Lebensdaten
1838 – 1909
Geburtsort
Ebeleben (Schwarzburg-Sondershausen)
Sterbeort
Leipzig
Beruf/Funktion
Mechaniker ; Photograph
Konfession
lutherisch
Namensvarianten
  • Walter, Hermann Friedrich Wilhelm
  • Walter, Hermann
  • Walter, Hermann Friedrich Wilhelm
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Zitierweise

Walter, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138770.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl Hermann (1807–38), Kaufm. in E., S d. Heinrich Ludwig (* 1771), aus E., Rektor e. Knabenschule, Pfarrer in Heldrungen (Thür.), u. d. Maria Louise Vernau (* 1775), aus Wittenberg;
    M Auguste Wilhelmine Güntherine Sophie (1810–58), T d. Johann Conrad Hupe (1769–1835), Kauf- u. Handelsmann in E., u. d. Johanna Henriette Wilhelmina Ulm (* 1779);
    Ur-Gvv Wilhelm Philipp Vernau ( v. 1803), Papierfabr. in Wittenberg, Ur-Gvm Johann Friedrich Hupe ( 1803), Amtschirurg in E., Johann Gottlob Ulm ( v. 1803), schwarzburg-sondershausen. fürstl. Hofgärtner in E.;
    Leipzig 1874 Anna Johanna Clara (1857–1936), T d. August Heinrich Müller (* 1820), Schneider in L., u. d. Johanna (Hanna) Golze (* 1828);
    3 S (1 früh) Hermann Friedrich Wilhelm (1874–1942), Prof. u. Dir. d. Handelsschule Leisnig, Carl Friedrich (Karl, 1877–1940), führte d. Atelier nach d. Tod Bernhard Müllers weiter, übergab 1935 d. gesamten Bestand an photogr. Platten d. Stadtgeschichtl. Mus. Leipzig, 1 T Anna Maria (Marie, 1879–1964), ledig, arbeitete im Geschäft mit;
    Schwager Bernhard Müller (1860–1930), führte nach W.s Tod d. Fa. weiter.

  • Biographie

    W. besuchte bis zu seinem 15. Lebensjahr die Lateinschule in Sondershausen. 1853–56 absolvierte er eine Mechanikerlehre in Eisenach bei dem Hofmechanicus Gustav Leopold Zwez (1809–58). Nach kurzer Tätigkeit bei seinem Lehrherrn verließ er 1859 Deutschland und arbeitete bis Ende Mai 1860 in der Sternwarte Pulkowo bei St. Petersburg. Danach konnte er in London bei der Fertigung hochwertiger Objektive erste Erfahrungen auf photographischem Gebiet sammeln.

    Ende 1862 ließ sich W. unter der Berufsbezeichnung Mechanicus in Leipzig nieder, ein Jahr später erlangte er das volle Bürgerrecht. Da er auch Stempelschneider war, dürfte er seinen Broterwerb zunächst mit mechanischen Arbeiten gefunden haben und begann danach mit der Photographie. Die früheste sicher datierbare Aufnahme entstand unmittelbar vor 1870 (Barthels Hof am Markt). Ab 1870 führte W. die Berufsbezeichnung Photograph; exakte Datierungen nahm er jedoch nur sehr selten vor.

    Durch seine Spezialisierung auf Architekturphotographie wurde W. nach ersten nachweisbaren Aufträgen 1894 rasch zum bevorzugten Photographen für die Aufnahmen des Leipziger Hochbauamtes – zu einer Zeit, die mit einer Blüte der städtischen Bautätigkeit zusammenfiel. Seit 1902 begleitete er im Auftrag der Betonbaufirma von Rudolf Wolle (1864–1933) den Bau des Völkerschlachtdenkmals (Fundamente, 1902). Mit seinen Weitwinkelaufnahmen erreichte er auch unter ungünstigsten Raum- und Lichtverhältnissen eine bis heute unerreichte Präzision (Nikolaikirche, 1906).

    Ähnlich wie Otto Roth, Paul Faulstich (1872–1943) und Hermann Vogel (1824–1904) fertigte auch W. von zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Stadt Postkarten an. Darüber hinaus lieferte er komplette Dokumentationen von Gebäuden, die je nach Auftrag vom Keller bis zum Dachboden ganze „Häuserbiographien“ zeigen (u. a. Haus Neumarkt 31, 1905).

    W. war daran interessiert, auch die Bewohner der Stadt photographisch zu erfassen – viele seiner Arbeiten spiegeln die Wohn- und Lebensverhältnisse in den engen, lichtarmen Hinterhöfen wider (u. a. Quandts Hof, um 1875). Daneben schuf W. Aufnahmen von Privatvillen und ihren Besitzern sowie von Unternehmern und deren Betrieben, wie dem Verlag F. A. Brockhaus (um 1895) und diversen Klein- und Handwerksbetrieben. Mehrere Bilder dokumentieren die wachsende Bedeutung der Universität, insbesondere den Aufschwung der naturwissenschaftlichen Fachrichtungen (1906), sowie die Entwicklung der Leipziger Messe und der neu entstehenden Messehäuser. Krönender Abschluß der beruflichen Laufbahn W.s war die Baudokumentation des 1905 seiner Bestimmung übergebenen Neuen Rathauses (über 100 Außen u. Innenaufnahmen). W., Nestor der Leipziger Architekturphotographie, hinterließ ein ebenso umfangreiches wie qualitätvolles Werk (große Teile der Aufnahmen für Unternehmen sind verschollen). Seine außergewöhnlich präzisen Arbeiten bildeten nicht zuletzt die Grundlage für die Rekonstruktion des Neuen Rathauses nach 1990.

    Als W. starb, übernahm sein Schwager Bernhard Müller das Geschäft und führte es – zusammen mit W.s Sohn Karl – bis zu seinem Tod in breitem Umfang und qualitativ ebenbürtig weiter. Insbesondere das Jahr 1913 brachte mit Großaufträgen wie der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals, dem Turnfest und dem Reichsfeuerwehrtag eine letzte große Blüte der Firma. 1935 wurde der Nachlaß der Firma dem Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig übergeben; danach geriet der „gläserne Schatz“ in Vergessenheit. Von dem Leipziger Photographen Wolfgang G. Schröter (1928–2012) und der Kunsthistorikerin Rose-Marie Frenzel (1935–2014) wiederentdeckt, wurde der Bestand seit Mitte der 1980er Jahre einer breiten Öffentlichkeit erschlossen.

  • Auszeichnungen

    |Ehrenpreis d. Stadt Leipzig (1904);
    W.-Weg in Leipzig-Probstheida (2011).

  • Werke

    |über 6000 Photogrr. d. Ateliers Walter (Leipzig, Stadtgeschichtl. Mus.;
    StadtA Leipzig;
    Sächs. StA Leipzig);
    über 2000 Originalabzüge, bis 1935 (StadtA Leipzig;
    kleinere Konvolute Sächs. StA Leipzig, Sächs. Wirtsch.archiv Leipzig u. Archiv d. TU München, hier Nachlaß d. Leipziger Stadtbaurats Hubert Ritter).

  • Literatur

    |H. W., Fotogrr. v. Leipzig 1862–1909, hg. u. mit Textbtrr. versehen v. R.-M. Frenzel u. W. G. Schröter, 1988 (Ill.);
    R.-M. Frenzel, Fotogrr. u. Dok. v. H. W. (1838–1909) im Mus. f. Gesch. d. Stadt Leipzig, in: Leipzig Mus. f. Gesch. d. Stadt Leipzig […], hg. v. K. Sohl, 1988, S. 329–63 (Ill.);
    Leipzig, Fotogr. seit 1839, Ausst.kat. hg. v. T. Liebscher, 2001 (Ill.);
    Der gläserne Schatz, Leipzig, Fotogrr. aus d. Atelier H. W., hg. v. Ch. Kaufmann u. W. G. Schröter, 2002 (Ill.);
    Ch. Kaufmann, Leipzig 1918–1935, Fotoatelier H. W., 2010 (Ill.);
    Gesch. d. Stadt Leipzig, hg. v. E. Bünz u. a., 4 Bde., 2018 (Ill., P).

  • Porträts

    |Selbstporträt, Photogr., um 1875 (Stadtgeschichtl. Mus. Leipzig), Abb. in: Gesch. d. Stadt Leipzig, Bd. 3, S. 687;
    Fam.bild, um 1882, u. Selbstporträt, Photogr., um 1890 (beide Stadtgeschichtl. Mus. Leipzig), Abb. in: Der gläserne Schatz (s. L), S. 31 u. 93.

  • Autor/in

    Christoph Kaufmann
  • Zitierweise

    Kaufmann, Christoph, "Walter, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 361-362 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138770.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA