt wurde.

    Johann Andreas und Maria Margareta hatten drei Töchter und zwei Söhne. Der jüngere, Franz Arnold (1806–70), übernahm den Dyckhof 1841 nach dem Wegzug seines Bruders| Peter Wilhelm (1802–71) nach Neuss. Der Dyckhof blieb bis 2016 im Besitz der Nachfahren von Franz Arnold.

    Wilhelm absolvierte im Kempener Collegium 1817–20 eine Ausbildung zum Landwirtschaftsbeflissenen. Er modernisierte seit den 1820er Jahren den Dyckhof zu einem landwirtschaftlichen Musterbetrieb und verkaufte neben Dünger seit 1829 auch Linzer Säulenbasalt als Feldsteine. 1830–41 war er Gemeinderat in Büderich und seit 1834 auch Deichgraf in Heerdt am Rhein. 1841 heiratete Wilhelm Magdalena Kallen (1813–86) und zog zuvor auf Wunsch seines Schwiegervaters Johann Peter Kallen (1774–1863), eines Vetters seiner Mutter und erfolgreichen Spezereienhändlers und Ölmüllers in Neuss, in die industriell aufstrebende Stadt, wo er 1841 die Holzhandlung „Wilh. Werhahn“ mit Kontor und Lagerplätzen und bald darauf einem Sägewerk in Rheinnähe gründete. Zum florierenden Holzgeschäft kam der Frucht- und Dünger- sowie Steinhandel, letzterer vermehrt nach 1847, als Wilhelm sich am Basaltsteinbruch Minderberg in Linz beteiligte, woraus 1888 der Einstieg in die neugegründete „Basalt AG“ resultierte, die mit ihren zahlreichen in- und ausländischen Töchtern bis heute zu Wilh. Werhahn gehört.

    Von Wilhelms und Magdalenas fünf Kindern traten drei Söhne, Peter (1842–1922), Wilhelm (1846–1900) und Franz (1850–1925), jeweils im Alter von 17 Jahren in das väterliche Unternehmen ein und änderten 1871 nach dem Tod des Vaters die Rechtsform der Firma in eine oHG. Die drei Brüder begründeten die Familienstämme A, B und C, die noch heute mit ca. 400 Gesellschaftern die alleinigen Eigentümer der „Wilh. Werhahn KG“ (seit 1970) sind. In der 2. Unternehmergeneration wurde das Holzgeschäft international stark ausgebaut. Es wurden Öl- und Getreidemühlen gegründet bzw. übernommen, Gewinne in Immobilien in größeren Städten, insbesondere in Düsseldorf, sowie im rhein. und Niederlausitzer Braunkohlebergbau angelegt.

    Zwischen 1900 und 1945 wurde in Berlin nach Beteiligung an etlichen Gesellschaften und dem Kauf hochwertiger Immobilien ein zweiter Verwaltungssitz errichtet. Aus der Ehe zwischen Peter und Helene Hahn (1845–1907), Tochter des Mediziners und Missio-Gründers Heinrich Hahn (1800–82) aus Aachen, gingen zwölf Kinder hervor, von denen v. a. Sohn Wilhelm (1880–1964) in der 3. Generation unternehmerisch hervortrat. Er heiratete in die Düsseldorfer Seifenfabrikantenfamilie Cremer ein und übernahm 1927 die Firma „Pet. Cremer“ mit allen Tochtergesellschaften, darunter den Drogeriefilialisten „Schätzlein“, außerdem die Lebensmittelhandlungen „Meierei C. Bolle AG“ in Berlin (1917) und „Schade & Füllgrabe“ in Frankfurt/M., erworben 1935 im Rahmen der „Arisierung“. Der Drogerie- und Lebensmitteleinzelhandel bildete seither eine weitere unternehmerische Plattform von Wilh. Werhahn.

    In der 3. Generation erfolgte der Ausbau zur Unternehmensgruppe mit Familienpräsenz der Stämme A und B, neben Wilhelm und den Schwiegersöhnen von Peter, Adam Baum (1857–1943) und Ferdinand Nees (1874–1955), auch Cornel (1874–1962), Hermann (1879–1972), Anton (1886–1943) und Wilhelm Cornelius (1891–1945) aus Stamm B. Stamm C wurde nach dem Tod von Franz 1925 über dessen Schwiegersohn Paul Heinemann (1898–1955) weitergeführt und in der 4. Generation durch zwei Heiraten aus dem Stamm B, Paul (1922–2014), der Josefine Heinemann heiratete, und Heribert (1925–90), der ihre Schwester Johanna Heinemann ehelichte, wieder unter dem Namen W. geführt. Heribert war der herausragende Familienunternehmer der 4. Generation. Neben ihm standen in der Verantwortung als Repräsentanten des Stammes A Hermann-Josef (1923–2016), der Elisabeth (Libet) Adenauer (1928–2019) heiratete, und Peter-Heinz (1913–96), der Mitgründer des Bundes kath. Unternehmer.

    Nach der NS-Machtübernahme 1933 gelang es den Unternehmern der sehr von ihrem kath. Glauben geprägten Familie W., ihre Gesellschaften im wesentlichen erfolgreich weiterzuführen, auch mittels Beschäftigung von Zwangsarbeitern. Der Priester Hermann-Josef (1907–77) wurde 1939 als Kaplan der Pfarrei Hl. Familie in Essen-Margarethenhöhe wegen Verstoßes gegen den Kanzelparagraphen und das Heimtückegesetz in Schutzhaft genommen und war 1941 / 42 im KZ Sachsenhausen und im KZ Dachau inhaftiert.

    Die 4. Generation baute die Unternehmensgruppe nach den Zerstörungen und Verlusten infolge des NS-Regimes und des 2. Weltkriegs mit einer zukunftsfähigen Struktur wieder auf. Dies leistete zuerst Wilhelm (1880–1964), der als politisch Unbelasteter 1945 von den Alliierten sofort zum Präsidenten der IHK Neuss und Aufsichtsratsvorsitzenden der RWE AG berufen wurde.

    1966 erhielt „Wilh. Werhahn“ eine schriftliche Gesellschaftsverfassung als Grundlage für die neue Rechtsform KG sowie einen Vorstand und einen Verwaltungsrat, in denen Repräsentanten der drei Familienstämme|und Familienfremde Plätze erhielten. Die starke Diversifizierung der W.-Gruppe in der 4. und noch zu Anfang der 5. Generation wurde seit der Jahrtausendwende stark zurückgefahren, z. T., um den Charakter eines Familienunternehmens ohne Fremdfinanzierung beibehalten zu können. Man trennte sich von traditionsreichen Geschäftsbereichen wie Holz (2002), Mühlen (1997 / 2014), aber auch vom Ladenbau (2007) und der global aufgestellten Stuart-Gruppe, die 1977–2008 zu Wilh. Werhahn gehörte. Aus der 5. Unternehmergeneration der Familie waren zwischen 1979 und 2003 Wilhelm (* 1939) und Michael (* 1951) 1989–2014 Vorstand der Holding, Anton (* 1958) 2005–18 Vorstandssprecher. Die W.-Gruppe ist 2017 zu 100 % im Familienbesitz. Sie ist aktiv v. a. in den drei Unternehmensbereichen Baustoffe (mit Natursteinen u. Schiefer), Konsumgüter (u. a. Fa. Zwilling) und Finanzdienstleistungen (abcfinance u. Bank11). Rund 300 in- und ausländische Gesellschaften gehören konsolidiert bzw. assoziiert zur W.-Gruppe, die mit fast 10000 Mitarbeitern 2016 einen Umsatz von 3,3 Mrd. € erzielte.

  • Werke

    W – zu Peter-Heinz (1913–96): Kapitalexport u. Schuldentransfer im Konjunkturverlauf, Diss. Jena 1937;
    Das internat. Schuldenproblem, Hist. u. aktuelle Aspekte, 1985;
    Der Untern., Seine ökonom. Funktion u. gesellschaftspol. Verantwortung, 1990.

  • Literatur

    |G. Baumann, Eine Handvoll Konzernherren, 1953, S. 173–79;
    K. Pritzkoleit, Männer, Mächte, Monopole, 1956, S. 212–16;
    N. Bömmels, Wilhelm W. u. seine Vorfahren, 1970 (ungedr.);
    ders., Wilhelm W. 1802–71, Ein Kaufm. u. Bürger in Neuss, 1983 (ungedr.);
    J. Kallen, Die Neußer Industrien u. ihre Untern. v. d. Mitte d. 19. Jh. bis z. Beginn d. ersten Weltkrieges, Diss. Tübingen 1973;
    J. Dumsch (Hg), An d. Schalthebeln d. Wirtsch., 33 Untern.familien im Portrait, 1996;
    Werhahn (Hg), Nachfahrentafel, 2009 (Privatdruck);
    K. van Eyll, Wilh. Werhahn KG, Neuss a. Rhein, 2013 (Qu, L, P);
    Qu Untern.archiv Wilh. Werhahn KG, Neuss.

  • Autor/in

    Klara van Eyll
  • Zitierweise

    Eyll, Klara von, "Werhahn" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 807-809 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140576.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA