Lebensdaten
1868 – 1927
Geburtsort
Steinsfurt (Baden)
Sterbeort
Frankfurt/ Main
Beruf/Funktion
Kaufmann ; Mäzen ; Philanthrop
Konfession
jüdisch
Namensvarianten
  • Weil, Hermann

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Zitierweise

Weil, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139798.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Viehhändlerfam. in St.;
    V Josef (Jessel) (1823–87), S d. Samuel (1796–1865), beide Getreidehändler in St., u. d. Josefat Reis (1795–1864);
    M Fanny (1823–1914), aus Grombach (Kraichgau), T d. Israel Götter u. d. Feile Baerle;
    Ur-Gvv Löb (Löw Feis) (1751–1826), Pferdehändler in St.;
    5 B Leopold (1851–79), Gustav (* 1855), beide wanderten in d. USA aus, Adolf (1859–1931), Ferdinand (1861–1910), Kaufm. in F., Sam(uel) (1867–1922), beide wanderten in d. USA u. n. Argentinien aus, beide Getreidehändler in Buenos Aires, Geschäftspartner v. W., 7 Schw Emilie (* 1853), Babette (* 1857), Bertha (1863–1923), Jette (* 1865), Elise (* 1870), Frieda (* 1872), Hanna (* 1875);
    Mannheim 1896 Rosa(lie) (1872–1912), T d. Isidor Weismann (1833–98?), Kaufm., Bes. d. Fa. „Isidor Weismann & Co.“ in Mannheim, Chef v. W., u. d. Sophie Schwarz (1840–1920), aus Mainz;
    1 S Felix (s. 2), |1 T Anita (1901–51, 1] 1920 1923 Adolf Wilhelm Krümmer, 1894–1974, Dr. phil., Bergassessor in F., 2] Theodor Gonzala [Heymann], 3] Herbert [?] Hofmann, Dr.), in Buenos Aires (Argentinien);
    E Iris (1929–2007, Alfred Brendel, * 1931, Pianist, Musikschriftst., Essayist, Lyriker), Keramikerin in Wien (s. AKL);
    Ur-E Adrian Brendel (* 1976), Cellist;
    N Isidor(o) (1892–1965), Kaufm., Getreidehändler in Buenos Aires.

  • Biographie

    W., aus einer traditionsreichen jüd. Kaufmannsfamilie stammend, besuchte die Volksschule in Steinsfurt, anschließend die Realschule in Sinsheim. 1883–86 absolvierte er eine Ausbildung zum Getreidekaufmann bei der Firma „Isidor Weismann & Co.“ in Mannheim, wo er zuletzt als Prokurist arbeitete und die Kontakte in die Schweiz, auf den Balkan und mit Antwerpen pflegte. Nach kurzer Tätigkeit 1888 / 89 bei dem Getreideunternehmen „Marco Z. Danon“ in den Niederlanden eröffnete W. in Buenos Aires (Argentinien) eine Filiale dieser Firma, an der er mit 20 % beteiligt war. 1898 gründete er mit seinen Brüdern Samuel und Ferdinand die Getreidehandelsfirma „Weil Hermanos & Cia.“ in Buenos Aires, die bereits um 1900 ca. 3000 Mitarbeiter in zahlreichen Niederlassungen in Argentinien und Filialen in Europa hatte sowie eine eigene Handelsflotte mit 60 Schiffen betrieb.

    1908 kehrte W. aus gesundheitlichen Gründen in das Dt. Reich zurück; die Familie lebte seit 1912 in Frankfurt/M. Der Multimillionär W. ließ sich in der Zeppelinallee 77 durch den Architekten Alfred Engelhard (1867–1941) eine repräsentative Villa errichten und leitete von dort die europ. Firmenfilialen in Rotterdam, Genua, London und Kopenhagen sowie in Mannheim. Außerdem betätigte er sich im Immobilien- und Fleischhandel.

    Als seine Ehefrau an einer Krebserkrankung starb, zog sich W. sukzessive aus dem Getreidegeschäft zurück und widmete sich, zu dieser Zeit den Alldeutschen nahestehend, politischen Fragen. Während des 1. Weltkriegs unterstützte er die Reichsregierung mit Krediten, wirkte als Berater für das Institut für Weltwirtschaft in Kiel und den Admiralsstab sowie als Berichterstatter über die weltpolitische und -wirtschaftliche Situation u. a. für Ks. Wilhelm II. W.s kriegsstrategische Pläne einer U-Boot-Blockade Englands erwiesen sich dabei als grobe Fehleinschätzung. Seine Villa stellte er als privates Lazarett zur Verfügung.

    Spätestens seit 1918 verlagerte W. seine Interessen auf humanitäres und wissenschaftliches Engagement, er spendete erhebliche Teile seines Vermögens für Frankfurter Universitätsinstitute, Waisenhäuser und jüd. Organisationen. Finanzielle Zuwendungen erhielten auch Studierende, Kriegsversehrte und junge Künstler unabhängig von konfessionellen Bindungen. Der erstarkende rechtsextremistische Terror, v. a. die politischen Morde an Walther Rathenau und Matthias Erzberger, führten zur Einschränkung seines Engagements. Der Plan einer „H.-W.-Stiftung“ 1920 mit dem Zweck, „Forschung und Lehre auf dem Gebiete der Sozialwissenschaften, insbesondere des Arbeitsrechts und der Arbeitsverfassung“ zu fördern, mißlang. Das hierfür schon bereitgestellte Stiftungskapital von 200000 Mark zog W. 1921 zurück.

    Seit 1922 verhandelten W. und sein Sohn Felix mit dem preuß. Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung über die Gründung eines Instituts für Sozialforschung (IfS) als dessen Trägerin die „Gesellschaft für Sozialforschung e. V.“ ins Leben gerufen wurde. Den mit der Institutsleitung verbundenen Lehrstuhl an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Univ. Frankfurt/M., auf den 1923 der Austromarxist Carl Grünberg (1861–1940) berufen wurde, finanzierte W. als erster Vorsitzender der Gesellschaft, den Unterhalt des Instituts sicherte er mittels Schenkungsvertrag. An der Eröffnung des IfS 1924 konnte W. wegen fortgeschrittener Krankheit nicht teilnehmen.

    W. pflegte zeitlebens den Kontakt zum Kraichgau und zu seinem Geburtsort und richtete u. a. 1910 in Steinsfurt den „Josef-Weil-Witwe-Fonds“ ein, der im 1. Weltkrieg besonders Soldatenfrauen und -witwen unterstützte. W. wurde, ebenso wie seine Ehefrau und seine Pflegerin Steffi Krauth, in dem auch von Engelhard in Waibstadt errichteten Mausoleum beigesetzt. Während des November-Pogroms 1938 schändeten Nationalsozialisten das Mausoleum; das Schicksal der drei Urnen ist bis heute nicht geklärt.

  • Auszeichnungen

    |Dr. rer. pol. h. c. (Frankfurt/M. 1924);
    Gedenktafeln in Steinsfurt am Elternhaus u. an d. ehem. Koch- u. Fortbildungsschule (1984);
    H.-W.-Weg, Steinsfurt;
    Hermannsruh (Rad- u. Wanderweg b. Steinsfurt).

  • Werke

    |Nemesis?, in: Dt. Pol. 1, 1916, H. 40, S. 1731–40;
    Dem Siege entgegen, ebd. 2, 1917, H. 18, S. 623–28;
    Götterdämmerung, ebd. 2, 1917, H. 14, S. 434 f.;
    Die Wirkung v. 5 Monaten U-Bootkrieg, ebd. 2, 1917, H. 30, S. 958–67;
    Der Getreidehandel, in: J. Hellauer (Hg.), Argentinien, Wirtsch. u. Wirtsch.grundlagen, 1921, S. 150–60.

  • Literatur

    |U. Migdal, Die Frühgesch. d. Frankfurter Inst. f. Soz.forsch., 1981;
    H. Appenzeller, Ortschronik Steinsfurt, Bd. III: Die jüd. Gesch., Gesch. d. Fam. W., 1989 (P);
    ders., Vom Kaufmannslehrling z. Getreidegroßhändler, Dr. H. W. aus Steinsfurt z. Gedenken, in: Kraichgau, Btrr. z. Landschafts- u. Heimatforsch., Folge 11, 1989, S. 115;
    ders., Dr. h. c. H. W., Leben u. Wirken, 2012;
    Qu IfS, Frankfurt/M. (Teilnachlaß);
    BA Berlin(Teilnachlaß);
    Inst. f. Stadtgesch. Frankfurt/M.;
    Archiv d. Univ. Frankfurt/M.

  • Porträts

    |Bronzebüste, Abb. in: W. van Reijen u. G. Schmid Noerr (Hg.), Grand Hotel Abgrund, Eine Photobiogr. d. Frankfurter Schule, ²1990, S. 137.

  • Zitierweise

    Drummer, Heike, "Weil, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 609-611 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139798.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA